Rund um den Independence Day steht in der NASCAR traditionell der zweite Daytona-Besuch des Jahres auf dem Programm. In der Restrictor-Plate-Schlacht haben grundsätzlich alle 43 Fahrer eine realistische Siegchance. Dies bewies Front Row Motorsports zuletzt eindrucksvoll mit einem Doppelerfolg in Talladega.
Neben dem Daytona 500 donnern die Motoren jedes Jahr auch ein weiteres Mal auf dem legendären Daytona International Speedway. Das traditionelle Sommerrennen auf dem 2,5 Meilen langen Superspeedway findet immer in kalendarischer Nähe zum 4. Juli – dem amerikanischen Independence Day – statt und bildet einen der absoluten Saisonhöhepunkte der NASCAR. Aus Sicherheitsgründen wird natürlich wie immer mit Restrictor-Plates gefahren, weil die Geschwindigkeiten durch das Banking in Höhe von sagenhaften 31 Grad ansonsten in gefährliche Höhe entschwinden. 200 Meilen pro Stunde sind die magische Grenze, welche die Offiziellen den knapp 900 PS starken Ungetümen dabei mit den Luftmengenbegrenzern setzt. Weil man so die gesamte Runde über Vollgas fahren kann bzw. muss, ergibt sich eine ganz andere Art von Racing.
Für die Neulinge – ich denke die momentan gute TV-Situation hat wieder einige neue Zuschauer angezogen – möchte ich das kurz erklären, die alten Hasen dürfen diesen Absatz gerne überspringen. Weil alle Fahrzeuge durch diese „Pedal to the Metal“-Situation nahezu gleich schnell unterwegs sind, bekommt der Windschatten einen ganz entscheidenden Charakter. Fahren zwei oder mehr Autos gemeinsam im Abstand von wenigen Zentimetern hintereinander her, lässt sich die Gesamtgeschwindigkeit dieses Pulks um circa 10 Meilen pro Stunde steigern. Die geringen Abstände bei gut 320 km/h sorgen dann allerdings dafür, dass es extrem gefährlich wird. Geraten zwei Boliden bei diesem Tempo aneinander, bricht schnell mal eine Massenkarambolage aus – der gefürchtete und sogenannte Big-One.
Einige Fahrer halten sich daher gerne mal einen Großteil des Rennens in einem kleineren Draft – meist mit den Teamkollegen – etwas hinter dem Hauptfeld auf. Gerade Jimmie Johnson und Juan Pablo Montoya haben diese Technik in den letzten Jahren mehr oder weniger perfektioniert. Gebracht hat es ihnen allerdings nicht so richtig viel und da wird mir Kollege Chaos sicher sofort zustimmen. Aber ganz alleine fahren geht natürlich auch nicht, ansonsten verliert man aufgrund des Geschwindigkeitsunterschiedes in kurzer Zeit trotz einer Streckenlängen von 4 Kilometern seinen Platz in der Führungsrunde. Es ist also immer ein gewisser Glücksfaktor dabei, um das Rennen am Ende in den Top 10 beenden zu können. So kommt es dazu, dass ausnahmsweise alle 43 Teilnehmer eine realistische Siegchance besitzen, da der Windschatten Art. 3 GG sinngemäß am besten umsetzt.
Bewiesen haben dies im Frühling David Ragan und David Gilliland, die ihre Fords von Front Row Motorsports in Talladega im Gespann als Erste über die Linie schoben. Auch Trevor Bayne verifizierte 2011 im Daytona 500 diese alte NASCAR-Binsenweisheit, denn ansonsten war vom Nachwuchspiloten im Sprint Cup bisher nicht allzu viel zu sehen. Natürlich gibt es aber auch auf den Restrictor-Plate-Strecken einige Fahrer, die sich aus der Masse abheben können. Der bekannteste Vertreter dieser Kategorie war sicherlich der verstorbene Dale Earnhardt Sr, dem man nachsagte, er könne den Windschatten – auch Draft genannt – förmlich sehen. Sein Spross hat von diesem Können glücklicherweise eine ganze Menge geerbt.
Andere Spezialisten sind Tony Stewart, Kevin Harvick und Matt Kenseth, aber auch Jamie McMurray, Michael Waltrip und natürlich David Ragan sieht man des Öfteren – bzw. nahezu ausnahmslos – in einer Superspeedway-Victory-Lane. Dazu kommt überraschenderweise Danica Patrick, die bei ihren bisherigen Daytona- und Talladega-Auftritten sofort bei der Musik war. Schon zu Beginn ihrer NASCAR-Karriere konnte sie zeigen, dass bei dieser speziellen Art des Racings absolut mit ihr zu rechnen ist. Das Daytona 500 im Februar führte Patrick sogar einige Runden lang das Feld an. Da wie gesagt wirklich alles passieren kann, wage ich mal keine Prognose für das Wochenende.
Das Rennen selbst geht in der Nacht von Samstag auf Sonntag über die Bühne, weshalb Motorvision TV leider nicht live überträgt. Warum man dann allerdings im Mai stattdessen das zähe Coca-Cola 600 als eines der wenigen Nachtrennen gewählt hat, erschließt sich mir nicht so ganz. Schon schade, dass z. B. Pocono noch vor Daytona mit einem der begrenzten Live-Termine bedacht wird. Naja, es geht immer wieder bergauf.
Das denke ich mir nebenbei auch, weil TNT am Wochenende sein sechstes und letztes Rennen für dieses Jahr ausstrahlt. Danach geht die Übertragungshoheit bis zum Ende der Saison auf ESPN und ABC über. TNT kann in diesem Jahr leider seine werbeUNTERBRECHUNGsfreie Daytona-Berichterstattung aus den vergangenen Ausgaben nicht halten und begnügt sich stattdessen mit den letzten 30 Runden ohne Commercials – eine Farce! Das ist nämlich auch bei jedem anderen Rennen so! Ich bin mal gespannt, wie groß man die Sache aufblasen wird…
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und einen Zeitplan für das TV-Programm vom Wochenende.
Leider kommt diese Vorschau etwas spät, da am Donnerstag schon die kompletten Freien Trainings von Sprint Cup und Nationwide Series gelaufen sind. Da ich den Artikel aber noch vor Beginn derselben fertiggestellt habe, kann ich leider nicht genauer darauf eingehen. Die erzielten Zeiten sind aufgrund des Windschattencharakters aber ohnehin nahezu bedeutungslos. Es geht im Practice eher darum, schon mal seine bevorzugten Drafting-Partner für das Rennen auszuloten und zudem die eine oder andere Qualifikations-Generalprobe im Alleingang zu absolvieren.
Freitag, 05.07.
20:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
22:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
01:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (Subway Firecracker 250), ESPN
Samstag, 06.07.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Coke Zero 400), TNT
3 Kommentare
Beim Thema 6. und letztes Saisonrennen für TNT war wohl etwas Wunschdenken dabei ;), nächste Woche dürfen wir Loudon auch noch mit den Kollegen mit Knalleffekt bewundern.
@Erik: http://www.youtube.com/watch?v=peh2T2543ec&t=1m14s :D
Aber so ist es, da habe ich doch glatt die Sommerpause eine Woche zu früh verortet…
Wirklich, ich find es richtig faszinierend mit welcher Präszision hier gearbeitet wird. Mit Zentimetern bei über 300 Stunden Kilometern, mit Windschatten und irgendwie auch Teamwork, obwohl alle gegeneinander fahren. Richtig cool eigentlich. So im richtigen Moment dann Vorsprung zu erlangen.
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