In Bristol räumte Kyle Busch alles ab, was es dort zu gewinnen gab. Eine Woche später holte er sich bei den Trucks in Chicagoland erneut den Sieg und gewann damit vier der letzten fünf Rennen der nationalen NASCAR-Serien. In Atlanta muss man aber andere Piloten auf der Rechnung haben.
Manchmal hat Kyle Busch so Phasen, in denen bei ihm alles zusammenläuft und die Rennsiege förmlich zur Tür hereingeweht kommen. Die meiste Zeit aber unterlaufen ihm leichtfertige Fehler, was sich in der jüngeren Vergangenheit aber schon gebessert hat, oder der Wagen hält einfach nicht. Letzteres Problem kann man bei Joe Gibbs Racing ja nun schon seit einigen Wochen beobachten, z.B. bei Denny Hamlin, der in den letzten beiden Rennen mit technischen Problemen zu kämpfen hatte. In Michigan versäumte er aufgrund eines Elektrik-Defekts den Sieg und in Bristol brach bei der #11 die Antriebswelle.
Für beide Gibbs-Fahrer ist der Chase fast hundertprozentig sicher (mehr zu den Qualifikationsszenarien weiter unten im Artikel), doch was dann kommt, ist unsicher. Die Plätze 3 und 5 in der Meisterschaft zeugen von Konstanz, aber solche Fauxpas dürfen während der Playoffs nicht vorkommen. Auch für das zweite Atlanta-Rennen in dieser Saison spielt das natürlich eine Rolle. Warum? Weil ich nicht davon ausgehe, dass Busch oder Hamlin an diesem Wochenende den großen Wurf landen können. Auch wenn Kyle in den letzten beiden Wochen fast alles gewonnen hat, was man nur gewinnen konnte, zu wenig konstant sind beide Piloten zurzeit unterwegs.
Hamlin hat seine starke Phase nach dem Wechsel vom Heckflügel zum Spoiler verbraten und Busch überzeugte 2010 lediglich mit einzelnen Achtungserfolgen. Auf dem Atlanta Motor Speedway, welcher ab 2011 nur noch ein Saisonrennen austragen wird, sahen die Gibbs-Teamkollegen zudem bislang nicht sonderlich gut aus. Gemeinsam stehen lediglich fünf Top10-Resultate aus 22 gemeinsamen Rennen in Atlanta zu Buche.
Das Vorjahresrennen, welches gleichzeitig auch das erste reguläre Fluchtlichtrennen in Atlanta darstellte, gewann Kasey Kahne. Im Übrigen kann man sich schon darauf einstellen, dass dieses Labor-Day-Nacht-Datum für Atlanta in Zukunft zum „Traditionsevent“ ausgebaut wird, da es ja bekanntlich der letzte verbliebene Saisontermin der Strecke ist. Zuvor wurden 50 Jahre lang jeweils zwei Rennen pro Jahr ausgetragen, was schon einen ziemlichen Bruch mit der in den Südstaaten reichlich vorhandenen Tradition bedeutet. Zurück zu RPM: In diesem Jahr hat Richard Petty Motorsports ja durchaus so seine Schwierigkeiten und auch für 2011 sind bislang nur zwei von zuvor vier Autos sicher – keineswegs rosige Aussichten auf ein volles Starterfeld im nächsten Jahr also. Als Geheimtipp würde ich die RPM-Wagen in Atlanta aber durchaus auf der Rechnung haben: Außer dem glücklosen Elliott Sadler versammelten sich Kasey Kahne, Paul Menard und AJ Allmendinger beim diesjährigen Frühjahrrennen geschlossen auf den Plätzen 4-6.
Besagtes Rennen gewann Kurt Busch, der schon eher für einen weiteren Sieg in Frage kommt, wiederholte er doch mit seinem Erfolg gleich mal seinen Sieg im Frühjahrsrennen 2008. Penske Racing erscheint mir von den stärkeren Teams ohnehin das konstanteste zu sein, zumindest was die absolute Stärke angeht. Seit Jahren sind die Jungs von Roger Penske immer mal wieder für Achtungserfolge gut und gewinnen mehrere Rennen pro Jahr ohne aber ernsthafte Chancen auf den Titel zu besitzen. Leider ist nur noch Busch als Frontmann bei der Organisation verblieben, Brad Keselowski muss im Vergleich zu seinem Vorgänger Ryan Newman weiterhin ebenso Lehrgeld bezahlen wie Teamkollege Sam Hornish Jr.
Wirklich konstant war 2010 bisher Richard Childress Racing mit vor allem Kevin Harvick. Der Kalifornier gewann in Atlanta zwar bisher erst ein Rennen, kam seit 2008 aber nur einmal nicht innerhalb der Top10 ins Ziel. Sein einziger Atlanta-Sieg datiert übrigens vom Frühjahr 2001, nur drei Rennen nach dem Tod des legendären Dale Earnhardt Sr – sogar in dessen Wagen, allerdings schon mit der #29. Bei seinen Teamkollegen Jeff Burton und Clint Bowyer muss man schauen: Bowyer hat einige sechste Plätze in Atlanta vorzuweisen, während Burton auf der Strecke in jüngerer Zeit nicht so zurecht kommt. Interessanterweise ist er dafür umso besser auf dem Texas Motor Speedway unterwegs, der eigentlich dieselbe Streckencharakteristik bietet.
Gemeinsam mit „Mr. Konstanz“ Kevin Harvick sehe ich momentan Jeff Gordon als wirklichen Meisterschaftskandidaten und in den USA gehen ja schon die Mutmaßungen um, ob ein Fahrer auch ohne Sieg den Titel gewinnen könne. Gordon wartet bekanntlich seit Texas im Frühjahr 2009 auf einen weiteren Erfolg, der zweite Rang in der Meisterschaft spricht aber Bände. Oft war er dicht am langersehnten Sieg dran, nur um dann in letzter Sekunde wieder nicht in der „victory lane“ zu landen. Allerdings will ich jetzt auch nicht zu weit vorgreifen, denn einerseits hat man bei Tony Stewart im letzten Jahr gesehen, wie schnell ein Punktevorsprung in der „Pre-Season“ im Chase letztendlich nichts mehr wert ist. Andererseits kommt von mir nach dem Richmond-Rennen noch eine detaillierte Analyse aller Playoff-Teilnehmer.
Apropos Tony Stewart: Seine Sommerserie scheint nun mit dem Ende des Augusts gebrochen, in Bristol erreichte er nach einem miserablen Rennen nur Rang 27. Ein Top10-Resultat sollte in Atlanta aber möglich sein, denn seit 2006 fuhr Smoke nur dreimal nicht in die Top11. Top5-Ergebnisse oder gar Siege sind in der Vergangenheit für ihn auf dieser Strecke aber Mangelware geblieben. Noch nicht ganz fertig war ich mit Jeff Gordon und vor allem Hendrick Motorsports: Für Gordon lief es in den letzten Rennen nicht so schlecht, allerdings beschränkten sich seine großen Erfolge auf das Sammeln von Punkten. In Atlanta ist er aber seit 2006 nur zweimal nicht in die Top10 gefahren und auch drei Top5s stehen aus diesem Zeitraum für ihn zu Buche. Der benötigte Sieg kann also jederzeit kommen.
Anders sieht es bei Jimmie Johnson aus, welcher in den letzten sieben Rennen nur exakt einmal in die Top10 vordrang. Echter Wahnsinn, wie es für den viermaligen Meister derzeit läuft, das Glück scheint ihn verlassen zu haben, nachdem es jahrelang fast konstant anhielt. Aber natürlich weiß man nie so genau, was beim Start des Chase passiert und ob die #48 nicht plötzlich wieder um die Wurst mitfährt. Interessant war es zumindest, dass er in Bristol vor dem Kollisionspech nicht die üblichen Abstimmungsprobleme hatte. In Atlanta werden wir also definitiv sehen, ob es zwischen Johnson und Crew Chief Chad Knaus wieder läuft, was die Arbeit am Handling angeht – besonders weil ja erneut ein Nachtrennen ansteht, bei dem sich das Fahrverhalten von Stunde zu Stunde massiv verändert.
Mark Martin hat es derzeit extrem schwer: Die Chase-Qualifikation rückt in weite Ferne und dann ist auch ausgerechnet Atlanta nicht des Routiniers liebste Strecke. Nach Platz 19, 28 und 23 in den letzten drei Rennen machen nur drei Top10-Platzierungen in Atlanta seit 2006 nicht gerade Mut für die verbliebenen, bestenfalls geringen Playoff-Chancen. Interessant könnte es dagegen bei Hendrick-Teamkollege Dale Earnhardt Jr werden, der in Atlanta zuletzt halbwegs erfolgreich unterwegs war. Nach Platz 19 und 13 in den letzten beiden Rennen machen seine Atlanta-Ergebnisse Mut: 15/17/11/3/11 seit 2008 sprechen für einen weiteren Aufwind im kommenden Meisterschaftslauf.
Roush-Fenway Racing ist für mich nach den jüngsten Resultaten der Favorit – mal abgesehen von Kurt Busch. Die Mannen von Jack Roush fahren seit dem Unfall ihres Teamchefs wieder konstant in die Top5/Top10 und schrammen auch schon mal knapp am Rennsieg vorbei (Ausnahme Greg Biffle in Pocono). Zudem haben sie nun die Chance, ihre Vorherrschaft auf den Intermediate-Ovalen wieder aufleben zu lassen und scheinen auch für den Chase gut aufgestellt. Wer von den drei besten Roush-Piloten nun am besten in Atlanta abschneiden wird, ist schwer zu sagen. Vielleicht Carl Edwards, der schon dreimal auf der Strecke gewinnen konnte, möglicherweise Matt Kenseth, der im Frühjahr auf den zweiten Platz fuhr, oder aber Biffle, der den einzigen Saisonsieg für Roush einfahren konnte.
Bevor ich es vergesse noch etwas zu Juan Pablo Montoya, der hier in Europa ja immer etwas mehr Aufmerksamkeit genießt als andere NASCAR-Stars. Nennt es subjektiv, das ist schließlich ein Blog! :o) Atlanta genießt so ein wenig den Ruf der Montoya-Strecke – teils zu Recht, teils zu Unrecht. Ein fünfter Platz im Debütrennen auf dem Atlanta Motor Speedway kann sicherlich nicht viel Aufschluss über die tatsächliche Stärke des Kolumbianers in Georgia geben und tatsächlich holperte Montoya in den ersten Jahren mehr vor sich hin als alles andere. Die letzten beiden Rennen bieten aber Anlass zur Hoffnung, denn dort konnte er die #42 zweimal hintereinander auf einen guten dritten Rang fahren.
Eine weitere Quelle für Siegesanwärter ist die Liste der bisherigen, noch aktiven Sieger, in der Kurt Busch seit Beginn des Jahres um einen weiteren Platz nach oben klettern konnte:
1. Bobby Labonte (6)
2. Bill Elliott (5)
3. Jeff Gordon (4)
4. Jimmie Johnson, Carl Edwards, Kurt Busch (je 3)
5. Kasey Kahne, Tony Stewart, Mark Martin (je 2)
6. Kyle Busch, Dale Earnhardt Jr., Kevin Harvick (je 1)
Labonte und Elliott darf man dabei aber wie immer ausklammern – Bobby zumindest vorerst bis zum nächsten Jahr, in dem er für JTG-Daugherty Racing mit Unterstützung von Michael Waltrip Racing antreten wird.
Jetzt kommt wie gewohnt wieder kurz ein wenig Statistik, nachfolgend ein Link zu den Chancen auf eine vorzeitige Chase-Qualifikation (Clinching-Szenarios) bei NASCAR.COM. Generell kann man sagen, auch im Hinblick auf die Meisterschaftstabelle inkl. der Chase-Verfolger weiter unten, dass in den verbleibenden zwei Rennen bis zu den Playoffs im Gegensatz zu den vergangenen Jahren vermutlich wenig Spannendes passieren wird. Kevin Harvick und Jeff Gordon sind ja schon mal sicher, Kyle Busch muss nur in Atlanta und Richmond an den Start gehen. Carl Edwards, Denny Hamlin, Tony Stewart, Jeff Burton, Matt Kenseth und Jimmie Johnson müssen in Atlanta „nur schlimmstenfalls“ in den Top10 ankommen, damit das Ticket bereits gelöst ist. Für die erstgenannteren liegt die Grenze natürlich großzügiger, Stewart reicht bspw. schon Rang 19. Auch Greg Biffle kann sich mit Platz 4 selbst qualifizieren, nur Clint Bowyer auf Platz 12 steht noch halbwegs kritisch „on the bubble“.
Jamie McMurray (-100), Mark Martin (-101), Ryan Newman (-118), Kasey Kahne (-136) und David Reutimann (-155) verfolgen die Chase-Plätze am engsten, jedoch denke ich, dass sich höchstens McMurray und Martin noch Hoffnungen machen sollten. Immerhin gelang es bisher niemandem, in den letzten beiden Rennen vor den Playoffs noch mehr als 90 Zähler aufzuholen.
Bei den Top35 hat sich in der Punktetabelle der Owner-Wertung wenig getan, allerdings gab es in den vergangenen Wochen einige Wechsler im Hinterfeld, doch der Reihe nach:
– Rookie Kevin Conway sitzt wie vermutet weiterhin in der #7 von Robby Gordon Motorsports und könnte das Cockpit zumindest bis zum Saisonende auch bezahlen. Wie es um die Performance von Conway steht, wissen wir ja, noch ist der Wagen zumindest in den Top35. Gordons erklärtes Ziel ist es, das Auto auch dort zu behalten. Meine Vermutung ist deswegen, dass Conway die Saison bei Gordon cockpitmäßig nicht überleben wird. Der Teamchef wird am Wochenende derweil dem Off-Road-Racing frönen.
– Ein wenig mehr Action gab es beim Duo Front Row Motorsports und Prism Motorsports: Nachdem zunächst Dave Blaney das „start & park“-Team verließ, für das er jahrelang fuhr, fragte Front Row bei ihm an. In Zukunft fährt er das nicht fest qualifizierte Auto mit der #38 jeweils über die volle Renndistanz in ausgewählten Rennen. Zusätzlich sind einige Einsätze bei Tommy Baldwin Racing geplant, nachdem Casey Mears dort wegging. Prism setzt nun Mike Bliss und Scott Riggs in seine beiden Fahrzeuge außerhalb der Top35, nachdem auch Michael McDowell das Team verließ.
– Whitney Motorsports und Tommy Baldwin Racing nehmen dabei die Reste auf, denn Michael McDowell fährt ab sofort in der #46 von Dusty Whitney. Dabei ist geplant, dass McDowell sogar zu einigen kompletten Renneinsätzen im unterfinanzierten Team kommen wird. In diesen Rennen setzt die Mannschaft außerdem Chevrolets anstatt der bisher genutzten Dodges ein. Die erste Fahrt über die volle Distanz ist sogar schon in Atlanta geplant. Woher das Geld kommt, ist mir unbekannt. Der sehr verärgerte ehemalige Fahrer JJ Yeley hat in der #36 von Baldwin Unterschlupf gefunden, solange eben Blaney dort nicht fährt.
– Patrick Carpentier ist weiterhin in der #26 von Bill Jenkins, der seine Fahrer zuletzt nicht bezahlen konnte. Boris Said und David Stremme sind deswegen schon abgesprungen und Carpentier ist vermutlich nur noch an Bord, um die kostenlose Streckenzeit zu sammeln. Beiden Seiten dürfte dieses Engagement zumindest kurzfristig helfen.
– Casey Mears fährt die #13 von Germain Racing, die er von Max Papis übernommen hat. Zu diesem Vertrag gehören auch noch einige wenige voll finanzierte Rennen 2010 durch den Versicherer GEICO.
Bitte nicht auflegen, denn unter den Meisterschaftstabellen folgen noch die kompletten Übertragungsdaten aller drei nationalen Rennserien!
Übertragungsdaten
Freitag, 03.09.
22:00 Uhr, Truck Series Qualifying, SPEED (erst um Mitternacht im TV)
01:30 Uhr, Truck Series Rennen (Built Ford Tough 225), SPEED
Samstag, 04.09.
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
20:30 Uhr, Nationwide Series Qualifying, SPEED
22:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
00:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (Great Clips 300), ESPN2
Sonntag, 05.09.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Emory Healthcare 500), ESPN
Für uns Europäer gibt es also ein sehr ungewohntes Nachtrennen von Sonntag auf Montag zu sehen, der Rennstart wird für 01:45 Uhr erwartet. NASCAR RaceDay auf SPEED beginnt um 23 Uhr.
2 Kommentare
Kann mir mal jemand erklären, warum das Rennen von Sonntag auf Montag nacht ist ? Bis so ein Rennen vorbei ist, kann es ruckzuck 11 Uhr Nachts Ortszeit sein. Ist bei den Amis am Montag ein Feiertag ?
Ich hab zwar am Montag Spätschicht (ab 14 Uhr), aber ich will trotzdem nicht die ganze Nacht vor dem Rechner sitzen …
@ NASCARaddicted:
Die Amerikaner feiern am Montag ihren Tag der Arbeit, den „Labor Day“, was tatsächlich einen freien Tag und deshalb den komischen Austragungstermin bedeutet. Der Labor Day ist immer am ersten Montag im September.
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