In New Hampshire finden traditionell die rechnerischen Startschüsse für alles, was den Chase betrifft, statt: Im Juni beginnt dort das „race to the chase“, also die letzten zehn Rennen bis zu den eigentlichen Playoffs. Diese starten dann im September – ebenfalls in New Hampshire.
Am Samstag jährt sich meine Mitarbeit beim RacingBlog zum ersten Mal, deswegen möchte ich hier kurz die Chance nutzen und Euch allen für die Unterstützung danken: In erster Linie natürlich Don Dahlmann für sein Vertrauen und die Möglichkeit, welche er mir hier gegeben hat – aber auch der mittlerweile sehr stark besetzten „Redaktion“, die sich durch großartiges Teamwork auszeichnet. Mein Dank gilt selbstverständlich ebenfalls allen Lesern der Seite, welche regelmäßig solche Machwerke wie meinen 2.500-Wörter-Artikel zu Sonoma gerne lesen und mich mit Anregungen, Lob und Kritik versorgen. Dazu kommen die unzähligen wunderbaren, lustigen und informativen Unterhaltungen während und abseits aller möglichen Rennen in unserem Chat. Noch einmal: Vielen Dank und bleibt dabei! Wir haben hier eine der wenigen Communities aufgebaut, wo noch ein freundschaftliches Miteinander herrscht und Trolle bisher keine Chance haben! *auf-Holz-klopf* ;o)
Die Anzahl der Saisonrennen in New Hampshire ist schon längere Zeit umstritten
Nun zum Rennen in New Hampshire: Die „Magic Mile“ ist bei einer Länge von ziemlich genau einer Meile und einem Banking von 7° im Prinzip die große Schwester von Martinsville, hält aber nicht immer, was ihr Name verspricht. Der New Hampshire Motor Speedway gehört nicht zu meinen persönlichen Favoriten und auch Besitzer Bruton Smith sieht man selten enthusiastisch. Zurzeit überlegt Speedway Motorsports Inc, eines der zwei jährlichen Saisonrennen nach Kentucky zu verlegen. Zum einen wäre der Markt im Nordosten trotzdem noch im Einflussgebiet der NASCAR und zum anderen bekäme der Kentucky Speedway endlich sein Cup-Rennen. Weil beide Saisonrennen selten ausverkauft sind, könnte auch ein einzelnes Datum ähnlich wie in Darlington wieder für eine volle Hütte und damit mehr Zuspruch bei den Fans sorgen.
NASCAR machte Bruton Smith schon vor längerer Zeit klar, dass ein möglicher Kentucky-Termin nur zu Lasten einer anderen Rennstrecke genehmigt werden würde. Da ab dem nächsten Jahr auch die IndyCars wieder in New Hampshire fahren, wäre ein verlorenes Cup-Rennen vielleicht kein so großer Verlust, wie man eigentlich annehmen möchte. Interessant ist auch, dass die IndyCars momentan sehr stark Anschluss bei SMI suchen, während ihre Verträge mit der NASCAR-eigenen International Speedway Corporation nach und nach auslaufen. Für 2011 kommen etwaige Pläne für die konservative NASCAR vermutlich zu spät, aber ab 2012 werden wir meiner Meinung nach definitiv größere Umstrukturierungen im Kalender sehen. Man darf gespannt sein, was sich die Mächtigen in Concord, North Carolina so einfallen lassen.
Joe Gibbs Racing wird nach dem Rundkurs-Debakel vermutlich wieder zur Stelle sein
An diesem Wochenende können wir fast sicher sein, dass Joe Gibbs Racing den Aufschwung wiederfindet, den sie in Sonoma verloren haben. Dort waren alle drei Fahrer des Teams äußerst unglücklich in Zwischenfälle verstrickt und verloren sogar Plätze in der Meisterschaft. Da Sonoma aber nun mal ein „road course“ ist, dürfte das eine Ausnahme gewesen sein, es sei denn JGR hat das sprichwörtliche „momentum“ verloren. Denny Hamlin kann New Hampshire als seine Vorzeigestrecke bezeichnen, denn hier ist er in der Vergangenheit ähnlich erfolgreich gewesen wie auf der kleinen Schwester namens „Büroklammer“ in Martinsville: Nie(!) beendete Hamlin ein Rennen auf dem New Hampshire Motor Speedway schlechter als auf Platz 15. Sechs seiner acht bisherigen Rennen dort waren sogar Top9-Ergebnisse und gewonnen hat der neue Meisterschaftskandidat auf der Strecke auch schon.
Sein größter Rivale lauert dabei im eigenen Team: Kyle Busch ist 2010 wesentlich konstanter und ruhiger geworden und in seinen früheren Jahren lief es in Loudon auch immer sehr gut, wenn er denn mal ohne „Kyle-Busch-Anfänger-Manöver“ auskam. Sechs von zehn Rennen beendete er in den Top11 und eines dieser Resultate ist ein Sieg aus dem Jahr 2006. Auch der Vorjahressieger Joey Logano, der seinen Erfolg allerdings einer riesigen Regenwolke und Crew Chief Greg Zipadelli zu verdanken hat, sollte bei der derzeitigen Gibbs-Stärke Chancen auf die Top5 haben. Ernsthafte Konkurrenz dürfen Hamlin und Busch vor allem von Hendrick Motorsports erwarten, die momentan trotz Jimmie Johnsons Sieg in Sonoma nur die zweite Geige spielen. Vielleicht hat der Kalifornier nun aber auch eine Menge Oberwasser, nachdem er endlich seinen ersten Rundkurserfolg feiern konnte.
Johnson ist seit 2007 in New Hampshire nie außerhalb der Top9 ins Ziel gekommen und 2003 gewann er sogar beide Saisonrennen auf der „magic mile“. Teamkollege Jeff Gordon hat seine Siege auf diesem Speedway allesamt in den für ihn so erfolgreichen 90er-Jahren gesammelt. Seit dem Jahr 2000 hat er allerdings eine beachtliche Zahl an zweiten Plätzen nach Hause gefahren, zuletzt gegen Joey Logano im Juni 2009. Daran sieht man, dass Gordon immer noch dran ist und jederzeit wieder ganz oben auf dem Podest stehen könnte. Mark Martin schwächelt derzeit ein wenig: In den letzten sieben Saisonrennen sah er mit Ausnahme eines vierten Platzes in Charlotte die Zielflagge immer auf Rang 14 oder schlechter. Trotzdem muss man ihn auf der Rechnung haben, denn immerhin gewann er das letzte Rennen in New Hampshire zum Chase-Auftakt 2009. Dale Earnhardt Jr hat die Chance, sich mit einem soliden Finish in die Top12 zu kämpfen, als Siegkandidaten sehe ich ihn aber nicht.
Kurt Busch könnte Joe Gibbs Racing und Hendrick Motorsports ein Schnippchen schlagen
Gefährlich werden kann den zwei Top-Teams der NASCAR in New Hampshire eigentlich nur Kurt Busch, der in seinem Meisterjahr 2004 beide Rennen dort gewann und seit 2008 in vier Rennen auch konsequent in die Top6 gefahren ist – davon ein Sieg und ein dritter Platz. Sein Teamkollege Brad Keselowski bestritt im vergangenen Jahr nur ein Rennen in Loudon und das noch bei Hendrick Motorsports. Allerdings sprang im Juni ein sechster Rang für ihn heraus, mal schauen was da am Wochenende so bei „Bad Brad“ geht. Im Hendrick-Kundenteam Stewart-Haas Racing wird der Teamchef vermutlich nach dem Beginn seiner starken Sommerserie wieder die Top5 ansteuern. In Pocono wurde er Dritter, danach stehen ein fünfter Platz in Michigan und Rang 8 in Sonoma für ihn in den Büchern. Ryan Newman sehe ich dagegen maximal in den Top10, zu wenig Konstanz zeigte er bisher in dieser Saison.
Weiter geht es mit Richard Childress Racing: Die drei Piloten Kevin Harvick, Jeff Burton und Clint Bowyer fahren immer mal wieder Achtungserfolge ein, wobei Harvick als Tabellenführer regelmäßig in den Top5/Top10 ankommt. Seine Tabellenführung konnte er mit dem dritten Platz in Sonoma noch einmal retten, zumal Kyle Busch und Denny Hamlin auch Pech hatten, doch die Luft wird dünner an der Spitze. Harvick dürfte ziemlich sicher im Chase sein, aber dann müssen die Siege ebenso konstant kommen wie die Top10-Resultate. Burton und Bowyer können an einem guten Tag immer noch in die Top10 fahren, nur den erwischen sie in letzter Zeit nicht so häufig. Für Bowyer wird es derweil allerhöchste Eisenbahn, denn er ist momentan fast 100 Punkte außerhalb der Chase-Plätze zu finden.
Für Ford ist Loudon nicht gerade ein gutes Pflaster gewesen; Montoya & Truex mit Chancen
Zwei Kandidaten für ein gutes Ergebnis gibt es aber noch: Martin Truex Jr und Juan Pablo Montoya. Während Montoya im Chase-Rennen 2009 die meisten Führungsrunden sammelte und dann doch nur auf Platz 3 ins Ziel kam, gelangen Truex solche Ergebnisse öfter: Zwar lief im letzten Jahr bei Earnhardt-Ganassi Racing nichts für ihn zusammen, doch 2007 und 2008 hatte er bei Dale Earnhardt Inc immer richtig gute Rennen (3/5/4/7). Für Ford ist New Hampshire wieder so eine Strecke, wo eigentlich seit Jahren gar nichts zusammenläuft. Hinzu kommt, dass an diesem Wochenende das letzte Rennen mit dem alten Motor ansteht, bevor ab Daytona im Juli bei allen Teams ausnahmslos der neue FR9 eingesetzt wird. Roush-Fenway Racing und Richard Petty Motorsports dürfen in Loudon also maximal auf Top10-Ergebnisse hoffen. Am ehesten kommen dafür die zurzeit konkurrenzfähigsten Fahrer Greg Biffle, Matt Kenseth, Carl Edwards und Kasey Kahne in Frage.
Wegen des Gewohnheitsfaktors hier noch die Liste der bisherigen noch aktiven Sieger:
1. Jeff Burton (4)
2. Jeff Gordon, Kurt Busch (3)
3. Jimmie Johnson, Tony Stewart, Ryan Newman (2)
4. Kyle Busch, Denny Hamlin, Joey Logano, Kevin Harvick, Clint Bowyer, Greg Biffle, Mark Martin, Robby Gordon, Joe Nemechek (1)
Interessant ist, dass sich in New Hampshire bisher kein Fahrer wirklich weit absetzen konnte. Das geht sogar soweit, dass es in den letzten fünf Jahren zehn verschiedene Sieger gab. Kann dieser Rekord noch weiter ausgebaut werden?
Das Cup-Rennen startet an diesem Wochenende wieder zur gewohnten Ostküstenzeit gegen 19:15 Uhr, TNT überträgt ab 18 Uhr. Die Qualifikation ist am Freitagabend ab 21 Uhr auf SPEED zu sehen. Zwischendrin geht noch die Nationwide Series an den Start, in der Danica Patrick wieder einen Einzelauftritt hinlegen wird. ESPN geht am Samstagabend ab 20:30 Uhr zu europafreundlichen Zeiten auf Sendung. Die Trucks werden noch ein paar Wochen pausieren.
Labonte verlässt TRG Motorsports mit sofortiger Wirkung; Kenseth mit neuem Crew Chief
Die Gesamtstände in den beiden Meisterschaftswertungen könnt ihr im letzten Artikel, der Analyse zu Sonoma, nachlesen. Stattdessen hier zwei Neuigkeiten: Bobby Labonte ist überraschend bei TRG Motorsports ausgestiegen! Mitte der Woche verkündete er, dass er wieder um Siege mitfahren will und dockte kurzfristig bei Robby Gordon Motorsports an. Ich bin mir sicher, dass Bobby die Ironie in dieser Aussage inkl. Handlung vermutlich selbst sieht. Wollen wir nicht hoffen, dass ihn Robbys zweiter Platz in Sonoma total verblendet hat. Aber im Ernst: Der Auftritt für RGM in New Hampshire ist zwar ein „one race deal“, doch Gordon wird vermutlich das komplette Rennen aus eigener Tasche bezahlen, um von Labonte Feedback bezüglich des Autos zu bekommen. Allerdings ist es interessant, dass der Altmeister noch einmal zulangen will. Vielleicht bekommt er ja noch eine weitere Chance, stellt sich nur die Frage wo.
Nach dem Gaststart für Robby Gordon kommt er zwei Rennen (Daytona, Chicagoland) lang bei Phoenix Racing in der #09 unter. Weil Reed Sorenson bei Red Bull nur drei Rennen fix am Steuer ist, könnte sich direkt schon die nächste Chance für Labonte auftun. Bei Red Bull hat man zumindest bestätigt, dass sich die Ersatzfahrer für Brian Vickers den Rest der Saison die Klinke in die Hand geben werden, damit das Team möglichst viel Feedback erhält. Für TRG Motorsports soll ab sofort der teameigene Sportwagenveteran Andy Lally fahren. Ob der für Daytona eine Lizenz hat? Zweite kleinere News: Matt Kenseth und Crew Chief Todd Parrott gehen ab sofort getrennte Wege, allerdings ist noch unklar was dahinter steckt. Als Interimslösung ist zunächst Jimmy Fennig vom Roush-R&D-Team vorgesehen, der in der letzten Saison für das Auto von David Ragan zuständig war. Damit hat Kenseth nun nach Drew Blickensderfer (nur Daytona 500) und Todd Parrott den dritten Crew Chief in dieser Saison zugeteilt bekommen.