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NASCAR: Schlachtfest in Talladega

von DonDahlmann
5 Kommentare

Das gestrige Rennen in Talladega hatte es in sich und langweilig wurdes es einem auch nicht. Zwei „Big One“, die Hälfte aller Chase-Kandidaten verschrotteten ihre Wagen und ihre Chancen auf die Meisterschaft, Jimmie Johnson erlebte sämtliche Aggregatzustände, die man in einem Rennen erleben kann und Tony Stewart feierte seinen ersten Sieg in dieser Saison und auf dem riesigen Superspeedway. Ach ja – und um Goodyear gab es auch mal wieder Ärger. Mehr kann man eigentlich nicht in ein Rennen packen.

Jimmie Johnson dürfte gestern mit den Nerven fertig gewesen sein, als er nach dem Rennen aus dem Wagen kletterte. Sein Leidensweg bei diesem Rennen begann schon in der ersten Runde. Er ließ sich aus taktischen Gründen zurückfallen, um sich einen möglichen Unfall im ersten Teil des Rennens gemütlich anzusehen, aber offenbar kreuzte er etwas zu entspannt hinten rum, denn plötzlich war das Feld und damit auch sein Windschatten weg. Damit war er rund 10 km/h langsamer als der Rest der Welt und seine Überrundung war absehbar. Crew Chief Chad Knaus redete zwar noch von einem „mysteriösen Leistungsverlust“, aber das war Quatsch. Denn als das Feld Johnson auf geschnupft hatte, fuhr dieser locker in den Top 5 mit. Es dauerte aber eine ganze Weile, bis er seine Runde wieder bekam. Nach dem das erledigt war, und Johnson wieder mit an der Spitze lag, ging es in Runde 69 mit den Unfällen los. Brian Vickers platzte an zweiter Stelle liegend der rechte Vorderreifen, was zwangsläufig zu einem Desaster führte. Neun Fahrer konnten danach einpacken, unter anderem Kasey Kahne und der zweite Red Bull mit Mike Skinner (Liste der verwickelten Wagen: #1,9,26,38,45,70,83,84). Danach kam das Rennen wieder in Rhythmus, aber es herrschte doch immer eine latente Hektik im Feld.

Es wurde viel gezackt, geschoben, geschimpft und das bump drafting nahm Auswüchse, die sich die NASCAR sicher noch anschauen wird. Mehrfach rasierte man haarscharf an einem weiteren „Big one“ vorbei, einmal mehr als knapp, als David Ragan plötzlich die Linie des erstaunlich schnellen Montoya kreuzte, der gerade von einer ganzen Reihe Fahrzeuge nach vorne geschoben wurde. Montoya konnte grade so ausweichen. Aber vorne ging trotz der Beinahe-Crash weiter zu, als wäre es die letzte Runde. Es war klar, dass das nichts werden konnte in den letzten Runden. Aber was dann passierte, war das totale Chaos.

14 Runden vor Schluss hatten sich alle Chase Kandidaten vorne eingefunden, denn es ging ja um den Sieg. Carl Edwards schob Regan Smith Greg Biffle vor sich her, allerdings auch in der Kurve, was laut NASCAR eigentlich nicht sein sollte. Prompt stellte sich Ragan Biffle in fast führender Position quer und das Unheil nahm seinen Lauf. Es krachte an Ecken und Enden, man sah nur noch kreiselnde und qualmende Fahrzeuge. Als sich der Nebel lichtete sah man das ganze Ausmass dieses „big one“, denn die Liste der beteiligten Fahrzeuge liest sich wie ein who is who der NASCAR: #16,17,18,22,28,29,41,42,55,78,88,99. Das Rennen wurde zum zweiten Mal gestoppt.

Der Rest, der rund 15 Minuten später das Rennen wieder aufnahm, hatte nach dem Unfall wohl etwas Respekt von der Strecke bekommen, jedenfalls fuhr man Single-File die letzten Runden runter. Das lag aber auch daran, dass alle Draft-Experten aus dem Rennen waren und sich vorne nur Leute tummelten, die eher wenig Erfahrung haben. Tony Stewart kontrollierte das Rennen nach belieben, nur David Ragan Regan Smith unternahm noch einen Versuch, überholte Stewart aber unterhalb der gelben Linie, was verboten ist.

Und Jimmie Johnson? Nach dem sein Tag so schlecht angefangen hatte, holte ihn das Glück wieder ein. Beiden Unfällen entging er teilweise um Zentimeter, beim letzten wuselte er blind durch die Reifenqualm und wurde erstaunlicherweise nicht getroffen. Danach hielt er es für das beste, sich einfach ans Ende der schnellsten Linie zu hängen und das Rennen da aus zu sitzen. Er wurde 9. Trotzdem konnte er seinen Vorsprung auf Edwards und Biffle nur begrenzt ausbauen. Er führt nun mit 72 Punkten vor Edwards, Biffle hat 77 Punkte Rückstand. Da Jeff Burton vierter wurde, hat er jetzt auch wieder Chancen auf den Titel, denn er liegt fünf Rennen vor Schluss nur 99 Punkte hinter Johnson.

Kritik gab es mal wieder an Goodyear, denn es gab einige Reifenplatzer – alle auf der rechten Seite. Am schlimmsten erwischte es Danny Hamlin, dem in Führung liegend ein rechter Vorderreifen in der Kurve um die Ohren flog. Hamlin schlug knüppelhart seitlich in die Mauer und musste in Krankenhaus gebracht werden. Vorläufige Diagnose: leichte Gehirnerschütterung und man muss seinen rechten Knöchel untersuchen. Nach den ganzen Reifenplatzern verglich Goodyear hektisch die Bar-Codes der Reifen, kam aber zu keinem Ergebnis. Ray Evernham, der bei ESPN als Experte eingeladen war, vermutete, dass es weniger an Goodyear, denn mehr an einem hohen Reifendruck liegen würde. Dale Jarrett wiederum gab zu bedenken, dass aufgrund des sehr harten bump drafting, schon mal ein Kotflügel gegen den Reifen kommen kann. Bei den Geschwindigkeiten will man keine noch so kleinen Risse im Reifen haben.

Ein Wahnsinns-Rennen, das nebenbei auch die meisten Führungswechsel in der Geschichte der NASCAR gesehen hat. Der Chase ist interessanterweise durch das Rennen etwas zusammen gerückt, jedenfalls hat Burton jetzt wieder eine Chance auf den Titel.
Nächste Woche ist auf dem Lowe’s Speedway unterwegs. Wieder ein Oval, auf dem es richtig zur Sache geht.

Gabriele Mini (Bild: Alpine)
Brando Badoer (Bild: McLaren F1)
Victor Martins (FRA) ART Grand Prix. 27.07.2024. Formula 2 Championship, Rd 10, Sprint Race, Spa-Francorchamps, Belgium, Saturday.

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5 Kommentare

Tommy 6 Oktober, 2008 - 18:05

Ich glaube es haben sich ein paar Namensverwechslungen eingeschlichen.

1. 14 Runden vor Schluß drehte Edwards den vor ihm fahrenden Biffle (nicht Regan Smith) um.
2. In der letzten Runde überhole Regan Smith (nicht David Ragan) Tony Stewart unter der gelben Linie

Genug gemeckert. ;) Danke für deine tolle Arbeit Don!!!

DonDahlmann 6 Oktober, 2008 - 19:26

Gna. Danke. Kommt davon, wenn es von unterwegs aus dem Kopf schreibt. :)

Prometheus 6 Oktober, 2008 - 22:31

Ich fand das Rennen ziemlich unansehnlich. Es hätte eigentlich alle Zutaten gehabt, ein tolles Rennen zu werden (insbesondere die viele Führungswechsel), aber als sich die Reifenschäden häuften, verging mir die Lust daran. Man wusste ja immer, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde, bis der nächste in der Mauer hängt. Egal, woran es liegt, NASCAR sollte schleunigst dafür sorgen, dass das aufhört, denn auf den Superspeedways darf sowas echt nicht zur Gewohnheit werden. Denn dass man sich trotz aller Sicherheitsmaßnahmen weh tun kann, zeigt ja das Beispiel Denny Hamlin. Außerdem bin ich nach wie vor der Meinung, dass Tony Stewart Regan Smith unter die Linie gedrängt hat. Smith war mit der Front seines Wagens neben Stewarts Heck, als der dann runterzog, deshalb müsste eigentlich Smith der Sieger sein.

xeniC 7 Oktober, 2008 - 08:35

Also ich kann meinem Vorredner da in Beziehung Stewart-Smith zustimmen. Wenn man ihm den Sieg nicht gegeben hätte, ok. Aber gleich auf P18 zurück? Und nach dem was Johnson auf der PK gesagt hat, naja. Merkwürdiger Vorfall.

NASCARaddicted 9 Oktober, 2008 - 10:07

Nur um das mal einzuwerfen: Bei dem Rennen gab es nicht die meisten Führungswechsel. Der Rekord liegt bei 75, bei dem Rennen waren es aber „nur“ 64 oder 65. Der Rekord der aufgestellt wurde war für die meisten verschiedenen Führenden. Also von 43 Autos haben 28 mindestens 1 Runde geführt, also etwa 3/4. Das sollte es mal bei anderen Rennserien geben.

Ich hab mir allerdings das Finish eben noch mal angesehen und ich finde es ist eindeutig, daß Stewart gewonnen hat. Er hat Smith nicht nach unten gedrängt. Dazu kommt: Als Smith unter der Linie war hat er überholt, obwohl das nicht erlaubt war (bei der Fahrerversammlung vor dem Rennen wird es immer gesagt: kein überholen unterhalb der gelben Linie auf einem Restrictor Plate Kurs, zu keiner Zeit). Wobei, jetzt kommt bestimmt wieder jemand und sagt, daß Stewart vom Gas gegangen ist, damit es aussieht als habe Smith ihn überholt.

Manche Leute denken ja, wenn man die karierte Flagge sieht ist alles erlaubt, aber diese Regel gibt es nicht. Es ist ganz einfach: NASCAR macht die Regeln. Entweder man akzeptiert sie, oder man muß sich eine andere Rennserie suchen.

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