An diesem Wochenende steht in Texas das erste Nachtrennen des Jahres auf dem Programm, was zudem auch die Flutlicht-Premiere des Gen6 darstellt – zumindest was die regulären Punkterennen angeht. Am Donnerstag wurde dafür auch schon ausgiebig getestet, was uns einen kleinen Vorsprung bei der Einschätzung des aktuellen Kräfteverhältnisses bietet.
Der Texas Motor Speedway ist eine der jüngeren Strecken im Cup-Kalender und wird erst seit 1997, also ein Jahr nach Fertigstellung, von der NASCAR befahren. Das Layout ist dafür aber umso älter, denn was uns nun in der Nacht von Samstag auf Sonntag erwartet, ist einer der wirklich klassischen Cookie-Cutter: Das 1,5 Meilen lange Intermediate-Oval mit einem Banking von 24 Grad und seiner geknickten Zielgeraden (Quadoval) ist praktisch ein Klon der beiden älteren Schwester-Speedways in Charlotte und Atlanta. Dieser Streckentypus stellt mit Qualifying-Speeds bei 192 mph und Kurveneingangsgeschwindigkeiten um 200 mph so ziemlich das schnellste dar, was die NASCAR abseits der großen Superspeedways von Daytona und Talladega zu bieten hat. Da der Asphaltbelag aber nicht mehr der Jüngste ist, wird der Rundenrekord von Brian Vickers (196,235 mph) aus dem Jahr 2006 am Wochenende wohl Bestand haben. Dafür sprechen zumindest die Zeitenlisten des Gen6-Tests vom Donnerstag:
Dabei zeigten sich Greg Biffle und Kurt Busch besonders gut aufgelegt, welche in beiden Sessions die Top2 komplett untereinander ausmachten. Beide Piloten lagen dicht gedrängt zudem immer ein bis zwei Zehntel vor dem Rest der Teilnehmer, was (aber nur) auf den ersten Blick etwas überrascht. Der Texas Motor Speedway war nämlich schon immer ein Ort, an dem am Ende nicht unbedingt die üblichen Verdächtigen in der Victory-Lane stehen. So konnte zum Beispiel Jimmie Johnson erst im letzten November sein zweites Rennen auf dieser Strecke gewinnen. Traditionell ist Texas eigentlich eher Ford-Land, die hier bisher elf von 24 Ausgaben (45,8 %) für sich entscheiden konnten. Die zweitstärkste Kraft stellt Chevrolet (8) dar, welche im Verhältnis allerdings eher bei den Chase-Abstechern erfolgreich waren (4 zu 4 bei bisher doppelt so vielen Rennen im Frühjahr).
Greg Biffle dürfte ganz ehrlich auch der Tipp von „Captain Obvious“ sein, denn immerhin konnte er die Vorjahresausgabe für sich entscheiden, was seinem bisher zweiten Texas-Sieg entsprach. Besagtes Rennen stellte übrigens einen neuen Rekord auf, denn nach 100 Runden brach wohl der Stiel an der Gelben Flagge ab, womit NASCAR keine weitere Gelbphase mehr ausrufen konnte. Aber Spaß beiseite: Der anschließende Green-Flag-Run über 234 Runden – und damit bis zum Ende des Tages – ist der bisher längste durchgängige auf einem Intermediate-Oval. Leider sorgte dieser Rekord dann aber für ein ereignisloses Rennen, welches schon nach gut drei Stunden zu Ende war. Normalerweise ist der Sprint Cup in Texas eher um die dreieinhalb Stunden unterwegs.
Ich denke allerdings nicht, dass wir am Wochenende eine Wiederholung dieser Einschlafhilfe erleben werden. Dafür gibt es derzeit noch zu viele Unbekannte am Gen6 – vor allem für den Reifenhersteller Goodyear. Eher erwarte ich ein sehr dynamisches Rennen, bei dem der Wechsel in die Nacht eine erhebliche Rolle spielen wird. Die veränderten Gripverhältnisse erfordern im Normalfall eine deutlich veränderte Abstimmung der Wagen und derjenigen Mannschaft, welcher dies am besten gelingt, ist eine Fahrt in die Victory-Lane sicher.
Im optimalen Fall startet man das Rennen auf einem Setup, welches in der untergehenden Sonne eher zum Übersteuern neigt. Die niedrigen Temperaturen unter Flutlicht sorgen dann automatisch dafür, dass sich das Gripniveau schlagartig erhöht und das Fahrverhalten in Richtung Untersteuern abdriftet. Dies kann man oft schon sehen, sobald sich ein Schatten auf zwei der Turns gelegt hat. Wer schon zu neutral ins Rennen geht, wird der Mauer am Ende des Tages näher sein, als ihm lieb ist, oder hoffentlich noch genügend Spring-Rubber in den Federn haben, die man dann hektisch entfernen kann.
Da es sonst nicht so viel zu erzählen gibt, werfen wir noch einen Blick auf die bisherigen, noch aktiven Sieger in Texas. Die Liste ist ziemlich lang, denn dieses Intermediate-Oval ist definitiv kein Freund von Seriensiegern. Bisher gelang es noch keinem Fahrer, seinen Triumph im Folgejahr zu wiederholen. Allerdings konnten sich Denny Hamlin und Carl Edwards schon in die Riege derjenigen Piloten einreihen, welche beide Texas-Ausgaben eines Jahres in der Victory-Lane beendeten.
Carl Edwards ist gleichzeitig auch der Rekordhalter, da er hier bereits drei Erfolge vorweisen kann. Dahinter folgt eine ganze Riege mit Zweifachsiegern bestehend aus Jimmie Johnson, Tony Stewart, Greg Biffle, Matt Kenseth, Denny Hamlin und Jeff Burton. Hamlin, der weiterhin an seiner Wirbelverletzung laboriert (und in Texas von Brian Vickers vertreten wird), ist übrigens für die einzigen beiden Toyota-Siege in Texas verantwortlich. Bisher jeweils ein Rennen konnten Kurt Busch, Jeff Gordon, Kasey Kahne, Ryan Newman, Dale Earnhardt, Jr., Mark Martin sowie Elliott Sadler gewinnen. Auffällig dabei ist, dass Hendrick Motorsports nie so richtig einen Reifen auf diese Strecke bekommen hat – lediglich vier Siege (1x Terry Labonte 1999, 1x Jeff Gordon 2009 sowie 2x Jimmie Johnson 2007 und 2012) konnte die erfolgsverwöhnte Truppe in Texas einfahren.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und ein Zeitplan für das TV-Programm vom Wochenende. Außerdem verlinke ich hier die Ergebnisse von Session 1 und Session 2 des donnerstägigen Gen6-Tests.
Wer auf sein NASCAR-Rennen am Sonntagabend nicht verzichten möchte, der bekommt in dieser Woche Aushilfe von der Truck Series. Die dritte Liga ist dann nämlich abseits der anderen Serien ganz alleine in Rockingham unterwegs. Bis auf das Rennen wird hier allerdings nichts im Fernsehen übertragen. Dies trifft in Deutschland quasi auch auf den Sprint Cup zu, denn bei Motorvision TV legt man sich zum ersten Nachtrennen der Saison zwar lieber rechtzeitig schlafen, zeigt dafür aber frisch erholt am Montagabend um 22:15 Uhr eine Zusammenfassung des NRA 500. Für ein Live-Erlebnis ist man daher wieder auf einen der bekannten – in letzter Zeit recht zahlreichen – Streams angewiesen.
Freitag, 12.04.
17:00 Uhr, Nationwide Series Final Practice, nicht im TV
18:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
21:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
23:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
00:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
02:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (O’Reilly Auto Parts 300), ESPN2
Samstag, 13.04.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (NRA 500), FOX
Sonntag, 14.04.
20:00 Uhr, Truck Series Rennen (North Carolina Education 200), SPEED