Am Wochenende begibt sich die NASCAR auf den Martinsville Speedway, das kürzeste Oval im kompletten Sprint-Cup-Rennkalender. Dort bleiben wir dann hoffentlich von Reifenschäden verschont, denn das wichtigste Element stellen hier die Bremsen dar. Bis auf den Sonntag erwartet uns dort aber kein schönes Wetter.
Der Martinsville Speedway ist eine echte Stockcar-Institution, denn der (mit nur 847 Metern Länge kürzeste) Shorttrack ist die einzige Strecke, welche seit den Anfängen der NASCAR (1948) kurz nach dem Zweiten Weltkrieg durchgehend im Kalender zu finden ist. Damals fuhr man zwar nur 100 Meilen, benötigte aber bereits gut zwei Stunden Sitzfleisch für eine komplette Ausgabe. Die frühe Entstehung brachte dem Kurs auch ein sehr spezielles Streckenlayout, das gerne mit einer Büroklammer verglichen wird und so dem Speedway schließlich auch seinen Spitznamen einbrachte. Die überproportional langen Geraden münden in zwei scharfen 180-Grad-Kurven, die ihr vergleichsweise großes Banking in Höhe von 12 Grad auch definitiv benötigen. Diese Konfiguration geht vor allem zu Lasten der Bremsen, was auf Shorttracks aber allgemein ein gültiges Faktum ist.
Selbst die größten Scheiben und die dicksten Beläge halten in den 500 Runden keine 1000 harten Bremsmanöver am Stück aus, ohne dass vorher das Metall zu kreischen beginnt. Der Trick ist es daher – völlig konträr zum europäischen Motorsport – den Wagen in den Kurven rollen zu lassen. Man steigt also recht früh eher sanft ins Pedal und baut den restlichen Geschwindigkeitsüberschuss durch die Kurvenfahrt bis zum Scheitelpunkt ab. Das geht natürlich auf die Reifen, aber die sollten am Wochenende anders als in Fontana keine größere Rolle spielen. Werden die Bremsen zu heiß, kann das natürlich auch das Gummi beeinträchtigen – Ausnahmen zur Regel gibt es also auch hier. Im Scheitelpunkt beginnt schließlich der Abschuss aus dem Katapult, wenn es gilt, mit gut 900 Pferden zu verhandeln, während auf der Suche nach Traktion rechts die Mauer immer näher kommt.
Die Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte kann man am besten nachvollziehen, wenn man während einer Runde genau auf dem Frontsplitter achtet. Der hebt sich nämlich ausgangs der Turns deutlich um einige Zentimeter an und kracht beim Bremsen fast auf den Asphalt. Ein weiteres Feature auf den Shorttracks ist wie immer das „Bump-&-Run“, wodurch am Ende des Tages kaum ein Wagen ohne Kampfspuren auf den Hauler verladen wird. Fährt der Vordermann zu langsam oder macht er sich zu breit, wird er kurzerhand aus dem Weg geräumt; das ist halt gängige Shorttrack-Praxis. Weil die Geschwindigkeiten im Gegensatz zu den Intermediate-Ovalen vergleichsweise gering sind, kommt es dann auch nicht so sehr auf die Aerodynamik an. Auch wenn die Karre in der Victory-Lane ordentlich verbeult ist, immerhin steht sie anschließend dort – in Martinsville funktioniert das.
Worüber ich mir am Wochenende eher Sorgen mache, ist das Wetter: Zwar sieht die Vorhersage zumindest für den Sonntag mit 10% Regenwahrscheinlichkeit sehr gut aus, doch das Vorprogramm droht eindeutig ins Wasser zu fallen. Am Freitag steht zu 70% Niederschlag an, am Samstag gar zu 90%. Mich würde es nicht wundern, fände das Truck-Rennen erst am Montag statt, sowas hat es ja durchaus schon mal gegeben. Die späteste Marke für einen Rennstart sollte ca. 15 bis 16 Uhr Ortszeit sein, denn ab 18:30 Uhr steht die Sonne in Martinsville zu tief, um noch einen Anlauf zu unternehmen, und der Shorttrack hat kein permanentes Flutlicht zur Verfügung. Immerhin müssen wir also nicht wieder durchmachen, dafür wäre ein Ausweichtermin montags halt schon um 18 Uhr deutscher Zeit. Das Cup-Rennen sollte Stand heute aber wie erwähnt planmäßig durchführbar sein.
Bleibt noch der Blick auf die Favoriten für das Wochenende: Denny Hamlin ist nach seiner Nebenhöhlenentzündung, die vermutlich keine war, am Sonntag wieder mit von der Partie. Die Ärzte entfernten ihm im Krankenhaus außerdem einen Metallsplitter aus dem Auge, welcher zumindest einen gewissen Anteil an seiner Sehkraftschwächung hatte. Immerhin wurde berichtet, dass Hamlin direkt nach der Entfernung eine deutliche Verbesserung seiner Symptome verspürt habe. Auf die ersten Interviews mit Denny bin ich schon gespannt. Wer weiß schon, wie er sich in so eine abgefahrene Situation gebracht hat. Zum Glück ist er aber wieder fit! Ein Favorit ist der Lokalmatador in Martinsville mit seinen vier Siegen allemal.
Da gibt es diese kuriose Statistik, dass zwischen Ende 2006 und Ende 2010 ausschließlich Denny Hamlin und Jimmie Johnson in Martinsville in die Victory-Lane fahren konnten, was schon direkt den nächsten Verdächtigen ins Licht der Aufmerksamkeit rückt. Johnson war aber auch später nicht untätig und gewann zwei weitere Ausgaben 2012 sowie 2013. Ab 2011 entpuppte sich Martinsville eher als Chevrolet-Strecke, da neben Johnson auch noch Kevin Harvick, Ryan Newman, Tony Stewart und Jeff Gordon je einen Erfolg in den letzten drei Jahren abholten.
Bevor ich jetzt aber zu viel Zeit investiere, die Chevy stark zu reden: Am Ende gewinnt sowieso Greg Biffle in einem Ford! Spaß beiseite: Ich denke, dass man mit einem Tipp auf ein Hendrick-befeuertes Team eigentlich nicht viel falsch machen kann. Ich setze jedenfalls auf Jimmie Johnson, der nach seinem knapp verpassten Sieg in Fontana an diesem Wochenende die beste Möglichkeit dazu hat, sich seine Chase-Teilnahme für 2014 zu sichern.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die Entry-List und einen Zeitplan für das TV-Programm am Wochenende. Da in der Nacht von Samstag auf Sonntag nun auch bei uns die Sommerzeit beginnt, finden die Sessions am Freitag und Samstag mit fünf Stunden Zeitabstand und das Rennen am Sonntag wieder mit sechs Stunden Verschiebung statt. Bei den nachfolgenden Uhrzeiten ist das bereits berücksichtigt.
Freitag, 28.03.
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, FOX Sports 1
20:00 Uhr, Truck Series Final Practice, FOX Sports 1
21:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, FOX Sports 1
Samstag, 29.03.
15:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, FOX Sports 1
16:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, FOX Sports 1
19:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (Kroger 250), FOX Sports 1
Sonntag, 30.03.
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (STP 500), FOX / Motorvision TV ab 18:30 Uhr