Home Motorsport Formel Eins: Webber vs. Red Bull

Formel Eins: Webber vs. Red Bull

von DonDahlmann
5 Kommentare

Red Bull hat gestern gewonnen, und doch verloren. Die Behandlung von Mark Webber an diesem Wochenende war teilweise beschämend. Die unverhohlene Bevorzugung von Vettel eine Frace.

Mark Webber hat in seiner Karriere viel mit gemacht. Für einen Australier ist nicht leicht in Europa Fuß zu fassen, aber wie so viele hat er über die britische F3 den Einstieg geschafft. In Le Mans hob sein Mercedes CLK-GTR LM ab und er landete im Wald. Er fuhr bei Minardi, er mühte sich bei Jaguar und Williams, seit 2007 hat er geholfen, Red Bull siegfähig zu machen und vor 18 Monaten brach er sich bei einem Unfall mehrere Knochen. Er galt als „Übertalent“, dann wieder als jemand, der die Nerven nicht hat. Aber als jemand, der aufgibt, gilt er nicht. Und seit Silverstone weiß man nun auch, dass er sich nicht scheut, deutlich zu sagen, was so über sein Team denkt.

Der Ärger für Webber begann im dritten Training. Beide Fahren hatten für das Wochenende neue Frontflügel bekommen, allerdings gab es nur diese beiden Exemplare. Bei Vettel brach der Schnellverschluss des Flügel und war somit nicht mehr einsetzbar. Christian Horner entschloss sich, vermutlich nach Beratschlagung mit dem „heimlichen“ Teamchef Dr. Helmut Marko, dass Webber seinen Flügel abgeben müsse. Begründung: Vettel sei in der WM besser platziert und habe in den Trainings ein besseres Ergebnis erzielt. Das stimmt. In der WM führte Vettel mit 12 Punkten, aber in den Trainings sah die Sache anders aus. Freitag stand es 1:1, im dritten FT war Vettel sage und schreibe 34 Tausendstel vor Webber. Gleichzeitig spielte Horner den Vorteil des neuen Flügel runter. Er sei nicht entscheidend, würde nicht so viel bringen. Dann stellt man sich aber unwillkürlich die Frage: Warum wurde Webber dann der Flügel genommen, wenn er nicht entscheidend ist?

Webber war sauer. Zu Recht. Die seit der Türkei schwelenden Gerüchte, dass die Teamführung Vettel bevorzugt, lassen sich nicht mehr leugnen. Entscheidend ist nicht die Tatsache, dass Vettel in der WM besser gelegen hat. 12 Punkte klingen nach viel, in der neuen Wertung ist es kaum etwas. Verglichen mit der alten Wertung sind 3 oder 4 Punkte. Zur Halbzeit der Saison ist das nicht viel. Entscheidend ist, dass Vettel seinen Frontflügel (unverschuldet) zerstört hatte, Webber aber nicht. Dann aber hinzugehen, und Webber den Flügel weg zu nehmen – klarer kann man einen Fahrer nicht sagen, dass er im Team allerhöchstens die Nummer Zwei ist.

Wie angespannt die Situation bei Red Bull ist, offenbarte sich nach dem Rennen. Webber bedankte sich mit dem Satz „Not bad for a number 2 driver“ und Horner (Ich glaube er war es) gratulierte sehr schmallippig mit einem „Well done“. Keine Freude, kein Enthusiasmus. Webber legte in der Pressekonferenz nach. Er wurde mit den Worten zitiert, dass er nie den Vertrag bei Red Bull für 2011 unterschrieben hätte, wenn ihm die Rolle des Nummer 2 zugewiesen worden sei. Er habe vor mit dem Management über das Thema zu reden. Und zwar am Montag. Süffisant legte er nach: „Some of the drivers offered me their front wings on the drivers’ parade..Seb didn’t.“

Was Red Bull gemacht hat, war Dummheit pur. Dass die Situation zwischen Webber und Vettel nach dem Rennunfall in der Türkei angespannt war, ist eine Sache. Öl ins Feuer zu giessen und der Welt zu zeigen, dass man Webber nicht für würdig hält, den Titel zu gewinnen, ist dann eine andere Sache. Selbst die Konkurrenz von McLaren und Mercedes zeigte sich überrascht über das Ausmaß der Meinungsverschiedenheiten. Whitmarsh meinte nur, so was würde in seinen Team in einer vergleichbaren Situation nicht vorkommen, Nick Heldfeld sagte auf sky, sinngemäß, dass es im Team schon sehr kochen müsse, wenn ein Fahrer sich in der Auslaufrunde nach einem Sieg zu so einer Aussage hinreissen lassen würde. Wie immer sieht man im Fernsehen nur einen Teil der Wahrheit, das Fahrerlager weiß und sieht mehr und vor allem wundert man sich.

Red Bull macht sich das Leben selber schwer. Es ist ein schwerer Fehler, Webber so unterzubuttern, denn man schafft sich einen Gegner im eigenen Lager. Zu dem ist das Verhalten der Teamführung nicht nachvollziehbar. Man spielt nicht mit offenen Karten, weder gegenüber der Öffentlichkeit, noch gegenüber Mark Webber. Man beschwichtigt und hat doch auf der anderen Seite andere Pläne. So sehr ich die Karriere von Vettel bewundere, ich würde mich freuen, wenn er in dem Punkt auch etwas klarer Position beziehen würde. Sich auf die Postion „Kann ich ja nichts für, was das Team macht,“ mag angesichts des Konkurrenzkampfes nachvollziehbar zu sein, die klassische englische Art ist es allerdings nicht. Aber Fahrer sind in einer solchen Situation, das hätten Senna, Prost und Lauda nicht anders gemacht. Und die Teamleitung sollte mal überlegen, was man eigentlich will. Die windelweiche Ausweichversuche von Christian Horner nach dem Rennen waren PR-Geplapper. Nett, aber unbefriedigend. Das bei Red Bull alles in Ordnung sei, glaubt er vermutlich selbst nicht.

Die Antwort von Webber war dann immerhin passend. Er hat am Wochenende gewonnen. Mit dem alten Material. Damit führt er jetzt auch in der Meisterschaft. Wenn es nach der Logik von Red Bull und Horner geht, müsste man Webber ja jetzt mit allen Mitteln unterstützen. Die Frage, die im Moment viele beschäftigt: kann Webber das Team zumindest dazu bringen, neutral zu sein? Oder sollte er seinen 2011er Vertrag mit Red Bull lieber im gegenseitigen Einvernehmen auflösen und zu Renault gehen?

Ich glaube nicht, dass er geht. Zum einen gibt es kein passendes Cockpit für ihn, wenn man mal von Renault absieht. Zum anderen weiß auch er, was er an Red Bull hat. Ohne die wäre er auch nicht da, wo er heute ist.

Das könnte Dir auch gefallen

5 Kommentare

nona 12 Juli, 2010 - 09:05

Stimmt eigentlich, allerdings sehe ich das eher als internes und externes Kommunikationsproblem. Angesichts der Tatsache, dass (a) Vettel nach Punkten führte, (b) der Frontflügel nicht viel bringt (oder bringen soll, wir wissen es ja nicht) und (c) der Red Bull sowieso klar überlegen ist, hätte man sowohl intern als auch extern durchkommunizieren können (müssen), dass es im Grunde egal ist wer den Flügel hat. Es hätte der Eindruck vermittelt werden müssen, dass eben der besser platzierte Fahrer die geringfügig bessere Modifikation erhält – was in den Teams ja andauernd vorkommt. Sie haben verpasst, deutlich zu machen, dass der Flügeltausch „keine grosse Sache“, bei der Webber eher noch grosszügig dastehen und somit ein positives Bild abgeben könnte, wenn er das Bauteil quasi freiwillig an Vettel nach dessem unverschuldeten Schaden abtritt.

Ich 12 Juli, 2010 - 09:15

RBR wird wohl auch weiterhin die Poles unter sich ausmachen. Aber das reicht halt nicht. Alles deutet darauf hin, dass am Schluss Hamilton der lachende Dritte sein wird. Ich denke, dass RBR jetzt so langsam tatsächlich auf Stallregie setzen sollte, um das zu verhindern. Aber das wird mit diesen Fahrern kaum zu machen sein. Und auf wen sollte man setzen? (Ich würde sagen, Webber.)

Jan 12 Juli, 2010 - 10:55

Das RB-Team nimmt also das Firmenmotto „RedBull verleiht Flügel“ sehr wörtlich. :-D

Art Vandelay 12 Juli, 2010 - 11:44

2 Gedanken erscheinen mir bei der Sache noch wichtig:
1. Vettel ist ein Red Bull Junior. Dadurch hat er sicher zum heimlichen Teamchef Marko, der ja das Red Bull Juniors Programm leitet, eine besondere Bindung. Das spielt bei der Sache sicher eine große Rolle.
2. Für Red Bull ist das alles in 1. Linie Marketing. Deutschland ist ein enorm wichtiger Markt. So gesehen wäre ein deutscher Red Bull Weltmeister für Red Bull natürlich sehr viel wert. Wahrscheinlich mehr als ein Australischer… Dass diese Vorgangsweise wohl nun zu einer Imagekatastrophe wird ist wieder was anderes.

Racer 15 Juli, 2010 - 00:54

So schnell der RB6… Seb oder Mark sollten mit mind. 50 Punkten die WM anführen, am besten gleich beide ganz oben. Und wie ist es gekommen? Sie sind hinter McLaren und wenn McLaren dann mal auf den Speed eines RB6 kommt, dann sehen die Bullen kein Land mehr.
Schade um die Entwicklung von Red Bull die jetzt wohl stagniert…

Comments are closed.