Saisonrennen Nummer 15 findet auf dem Michigan International Speedway statt. Da die Ford-Dominanz auf den Intermediate-Ovalen beendet ist, werden Nachfolger gesucht. Joe Gibbs Racing und Hendrick Motorsports sind da eigentlich die logische Wahl.
An diesem Wochenende steht der Michigan International Speedway auf dem Programm, der eine ähnliche Streckenführung wie der jüngere Zwilling in Kalifornien bietet. Das Oval ist zwei Meilen lang und weist mit 18° Banking noch einmal vier Grad mehr auf als der Auto Club Speedway. Dieser kleine Unterschied bei der Kurvenüberhöhung sorgt dann auch dafür, dass bei den Michigan-Rennen weniger Langweile herrscht als in Fontana. Das Oval bietet den Fahrern gleich mehrere verschiedene Fahrlinien: Oben an der Mauer, unten an der weißen Linie und dann noch ein bis zwei weitere „grooves“ in der Mitte der Piste. All das lässt sich auch beliebig miteinander kombinieren, je nachdem in welchem Abschnitt der Turns der Wagen „loose“ oder „tight“ reagiert.
Zumindest bei den Restarts wird es ähnlich wie in Pocono für einige Runden ordentlich zur Sache gehen – Überholmanöver sind also möglich. Bei langen Grünphasen zieht sich das Feld dann aber meist schnell auseinander. Bekannt ist die Strecke auch für Benzinkrimis, wie Brian Vickers‘ und Dale Earnhardt Jrs Siege in den letzten beiden Jahren beweisen. Könnte also durchaus spannend werden, wenn unklar ist, wann und ob die letzte Caution nach einem dieser langen Abschnitte unter Grün kommt. Einen Vorteil haben die Rennen auf dem Michigan International Speedway gegenüber Fontana aber noch: Sie dauern statt 500 Meilen nur deren 400! In Kalifornien hat man aber bereits reagiert und das Chase-Rennen um 100 Meilen verkürzt, um unsere Nerven zu schonen.
Eigentlich ist die Strecke in Brooklyn, Michigan nahe dem Autozentrum Detroit ja Ford-Territorium, doch seit einem Jahr schwächelt die Truppe nun schon auf allen Streckentypen. Auf den Intermediate-Ovalen ist man nur noch ein Schatten seiner selbst, doch der neue FR9-Motor soll Abhilfe schaffen, wenn er ab dem Juli-Rennen von allen Ford-Teams ausschließlich gefahren wird. Viel mehr PS hat das neue Aggregat aber vermutlich nicht, selbst Matt Kenseth spricht nur von kleineren Fortschritten. Wichtiger ist heutzutage auch eher eine effiziente Kühlung, die es erlaubt mit mehr „tape“ auf dem Kühlergrill zu fahren. Dadurch kann man auf den großen, langen Strecken deutlich mehr „downforce“ erzeugen und den Speed nicht aus der Leistung, sondern aus der Aerodynamik ziehen. Ein weiterer realistischer Ansatzpunkt für Optimierung ist das Gewicht der Wagen, welches mit neuen Materialien seit Einführung des CoT schon um einige Kilo gesenkt werden konnte. Leider finde ich keinen entsprechenden Link der das bestätigt, es wurde jedoch bei einer der letzten TV-Übertragungen erwähnt.
Das Ende der Ford-Dominanz auf den Intermediate-Ovalen bietet Platz für andere Teams
Werfen wir also einen Blick auf die einzelnen Fahrer, die sich am Wochenende Chancen auf einen Erfolg ausmalen dürfen. Die Liste der bisherigen noch aktiven Sieger sieht weiterhin Bill Elliott vorne, der in den 80er-Jahren sieben Mal gewinnen konnte. Zwar tritt er mit an diesem Wochenende mit der #21 der Wood Brothers an, doch ein Sieg wäre mehr als eine Überraschung. Direkt dahinter folgt Mark Martin, der vier seiner fünf Erfolge in den 90er-Jahren bei Jack Roush erzielte. Der fünfte Sieg stammt aus dem Vorjahres-Juni-Rennen, was Martin also am Sonntag zum Titelverteidiger macht. Bobby Labonte konnte ebenfalls in den 90ern drei Erfolge für Joe Gibbs feiern, doch muss er momentan eher darauf achten, nicht aus den Top35 zu fallen. Mehrere Rennen musste er mangels Sponsorengeldern nun schon vorzeitig abbrechen und die Übersicht weiter unten in diesem Artikel zeigt, wie heikel die Situation zu werden droht.
Jeff Gordon, Matt Kenseth, Kurt Busch, Ryan Newman, Greg Biffle und Carl Edwards haben mittlerweile schon jeweils zwei Siege auf dem Konto, während Tony Stewart, Kasey Kahne, Dale Earnhardt Jr und Brian Vickers ihre Fahrt in die „victory lane“ bisher nicht wiederholen konnten. Schaut man die Liste noch einmal in Ruhe durch, so kann man gleich einige interessante Tatsachen feststellen: Weder Jimmie Johnson, noch die beiden Joe-Gibbs-Piloten Denny Hamlin und Kyle Busch tauchen unter den bisherigen Siegern auf. Am Wochenende dürfte es also ziemlich spannend werden, wer den in Michigan von Ford freigemachten Platz an der Spitze einnehmen wird. Bei Hendrick Motorsports kommt man ja seit der Spoiler-Umstellung nicht mehr so richtig gut zurecht, aber ob Gibbs auch an diesem Wochenende wieder auftrumpfen kann, bleibt abzuwarten. Die jüngere Geschichte der Strecke sagt zwar klar „Nein!“, in dieser Saison haben sich die Kräfte jedoch eindeutig verschoben, sodass ein Sieg von Hamlin und Busch möglich erscheint.
Ein weiterer Kandidat für die Top5 ist für mich Tony Stewart, der langsam wieder zu seiner alten Form zurückfindet. Tabellenführer Kevin Harvick und der Rest der Childress-Mannschaft fährt fast unter Garantie wieder geschlossen in die Top10, alleine Harvick hat dies 2010 in zehn von 14 Rennen geschafft – ähnlich konstant war in diesem Jahr erstaunlicherweise nur Kyle Busch (9 von 14), der Meisterschaftszweite. Nicht ausgeschlossen sind auch gute Resultate der Penske-Truppe, sogar Sam Hornish Jr fuhr 2009 einmal in die Top5 und mit Kurt Busch muss man bekanntlich immer rechnen. Bei Michael Waltrip Racing kam es in diesem Jahr schon mehrfach zu einigen sehr guten Ausreißern nach oben, die sollte man für die Zukunft auf dem Zettel haben. Bei Earnhardt-Ganassi Racing hängt wie immer alles von der Tagesform und dem „tough luck“ ab, mal schauen.
Front Row Motorsports hat sich in Pocono selbst ein Ei gelegt / Glück für Robby Gordon
Zum Schluss noch die aktuellen Meisterschaftsstände bei den Fahrern und den Ownern: Ryan Newman hat sich nach Pocono aus den Top12 verabschiedet, den letzten Chase-Platz bekleidet nun Clint Bowyer. Tony Stewart konnte von seinem dritten Rang am letzten Wochenende profitieren und hat nun bis auf ein winziges Pünktchen zum Chase aufgeschlossen; eine geradezu perfekte Ausgangssituation für den so bekannten, sensationellen Smoke-Sommer. Hinter Truex auf Platz 15 folgt Dale Earnhardt Jr, der mit 87 Punkten Rückstand auf Rang 12 noch alle Chancen auf den Chase besitzt. Danach tauchen Joey Logano (-101), Jamie McMurray (-110), David Reutimann (-146) und Juan Pablo Montoya (-173) in der Tabelle auf, die haben allerdings schon mehr als 100 Zähler Rückstand auf die Meisterschaftsentscheidung.
Momentan streiten sich also noch ca. 16 Fahrer um den Einzug in den Chase nach 26 Rennen. Zwölf Mal haben sie noch die Gelegenheit, nötige Punkte zu sammeln. Vielleicht erleben wir ja noch einige große Comebacks im Verlauf der Saison. Im Chase konnte Denny Hamlin sich mit dem vierten Saisonsieg auf Platz 3 hochschieben, Jeff Gordon verlor dagegen drei Plätze in den Punkten. In der Owner-Wertung hat sich in der letzten Woche viel getan. Zunächst war Robby Gordon nach der taktischen Umstrukturierungs-Meisterleistung von Front Row Motorsports aus den Top35 geflogen. Dann konnte die Vertretung Ted Musgrave den Toyota mit der #7 in Pocono nicht qualifizieren, was für Gordon bedeutete, dass er wertvolle Punkte für die Rückkehr in die Top35 verlor.
Allerdings nahm sich das Front-Row-Team mit der Nummer #38, welches momentan Travis Kvapil am Steuer vertritt, selbst aus dem Rennen. Illegale Reifenventile in Pocono führten gestern zu einer empfindlichen Strafe: 150 Punkte wurden in Fahrer- und Owner-Wertung abgezogen, zusätzlich wurden Crew Chief Steve Lane (+100.000 US-Dollar Strafe), Car Chief Richard Bourgeois und Reifenspezialist Michael Harrold bis zum Chase gesperrt. Damit steht Robby Gordon nun wieder in den Top35 und das sogar mit einem Polster von 66 Punkten. Travis Kvapil muss nun sogar eher nach hinten schauen, wo 21 Punkte weiter schon die #26 von Latitude 43 Motorsports wartet. David Stremme hat für das kleine Team in letzter Zeit beträchtlich Punkte aufgeholt. Gut nur, dass Kvapil bei der durchschnittlichen Zielankunft die Top-Position bei Front Row Motorsports einnimmt.
Das zweite von sechs Rennen auf TNT steht ebenfalls am Sonntagabend ab 18 Uhr mit Vorberichten auf dem Programm, mit dem Rennstart kann gegen 19:15 Uhr gerechnet werden. Der offizielle RaceBuddy-Stream ist wieder über nascar.com erreichbar. Das Qualifying wird am Freitagabend ab 21:30 Uhr auf SPEED übertragen. Ebenfalls in Michigan sind die Trucks am Start, deren Rennen am Samstagabend um 19:30 Uhr nach der Cup-Happy-Hour auf SPEED gesendet wird. Die Nationwide Series ist am Wochenende auf dem Kentucky Speedway mit den fünf Doppelstartern Joey Logano, Brad Keselowski, Carl Edwards, Joe Nemechek und Paul Menard unterwegs. Die Übertragung auf ESPN beginnt in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 1:30 Uhr, wer also eine kurze Pause vom Rennen in Le Mans einlegen will, der bekommt ordentlich Programm geboten.