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Vorschau: IndyCar Grand Prix of Long Beach

von Vorsicht
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Nur eine Woche hatten Teams und Fahrer der IndyCar Series Zeit, um sich von den Strapazen des Rennens in Alabama zu erholen. Denn schon am Sonntag steht der erste Klassiker der Saison auf dem Programm: Der Grand Prix of Long Beach.

Im Barber Motorsports Park kann man nicht überholen. Hatte es zumindest in allen Vorhersagen zum Rennen geheißen. Die Fahrer haben am Wochenende das Gegenteil bewiesen. Obwohl Will Power ziemlich ungefährdet von der Pole zum Sieg fuhr, bot das Rennen einiges an Spannung. Nicht ganz unbeteiligt daran waren auch die bislang heftig kritiserten Double File Restarts, die trotz einiger Crashes in Alabama schon viel besser funktionierten als vor zwei Wochen in St. Pete. Beim Klassiker in Long Beach wird es das bisher größte Fahrerfeld der Saison geben – dank Paul Tracy, der erstmals für das Dragon-Team startet, stehen 27 Autos auf der offiziellen Entry List. Leider gibt es für die INDYCAR aber auch eine schlechte Nachricht zu verdauen: Die TV-Quoten für das Rennen in Alabama dürften (bisher offiziell unbestätigten Meldungen zufolge) ziemlich katastrophal ausgefallen sein.


Der „Todesstern“ aus Ganassi und Penske schwebte auch im zweiten Jahr wieder fast unbedrängt über dem Barber Motorsports Park – die Piloten der beiden Topteams waren an der Spitze ziemlich allein unterwegs. Doch trotz des Start-Ziel-Sieges des überragenden Will Power bot das Rennen reichlich Spannung. Vor allem im Mittelfeld gab es fast in jeder Runde enge Duelle, besonders Turn 5 erwies sich (entgegen den Erwartungen) als hervorragende Überholstelle.

Einiges der Spannung ist ganz gewiss den Double-File Restarts zuzuschreiben. Die mittelschnellen, eher weiten Kurven in Alabama boten den Piloten die Möglichkeit, sich etwas langsamer in das Feld einzuordnen, als das noch in der engen ersten Kurve von St. Petersburg möglich war. Kollisionen gab es trotzdem – sie waren aber, wenn man so will, wesentlich besser über das Rennen verteilt. Statt, wie in Florida, die ersten 15 Runden des Rennens zu lähmen, sorgten sie eher gegen Mitte des Laufes für ein neuerlich zusammengezogenes Feld. Und am Ende dafür, dass sich wegen der unterschiedlichen Reifenstrategien zusätzliche Überholmöglichkeiten ergaben.

Das betrifft vor allem Danica Patrick, die sich vom miserablen 22. Startplatz zwischenzeitlich ins vordere Mittelfeld gefahren hatte. Leider blieb sie beim vermeintlich letzten Boxenstopp auf gebrauchten weichen Reifen. Eine Entscheidung, die dafür sorgte, dass sie im Laufe der letzten 20 Runden aus dem Top 10 verdrängt wurde – und schließlich drei Runden vor Schluss sogar nochmal neue Reifen holen musste.

Wesentlich besser funktionierte eine ähnliche Strategie für Tony Kanaan. Auch der Brasilianer hatte sich überraschend nur auf Rang 24 für das Rennen qualifiziert. In einer äußerst sehenswerten Aktion überholte er aber schon am Start an die zehn Autos, im Laufe des Rennens sollte er sich bis auf Rang sechs nach vorne kämpfen.

Ebenfalls ein gutes Rennen zeigte endlich wieder Marco Andretti, der nach einer soliden und druchdachten Fahrt mit Rang vier sein bestes Road Course-Ergebnis seit St. Petersburg 2007 (!) einfuhr – und damit die lauter werdende Kritik an seinen Fahrkünsten eindämmen konnte. Auch Newman/Haas-Neuzugang Oriol Seriva zeigte wie schon in St. Pete ein gutes Rennen, und wurde diesmal mit Rang fünf belohnt. Ebenfalls beeindrucken konnte Simon Pagenaud, der Ana Beatriz würdig ersetzte und in seinem ersten Open Wheel-Rennen seit Jahren Rang neun belegte.

Weniger toll lief es für Ryan Briscoe und Ryan Hunter-Reay. Die beiden kollidierten in aussichtsreicher Position liegend, als Hunter-Reay eingangs Turn 7 versuchte, sich innen neben Briscoe zu setzen. Es folgte ein ziemlich optimistisches Manöver, im Zuge dessen Hunter-Reay innen über den Curb fuhr, dort ausgehoben wurde – und dann unkontrolliert Briscoe von der Strecke räumte. Für den ziemlich verärgerten Australier bedeutete dies das sofortige Aus. Hunter-Reay konnte immerhin weiterfahren und kam am Ende auf Rang 14 ins Ziel.

Pech hatten auch Simona da Silvestro, Takuma Sato, Graham Rahal und Neuling James Hinchcliffe. Alle vier zeigten zwar im Training einen ansprechenden Speed, wurden aber im Rennen von Kollisionen zurückgeworfen bzw. eliminiert.

Besonders unangenehm fiel einmal mehr EJ Viso auf. Der Venezolaner hatte bereits im Training seinen fünften Reifenstapel-Kontakt in nur zwei Wochenenden, und hantierte im Rennen nach einem (unverschuldeten) Dreher so ungeschickt mit seinem Boliden, dass er auch noch James Hichcliffe aus dem Rennen warf. Da wird man auch bei KV Racing langsam ins Grübeln kommen.

In der Meisterschaft führt nach zwei Rennen Will Power (94 Punkte) vor Dario Franchitti (87) und dem überraschenden Tony Kanaan (63). Auf den Plätzen folgen Scott Dixon (54) und Simona de Silvestro (ebenfalls 54).

Ein Wort noch zur Strecke: So schön die Anlage aufgebaut sein mag – in Punkto Sicherheit gibt es noch Einiges zu tun. Vor allem, dass ausgangs Turn 4 keine Reifenstapel stehen, sollte schleunigst geändert werden. Der gerade frisch aus der Rehabilitation zurückgekehrte Mike Conway drehte sich im Rennen dort von der Strecke – und schlug seitlich in die ungeschützten Leitplanken ein. Zum Glück scheint dabei nichts passiert zu sein. Der Aufbau einer Reifenwand ist aber trotzdem unumgänglich – gerade wenn man bedenkt, dass auf der Strecke nicht nur Auto-, sondern auch Motoraddrennen gefahren werden.

Und noch eine unschöne Meldung gibt es zum Rennen: Versus hat trotz hervorragender Übertragung deutlich schlechtere Quoten eingefahren als noch im letzten Jahr. Nur maximal 380.000 Zuseher soll das Rennen in Spitzenzeiten gehabt haben, was ein Rating von 0.22 ergibt. Das wäre gegenüber dem vergangenen Jahr ein Minus von 45 Prozent. Und eine schallende Ohrfeige für die intensiven Bemühungen der Serie, mit fanfreundlichen Ankündigungen über den Winter neue Zuseher zu gewinnen. Zu beachten: Diese Zahlen sind bisher nicht offiziell bestätigt und mit entsprechender Sorgfalt zu behandeln. Es gibt allerdings zwei Indizien, die dafür sprechen, dass sie trotzdem stimmen: Roy Hobbson, der Blogger, der sie veröffentlicht hat, ist selbst für Versus tätig. Und die IndyCar Series hat selbst bislang keine Zahlen veröffentlicht – trotz Ankündungen, dies bis Dienstag zu tun. Edit, 14.4., 00:32: Auch der Indianapolis Star zeichnet online ein sehr ähnliches Bild.

Vorschau: Long Beach

Eine Chance zur Verbesserung gibt es schon am kommenden Wochenende. Dann steht nämlich der erste echte Klassiker der Saison auf dem Programm: der Grand Prix of Long Beach. Schon seit 1975 wird das Rennen jedes Jahr veranstaltet, zwischen 1976 und 1983 als Formel 1 Grand Prix, danach viele Jahre lang als Teil der CART-Serie. 2008 fand auf dem Kurs nahe Los Angeles das allerletzte Champ Car Rennen nach der Wiedervereinigung der Serie mit der IRL statt. Seit zwei Jahren ist die IndyCar Series auf dem Kurs unterwegs.

2009 hat Dario Franchitti den Sieg eingefahren, im vergangenen Jahr konnte hier Ryan Hunter-Reay einen der seltenen Erfolge für die IndyCar Teams „der zweiten Reihe“ holen. Das könnte auch in diesem Jahr passieren, denn der beinharte Lauf in teils engen Kurven und über zwei recht schnelle Geraden ist wegen der hohen Ausfallquoten immer für Überraschungen gut.

Long Beach ist außerdem eines jener Rennen, bei denen ich die neuen Double File Restarts für etwas fragwürdig halte. Auf die recht lange und zudem leicht gebogene Start und Zielgerade folgt eine enge Linkskurve, in der es auch ohne Extra-Spektakel oft genug kracht. Außerdem bleibt nach dieser Kurve nur sehr wenig Zeit, um sich zu sortieren bis das Feld den Kreisverkehr rund um den Brunnen am South Chestnut Place passiert – den man endgültig nur noch single file durchfahren kann.

Es folgen zwei weitere enge Rechtskurven, bevor es auf die erste Gerade, den West Shoreline Drive geht. Die ist zwar nicht besonders lang, weil danach eine 90 Grad Linkskurve folgt, kann man hier, einen Fehler des Vordermanns vorausgesetzt, trotzdem ganz gut überholen. Es folgt eine weitere kurze Gerade, die dann in eine 90 Grad Rechtskurve mündet. Danach geht es auf den East Seaside Way, die zweitlängste Gerade des Kurses, die unter einigen Unterführungen hindurchführt, und sich einigermaßen für Windschattefahrten eignet. Es folgen der nächste 90 Grad Knick, diesmal nach rechts, sowie eine mittleschnelle Doppellinkskurve. Direkt darauf biegen die Piloten in die letzte Kurve des Kurses, eine 180 Grad Rechtskehre, die die langsamte Stelle der Strecke darstellt, und direkt in Richtung Start und Ziel führt.

Schlecht für die IndyCar Serie, aber gut für die Fans: Auch der Lauf aus Long Beach wird von Versus übertragen. Los geht es um 20 Uhr mit dem Live-Broadcast des Indy Lights Rennens, um 21:30 starten die Vorberichte für die IndyCar Series. Die grüne Flagge soll gegen 22:30 fallen. Weniger toll ist, dass das NASCAR-Rennen in Talladega erst gegen 19:15 Uhr startet – es ist also davon auszugehen, dass sich die Schlussphase aus ‚Dega und der Start in Long Beach zeitlich überlappen. Das ist nicht nur für die Quoten schlecht, sondern auch für Zuseher im deutschen Sprachraum, die auch bei diesem Rennen wieder auf einen Stream aus den Untiefen des Netzes hoffen müssen.


(Bilder: INDYCAR)

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