Dieses Wochenende ist eines der besonderen in der NASCAR, denn zum ersten von nur zwei Mal pro Saison begeben sich die Sprint-Cup-Asse auf die Rundstrecke. In Sonoma gibt es dabei ein neues Qualifying-Format und außerdem sind natürlich wieder etliche Road-Ringer am Start, unter anderem auch Jacques Villeneuve.
Ich freue mich immer ganz besonders auf die beiden Rundkurs-Abstecher der ersten NASCAR-Liga, denn in Sonoma und Watkins Glen müssen sich die NASCAR-Autos auf Strecken beweisen, für die sie ursprünglich gar nicht gebaut wurden. Die Fahrer haben alle Hände voll damit zu tun, die 1,5 Tonnen schweren und 850 PS starken V8-Monster am Limit durch Links- UND Rechtskurven zu bewegen. Die vergleichsweise kleinen Bremsen tragen ihren Teil dazu bei, dass sich ähnlich wie auf den Shorttracks auch mal gerne am Vordermann angelehnt wird. Die Action auf der Straße ist schon ziemlich grandios, vor allem wenn die richtigen Piloten aneinandergeraten. Dafür dürfte am Sonntag gesorgt sein, dann zum ersten Mal seit 2010 ist (mein persönlicher Freund) Jacques Villeneuve wieder im Sprint Cup unterwegs. Ansonsten wartet das Event am Wochenende mit einigen Neuerungen auf, welche wir uns in dieser Vorschau einmal ansehen wollen.
Zunächst beschäftigen wir uns aber mit einer Konstante, nämlich der Strecke selbst: Der Sonoma Raceway ist der komplexere und schwierigere der beiden Rundkurse, die jährlich im Cup gefahren werden – und das, obwohl die NASCAR auf einer abgekürzten Variante unterwegs ist. Im Gegensatz zur Traditionsanlage in Watkins Glen verfügt Sonoma nämlich über sehr anspruchsvolle Berg- und Talpassagen und bietet mit der Haarnadelkurve (Turn 11) kurz vor Start/Ziel eine vorzügliche Überholmöglichkeit. An dieser Stelle wird es am Sonntag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einigen Scharmützeln kommen. Auch die Anfahrt auf Turn 7a nach dem „Chute“ – der erwähnten Abkürzung durch Turn 4a – bietet sich bestens zum Überholen an. Im Turn 4a selbst geht es zudem ziemlich spektakulär eng an den Reifenstapeln vorbei.
Die übrigen Passagen sollte man unbedingt dazu nutzen, auf der Strecke zu bleiben und das ist nicht so einfach wie gedacht, auch wenn es zunächst etwas komisch klingt. Vor allem Turn 2 und 3a sind ganz gemeine 90°-Kurven über Kuppen hinweg und fallen im Ausgang zudem noch nach außen ab – als wäre es nicht schon schlimm genug, dass man vom Geschehen hinter den Kuppen absolut nichts sieht. Will Power kann davon ein Liedchen singen. Ebenfalls geträllert haben dürfte Mattias Ekström bei seinem Sonoma-Einsatz im Red-Bull-Totoya, als er auf dem hinteren Teil der Strecke von Brad Keselowski umgedreht wurde. Die Geschlängel der Kurven 8 bis 10 verleitet einen Fahrer schnell dazu, zur Vorbereitung auf ein Überholmanöver in der Haarnadel zu dicht am Gegner unterwegs zu sein. Beginnt dessen Fahrzeug zu über- oder untersteuern, geht es meist ohne Vorwarnung auf die staubige Bankette. Generell gilt hier aber: Schwung mitnehmen für Turn 11!
Ihr seht also, das anfänglich erwähnte Konfliktpotenzial ist von mir definitiv nicht aus der Luft gegriffen. Damit Ihr meine Angaben besser nachvollziehen könnt, habe ich hier den bekannten Streckenartikel verlinkt, in dem sich auch eine beschriftete Streckenabbildung befindet. Kommen wir nun aber zu den Neuerungen:
Die NASCAR trennt sich im Sprint Cup auf den Rundkursen endlich vom langweiligen Einzelzeitfahren über eine schnelle Runde und adaptiert das System der Nationwide Series. In Zukunft wird der Kampf um die besten Startplätze in mehreren Qualifikationsgruppen ausgetragen, welche jeweils fünf bis sechs Wagen umfassen. Die Aufteilung auf die Gruppen erfolgt nach den Ergebnissen aus der Happy-Hour. In einem vorgegebenen Zeitfenster – es sollen wohl ca. drei schnelle Runden abgespult werden können – werden die Fahrer dann im Abstand von einigen Sekunden auf die Berg- und Talbahn losgelassen. Die jeweils schnellste gefahrene Runde pro Pilot zählt anschließend für die Startaufstellung. Ich denke, die Übernahme dieses Systems ist eine schöne Idee, da somit deutlich mehr auf der Strecke los ist, was ja nicht nur den Zuschauern vor Ort zu Gute kommt.
Die nächste Neuerung betrifft das Gefährt der Piloten, denn am Wochenende steht der erste Renneinsatz des Gen6 an. Zwar gab es Innen – vor allem an der Sicherheitszelle – nicht allzu viele Änderungen, doch die Abstimmungsmöglichkeiten am Fahrwerk unterliegen in diesem Jahr anderen Regularien. Wer das nicht glauben will, der darf sich gerne bei Tony Stewart oder seinem Team erkundigen. Aerodynamisch werden die neuen Silhouetten aber vermutlich keine Rolle spielen und auch bei den Reifen bin ich relativ optimistisch. Zumindest hat Goodyear sich auf den Rundstrecken bisher nicht schlechter angestellt als auf den Ovalen.
Apropos „schlechter angestellt“: Am Sonntag überträgt natürlich wieder einmal TNT im Rahmen der sechswöchigen „Summer Series“ und beim Kabelsender fährt man für Sonoma die geballte Rundkurs-Kompetenz in Form von Wally Dallenbach und Kyle Petty auf. Ich empfehle zur Vermeidung von Ohrenschmerzen und Schlaganfällen daher, ab 20 Uhr doch mal den Kollegen von Motorvision TV eine Chance zu geben. Dort werden Pete Fink und Lenz Leberkern am Mikrofon sitzen.
Selbstverständlich sind am Wochenende auch viele Road-Ringer mit von der Partie, die versuchen werden, den etablierten Kräften ein Schnippchen zu schlagen. Die prominentesten Gesichter sind Jacques „Schieß ihn ab!“ Villeneuve (#51 Phoenix Racing), Boris Said (#32 FAS Lane Racing) und Ron Fellows (#33 Circle Sport). Außerdem bekommen auch Justin Marks (#7 Tommy Baldwin Racing), Alex Kennedy (#19 Humphrey Smith Racing), Victor Gonzalez Jr (#36 Tommy Baldwin Racing), Paulie Harraka (#52 Brian Keselowski Motorsports) sowie Tomy Drissi (#87 NEMCO Motorsports) eine Chance, sich auf der großen Bühne zu beweisen.
Bei den Cup-Regulars sollte man verstärkt auf die Rundkurs-Spezialisten in Person von Marcos Ambrose, Juan Pablo Montoya, Kyle Busch und Jeff Gordon achten. Aber auch Clint Bowyer, Kasey Kahne und Kevin Harvick konnte schon Erfolge abseits der Ovale einfahren. Das Dark-Horse könnte am Wochenende Brian Vickers darstellen, der in diesem Jahr wieder einige Rennen für Michael Waltrip Racing bestreitet. Ach ja: … und Johnson, Jimmie Johnson! Den will ich nicht vergessen, denn mit dem muss man überall rechnen! Bei Matt Kenseth bin ich dagegen gespannt, wie er seinen Super-Run bei Joe Gibbs Racing in Sonoma umsetzen kann.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und einen Zeitplan für das TV-Programm vom Wochenende.
Nicht vergessen sollten wir die Nationwide Series, welche dieser Tage ebenfalls auf einem Rundkurs unterwegs ist. Für die legendäre Road America sind am Samstagabend leider kaum namhafte Gaststarter auf der Entry-List zu finden. Die NASCAR-Rennen dort hatten aber bisher immer spektakuläre Finishes zu bieten, es lohnt sich also.
Freitag, 21.06.
21:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED (TV um 22 Uhr)
00:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
Samstag, 22.06.
18:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
20:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
23:00 Uhr, Nationwide Series Rennen (Johnsonville Sausage 200), ESPN
Sonntag, 23.06.
20:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Toyota/Save Mart 350), Motorvision TV / TNT