Nachdem das Rennen im Spielerparadies von Las Vegas ähnlich trostlos ablief wie erwartet, dürfen wir in dieser Woche die Aerodynamik mal außen vor lassen und in das Kolosseum der NASCAR blicken. Auf dem Bristol Motor Speedway treffen sich auf knapp 900 Metern Streckenlänge die 43 besten Stockcar-Piloten in Thunder-Valley.
Lässt man die letzten beiden NASCAR-Wochen Revue passieren, dann fällt auf, dass es in Las Vegas zum Glück (sic!) nicht zu einem kompletten Durchmarsch des anschließenden Siegers Brad Keselowski kam. Die Vorstellung von Kevin Harvick in Phoenix zeigte da schon eine andere Qualität. Alles in allem blieb zu erahnen, dass mit dem neuen und höheren Heckspoiler Führungswechsel unter grüner Flagge zur Mangelware werden. Obwohl am vergangenen Sonntag im Spielerparadies gleich sechs Piloten eine zweistellige Anzahl an Lead-Laps schafften, fanden die meisten Platzierungswechsel an der Spitze des Feldes entweder während der kärglichen vier Cautions wegen Debris oder im Zuge der Green-Flag-Pitstops statt. Aber denken wir positiv, denn zum einen steht an diesem Wochenende eine spektakuläre Strecke an und zum anderen kann man mit den NASCAR-Offiziellen ja vernünftig reden.
Nach einem recht großen Oval fährt der Sprint Cup am Sonntag auf der zweitkürzesten Strecke des Kalenders, dem Bristol Motor Speedway. Der Shorttrack mit einer Länge von 0,533 Meilen ist so etwas wie das Kolosseum der NASCAR, denn die Strecke ist stadionähnlich komplett mit Tribünen umgeben und bietet kaum Platz für die 43 teilnehmenden Fahrzeuge. Zwar verfügt das Oval seit der kleinen Rekonfiguration 2012 immer noch über ein variables Banking zwischen sagenhaften 24 und 30 Grad, jedoch verteilt sich dieses nun lediglich über 1,5 Fahrspuren, was wieder vermehrt zu spektakulären Bump-&-Run-Manövern führt.
Die signifikante Überhöhung sorgt für atemberaubende 110 bis 120 mph an Kurvengeschwindigkeit und bewirkt so eine regelrechte Katapultwirkung bei der Ausfahrt aus den engen Turns auf die sehr kurzen Geraden. Wie immer auf den Shorttracks kommen auch in Bristol die Bremsen ins Spiel, welche im Verlauf einer Renndistanz von 500 Runden immerhin 1000 Verzögerungsvorgänge durchhalten müssen. Wer also zu früh sehr aggressiv zur Tat schreitet, kann im Finale nur noch die Fred-Feuerstein-Taktik zum Bremsen verwenden. Glücklicherweise spielt an diesem Wochenende die Aerodynamik mal keine Rolle, sodass es hoffentlich wieder zu mehr Führungswechseln unter grüner Flagge kommt.
Außerdem hatte das neue Qualifying-Format nun zwei Ausgaben Zeit, sich zu bewähren, und vor Bristol war es bereits an der Zeit für ein erstes Resümee. Einige Piloten beschwerten sich vor allem in Las Vegas über das Risiko, welches die Fahrzeuge auf ihren Cool-Down-Laps zwischen den einzelnen Runs darstellten. Weil es den Teams nicht erlaubt war, wie im Training üblich an der Boxengasse ein Kühlaggregat anzuschließen, mussten die Fahrer sehr langsam auf dem Apron vor sich hin gondeln, um ihre Motoren abzukühlen. Dabei traten dann extreme Relativgeschwindigkeiten zu den Wagen auf, die sich auf einer schnellen Runde befanden und dies mündete prompt in einigen Beinahe-Katastrophen.
Für Bristol denken die NASCAR-Offiziellen nun um und erlauben einen erweiterten Service-Aufenthalt in der Boxengasse. Zwar ist es nach wie vor verboten, während des Qualifyings die Motorhaube zu öffnen, um illegalen Manipulationen am Wagen einen Riegel vorzuschieben, jedoch können nun immerhin Kühlaggregate durch eine spezielle Öffnung an den Flaps auf der Motorhaube angeschlossen werden. Zudem entschied man sich, die Cool-Down-Laps im Zuge dessen gleich komplett zu verbieten. Ich denke, dass man hier eine gute Wahl getroffen hat, um das Risiko für alle Beteiligten zu verringern. Am Anfang stellte die NASCAR sich noch quer und wollte, dass sich das Verhalten der Wettbewerber von selbst einpendelt, doch die Kritik der Fahrer konnte und wollte man einfach nicht überhören.
Wo wir gerade bei den Fahrern sind: Dale Earnhardt Jr. führt gerade die Meisterschaft an und brannte nach seinem Sieg im Daytona 500 gleich noch zwei weitere Top2-Ergebnisse in den Asphalt. Damit gelang ihm 2014 sein bisher erfolgreichster Saisonbeginn überhaupt und Junior ist auch nur einer von insgesamt fünf Piloten, denen das in der NASCAR-Geschichte überhaupt glückte. Mit nur einem Pünktchen Rückstand zeigt sich auch der Las-Vegas-Gewinner Brad Keselowski stark, der ebenfalls drei Top5-Resultate in den ersten drei Rennen einfahren konnte. Allgemein fällt auf, dass die Hendrick-befeuerten Chevrolets sowie die Penske-Fords zu Saisonbeginn einen ganz heißen Reifen fahren. So gingen zum Beispiel die letzten beiden ersten Startreihen in Phoenix und Las Vegas komplett an Penske Racing.
Aber die Saison ist natürlich noch jung und so muss man abwarten, ob Roush-Fenway Racing und Joe Gibbs Racing aus ihrer Verfolgerposition kontern können. Gerade Bristol ist ja eine der erfolgreicheren Strecken von Kyle Busch, der hier immerhin schon ein Triple aus Truck-, Nationwide- und Sprint-Cup-Sieg an einem Wochenende feiern konnte. Zudem gewannen Fahrer von Joe Gibbs Racing satte sechs der letzten zehn Bristol-Ausgaben und der jüngere Busch-Bruder stand dabei allein vier Mal in der Victory-Lane. Die anderen, nicht-Toyota-Siege fuhren ausgerechnet Brad Keselowski, Jimmie Johnson und Kasey Kahne ein. Man kann also leicht erkennen, für wen die Chancen am Sonntag am besten stehen.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und einen Zeitplan für das TV-Programm am Wochenende. Aufgrund der bereits begonnenen Sommerzeit in den USA finden die einzelnen Sessions deutlich früher statt als normalerweise, was vor allem am Sonntagabend etwas Entlastung für uns Europäer bedeutet.
Freitag, 14.03.
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, FOX Sports 1
18:30 Uhr, Nationwide Series Practice, FOX Sports 1
20:00 Uhr, Nationwide Series Final Practice, FOX Sports 1
21:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, FOX Sports 1
Samstag, 15.03.
14:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, FOX Sports 1
15:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, FOX Sports 1
19:00 Uhr, Nationwide Series Rennen (Drive to Stop Diabetes 300),ESPN2 ab 18:30 Uhr / Motors TV ab 19 Uhr
Sonntag, 16.03.
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Food City 500), FOX / Motorvision TV ab 17:00 Uhr