Nach Dover und dem Abschied von FOX für dieses Jahr beginnt nun die Leidenszeit des NASCAR-Fans mit dem ersten Ausflug nach Pocono – im TV übertragen von TNT. Dabei gibt es jedoch Hoffnung, denn die Strecke hat ein neues Asphaltband bekommen und das Rennen wurde um 100 Meilen verkürzt. Außerdem gibt es wieder den RaceBuddy auf NASCAR.com.
Ja genau, das nebenstehende Bild ist schon korrekt: Nach vielen Jahren der Beratungsresistenz haben die Verantwortlichen endlich reagiert und gleich beide Pocono-Rennen auf 400 Meilen verkürzt! Nahezu alle Beteiligten und auch die Mehrheit der Fans forderten diesen Schritt schon lange, da sich das Feld über die knapp vier Stunden Renndauer meist kaugummiartig auseinanderzog, was eher als Einschlafhilfe taugte. Bedenkt man zusätzlich die momentane Form des Racing in der NASCAR, dann wären noch einmal 500 Meilen vermutlich auch nicht gerade zuträglich für die Spannung gewesen. Mit etwas Glück nähert sich die Gesamtzeit jetzt also der vernünftigen 3-Stunden-Marke, die außer bei besonderen Ausnahmefällen gerne eine Grenze darstellen darf. Aber warum ist der Pocono Raceway eigentlich so umstritten? Dazu möchte ich aus unserem hauseigenen Streckenartikel (im vorherigen Satz verlinkt) zitieren:
Die Streckencharakteristik des Pocono Raceway, der seinen Namen der umliegenden Hügelkette zu verdanken hat, spricht eigentlich nicht für die bekannten stocksteifen Rennen. Mit 2,5 Meilen ist die Strecke eigentlich ein Superspeedway, kann aber eher wie Indianapolis eingestuft werden: Lang, hat aber ein zu geringes Banking, um höhere Kurvengeschwindigkeiten zu erreichen. Das Trioval besitzt drei komplett unterschiedliche Turns, die jeweils anderen Rennstrecken nachempfunden sind: Turn 1 ähnelt mit 14° Banking dem nicht mehr existierenden Trenton Speedway, während Turn 2 dem Indianapolis Motor Speedway entliehen ist. Diese Kurve mit 8° Überhöhung wird auch „Tunnel Turn“ genannt, weil sich unter ihr die Zufahrt zum Infield befindet. Der Tunnel-Turn, welcher als schwer zu fahren gilt, ist regelmäßig der Schauplatz spektakulärer Quersteher und Mauerkontakte. Turn 3 ist mit 6° ähnlich der Milwaukee Mile.
Diese Charakteristik bedeutet natürlich eine Kompromissabstimmung der Autos, man kann in keiner der drei unterschiedlichen Kurven perfekt auf der Straße liegen und das macht wohl auch Turn 2 so schwer beherrschbar. Durch das geringe Banking muss man außerdem einen Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Abtrieb finden. Sowohl die Kurven sollte man flott durchfahren können, als auch eine konkurrenzfähige Endgeschwindigkeit auf den sehr langen Geraden finden. Eigentlich ist der Speedway daher vielmehr eine Herausforderung für die Ingenieure und nicht so spannend für die Fans.
In Pocono gab es dann auch immer ein wenig Probleme mit der Sicherheit, allerdings hat man da mittlerweile ziemlich eifrig nachgebessert. Dazu erneut ein Zitat aus dem Streckenartikel:
Nach zwei schweren Unfällen von Kasey Kahne und Elliott Sadler 2010 bekam zum Beispiel die Gegengerade endlich den lange ersehnten äußeren Fangzaun, womit das Oval nun komplett umzäunt ist. Zusätzlich wurde auf der Innenseite der berüchtigten Gegengeraden eine SAFER-Barrier installiert, welche die zuletzt nurmehr lächerliche Autobahn-Leitplanke ersetzte. Was noch fehlt ist die Beseitigung der Rasenfläche an dieser Stelle zugunsten einer asphaltierten Auslaufzone.
Die vielen Zitate in dieser Woche bitte ich zu entschuldigen, doch gerade Pocono ist so ein Kandidat mit fester Story, die man irgendwie jedes Mal wieder erzählen kann und welche die Gegebenheiten kurz und knapp gut verdeutlicht. Normalerweise ändert sich wenig auf dem „Tricky Triangle“, aber es gibt 2012 neben der veränderten Distanz doch noch etwas Aktuelles zu berichten:
Der Pocono Raceway hat dieses Jahr ein komplett neues Asphaltband bekommen, das sich schon während der Reifentests von Goodyear als äußerst schnell erwiesen hat. Zusätzlich dazu ist der Sprint Cup auch in dieser Woche noch einmal auf dem neuen Belag unterwegs gewesen und hat dort am Mittwoch und Donnerstag direkt erstaunliche Zeiten eingebrannt. So konnte Mark Martin am ersten Tag des Tests bereits den offiziellen Streckenrekord um fast drei Meilen pro Stunde – von 172,533 mph auf 175,380 mph – übertreffen. Einen Eintrag in die Bücher gibt es aber nur unter echten Konkurrenzbedingungen, insofern müssen sich alle Anwärter noch bis zum Qualifying gedulden.
Die Frage nach möglichen Siegkandidaten möchte ich eigentlich möglichst schnell zurückgeben (So macht man das bei unangenehmen Fragen nämlich besser, anstatt jemandem Prügel anzudrohen, lieber Kurt Busch!), denn schon im Podcast hatte ich erwähnt, dass von den acht Pocono-Ausgaben mit dem CoT jeweils zwei Siege an jeden Hersteller gegangen sind. Diese Situation gestaltet eine Bewertung natürlich äußerst schwierig. Daher nur so viel:
Der einzige Fahrer mit mehr als einem Erfolg in dieser Periode ist Denny Hamlin mit zwei Siegen, welche ihn daher auch zu meinem bestmöglichen Tipp für das Wochenende machen. Immerhin reichte es für den Viertplatzierten in der Meisterschaft schon zu zwei Saisonsiegen, obgleich er sonst eher unauffällig unterwegs war. In Pocono konnte er bereits vier Mal (2x 2006, je 1x 2009 sowie 2010) gewinnen, warum sollte es bei der momentanen Stärke also am Sonntag nicht erneut gelingen?
Möglicherweise kann auch Jeff Gordon das Pech abschütteln und endlich in die Victory-Lane zurückkehren, um in das Rennen um die Wildcards einzusteigen. Diese Option scheint bei seiner Platzierung in der Meisterschaft (94 Punkte Rückstand auf Platz 10) dann auch die einzig verbliebene zu sein, um den Chase noch zu erreichen. Der Speed ist bei ihm ja da, wie man so schön sagt, nur das Glück fehlt in letzter Zeit irgendwie.
Bei Jimmie Johnson habe ich hingegen eher so das Gefühl, dass Pocono nicht sein Pflaster ist, denn er konnte dort erst zwei Erfolge einfahren. Unterschätzen sollte man ihn aber trotzdem nicht.
Eher würde ich mich auf eine Wette zum Thema Michael Waltrip Racing vs. Joe Gibbs Racing einlassen: Die letzten Rennen haben gezeigt, dass MWR im Toyota-Lager auf den Strecken kürzer als 1,5 Meilen über die schnelleren Autos verfügt, während JGR ab Intermediate-Dimensionen regelmäßig die Marken-Konkurrenz übertrumpfen kann. Die Bestzeit von Mark Martin bei den Testfahrten bringt diese These natürlich zum Wanken, aber ich gehe davon aus, dass sie auch an diesem Wochenende Bestand haben wird… also meine These, nicht Martins Bestzeit.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und ein TV-Zeitplan für das Wochenende. Letzterer ist eher ein wenig mau, da die Nationwide Series pausiert und von den Trucks aus Texas nur das Rennen tief in der Nacht übertragen wird. Das komplette Rahmenprogramm des Sprint Cups ist immerhin zu erfreulichen Uhrzeiten zu sehen, wenn auch auf einem nicht so erfreulichen Sender:
Da FOX aus Dover das letzte seiner 13 Saisonrennen für 2012 gesendet hat, übernimmt ab Sonntag für sechs Wochen TNT. Die On-Air-Crew ist jedoch eher umstritten, was ihre Kompetenz und die Qualität des Kommentars angeht. Schuld daran sind Kyle Petty sowie Wally Dallenbach als „Experten“, während man bei TNT eine Koryphäe wie Larry McReynolds (Mr. „Number Ninety-nine“) lieber an das Cut-Away-Car setzt. Da trifft es sich als Entschädigung ganz gut, dass es für die nächsten sechs Rennen immerhin den RaceBuddy auf NASCAR.com gibt. Sofern man denn das allerdings sehr wahrscheinliche Geoblocking umgehen kann, wird der Boxenfunk sicherlich wieder ziemlich interessant sein, vor allem bei Juan Pablo Montoya später in Sonoma.
Ausstrahlungsdaten
Freitag, 08.06.
18:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
21:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
02:30 Uhr, Truck Series Rennen (WinStar World Casino 400), SPEED
Samstag, 09.06.
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
Sonntag, 10.06.
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Pocono 400), TNT / RaceBuddy
2 Kommentare
Kahne fuhr am 2. Testtag eine Runde mit 179,490 Meilen pro Stunde. ;)
@ Athloni:
Wahnsinn oder? Endgeschwindigkeiten von gut 212 mph auf der Zielgeraden und Denny Hamlin erwartet eine besondere Form von Windschattenspielen. Etliche Fahrer erwarten Dive-Bomb-Manöver in Turn 1 hinein! Wer weiß, vielleicht wird Pocono mit dem neuen Asphalt ja doch etwas Spannung bieten… ;o)
Achso: NASCAR wird laut Robin Pemberton trotz der krassen Top-Speeds auch weiterhin auf Restrictor-Plates verzichten!
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