An diesem Wochenende beginnt im Sprint Cup die zweite Saisonhälfte, TNT überträgt zum Glück das letzte ihrer sechs Rennen. Der von mir oft totgeredete Kevin Harvick führt weiterhin die Meisterschaftstabelle an und das nach seinem Sieg in Daytona sogar mit über 200 Punkten.
Das Daytona-Rennen konnte ich in der letzten Woche leider nicht verfolgen, weil die Arbeit rief und außer meinem Gehalt habe ich sogar einen wunderschönen Sonnenbrand mitgenommen. Dankenswerterweise hat mich aber Kollege Stefan Tegethoff vertreten, welcher dann vom Superspeedway-üblichen Favoritensterben im Zuge des großen „big ones“ berichtete. Am Ende gewann wie in Talladega erneut Kevin Harvick, der nun mit zwei Siegen weiterhin an der Tabellenspitze rangiert und kurz vor dem Beginn des Chase sogar schon über 200 Punkte Vorsprung angehäuft hat.
Ich habe Harvick hier oft totgeredet und war der Meinung, er würde die Führung schneller verlieren, als ihm lieb sei. Die zunächst fehlenden Siege glich der RCR-Pilot dann mit absolut tadelloser Konstanz wieder aus: In den ersten 18 Rennen gelangen Harvick immerhin 13 Top10- und 8 Top5-Resultate. Dazu kamen dann auch insgesamt zwei Siege, jeweils auf den Superspeedways in Talladega und Daytona. Zusätzlich gewann der Mann, der zuhause angeblich nicht den „fire suit“ trägt, auch das Budweiser Shootout zu Saisonbeginn. Wenn man bei Richard Childress Racing nun noch auf den „regulären“ Ovalen den Durchbruch schaffte, sollte man Harvick als ernsthaften Meisterschaftskandidaten betrachten. Zumindest ein weiteres „restrictor plate“-Rennen gibt es im Chase ja noch: Talladega!
Derweil stürmte Jeff Gordon weit an die Spitze der Tabelle vor und rangiert nun ohne Saisonsieg auf Platz 2 noch vor seinem Teamkollegen und dem frisch gebackenen Vater Jimmie Johnson, der immerhin fünf Saisonsiege auf seinem Konto hat. Auf Rang 4 hält Dodge-Fahrer Kurt Busch alleine die Fahne des unterrepräsentierten Herstellers hoch. „Rookie“ Brad Keselowski liegt in der Meisterschaft zwar noch vor Sam Hornish Jr, ist aber auf Platz 25 weit abgeschlagen. Bei Penske Racing ist es schon seit einigen Jahren erstaunlich zu verfolgen, wie nur auf ein wirkliches Ass gesetzt wird. Vielleicht schafft „Bad Brad“ ja im nächsten Jahr den Anschluss an die Spitze, denn das Talent besitzt er ohne Zweifel und führt auch die Nationwide Series an. Kurt Busch hat 2010 übrigens schon zwei Siege auf dem Konto.
Erst dahinter komplettiert Denny Hamlin im ersten Toyota die Top5 der Meisterschaftswertung und hat wie Jimmie Johnson bereits fünf Siege angesammelt. Teamkollege Kyle Busch auf Platz 6 kann auf zwei Erfolge zurückblicken. Die restlichen Chase-Platzierungen sind in diesem Jahr bisher sieglos ausgegangen: Der erste Ford-Fahrer Matt Kenseth rangiert in den Top12, obwohl die Marke derzeit den anderen hinterher fährt. Weitere, einigermaßen sichere Ford-Piloten am Ende des Chase sind Greg Biffle auf Platz 10 und Carl Edwards auf Rang 12. Auf Platz 7 liegt Harvick-Teamkollege Jeff Burton vor Tony Stewart, der in Daytona nach vier guten Resultaten Pech hatte. Auch Dale Earnhardt Jr, der zuletzt wieder in die Top5 fuhr und in diesem Jahr eine gute Chance hat, nach 26 Rennen den „cut“ zu schaffen. Innerhalb von 100 Punkten verfolgen Mark Martin, Clint Bowyer und Ryan Newman die Chaser.
An diesem Wochenende fahren Cup und Nationwide Series auf dem Chicagoland Speedway, einem der vielzähligen 1,5-Meilen-Intermediate-Ovale im Kalender. Ein Blick auf die bisherigen noch aktiven Sieger offenbart die Siegkandidaten für das Rennen. Seit 2001 gab es bei einem jährlichen Saisonlauf bisher erst neun „victory lane“-Besuche. Kevin Harvick gewann die ersten beiden Rennen 2001 und 2002, ist aber nicht der einzige Fahrer, dem zwei Erfolge gelangen: Auch Tony Stewart konnte schon zwei Mal als Erster über die Ziellinie fahren. Jeweils einen Sieg haben Ryan Newman, Tony Stewart, Dale Earnhardt Jr, Jeff Gordon, Mark Martin und Kyle Busch auf dem Konto. Eigentlich wieder eine brutal-erfolgreiche Strecke für die Mannschaft von Rick Hendrick und dessen „affiliates“, zumal Jimmie Johnson in den Rennen vor Daytona wiedererstarkte. Chicagoland ist aber eines der Ovale, auf dem Johnson noch ein Erfolg fehlt. Vielleicht gibt ihm die Geburt seiner Tochter noch weiteren Aufschwung.
Da aber Denny Hamlin und Kyle Busch für Joe Gibbs Racing in letzter Zeit sehr erfolgreich waren, sollte man sie ebenfalls auf der Rechnung haben. Kevin Harvick sollte dagegen wieder die Top5/Top10 anvisieren, um weiterhin Punkte zu sammeln. Da der Fahrer der #29 aber schon ziemlich sicher im Chase sein dürfte, könnte RCR zu diesem Zeitpunkt mal einige Wagnisse eingehen und neue Entwicklungen testen, ohne viel Risiko einzugehen. Auf eine besonders gute Chicagoland-Historie kann Tony Stewart zurückblicken, ihm gelangen in neun Auftritten sagenhafte sieben Top5-Resultate – also eine sichere Bank im Tippspiel am Wochenende.
Als Geheimtipp habe ich die Mannschaft von Michael Waltrip Racing auf Lager: David Reutimann, Martin Truex Jr und Marcos Ambrose kamen in den letzten Jahren fast immer auf Top10-Kurs ins Ziel. Auch AJ Allmendinger könnte wieder vorne mitfahren, in zwei bisherigen Rennen sprangen zwei dreizehnte Plätze heraus. Juan Pablo Montoya hat eine ähnliche Statistik auf Lager: Platz 15, 18 und 10 lauteten die Resultate des Kolumbianers in seinen drei Auftritten in Chicagoland. Chase-technisch dürfte es mittlerweile für die rote #42 zu spät sein, doch Einzelerfolge sollten durchaus in Reichweite liegen, vor allem nach der einwöchigen Pause in Indianapolis. Dort konnte Montoya schon 2009 fast einen Sieg einstreichen, bevor er von NASCAR wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung in der Boxengasse zurückgepfiffen wurde.
Am Wochenende findet fast die gesamte Action freitags statt, wenn alle freien Trainings anstehen und auch die Nationwide Series ihr Rennen fährt. Lediglich das Cup-Rennen findet in den USA am Samstag statt. TNT überträgt das letzte ihrer sechs Rennen und übergibt sich nach einer Woche Pause glücklicherweise an ESPN – hoffentlich nervt uns Rusty Wallace dort nicht unfassbar übertrieben. Mit Dale Jarrett haben die ja eigentlich kompetenten Ersatz. Das Rennen steht bei uns in der Nacht von Samstag auf Sonntag an und zwar um 1:45 Uhr, die Vorberichte beginnen um 1 Uhr. Das Qualifying überträgt SPEED ab Mitternacht Freitag/Samstag. Die Nationwide Series fährt im Anschluss um 1:30 auf ESPN. Die Trucks fahren auch wieder, SPEED überträgt das Rennen vom Iowa Speedway am Sonntagabend ab 20 Uhr zur besten Sendezeit.
Neben der bereits erwähnten möglichen Umstrukturierung des Cup-Kalenders, einer Änderung des Chase und der Vaterschaft von Jimmie Johnson tauchte in dieser Woche noch das Gerücht auf, dass Mark Martin 2011 für Red Bull fahren könnte. Damit wäre im nächsten Jahr bereits der Platz für Kasey Kahne in der #5 frei. Was davon allerdings letztendlich in die Tat umgesetzt wird, steht in den Sternen. Brian Vickers‘ Vertrag läuft noch einige Jahre, lediglich Scott Speed hat noch kein Arbeitspapier für 2011. Ein dritter Wagen müsste allerdings extern finanziert werden, wie Red Bull bereits in der Vergangenheit bekannt gab.