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Super GT und DTM unterschreiben Kooperationsvertrag für vier Jahre ab 2014

von geinou
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Nach langen hin und her haben GTA und ITR am heutigen Mittwoch in Tokyo den lang verhandelten Kooperationsvertrag unterschrieben. Ab 2014 werden somit für zunächst vier Jahre die GT500-Klasse der Super GT sowie das Deutsche Tourenwagen Masters nach dem gleichen, technischen Reglement unterwegs sein. Als einziges deutsches Medium haben wir im Racingblog alle auf der Pressekonferenz in Tokyo genannten (technischen) Details des Deals zusammengefasst.

Es war wahrlich ein hölzerner und steiniger Weg, den die Organisatoren der Super GT und DTM zu gehen hatten. Bereits im Januar 2010 begannen die Gespräche zwischen der Japan Automobile Federation (JAF) und der Internationale Tourenwagen-Rennen e.V. (ITR) sowie dem Deutschen Motorsportbund e.V. (DMSB), als zum Saisonfinale 2009 am Twin Ring Motegi eine Delegation der ITR dem direkten Serienorganisator der Super GT, der GT Association Co. Ltd. (GTA), den Vorschlag unterbreitete, die Regeln beider Rennserien zu vereinen. Erst im Januar dieses Jahres übernahm die GTA die Verantwortung, um finalen Details zu verhandeln. Während aus Deutschland häufig von keinen oder nur sehr geringfügigen Problemen die Rede war, sprachen die Japaner hingegen von schwierig verlaufenden Verhandlungen. Kurzzeitig war laut Insider-Quellen direkt in Nippon sogar zu hören, dass die Verhandlungen vor dem Scheitern stehen würden.

Einer der Streitpunkte war die Herstellung des Monocoques. So soll die ITR gefordert haben, dass das Einheits-Monocoque, welches auf jenem der DTM basiert, direkt aus Deutschland importiert werden müsse. Was für die ITR aus wirtschaftlicher Sicht sinnig erscheint, war für die Japaner undenkbar, weil dadurch eine gesamte in sich verzwickte und komplizierte Produktionskette zusammenbrechen würde. Ich hatte über das Jahr verteilt häufiger erläutert, weshalb besagte Produktionskette so immens wichtig ist. Die japanische Industrie ist in mehrere Organisationen, den so genannten Keiretsus, zusammengefasst. Solch eine Organisation wird durch mehrere Einzelfirmen gebildet, die zusammenarbeiten und mit anderen Keiretsus in Konkurrenz stehen. Hätte die GTA den Forderungen der ITR nachgeben, hätte ein solches Keiretsu womöglich einige Einzelfirmen verloren – die Produktionskette wäre gesprengt. Der zweite große Streitpunkt war die Motorenfrage. Bereits Ende 2011 verkündete die GTA, zukünftig von den bisherigen 3,4-Liter V8-Motoren sich zu entfernen und stattdessen auf 2,0-Liter-Aggregate mit möglichen Hybrid-Antrieb zu setzen. In der DTM werden hingegen 4,0-Liter V8-Motoren verwendet, weshalb man bei der deutschen Delegation über das Vorhaben der Japaner nicht sonderlich erfreut war.

Die Übernahme bestimmter Einheitsteile stand niemals in Frage. Es ist seit einigen Jahren das Ziel der GTA, die immensen Kosten der Super GT zu reduzieren. Anders als herkömmliche Sportwagen-Serien ist, respektive war, die Entwicklung an den GT500-Boliden niemals eingefroren. Zu nahezu jedem Rennen brachten die drei Hersteller neue, oftmals auch winzigkleine Aerodynamikteile, die abseits der offiziellen Testtage erprobt wurden. So war es beispielsweise Nissan, die in diesem Jahr mit neuen, aerodynamischeren Außenspiegeln nach Fuji kamen, um auf der 1,5 km langen Start- und Zielgeraden weniger Luftwiderstand zu haben. Ein anderes Beispiel wäre Lexus, die den Auspuff des SC430 seit dem Rennen in Sepang kurzerhand von hinten am Fahrzeug unter die Türen verlegten. Die GT500 stand schon immer für einen Wettkampf der Fahrer, Teams, Ingeneure und Reifenhersteller. Damit Autos verkaufen wollte niemand. Dass steht nicht in der Philosophie der Marken, stattdessen steht der reine Sport im Vordergrund. Nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages endet diese Ära nun, denn durch die Vereinigung des Reglements mutiert die GT500 zu einer wie sie heutzutage im Motorsport schon eher vertreten ist: einer Einheits-ähnlichen Klasse.

Durch die Kooperation werden die GT500 ab 2014 für zunächst vier Jahre nach dem technischen Reglement der DTM unterwegs sein, Änderungen an der eigentlichen Serie wird es selbstredend natürlich nicht geben! Die ITR ruderte mit ihren scheinbaren Vorhaben allerdings zurück, denn die Japaner dürfen das Einheits-Monocoque (selbstredend auf Basis jenes der DTM) selbst bauen, die Fahrer werden zudem, untypisch für Japan, auf der linken Seite sitzen. Gleichzeitig wird aufgrund des Fahrerwechsels während der Rennen das Tankloch sowie das Auspuffrohr verlegt werden. Front- sowie Heckflügel, Unterboden sowie der Diffuser sind Einheitsteile. Die Entwicklung neuer, aerodynamischer Teile ist streng limitiert, wobei auf der Pressekonferenz seitens Masaaki Bandoh (Chairman der GTA) nicht genauer eingegangen wurde. Besagte Einheitsteile sollen die gleichen wie jene in der DTM sein. Unterschiede wird es hingegen bei den Motoren geben. Auch hier akzeptierte man die Forderungen der Japaner. So werden in der GT500 ab 2014 2,0-Liter 4-Zyliner-Turbo-Motoren eingesetzt werden. Bereits am Montag gab die Japan Race Promotion, die Organisatoren der Formula Nippon (Super Formula ab 2013) bekannt, dass jene 2,0-Liter 4-Zylinder Turbo-Motoren auch in Japans höchster Formelserie ab 2014 zum Einsatz kommen. Super GT und Formula Nippon / Super Formula gehen somit weiterhin Hand in Hand. Vor allem wohl deshalb, weil Toyota und Honda die gleichen Motoren in beiden Serien einsetzt. Beide Serien verwenden noch bis Ende nächsten Jahres die regulären 3,4-Liter V8-Aggregate.

Weitere Unterschiede lassen sich im Detail des Deals finden. Die Super-GT-Teams werden ihre eigenen Klimaanlagen-Systeme entwickeln, außerdem werden weiterhin mehrere Reifenhersteller zugelassen sein. Derzeit „bekriegen“ sich in der GT500 Bridgestone, Yokohama, Dunlop und Michelin. Es ist davon auszugehen, dass alle vier Hersteller auch mit dem Beginn der neuen „GT500-Ära“ weiterhin an Bord sein werden, konkrete Aussagen   konnte die GTA diesbezüglich allerdings natürlich noch nicht geben. Ebenfalls nicht angesprochen wurde das Thema Honda. Wie bereits mehrfach berichtet, möchte der Hersteller ab 2014 mit dem neuen NSX an den Start gehen. Da der NSX traditionell allerdings mit einem Mittelmotor ausgestattet ist, entspricht dieser nicht mehr dem eigentlichen Reglement. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Honda NSX vorerst nach der mehr oder weniger beliebten Balance of Performance (BoP) eingestuft werden wird, so zumindest die Aussage von Herrn Bandoh in älteren Interviews gegenüber Autosport Japan. Weitere Gespräche mit Honda, so Masaaki Bandoh, sollen in den kommenden Monaten geführt werden.

Die Balance of Performance wird auch dann eine Rolle spielen, wenn tatsächlich DTM-Boliden in der Super GT und umgekehrt fahren sollten. Zwar erlaubt die Vereinigung des technischen Reglements, dass die jeweiligen Fahrzeuge ab 2014 in beiden Rennserien zugelassen sind, aufgrund der unterschiedlichen Reifenhersteller sowie Motoren würden die Fahrzeuge dann allerdings per BoP aneinander angepasst werden. Ob, wie und wann wir allerdings die japanischen Fabrikate in Deutschland oder umgekehrt sehen werden, liegt laut Masaaki Bandoh ganz allein an den Herstellern. BMW sagt man beispielsweise nach, dass sie großes Interesse daran haben, im Land der aufgehenden Sonne anzutreten. Und über einen japanischen Wagen in der DTM würde ich mich persönlich ebenfalls freuen.

Für die Super GT bedeutet der Deal vor allem eines: Kostenreduzierung. Es war schon seit einigen Jahren das Ziel von GTA sowie JAF, die immensen Kosten, die insbesondere nach der Finanzkrise nur noch schwer zu stemmen waren, zu senken. Durch den Vertrag mit der DTM ist dies möglich. Freilich mag der Geist der GT500 damit verfliegen, nicht umsonst schrieb ich vom Ende einer Ära. Die Kernessenz der Super GT bleibt aber weiterhin vorhanden, lediglich unter anderen Rahmenbedingungen. GT500 sowie GT300 werden weiterhin in 250km bis 1000km langen Rennen unterwegs sein, es wird außerdem weiterhin mehrere Reifenhersteller geben. Die Super GT steht vor allem für packenden Sportwagen-Sport, in dem beide Klassen übers Jahr verteilt vorwiegend spannende wie auch unterhaltsame Rennen bis in die letzte Runde liefern. Sollte es einmal in der einen Klasse nicht ganz so spannend sein, fängt dies die Andere meistens immer auf. Ob oder wie die Vereinigung des technischen Reglements Einfluss auf das Racing haben wird, wird sich erst 2014 zeigen. Sollte es ähnlich wie bisher sein, so haben die Beteiligten alles richtig gemacht. Die Zukunftschancen beider Serien sollte man ebenfalls nicht missachten. Die Super GT möchte weiterhin auf dem asiatischen Markt expandieren, gleichzeitig könnte der Deal auch bedeuten, dass sie auch in Europa endlich (wieder) mehr Aufmerksamkeit erhält. Möglich wären auch „Austauschrennen beider Serien“, so Masaaki Bandoh. Gleichzeitig sieht er auch die Chance, dass die DTM positiv von der Super GT aufgrund der Diversität und der Begeisterung sowie Spannung der Fahrzeuge in beiden Klassen wie auch mehrerer Reifenhersteller beeinflusst werden kann.

Am Wochenende möchte die ITR im Rahmen des Saisonfinales in Hockenheim ebenfalls eine Pressekonferenz bezüglich der Vertragsunterzeichnung halten. Es ist davon auszugehen, dass hier dann verstärkt über den Deal aus deutscher Sicht gesprochen wird.

Im folgendem noch eine genaue Gegenüberstellung des gemeinsamen, technischen Reglements, so wie es auf der Pressekonferenz dargestellt wurde:

 

Super GT GT500
Altes technisches Reglement (2012)
Super GT GT500
Neues technisches Reglement (2014〜)
DTM(2012〜)
Länge 4,675±30 4,650 4,650
Gesamthöhe 1,100 1,150 1,150
Breite 2,000 1,950 1,950
Radstand 2700±30 2,750 2,750
Überhang (FR)
Überhang (RR)
950
1,025
875
1,050
875
1,050
Reifengröße/Gesamtbreite (FR) 14 inches oder weniger / 28 inches oder weniger 300/680R18 300/680R18
Reifengröße/Gesamtbreite (RR) 14 inches oder weniger / 28 inches oder weniger 320/710R18 320/710R18
Motor 3,4-Liter V8 NA 2,0-Liter 4-Zylinder-Turbo (Reihenmotor) 4,0-Liter V8 NA
Monocoque Basierend auf dem Framework des Basis-Fahrzeuges
entsprechend der Maße des ursprünglichen Fahrzeugs.
Karbonfaser kann benutzt werden.
Single Monocoque (Einheitsteile). Wird in Japan hergestellt.
Performance (Gewicht, Rigidität, Schwerpunkt) entspricht der DTM.
Single Monocoque (Einheitsteile)
Aerodynamik-Teile Entwickelt vom jeweiligen Hersteller unter Einhaltung
der vorgeschriebenen Maße.
Einheitsteile für Frontspoiler, Heckflügel, Unterboden,
rear-diffuser. Gleiche Form wie 2012er DTM-Bolide.
Einheitsteile für Frontspoiler, Heckflügel, Unterboden,
rear-diffuser.
Schlüsselkomponenten Einheitsteile für das Getriebe. Einheitsteile Einheitsteile
Reifen Mehrere Hersteller (Bridgestone, Yokohama,
Dunlop, Michaelin)
Mehrere Hersteller Einheitsreifen (Hankook)
Sonstiges Fahrersitz ist auf der linken Seite. Wegen des Fahrerwechsels
werden Tankloch und Auspuff umgelegt.

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