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Formel Eins: Neue Regeln & neue Rennen 2010

von DonDahlmann
16 Kommentare

So viele neue Regeln gibt es in diesem Jahr nicht, aber zwei haben es in sich.

Man wird sich in diesem Jahr umstellen müssen, denn es gibt ein neues Punktesystem. Und zwar ein radikal neues. Und das sieht dann so aus: 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1. Die FIA hatte zwei Dinge im Sinn. Zum einen wollte man bis zum 10. Platz hin Punkte vergeben können, zum anderen wollte man einen Sieg höher belohnen. Das erste Argument kann ich nachvollziehen, da das Starterfeld ja erweitert wurde. Man darf auch nicht vergessen, dass das neue System nicht nur für die F1 geschaffen wurde, sondern auch bei anderen FIA Serien angewandt wird. Der zweite Grund ist aber Quatsch.

Ich glaube zum einen kaum, dass man irgendein Team dazu motivieren muss, um Siege zu fahren. Das schaffen die vermutlich relativ gut alleine. Und die Idee, eine Meisterschaft, vor allem eine, die so lange dauert, mittels Punkten zu entzerren, kann gut nach hinten losgehen. Wenn, wie im letzten Jahr Button, ein Team die ersten Rennen beherrscht, kann eine Meisterschaft schnell vorbei sei. Ich habe gerade keine Zeit das auszurechnen, aber ich vermute mal, dass Button weit vor dem Ende des Jahres schon als Champion fest gestanden hätte. Und dann ist natürlich da der Punkt mit der Tradition. Bisher hat man das Punktesystem nur marginal verändert. Der eine Punkt mehr für einen Sieg – geschenkt. Nun schmeisst man 60 Jahre Tradition über den Haufen. Natürlich sind Vergleiche zwischen den jeweiligen Jahrzehnten immer schwer. Ein Fangio hatte andere Voraussetzungen als ein Jim Clark, Niki Lauda, Ayrton Senna oder Michael Schumacher. Dennoch waren die erfahrenen Siege und Punkte ein Gradmesser, auch für jene Fahrer, die man nicht so gut kennt. Das neue System verzerrt nun alles. Ein Beispiel: Jody Scheckter hat 255 Punkte. Dafür hat er acht Jahre gebraucht. Wenn ein Neuling wie Hülkenberg dieses Jahr regelmäßig vordere Platzierungen einfährt, hat er ihn schnell eingeholt. Historisch gesehen zerstört man also die „ewige Punktetabelle“.

Das hat zur Folge, dass man jetzt mit zwei Tabellen rumhantieren muss. Zum einen die neue, zum andere die „classic“ Wertung. Ehrlich gesagt bin ich nicht gerade erfreut darüber, weil das für mich hier auch mehr Arbeit bedeutet. Die Frage ist allerdings auch, wie man es hätte anders machen sollen. Alle zwei aufrücken hätte bedeutet, dass man eins System wie 15-12-10-8-6-5-4-3-2-1 nehmen müsste, was jetzt auch nicht viel besser ist. Aber überschaubarer. Man wird sehen, wie sich das neue System schlägt.

Ebenso neu: das Nachtanken ist bekanntlich abgeschafft. Man verspricht davon bessere Rennen, weil man die strategischen Möglichkeiten einschränkt. Und es soll der Sicherheit dienen, nach dem die Tankanlagen ja gern mal Unfug veranstaltet haben. Interessant ist die Änderung schon, weil es die Teams dazu gezwungen hat, neue Chassis zu konstruieren, die mit dem höheren Gewicht klar kommen. Auch hat das Nachtanken in den letzten Jahre selten für viel Spannung gesorgt, da alle mit ähnlicher Strategie unterwegs waren. Jetzt verlegt sich die Strategie auf den Reifenverschleiss, was vor allem gegen Ende eines Rennens interessant werden könnte.

Die Vordereifen sind um 20mm schmaler geworden. Über die Auswirkungen dieses Sache ist man sich nicht so ganz einig. Einige behaupten, es habe nichts verändert, andere sind der Meinung, dass Anbremspunkte verlegt werden müssen und man deutlich mehr Übersteuern hat. Das würde die Belastung der Reifen erhöhen. Aber wirklich viel ändert es wohl nicht.

Eine schöne Änderung gibt es in der Qualifikation. Da eh alle mit einem vollen Tank antreten müssen, dürfen die Teams, die in Q3 kommen, den Wagen abtanken und mehr oder weniger leer fahren. Wir sehen also zum ersten Mal seit Jahren wieder den echten Speed der Wagen und der Fahrer. Keine Ausreden mehr. Kleiner Haken: Kommt man in Q3 muss man im Rennen mit jenen Reifen antreten, mit denen man in der Quali aufgezogen hatte. Die Top Teams sind also mit Reifen unterwegs, die mindestens drei Runden alt sind.

Zwei „neue“ Strecken wird man sehen: Zum einen startet die F1 im Oktober in Korea, das ist eine echte neue Strecke (Tielke, wer sonst) zum anderen ist Montreal wieder im Programm.

Ausblick auf die Rennen:

Die FIA verspricht sich von all den Änderungen eine Verbesserung der Show. Es soll also mehr um Plätze gekämpft werden. Das ist alles nett gedacht, aber die Tests haben schon gezeigt, dass genau das Gegenteil eintritt. Fahrer, die versuchten in Barcelona oder Jerez einen langsameren Kollegen zu überholen, berichteten, dass es einfach nicht geht. Selbst wenn man eine Sekunde pro Runde schneller sei, habe man keine Chance. Grund: der Doppeldiffusor der wohl für mehr „dirty air“ sorgt, als man dachte.

Ich vermute mal, dass die meisten Rennen wie ein Grand Prix in Barcelona ablaufen werden. Hektische Startphase, nach drei Runden hat sich alles gesetzt und die Fahrer bekommen die Anweisung die Reifen zu schonen, da die Wagen ja besonders schwer sind. Das wird dann so bis zur Mitte des Rennens gehen, ab dann könnte es interessant werden. Je nach Reifenverschleiss der Teams wird man unterschiedliche Strategien sehen. Und neue Reifen bringen ja vor allem bei einem leichten Auto gerne mal 1 bis 1.5 Sekunden. Ob das dann aber auch reicht, um an einem Gegner vorbei zu kommen?

Ich habe da kein gutes Gefühl und vermute, dass wir sehr viele rintönige Rennen erleben werden. Langweiliges Hinterherfahren im 2 Sekundenabstand. Wenn individuelle Fehler oder Wetterchaos ausbleiben wird es, so leid es mir tut, vermutlich recht langweilig im Rennen. Der spannendste Tag ist dann wohl der Samstag mit der Quali, weil dort die Podestplätze festgelegt werden.

So – das war es mit der Vorschau für 2010. Morgen kommt die übliche, aber etwas kürzer gehaltene GP-Vorschau, da ja das meiste schon bei den Teams und den Piloten berichtet wurde.

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16 Kommentare

nona 10 März, 2010 - 17:56

Re: Punkte – ich denke, man hätte sich an anderen Serien orientieren und (endlich mal) Bonuspunkte für die Pole Position oder, eher noch, für die schnellste Rennrunde einführen sollen. Gerade letzteres würde dafür sorgen, dass sich Fahrer spät im Rennen eher nicht auf den Positionen ausruhen weil sie keine Chance mehr haben, weiter nach vorne zu kommen, sondern auch auf hinteren Rängen ein Rennen-im-Rennen um Extrapunkte veranstalten. Grundsätzlich finde ich das neue Punktesystem widerlich, gerade wegen des angesprochenen Traditionsfaktors.

Re: Nachtanken – das Abschaffen der Tankstopps ist der Show für die Zuschauer auch insofern zuträglich, als dass es die Rennen transparenter macht. Wer jetzt vorne liegt, der liegt wirklich vorne, ohne dass man sich über „virtuelle“ Positionen den Kopf zerbrechen müsste weil Fahrer X dreimal und Fahrer Y aber zweimal stoppt, und Fahrer Z seit Rennbeginn schwer oder leicht unterwegs war, usw.

(Das gehört hier nicht hin, aber nur mal so als Rant weil mir danach ist: gerade die Praxis in der DTM ist in Sachen Tankstopps absolut dämlich. Pflichtstopps ab Runde so-und-so, schön und gut, das kann man machen, muss man nicht, egal. Dass man dann aber rummault, ein Fahrer läge im Rennen vor einem und liesse einen nicht vorbei, obwohl der ja nochmal stoppen müsste, und das wäre ja unfair und überhaupt – das ist einfach nur kindisch und peinlich. Besonders wenn man daraufhin groteskerweise Regeln einführt, nach denen man andere Fahrer vorbeilassen muss wenn man einen Stopp „virtuell“ zurückliegt. Solche Sachen sind es, die mit dafür sorgen, dass die DTM nicht ernstgenommen wird. Dass man durch die taktische Platzierung von Tankstopps seine Position gegenüber anderen nachhaltig beeinflussen kann ist doch eigentlich gerade der Witz an der Sache.)

Art Vandelay 10 März, 2010 - 18:06

Auch ich bin wegen des Traditionsbruchs nicht so ganz glücklich mit dem neuen Punktesystem. Für mich wurden aber bisher Siege zu wenig belohnt. Ich finde schon, dass das schlechte Auswirkungen auf die Rennen hatte. Wenn ein Fahrer um die WM kämpft konnte er bequem auf 2 Fahren anstatt um den Sieg zu kämpfen und etwas zu riskieren. Ich denke alle schauen in 1. Linie auf die WM und dann erst auf die einzelnen Rennen und somit finde ich es gut, dass der Sieg mehr belohnt wird. Warum man jetzt bis Platz 10 Punkte bekommt versteh nicht so ganz. Ist ja nicht das 1. Mal, dass es ein so großes Starterfeld gibt. Klar ist es schön für die kleinen Teams und man darf auch nicht vegessen, dass die Standfestigkeit viel höher ist als früher, aber trotzdem: Ein 10. Platz rechtfertigt für mich keine Punktevergabe.

Phil 10 März, 2010 - 18:57

Ich habe jetzt nur mal die Punkte von Button und Vettel verglichen:

nach 17 Rennen:
Button: 252 Punkte
Vettel: 203 Punkte
Differenz: 49 Punkte

nach 16 Rennen:
Button: 237 Punkte
Vettel: 178 Punkte
Differenz: 59 Punkte (noch 25 Sieger-Punkte zu vergeben)

nach 15 Rennen:
Button: 227 Punkte
Vettel: 166 Punkte
Differenz: 61 Punkte (noch 50 Sieger-Punkte zu vergeben)

nach 14 Rennen:
Button: 223 Punkte
Vettel: 141 Punkte
Differenz: 82 Punkte (noch 75 Sieger-Punkte zu vergeben)

nach 13 Rennen:
Button: 213 Punkte
Vettel: 129 Punkte
Differenz: 84 Punkte (noch 100 Sieger-Punkte zu vergeben)

Damit wäre in der letzten Saison nach 13 von 17 Rennen alles gelaufen.

Phil 10 März, 2010 - 18:59

Quatsch, nach 13 Rennen hätte Vettel seine letzte Chance gehabt die WM noch gewinnen zu können.

Nach dem 14. Rennen (Singapore) wäre alles gelaufen gewesen. So.

Phil 10 März, 2010 - 19:12

Barrichellos Punktestand:
nach 13 Rennen: 166 Punkte (Differenz zu Button: 47 Punkte)
nach 14 Rennen: 174 Punkte (Differenz zu Button: 49 Punkte)
nach 15 Rennen: 180 Punkte (Differenz zu Button: 47 Punkte)
nach 16 Rennen: 184 Punkte (Differenz zu Button: 53 Punkte)
nach 17 Rennen: 196 Punkte (Differenz zu Button: 56 Punkte)

Die Saison wäre tatsächlich noch ein Rennen „länger“ spannend geblieben.

NoteMe 10 März, 2010 - 19:54

Punkte-Traditionalist sein wollen, aber die Competition-Caution für Punkte zur Saison 2003, diese Schumacher-Weltmeisterverhinderungsaktion erster, fehlgeschlagener Generation, die Mal eben die zu vergebenen Punkte um 50%(!) erhöhte gut finden? Da muss ich schmunzeln.

NoteMe 10 März, 2010 - 19:59

Ach, und die Rennstrategie ist einfach. Man fährt mit dem weichen Reifen die Quali und stoppt im Rennen so früh wie möglich auf den harten, und hofft, dass man damit entweder am Vordermann vorbei zieht, bevor er sich seinen Stopp leisten kann, oder ihn zu einem vorzeitigen Stopp zwingt, der ihn am Ende des Rennens in die Bredouille bringt. Gut für die Zuschauer: Man kann in Ruhe ein Stündchen wegnicken, während die versammelt Rennfahrergilde sinnfrei 200+ km den Trulli-train macht.

FIA-Hasser 11 März, 2010 - 00:25

die sollen mal beim Monza-Rennen die rundenzahl erhöhen, dort ist ja immer schon nach 1:15 Std. das rennen vorbei. das geht ja mal gar nicht.

Ralf G. 11 März, 2010 - 08:58

Als Traditionalist bin ich natürlich Anhänger des 9-6-4-3-2-1-Punktesystem, alles andere, insbesondere das neue Hier-sind-Punkte-für-fast-jeden-System, ist ein Verrat an 60 Jahren F1-Geschichte.

Weiß eigentlich jemand, ob die 107%-Regel für das Qualifying noch gilt, oder wurde die abgeschafft, damit auch die neuen Teams am Rennen teilnehmen können? ;)

Toastie 11 März, 2010 - 08:59

Über die Punktwertung bin ich auch alles andere als glücklich. Dass zwischen P1 und P2 mehr als 2 Punkte liegen ist schon ganz gut, aber mit diesem System stellt man alles auf den Kopf und während der Saison muss man sich kopfrechnerisch ganz schön umstellen. Das musste nicht sein.

Keine Tankstopps – kann ich mit leben, für die Transparenz ist es gut, ob es den Rennverlauf spannender macht werden wir sehen. Da liegt das Hauptproblem wohl immer noch im aerodynamischen Bereich.

Die pessimistischen Erwartungen von Don teile ich, es wird vermutlich leider eine Saison auf die man sich im Vorfeld wie Bolle freut (alleine die Fahrerkonstellationen!), aber es dann doch vielleicht nur 3-5 spannendere Rennen geben wird.

Toastie 11 März, 2010 - 09:14

zur 107% Regel:
die ist schon vor langer Zeit abgeschafft worden, laut Artikel (s.u.) gab es diese Regel zuletzt 2002

http://www.motorsport-total.com/f1/splitter/2004/06/Kein_Comeback_der_107-Prozent-Regel_04061403.html

Ralf G. 11 März, 2010 - 09:24

Danke, jetzt wo Du es schreibst erinnere ich mich wieder. Sie machte ja auch mit dem „komischen“ Quali-Modus nicht wirklich Sinn. Der HRT darf also auch mitfahren, wenn er eine Formel-3-Zeit hinlegt. ;)

Ich 11 März, 2010 - 10:24

10-6-4-3-2-1. Fertig. Und ja, ich denke, der Sieger sollte nicht nur 9 Punkte bekommen. Ich hätte auch mit dem bisherigen System leben können, wenn man dem Sieger einfach 12 Punkte gegeben hätte. Tradition hin oder her.

Ich denke auch, dass die Rennen nicht die Erwartungen erfüllen werden. Aber wer weiss, vielleicht haben wir ja Glück und bekommen viele Regenrennen. Dann hoffe ich nur, dass man nicht sofort wieder das SC rausschickt (oder gar abbricht), damit das Rennen auch ja nicht zu interessant wird.

Toastie 11 März, 2010 - 11:47

HRT sollte wohl keine Probleme hinsichtlich der Rundenzeiten bekommen. Zumindest der Minusrekord von Life anno 1990 (32 Sekunden auf die Pole) dürfte nicht in Gefahr sein.

http://www.motorsportarchiv.de/f1/saison/1990/12/traini01.shtml

Ralf G. 12 März, 2010 - 19:08

Tja, schon nach dem ersten Trainingstag wird die Wiedereinführung der 107%-Regel diskutiert, der glorreiche Auftritt des Senna-Neffen beschleuinigte das. ;o)

NASCARaddicted 13 März, 2010 - 00:13

bin ich der einzigste, der kein Problem mit dem Punktesystem hat – zumindest in der Hinsicht der Tradition ?

O.k. Jody Scheckter hat für 255 Punkte 8 Jahre gebraucht. Aber das ist immerhin schon 30 Jahre her. In 30 Jahren hat sich viel verändert, wie z.B. Reifen, Motoren, Regeln …

Und noch was zum Thema Tradition: Ich hab extra mal bei Wikipedia geguckt: In der ersten Saison 1950 bekam die ersten 5 Punkte, der Sieger bekam 8. Dazu kam noch 1 Punkt für die schnellste Rennrunde. Das wurde erst 1960 geändert.

Dafür wurden in der Saison 1960 nur 10 Rennen gefahren. 2000 sind es 17 Rennen, 2010 sogar 19.

Das sind alles Dinge, die einen Vergleich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.

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