Allen Problemen zum Trotz: Einmal im Jahr blickt die Motorsportwelt noch gebannt auf die IRL. Am kommenden Wochenende ist dieser Zeitpunkt wieder erreicht – das 94. Indy 500 steht vor der Tür.
Auch, wenn die Quoten in den vergangenen Jahren gesunken sind: Das Indy 500 ist noch immer einer der ganz großen Ereignisse im Motorsportkalender. Wenn Jack Nicholson am Sonntagabend die grüne Flagge schwenkt, dann wendet der motorsportbegeisterte Teil der USA für ein paar Stunden seinen Blick von North Carolina ab, und blickt in Richtung Indiana. (Am Abend dreht sich der Kopf dann wieder zurück in Richtung Coca Cola 600). Nach dem eher schleppenden Rennen im vergangenen Jahr hat die IRL alle Hebel in Bewegung gesetzt, um in dieser Saison wieder einen spannenderen Lauf zu bieten. Und wenn das Qualifying einen Vorgeschmack auf das Rennen geboten hat, dann darf man sich am Sonntagabend auch wirklich auf ein packendes Rennen freuen.
Etwas Historisches hat die Ausgabe von 2010 jedenfalls schon jetzt an sich: Es ist das zweite Indy 500 innerhalb des dreijährigen „Centennials“, also das 100-jährigen Jubiläums. Dass man gleich drei Jahre lang Jumbiläum feiert hat gleich mehrere Gründe. In erster Linie natürlich den geschäftlichen: Zu einer solchen Feierlichkeit lässt sich womöglich der eine oder andere Fan locken, der sonst eher zu Hause geblieben wäre. Andererseits gibt es aber auch eine historische Begründung: Der Speedway wurde schon im Jahr 1909 eröffnet, das erste 500-Meilen Rennen fand aber erst zwei Jahre später statt (damalige Siegerzeit: 6 Stunden, 42 Minuten – ein Schnitt von 120 km/h). Die Jubiläen 2009 und 2011 sind also „echt“ – der heurige Lauf reitet eher auf der Welle von Feierlichkeiten mit. Dass am Wochenende trotzdem erst die 94. Ausgabe des Indy 500 stattfindet hat übrigens ganz einfache Gründe: 1917/18 und 1942-45 gab es wegen des ersten und zweiten Weltkrieges keine Rennen.
Historisches könnte auch Helio Castroneves leisten: Schafft es der Brasilianer am Sonntag, das Rennen als Sieger zu beenden, wäre er der erste Fahrer, der zweimal zwei hintereinander stattfindende Ausgaben das Klassikers für sich entscheiden konnte (2001/2002 und 2009/2010). Außerdem würde er in den elitären Kreis von AJ Foyt, Al Unser und Rick Mears aufsteigen – nur diese drei Piloten konnten bisher viermal aus der legendären Milchflasche trinken, die dem Sieger überreicht wird. Die Ausgangsposition ist schonmal vielversprechend: Der Brasilianer wird das Rennen am Sonntag von der Pole in Angriff nehmen. Und auch die Statistik gibt ihm recht: Insgesamt elf Mal hat ein Auto mit der (seiner) Startnummer 3 das Rennen gewonnen – öfter als alle anderen Startnummern. Andererseits: Demnach hätten auch die Nummern 1, 2 und 5 gute Chancen. Eine Startnummer 1 gibt es in diesem Jahr wegen Dario Franchittis Sponsorverpflichtungen nichtmal, 2 und 5 haben Raphael Matos und Takuma Sato – also recht deutliche Außenseitertipps.
Rein sportlich hätten da schon die Nummern 12 und 10 bessere Chancen – das sind nämliche jene von Will Power und Dario Franchitti, die mit Castroneves gemeinsam in der ersten Reihe stehen. Auch sonst ist wohl zunächst wieder mit den „üblichen Verdächtigen“ zu rechnen: Der zweite Ganassi mit Scott Dixon und der dritte Penske von Ryan Briscoe stehen direkt hinter ihren Markenkollegen in der zweiten Reihe. Dort lauert mit Alex Tagliani aber auch schon die erste große Unbekannte: Im Training machte der Wagen des neu gegründeten FAZZT-Teams dem Namen alle Ehre. Wie „zznell“ der Bolide aber über die Long Runs läuft, ist wohl noch ein wenig unklar. In Reihe drei lauern Graham Rahal, Ed Carpenter und Hideki Mutoh – ein Sieg von einem dieser drei Fahrer wäre aber in die Rubrik „Cindarella Stories“ einzuordnen.
Für eine positive Überraschung könnten womöglich die Fahrer von Andretti Autosport sorgen: Die Startpositionen für Marco und John Andretti, Danica Patrick, Ryan Hunter-Reay und vor allem Tony Kanaan sind zwar nicht so toll – aber vielleicht gehen die Wagen im Renntrim ja besser. Zumindest Kanaan sollte den Trainingsergebnissen nach zu urteilen das Potential haben, einen deutlichen Sprung nach vorne zu machen. Und dann ist da noch Dan Wheldon: Der Wagen des Indy 500 Siegers von 2005 lief zwar im Qualifying nicht so gut wie erhofft, machte aber über die Long Runs einen deutlich schnelleren Eindruck.
Wie immer wird das Indy 500 von einem ausführlichen Rahmenprogramm begleitet. Darauf, wer die Hymne singt (Jewel), wer das Pace Car fährt („Good Morning America“ Moderatorin Robin Roberts), welche Band am Freitag auftritt (ZZ Top) oder welcher Promi sich vor dem Rennen im Zweisitzer von Michael Andretti um den Kurs chauffieren lässt (Mark Wahlberg), möchte ich hier nicht näher eingehen. Denn auch das sportliche Rahmenprogramm verspricht einiges: Schon am Freitag (18:30h) findet das traditionelle „Freedom 100“ der Indy Lights statt. Die „Night before the Indy 500“ am Samstag steht dann ganz im Zeichen des „Road to Indy“ Nachwuchsprogramms. Sinnigerweise finden die Rennen der Star Mazda und US F2000 aber nicht am Indianapolis Speedway statt, sondern „nebenan“ im O’Reilly Raceway Park (um 0:00h und 2:10h).
Übertragen wird das Spektakel wie schon in den vergangenen Jahren auch 2010 wieder von ABC, deren Schwesterfirma ESPN die Sendung produziert. Im deutschen Sprachraum hat sich traurigerweise kein Sender gefunden, der den Klassiker in dieser Saison ausstrahlen will. Deshalb müssen Fans wohl – wie schon bei den anderen Rennen – auf einen Internet-Stream zurückgreifen. Ob die Indycar-Racecontrol auf indycar.com (nach Anmeldung gratis) auch das Kronjuwel der Serie überträgt, ist leider unbekannt. Sofern nicht, wird man sich wohl bei den bekannten Quellen um eine Alternative umsehen müssen – zumindest sollte sich für das Highlight des IRL-Jahres auch da vermutlich etwas finden lassen. Die Rahmenrennen – auch jene vom O’Reilly Motorsports Park – sind dem Vernehmen nach fix als Streams bei der Racecontrol eingeplant.





3 Kommentare
Ich gehe eigentlich schon davon aus, dass das Rennen auch im Race Control-Stream gezeigt wird, war auch die letzten Jahre so, wenn ich mich recht erinnere. Ist mit dem IMS Radio Network-Team um Announcer Mike King auch ne sehens- und hörenswerte Alternative.
Wie jedes Jahr werd ich wieder den Andrettis die Daumen drücken, hoffentlich gehts für Maco dieses Jahr wenigstens etwas weiter als Turn 2…
Hach, dieses Rennen…
Das Indy 500 hat mich zum amerikanischen Motorsport gebracht, als ich es das erste Mal gesehen habe, dachte ich mir nur „Wie krank ist das denn?“, mit knapp 400 km/h zu dritt nebeneinander über eine Rennstrecke zu heizen. Dann habe ich danach postwendend, wenn auch etwas langsamer das Gleiche nur mit Stockcars gesehen und seit dem gucke ich IRL und NASCAR.
@Chaos
Genau so wie dir ist es mir auch ergangen. Mein erstes Indy 500 war Montoya´s Sieg und seit dem hab ich jedes Indy 500 gesehen.Zur Nascar bin ich gekommen als Premiere sie 2006 übertragen hat. Und ich komm auch nicht mehr los von IRL und Nascar.
Ist halt das beste was es gibt. Amerikanischer Motorsport.
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