Eine der besten Tourenwagenserien der Welt startet am Wochenende in eine neue Saison. Zwar gibt es ein paar neue technische Regeln, aber viel wird sich in diesem Jahr in der Hackordnung nicht ändern.
Die BTCC ist zwar immer noch nicht wieder in den Höhen angekommen, in denen sie in den 90er Jahren mal schwebte, aber ihre Zukunft ist im Moment sicher. ITV hat den Vertrag mit der Serie Ende 2010 um weitere drei Jahre verlängert und mit Honda und Chevrolet gibt es zwei Werksteams, die jeweils einen Fahrer einsetzen. Aber die Serie lebte schon immer von ihrer Leistungsdichte, die dazu führt, dass auch Amateur-Teams Chancen auf den Sieg haben. Diese Ausgeglichenheit und die bekannt ruppige Fahrweise, kombiniert mit lässigen Rennkommissaren machen die Serie zu etwas ganz besonderen. Und weil die Serie so klein ist, gibt es auch nicht allzu viel Gerangel hinter den Kulissen, wie man es aus der WTCC kennt. Ab Sonntag geht es also wieder los, diesmal ist der Start in Brands Hatch, wo man die Indy-Variante fährt.
Technisch gibt es in diesem Jahr eigentlich ein ziemliches Durcheinander. Es fahren Wagen nach dem alten S2000 Regeln, von denen einige, aber nicht alle, mit dem neuen NGTC Turbomotor ausgestattet sind. Andere fahren noch den alten 2 Liter Saugmotor. Dazu kommen die Wagen, die nach dem neuen, von der BTCC entwickelten NGTC-Regeln fahren, die wiederum mit einem 2 Liter Turbomotor ausgestattet sind. Das ist mehr als verwirrend und schlecht von der BTCC organisiert, aber auf der anderen hätte eine Zwangsumstellung auf das NGTC dazu geführt, dass man die Starterliste nicht voll bekommen hatte.
Die BTCC, bzw. die dahinter stehende ToCA, haben sich mit dem NGTC aber schon was gedacht. Man will zum einen die Kosten senken, in man sehr strenge Regeln für den Fahrzeugbau entwickelt hat. Die Wagen müssen bestimmten Längen- und Breitenvorgaben entsprechen, dazu ist die Aerodynamik vorgeschrieben. Es gibt ein Einheitsgetriebe, ein Einheitsbremssystem und eine von Cosworth gelieferte Standardelektronik. In Zukunft soll es Teams dann auch möglich sein, ein unter dem ToCA Label gefertigen Motor zu erwerben. Ziel der BTCC ist klar: Man will sich von Herstellern unabhängig machen. Die haben die neuen Regeln allerdings schon mit wenig Freude kommentiert, was auch der Grund ist, warum man BMW nicht mehr so wirklich in der Serie sieht.
2011 und 2012 sind Übergangsjahre, in der alle Regulieren noch unter einen Hut gebracht werden. ab 2013 soll es dann endgültig nur noch NGTC Wagen geben. Die BTCC versucht die neue Regeln auch in andere Länder zu exportieren, vor allem in die STCC und DTCC, wo man eh schon sehr eng zusammenarbeitet.
Ansonsten ändert sich in diesem Jahr aber nichts, von den unterschiedlichen Regelsystemen wird man in den Rennen vermutlich auch nur wenig merken. Es bleibt dabei, dass es drei Rennen am Sonntag gibt, wobei sich die Startaufstellung nach der Quali am Samstag richtet. Im zweiten Rennen gilt die Reihenfolge des Ergebnisses aus Rennen Eins und für Rennen 3 zieht man eine Nummer zwischen 6 und 9. So darf dann der sechstplatzierte des zweiten Rennens auf die Pole usw.
Auch bei den Teams ist es stabil geblieben. Als Titelfavoriten müssen wieder die Chevrolet Cruze vom RML Team gelten, die in diesem Jahr weiter nach dem S2000 Regeln fahren. Grund ist, dass man bei RML alle Hände voll mit den neuen WTCC-Motor zu tun hat, und nicht noch einen weiteren entwicklen möche. Jason Plato hat erst in den letzten Wochen offiziell bestätigt, dass er eine weitere Saison in der BTCC fährt und er gilt logischerweise als Titelfavorit. Neben ihm gönnt man dem Nachwuchstalent Alex McDowell ein zweites Jahr in der Serie.
Team Dynamics, das Honda Werksteam, ist ebenfalls wieder dabei und wird mit Matt Neal und Gordon Shedden um den Titel fahren. Der Civic ging im letzte Jahr schon gut, kämpfte aber mit einem schwachen Motor. In diesem Jahr fährt man mit einem Wagen nach S2000 Regeln, in dem aber ein NGTC Motor schlummert. Und damit hat man einen Unsicherheitsfaktor im Wagen, denn viel konnte man mit dem neuen Motor nicht testen. Zwar gab es im letzten Jahr kaum Motorschäden bei den Teams, die den NGTC-Motor eingesetzt haben, aber wie es mit der Leistung aussieht, ist eine andere Sache.
Team Aon bleibt dem Ford Focus treu wird aber in diesem Jahr nicht weiter in der Independent Trophy gewertet. Allerdings auch nicht als Werksteam, was etwas verwirrend ist. Aber Aon hat im letzten Jahr viel einstecken müssen, weil die Unterstützung seitens Ford schon sehr massiv ist. In diesem Jahr setzt man nicht mehr den mit Gas angetriebenen Motor, sondern auf einen NGTC Motor in einem brandneuen S2000 Spec. Ford Focus. Tom Chilton ist dem Team treu geblieben, an seiner Seite wird aber der Ex-BMW Mann Andy Neate den zweiten Focus pilotieren. Die Ford Mannschaft ist schwer einzuschätzen, weil man mit wenig Testkilometern ein brandneuen Wagen und ein neuen Motor einsetzt.
Airwaves Racing ist vom mittlerweile veralteten BMW 320si auf den letztjährigen Focus ST umgestiegen. Auch hier setzt man ein S2000 Auto mit einem NGTC Motor ein. Mat Jackson ist dem Team treu geblieben und hat bei den Tests auch schon überzeugt. Als zweiter Mann wird der hier eher unbekannte Liam Griffin eingesetzt, der aus dem Porsche Carrera Cup GB kommt. Mat Jackson wird man in der Saison im Auge behalten müssen, denn an guten Tagen ist auf dem Niveau von Jason Plato.
888 Racing ist auch wieder dabei und setzt den schon sehr angestaubten Vauxhall Vectra mit einem NGTC-Motor. James Nash, der im letzten Jahr durchaus gute Rennen hatte, ist beim Team geblieben, neu dabei ist Tony Gilham, der mal im britischen Porsche Carrera Cup unterwegs war. 888 wird wegen des alten Vectra wohl kaum in der Lage sein um den Titel zu fahren, aber Podien sollten drin sein.
Außenseiterchancen auf Siege hat das Tech-Speed Team, dass mit den letztjährigen Chevrolet Cruze unterwegs sind und die gingen ja bekanntermaßen richtig gut. Als Fahrer hat man den seit 2007 in der BTCC fahrenden John George verpflichtet, dazu kommt Paul O’Neill, den man nicht unterschätzen sollte. Er ist ein sehr konstanter Pilot, der 2009 in Snetterton einen dritten Platz erringen konnte. Wenn die Teams vorne mal schwächeln sollte, ist O’Neill auf jeden Fall für ein Podium gut. Wie das RML Team setzt man komplett auf einen S2000 Wagen.
West Surrey Racing ist als einziges Top Team dem BMW 320si E90 treu geblieben. Man setzt ihn in der S2000 Variante ein. Der brave BMW war im letzten Jahr schon nicht mehr wirklich bei der Musik und das wird in diesem Jahr nicht besser werden. Ein Vorteil ist allerdings, dass der BMW halt ein erprobtes Auto ist, dass sehr zuverlässig ist. Rob Collard ist dem Team treu geblieben, neben ihm wird Nick Foster fahren. Es ist geplant, dass man Colin Turkington ebenfalls ab und an einsetzt, wenn es denn seine Starts in der STCC zulassen.
Nicht vergessen darf man die sympathische Mannschaft von Pirtek Racing. Auch dort setzt man einen Vectra mit einem NGTC-Motor sein, was man alledings schon im letzten Jahr getan hat. Da hat man sehr viele Informationen und Daten sammeln können, was in diesem Jahr ein Vorteil sein könnte. Andrew Jordan ist mit Sicherheit ein Mann, der für einen Sieg gut ist, auch wenn er vermutlich einen reverse grid dafür benötigt. Jeff Smitz besetzt das zweite Cockpit.
Geoff Steel Racing setzt einen weiteren BMW ein, den man von Airwaves Team erworben hat. Man setzt Dave Newsham ein, den britischen Renault Clio Meister, und wird nur im Hinterfeld zu finden sein.
Es gibt noch vier weitere Wagen, deren Einsatz zumindest interessant ist. Rob Austin Racing setzt ziemlich überraschend einen Audi A4 ein, der komplett nach NGTC gebaut ist. Man hat den TFSI Motor von Audi als Basis genommen und es gibt durchaus Gerüchte, dass Audi da zumindest mal drüber geschaut hat. Das Problem ist nur, dass das Team mit einem engen Budget arbeitet und der Audi A4 eine kleine Baustelle ist. David Pinkey hat bei Rob Austin unterschrieben und wird in Brands Hatch starten. Ein zweiter Wagen ist geplant, aber es ist nicht klar, wann der kommt.
Dynojet setzt den Toyota Avensis ein, mit dem im letzten Jahr die NGTC Regeln getestet wurden. Der Einsatz war lange auf der Kippe, weil Toyota selber eigentlich nicht in der BTCC aktiv werden möchte. Aber offenbar finanziert man zumindest eine Saison, startet aber mit Frank Wrathall (Ginetta G50 Cup Champion) in der Independent Trophy.
Ein echter Exot ist der Proton Gen2 von Welch Automotive, zu dem es aber bisher kaum Infos gibt. Bekannter ist da schon YRC & AmD Milltek Racing, die mal wieder einen VW Golf einsetzen. Interessant ist dabei nicht der völlig untermotorisierte Golf, sondern dass man den Ex-Aon Mann Tom Onslow-Cole verpflichtet hat. Cole hatte im letzten Jahr einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, da er Tom Chilton teilweise gut im Griff hatte. Warum Cole Team Aon verlassen hat, ist nicht so ganz klar, sein Einsatz im Golf ist auch eher unterhalb seiner Fähigkeiten.
Und dann ist da noch Central Group Racing, die Lea Wood in einem wirklich sehr alten Honda Integra einsetzen. Viel wird sie damit nicht reißen können, was schade ist.
Übertragen wird die Serie wie erwähnt von itv4, da wird man sich einen Stream suchen müssen. Neu ist, dass itv Samstag die Qualifikation streamen wird. Ob das mit einem Geoblocking versehen ist, wird man leider erst am Samstag feststellen können.
Hier noch die Termine für dieses Jahr:
Brands Hatch Indy 03/Apr/2011
Donington Park 17/Apr/2011
Thruxton 01/May/2011
Oulton Park 05/Jun/2011
Croft 19/Jun/2011
Snetterton 07/Aug/2011
Knockhill 04/Sep/2011
Rockingham 18/Sep/2011
Brands Hatch GP 02/Oct/2011
Silverstone 16/Oct/2011
7 Kommentare
Ich glaub der Fehler zog sich schon letztes Jahr durch die BTCC- Artikeln.
Der zweite Fahrer im RML-Chevrolet neben Plato ist Alex MacDowall und nicht Micheal McDowell. Letzterer ist eher eher in den Nudeltöpfen auf der anderen Seite des großen Teichs zu Hause.
Danke, korrigiert. Zu viele Serien im Kopf :)
Der AmD Milltek Racing Golf #99 sollte jedoch nicht so untermotorisiert sein da man einen NGTC TSFI Motor verwendet, ich glaube sogar den gleichen wie Special Tuning Racing mit dem Seat Leon.
Naja beim Golf hats wohl nicht nur am Motor nicht gestimmt, das war ja leider gar nix letztes Jahr…
Ich könne mir dennoch vorstellen, dass doch noch ein 320tc auftaucht, dann sähe es mit BMW Performance ja wieder ganz anders aus.
Wer es nicht empfängt oder nicht die Möglichkeit hat es anderweitig zu verfolgen, dem empfehle ich morgen ab 12Uhr auf justin.tv/space_hopper reinzuschauen, der Kollege von der Insel streamt die gesamten 7Std.
neben der BTCC auch:
Brit Porsche Carrera Cup
Formel Renault
Renault Clio Cup
Ginetta GT
Ginetta junior
Ich bin immer noch überrascht wie ich solch eine Serie übersehen konnte….
:) Das passiert leider schnell, da die Serie in Deutschland offiziell nicht im TV zu sehen ist. Wir haben bei den Rennen einen Liveticker und im Chat gibt es immer wieder Hinweise zu Livestreams im Web.
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