Drei Nachtrennen trennen die Sprint-Cup-Piloten noch vom Meisterschaftsendspurt in diesem Jahr. Doch für den Chase muss man sich auch erstmal qualifizieren und auf dem Bristol Motor Speedway wird an diesem Wochenende das nächste Kapitel in diesem Buch geschrieben. ServusTV überträgt dabei wieder LIVE in der Nacht von Samstag auf Sonntag!
Der Bristol Motor Speedway ist schon etwas ganz Besonderes: Wenn auf einem Mini-Oval mit einer Länge von nur gut 800 Metern 43 NASCAR-Boliden unterwegs sind, dann beben die 160.000 Zuschauer fassenden Tribünen gewaltig. Um ansprechende Rennaction auf dem Shorttrack bieten zu können, müssen die beiden 180°-Turns der nur Stadion-großen Strecke einiges an Banking aufweisen. Ca. 30° Kurvenüberhöhung sorgen immerhin noch für Geschwindigkeiten von Minimum 150 km/h in den Turns, was dem Oval den Spitznamen „The world’s fastest half-mile“ einbrachte. In der oben verlinkten Streckenbeschreibung sind die Besonderheiten des Bristol Motor Speedway noch etwas genauer beschrieben.
Eines braucht man nach den letzten Wochen (Ausnahme Watkins Glen) am Wochenende in Bristol sicherlich nicht vermissen: Action! Davon bietet die NASCAR auf der halben Meile in Tennessee immer genügend. „Beatin‘ and bangin‘ – shorttrack-style“ wird alte Rivalitäten auffrischen und vermutlich auch wieder neue entstehen lassen. Über 500 Runden lang wird auf engstem Raum Bumper an Bumper gefahren und dabei gilt es vor allem, das Material zu schonen. Die Bremsen sind nicht ganz so wichtig wie in Martinsville oder auf den Rundkursen, doch natürlich möchte niemand nach 400 Umläufen ins Leere treten.
Ebenfalls muss auf die Integrität des Fahrzeugs geachtet werden: Zwar spielt Aerodynamik in Bristol keine Rolle, doch mit einem krummen Auto kann man selbst ein Rennen auf einem Shorttrack nicht mehr gewinnen. Nur sehr selten kommt der Sieger auf der Betonbahn von Bristol ohne Kampfspuren durch die 500 Meilen, weil selbst Überrundungen oft zu Reibereien führen. Da rundenlange Kämpfe auch im Hinterfeld die Piloten meist side-by-side sehen, möchte natürlich niemand eine Position aufgeben, nur um sich dann eine Runde rückwärts befördern zu lassen. Wichtig ist in Bristol daher auch Track-Position, allerdings nicht wegen der (nicht vorhandenen) Clean-Air, sondern wegen der erschwerten Bedingungen im Positionskampf auf dem engen Oval.
Den Bristol Motor Speedway muss man einfach einmal gesehen haben, dann versteht man die besondere Sachlage eigentlich sofort. Als Anschauungsmaterial an dieser Stelle daher eines der wunderbaren „Crank it up“-Videos, leider aber noch aus 2010 mit dem alten Heckflügel:
Im Rennen in der Nacht von Samstag auf Sonntag werden wir daher wieder viele taktische Spitzfindigkeiten sehen, um die so entscheidende Track-Position nicht auf der Strecke gutmachen zu müssen. Two- oder No-Tire-Stops stellen dabei sicherlich das Mittel der Wahl dar und es kommt wie immer sehr auf die Streckenbedingungen an, ob diese Tricks funktionieren. Wichtig ist es dabei auch, die Konkurrenz im Auge zu behalten: Nichts ist ärgerlicher, als in Führung liegend zehn Runden vor Schluss mit vier neuen Reifen 15 Positionen zu verlieren, weil die Konkurrenz nur zwei Gummis aufgezogen hat. Der Crew-Chief ist in Bristol also ebenso besonders gefordert!
Erstaunlicherweise ist der Shorttrack in den letzten Jahren ausgerechnet zur Hausstrecke von Kyle Busch avanciert, denn der jüngere Busch-Bruder hat in Bristol seit 2009 bis auf ein Rennen alle anderen vier Ausgaben für sich entscheiden können! Zudem holte er 2007 noch für Rick Hendrick den Sieg im ersten CoT-Rennen der NASCAR. Damit gewann Busch fünf der letzten neun Bristol-Rennen und wurde nur zwei Mal von Carl Edwards (August 2007 und 2008), sowie von Jeff Burton (März 2008) und zuletzt Jimmie Johnson (März 2010) übertrumpft. Johnson gilt dabei eher nicht so als der Bristol-Experte, denn sein Sieg im letzten Jahr war gleichzeitig auch sein erster und einziger Erfolg auf der Betonbahn.
Ungewöhnlich ist das in Sachen Kyle Busch halt schon, da sich quasi der größte Hitzkopf von allen Fahrern so oft dort durchsetzt hat, wo es eher darauf ankommt, sich aus jedem Ärger herauszuhalten. Busch ist in den letzten Jahren aber sehr gereift und stellt 2011 einen ernsthaften Kandidaten auf den Gewinn der Meisterschaft dar. Seine bisher vier Saisonsiege und die Führung in der Punktetabelle unterstreichen das noch einmal aussagekräftig. Sollte Busch seinen Sieg in Michigan hier direkt wiederholen können, dann reist er mit einer gehörigen Portion Momentum in den Chase!
Insgesamt gesehen stellt Bristol eine ähnliche Lotterie dar wie Talladega oder Daytona, denn man ist wegen des begrenzten Platzes schon sehr abhängig davon, was die Mitstreiter um einen herum so treiben. Nicht selten kommt es daher auch auf dem Shorttrack zu nicht minder-kleinen Big-Ones! Mehr als die Top4 der Meisterschaft sehe ich daher nicht als die größten Siegkandidaten, wobei Kevin Harvick ja eher für Konstanz-Ergebnisse als für Fahrten in die Victory-Lane bekannt ist. Eine gehörige Portion Glück gehört am Wochenende also auch dazu.
Besagte könnte Denny Hamlin mal wieder gebrauchen, nachdem ihn sein De-facto-DNF auf Platz 14 der Meisterschaft zurückbefördert hat. Die letzten drei Bristol-Rennen endeten für Hamlin leider ebenfalls außerhalb der Top15, was seine Chase-Qualifikation fast auf die Wildcard-Chance dezimiert hat. Holen sich Greg Biffle oder Clint Bowyer vor ihm einen Sieg in den letzten drei Rennen vor den Playoffs, dann ist Hamlin draußen! Ein weiterer Saisonerfolg muss an dieser Stelle also dringend kommen. Allen Piloten hinter Hamlin rechne ich nur noch Außenseiterchancen zu, denn auch ein Mark Martin muss erstmal zwei von drei noch verbleibenden Rennen gewinnen und ob David Ragan oder Paul Menard in diesem Jahr noch einmal in die Victory-Lane fahren können, bleibt dahingestellt.
Die interessante Situation stellt sich also nach wie vor zwischen den Plätzen 9 und 14 dar, was die im nächsten Absatz verlinkte Punktetabelle recht gut zeigt. Earnhardt, Stewart und Bowyer müssen ohne Saisonsieg noch ordentlich zittern, während Brad Keselowski ziemlich sicher im Chase drin sein dürfte. Für Greg Biffle wird es punktemäßig sehr eng, auch hier empfiehlt sich ein Sieg.
Wie gewohnt folgen an dieser Stelle noch die Links zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie ein Zeitplan für das Wochenende:
Die Trucks sind in dieser Woche zwar ebenfalls in Bristol mit dabei, fuhren ihr Rennen aber bereits am Mittwoch aus. Da nur die Hauler und das Equipment zweier Rennserien im kleinen Kolosseum von Bristol Platz finden und die Nationwide Series den Sprint Cup am Wochenende zusätzlich unterstützen soll, mussten die Trucks schon vorher ran. Das Rennen gewann Kevin Harvick, welcher damit den dritten Saisonlauf in Folge für sich verbuchen konnte. Kyle Buschs Toyota-Truck fiel einem Unfall zum Opfer und wurde nur auf Platz 30 gewertet.
Das Sprint-Cup-Rennen wird an diesem Wochenende mal wieder von ServusTV übertragen, ebenso wie übrigens auch das Finale des Kampfs um die Chase-Qualifikation aus Richmond in zwei Wochen. Ab 01:30 Uhr zeigt der österreichische Sender das Rennen in HD und Zweikanalton. Die deutschen Kommentatoren sind Andreas Gröbl und Christian Kuhn, welche nach einhelliger Meinung hier in den Kommentaren schon beim Rennen aus Daytona einen guten Job erledigt haben. Bei mir funktionierte im Juli auch der Webstream zu ServusTV während des Daytona-Rennens, was eigentlich kaum einen Zuschauer ausschließen dürfte, sollte es erneut im Internet verfügbar sein. Als besonderer Bonus wurde Daytona ja werbefrei gesendet und man wird abwarten müssen, ob das auch in Bristol und Richmond so bleibt.
Ausstrahlungsdaten
Freitag, 26.08.
15:00 Uhr, Nationwide Series Final Practice, SPEED (TV um 15:30 Uhr)
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
20:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
21:30 Uhr, Nationwide Series Qualifying, SPEED
23:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
01:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (Food City 250), ESPN2
Samstag, 27.08.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Irwin Tools Night Race), ABC / ServusTV
In eigener Sache:
Zum Schluss möchte ich mich noch zu den Kommentaren für die Michigan-Analyse äußern. Falls in den letzten Wochen der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich hier bewusst NASCAR-Bashing betreiben möchte, dann ist das meine Antwort dazu:
NASCAR ist der Grund, warum ich damals zum Racingblog kam und NASCAR ist gleichzeitig auch mein liebstes Hobby! Versteht mich bloß nicht falsch, ich liebe NASCAR wirklich sehr. Was in den letzten Rennen aber abgelaufen ist, kann man wahrlich nicht mit der Situation vor 2011 vergleichen. Schaut man sich bei Jayski.com beispielsweise einfach mal die Anzahl der Cautions im Vergleich über die Jahre an, dann kann man sehen, dass sich in puncto Rennfluss wirklich etwas verändert hat und das ist sicherlich nicht der einzige Aspekt.
Weniger Cautions/Unfälle und weniger technische Defekte bringen die Rennen in den letzten Monaten eher in einen europäischen Fluss, was mir nicht wirklich gefällt. Schließlich habe ich mich mit meiner Rückkehr zur NASCAR 2007 eigentlich der amerikanischen Variante des Motorsports verschrieben (Geschmäcker sind halt verschieden, was aber nicht heißt, dass ich gerne Unfälle sehen will oder sowas!). Die hohe Leistungsdichte trägt im Moment ihr Übriges dazu bei: Zwar dominieren immer wieder andere Fahrer und das ist ja auch schön, doch tun sie dies meist über das gesamte Rennen, da einer kleiner Unterschied in der Performance oft einen großen Sprung nach vorne oder hinten ermöglicht. Letzteres kommt seit diesem Jahr VERSTÄRKT vor, obwohl es sowas in Pocono oder Michigan schon länger gab. Dazu kommt, dass nur noch knapp 30 Autos ernsthaft um irgendwas mitfahren, während es bei meinem Wiedereinstieg 2007 noch mehr als 40 waren…
Kritik ist auch nicht immer nur schlecht, hat es doch in Pocono über die letzten zwei Jahre für viele Verbesserungen gesorgt! Fans von dortigen 500-Meilen-Rennen ohne SAFER-Barrier haben selbstverständlich mein vollstes Mitgefühl. Außerdem sehe ich nicht alles nur negativ: Es gibt nämlich durchaus positive Aspekte, welche ich in den Artikeln hier auch erwähne: Die Rennen werden zum Beispiel zwar weniger abwechslungsreich (langweiliger), die Meisterschaft wird wegen der hohen Leistungsdichte aber zunehmend spannender. Zudem gibt es nun mal Strecken, die nicht gerade für spannende Rennen bekannt sind und davon folgten zuletzt einige Ausgaben aufeinander. Über die Reihenfolge kann man sich natürlich streiten, ich persönlich fand Pocono wirklich interessanter als Michigan von letzter Woche!
Falls jemand wissen möchte, warum ich bei den Samstag-Nacht-Rennen öfter einschlafe: Das liegt nicht (nur) an der mangelnden Abwechslung über drei Stunden Rennzeit, sondern auch daran, dass ich unter der Woche einen Hauptberuf habe. Als Student ist mir sowas nicht passiert, aber da hatte ich natürlich auch noch ganz andere Zeiten! ;o) Dass man dann in der Nacht ab 1 Uhr eher müde ist, können viele Leser sicherlich verstehen und/oder nachvollziehen.
Zu guter Letzt: Das hier ist ein Blog und das bietet mir daher auch die Möglichkeit, subjektiv meine Meinung zu äußern. Und das ist sicherlich einer der Gründe, warum ihr gerne zum Lesen und Mitmachen hier auf die Seite kommt und womit wir uns von anderen Angeboten im Netz unterscheiden/abgrenzen.
Fazit: Ich liebe NASCAR, aber nicht um jeden Preis! Kritik muss erlaubt bleiben und dafür haben wir hier auch den Kommentarbereich. Für Meinungen gilt das sowieso und nur weil ich ein Rennen langweilig fand, müsst ihr das nicht genauso sehen und andersherum. Trotzdem bemühe ich mich immer, meine persönliche Meinung von der eigentlichen Analyse zu trennen.
Vielen Dank für eure bisherigen Kommentare und ich denke, dass nach diesen Zeilen noch einige dazukommen werden.
5 Kommentare
Ich hatte letzten Sommer das Glück mir das Spektakel vor Ort anschauen zu können. Den Lärm und insbesondere den Sunoco-Goodyear-Geruch der in dem Kessel nach einiger Zeit entsteht, werde ich nicht vergessen ;)
Hier ein paar Impressionen vom Nationwide und Cup Rennen: http://bit.ly/pp7sja
Ich bin schon richtig heiß auf das Rennen :) Bier steht auch schon kalt.
Das Danica jetzt wechselt war ja mehr ein offenes Geheimnis, freut mich aber trotzdem, mal sehen wie sie sich schlägt. Am besten wie Trevor Bayne direkt Daytona gewinnen, dann stehen die Amis Kopf…und ich gleich mit :D
Das Nationwide Rennen war jetzt nicht so imposant wie erwartet, immerhin gab es ein knappes Finish zwischen Kybu und Logano. Es kann also nur besser werden.
Das war eigentlich auch gar keine Kritik, sondern einfach nur laut gedacht von mir…
Ich finde es ganz einfach nicht schön, sich auf ein Rennen zu freuen und schon in der Vorschau zu lesen, dass es öde wird.
Das ein Blog/dein Blog deine Meinung enthält…
da brauchen wir nicht drüber sprechen, das ist gut und richtig so.
Auch ich finde Rennen langweilig und klar auch ich penne bei manchen Rennen ein.
Ob die Schlafgewohnheiten aber in eine Analyse gehören? Meiner subjektiven Meinung nach nicht.
Das heisst aber nicht, dass ich deine Arbeit nicht zu schätzen weiss – ganz im Gegenteil!!!
Und vielleicht ist es genau das was mich unterbewusst gestört hat: Ein riesen NASCAR Fan, der die Rennen verpennt und das dann auch noch in seine Analyse schreibt.
(Stichpunkt: Werbung für unseren Sport)
Nichts für ungut, werde auch weiterhin einer deiner treuen Leser sein und bleiben….
@ Alexx:
Gut, ich gebe zu, sowas gehört nicht unbedingt mit rein. Allerdings hatten diese Äußerungen mehr den Grund, unterbewusst darauf hinzuweisen, dass die Artikel nicht nach Studium des Rennens sondern nach anderen Quellen bspw. dem Lap-by-Lap-Ticker von NASCAR.com entstanden sind. Ich wollte damit also eher darauf hinweisen, dass ich vielleicht etwas übersehen haben könnte…
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