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Shell F1: Wie kommt der Sprit in den Ferrari?

von DonDahlmann
4 Kommentare

Ich hatte neulich die Gelegenheit mit bei Shell England anzuschauen, was so alles in Bewegung gesetzt wird, um für Ferrari in der Formel Eins den Sprit herzustellen.

PRESENTAZIONE F1/2012Zunächst ein kurzer Disclaimer: Ich bin natürlich nicht einfach so nach England gefahren, und habe im Shell Technology Center an die Tür geklopft. Shell hat in diesem Jahr ein Team aus internationalen Blogger zusammengestellt und „verschleppt“ die zu verschiedenen Veranstaltungen. Das deutsche Team besteht aus Lina van den Mars, Nicole Y. Männl, Sven Wiesner, Alex Kahl, Bernhard Mühlner (Mühlner Motorsport) und mir. Es gibt noch ein Team aus den Niederlanden, wo unter anderem Allard Kalf mitmacht und James Allen, der für England dabei ist. Die Reisen werden von Shell bezahlt, es steht aber jeden frei, was und wann er etwas über die Sache schreibt. Es wird weitere Reisen in diesem Jahr geben, die nächste schon in ein paar Wochen, aber dazu wird es noch einen eigenen Eintrag geben, denn da möchte ich die Community mit einbinden. Mehr dazu am Schluss des Artikels.

Jedenfalls führte die erste Reise in den Norden von England, nach Thornton, ein kleiner Industrieort in der Nähe von Manchester. Dort hat Shell nicht nur eine Raffinerie, da wird auch der Sprit gemischt, den Alonso und Massa am Wochenende verblasen.

Die Anlage in Thornton ist riesig und komplex, rein kommt man nur, nach einer Sicherheitsüberprüfung. Und wir haben auch nur einen Teil der Anlage sehen können. Das lag zu einem daran, dass wir nicht allzu viel Zeit hatten, zum anderen sind etliche Bereiche logischerweise sehr sicherheitselevant. Man mag sich nicht die neusten Ideen von der Konkurrenz stehlen lassen, denn in Thornton wird nicht nur der F1-Sprit zusammen gemixt, sondern auch das Benzin, bzw. der Diesel, den man an der Tankstelle erwerben kann.

TEST F2012 JEREZAm Benzin interessiert die meisten Menschen (mich eingeschlossen) vermutlich nur der Preis. Man macht sich kaum bis gar keine Gedanken, woher das Zeug kommt und wie man es herstellt. Klar, es wird aus jenem Rohöl hergestellt, das uns langsam aber sicher ausgeht. Es wird irgendwie aus der Erde gepumpt, transportiert und in einer Industrieanlage umgewandelt. Doch die Feinabstimmung, also die Umwandlung des Rohproduktes in das, was aus der Zapfanlage kommt, ist dann eine ganz andere Sache. Jeder Hersteller hat eine ganze Horde von hochqualifizierten Chemikern im Angebot, die nichts anderes machen, als sich mit dem Benzin zu beschäftigen und es, wenn möglich zu verbessern. Der Sprit, der heute aus der Zapfanlage kommt hat, so ein Shell-Mitarbeiter, hat nur wenig mit dem Zeug zu tun, das man vor 40 oder 50 Jahren in die Tanks gefüllt hat.

Im Zuge des harten Konkurrenzkampfes muss man dem Kunden was bieten, also soll der Sprit den Verbrauch senken, die Leistung erhöhen, den Motor pflegen, den Partner beeindrucken und billig soll es auch sein. Oder alles zusammen. Ob V-Power oder Ultimax – hinter jedem Benzin/Diesel steckt offenbar, und das war mir so auch nicht bewusst, teilweise jahrzehntelange Forschung.

Ich habe ein paar Videos gemacht, die die grundsätzliche Arbeit dort etwas besser erklären. Mein technisches Verständnis ist zwar ganz ok, aber ich lasse doch lieber die beiden sehr charmanten Engländer erklären, was Benzin eigentlich ist.

 


Shell Thornton 2 von racingblog_tv
Das war nur kleiner Ausschnitt. Im Grunde ist es erstaunlich, dass Benzin immer noch so billig ist und die Konzerne trotzdem damit Geld verdienen. Ein Vergleich, der vielleicht etwas hinkt, die Sache aber klarer macht. Rohöl wird teilweise mit erheblichen Aufwand aus der Erde gepumpt, um die halbe Welt gekarrt, verarbeitet, verbessert, umgefüllt, gelagert, wieder verschifft, weiter transportiert und zu einer Tankstelle gebracht. Der Liter kostet dann halt 1.60 Euro, wobei rund 91 Cent an den Staat gehen. Macht dann 70 Cent den Liter. Eine Flasche Mineralwasser hat ungefähr den gleichen Preis. Natürlich kann die Mineralölindustrie den Preis deswegen so niedrig halten, weil sie ein absolutes Massenprodukt verkauft, dennoch ist es schon auf eine Art erstaunlich.

GP CINA F1/2013Natürlich ging es aber um den Motorsport und das Benzin, dass Shell in Zusammenarbeit mit Ferrari herstellt. Früher gab es kaum Beschränkungen in Sachen Sprit. In den 30er Jahren verwendeten Mercedes und Auto Union spezielle Gebräue, die mehr Leistung bringen sollten. Das Zeug war derartig scharf, dass man es nur mit einer Gasmaske umfüllen konnte. In den 70er und 80er Jahren hatte man ebenfalls viele Freiheiten in der Formel Eins. Auch hier verwendete man teilweise Mischungen, bei denen die Farbe an den Wänden abblätterte, wenn den Wagen betankte. Die FIA hat dem zu Recht irgendwann einen Riegel vorgeschoben und die Regeln für den Sprit sind relativ streng.

Unter Artikel 19 der technischen Regularien hat die FIA sehr klar festgelegt, was so alles im Sprit sein darf und vor allem was nicht reingehört. Es gibt einen gewissen Spielraum, sowohl bei den Komponenten, als auch was das Mischungsverhältnis angeht. Shell gibt offiziell an, dass man im Prinzip mit Benzin in der F1 unterwegs ist, dass zu 99% identisch mit jenem ist, das man an der Tankstelle kaufen kann. Inoffiziell dürfte der Spielraum aber größer sein. Denn wenn es hier nur um 1% gehen würde, dann hätte Shell keine eigene Abteilung in Thornton UND Maranello, wo man die Probe-Mischungen herstellt.

Das Ganze ist eine höchst komplizierte Angelegenheit, denn die erlaubten Komponenten beeinflussen sich gegenseitig. Kippt etwas mehr von Komponente A rein, steigt die Leistung, bewirkt aber innerhalb einer chemischen Reaktion aber auch, dass Komponente B übers Limit herausschiesst. Nimmt man dann weniger von Komponente B, kann es einem passieren, dass dann die Leistung in den Keller fällt.

Shell hat uns das Ausprobieren lassen. Sie haben ein Simulationsmodell auf einem Rechner, an dem man mittels Schieberegler einen eigenen Mix herstellen kann. Fummelt man links an den Reglern rum, sieht man links, ob man sich noch in den Regularien befindet und wie viel Leistung man erreicht hat.

Shell mischt Proben von dem Sprit und schickt die nach Maranello, wo sie dann ausprobiert werden. Kommt der Motor damit klar und bringt es den erwünschten Fortschritt, stellt man in Thornton ein paar Fässer her, die dann zu Ferrari gehen. Tatsächlich stellt man nicht den Sprit für eine gesamte Saison her, was ja eigentlich deutlich kostengünstiger wäre. Stattdessen stellt man für jede (!) Rennstrecke eine eigene Mischung her, die man an alle möglichen Umstände anpasst. Höhe des Ortes, durchschnittliche Temperaturen, Volllast-Belastung des Motors usw. Diese Dinge werden in jedem Jahr und bei jedem Rennen neu angegangen. Da sieht man dann auch, wie sich so ein 100 Millionen Euro Budget eines F1 Teams berechnet.Das war der erste Teil der Sache. Der zweite Teil wird daraus bestehen, dass ich Anfang Juni die Gelegenheit haben werde, nach Maranello zu fahren, wo ich mit Ferrari und Shell-Technikern die Sache mit dem F1 Sprit weiter erörtern kann. Dazu wird es dann vor dem Besuch noch einen eigenen Blogbeitrag geben, weil ich dafür Eure Hilfe benötige.

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4 Kommentare

janw 18 Mai, 2011 - 09:26

Freut mich echt für Euch, dass Ihr diese Gelegenheit bekommt.

Klasse Beitrag und man merkt, dass Du Dir alle Mühe gibst, die Thematik trotzdem neutral zu bewerten.

Und vielleicht ist Lina dann in Maranello gesund und am Start :P (P.S.: Du hast ihren Namen oben falsch geschrieben)

Grüße
– Jan

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