Am kommenden Wochenende kehrt die BTCC mit den Saisonläufen in Snetterton aus ihrer kurzen Sommerpause zurück und startet in die zweite Saisonhälfte. Ein guter Anlass, sich mal den Kandidaten zuzuwenden, die sich bislang als Anwärter im Titelkampf gezeigt haben.
Aktueller Tabellenführer ist Honda-Pilot Gordon Shedden, den ich auch als derzeit heißesten Anwärter auf den Titel sehen würde. Der Schotte war insbesondere in den letzten Läufen sehr stark unterwegs und hat jeweils das Maximum aus seinen Möglichkeiten geholt. Er siegt, wenn die Gelegenheit da ist, und holt ansonsten konstant Punkte. Insgesamt hab ich auch den Eindruck, dass Shedden etwas besser mit dem neuen Civic Type R zurecht kommt als Teamkollege Matt Neal. Aber auch der Routinier, der seit 1992 (!) in der BTCC startet, ist mit dem neuen Honda gut unterwegs. Abschreiben im Kampf um den Titel kann und sollte man Neal daher keineswegs. Vor allem in den ersten Saisonrennen zeigte Neal sehr gute Leistungen und führte die Meisterschaft an. Derzeit liegt er mit 22 Punkten Rückstand auf Shedden auf Tabellenrang 3. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass der Meisterschaftskampf letztendlich über die Honda führen wird – mit einer leichten Tendenz in Richtung Shedden.
Härtester Konkurrent der beiden Honda von Dynamics sind die VW vom Team BMR. Und hier muss man natürlich Jason Plato auf der Rechnung haben. Plato liegt derzeit mit zehn Punkten Rückstand auf Platz 2 in der Meisterschaft. Und wer den alten Haidegen kennt, weiß, dass er alles geben wird, um bis zum letzten Rennen um die Meisterschaft mitzukämpfen. Die Chancen dafür werden vor allem vom Arbeitsgerät VW CC und dem Umgang mit dem Zusatzgewicht abhängen. Platos Teamkollege und gleichzeitig der amtierende Meister Colin Turkington liegt mit 34 Punkten Rückstand auf Platz 5 in der Meisterschaft und damit ebenfalls noch in Schlagdistanz. Wenngleich das Talent des Nordiren unbestritten ist, liegt seine Performance aber insgesamt leicht hinter der von Plato. Dazu tragen auch blöde Fehler wie im ersten Lauf in Oulton Park bei. Um ein Wörtchen um die Meisterschaft mitzureden, muss Turkington sich in erster Linie einmal mit seinem Teamkollegen auseinandersetzen und diesen regelmäßig schlagen, damit die wichtige teaminterne Unterstützung in den letzten Saisonrennen ihm zufällt. Aron Smith als dritter Top-Pilot im Team spielt dagegen im Kampf um die Meisterschaft keine Rolle mehr. Tabellenrang 11 mit 93 Punkten Rückstand lassen das nicht zu. Das liegt aber vor allem an viel Pech, das den Iren bei so manchen Rennen ereilt und wichtige Punkte gekostet hat.
Nach der sehr eindrucksvollen Vorstellung in Croft muss man auch die West Surrey-BMW wieder auf der Rechnung haben. Sam Tordoff katapultierte sich mit seinen guten Rennergebnissen schlagartig auf Tabellenrang 4 und liegt 33 Punkte hinter Shedden. Ob Tordoff die Titelchance bis zum Ende aufrecht erhalten kann, wird vor allem davon abhängen, ob die BMW in der zweiten Saisonhälfte konstant vorne mitfahren können. Mit Knockhill und Rockingham kommen jedenfalls noch mal zwei Streckentypen, die dem 125i sehr gut liegen sollten und wo Siege drin sind. Tordoffs Teamkollegen haben dagegen in der Meisterschaft schon so viel Rückstand, dass Titelhoffnungen unwahrscheinlich sind. Rob Collard liegt mit 68 Punkten Rückstand auf Tabellenrang 8, Andy Priaulx folgt mit einem Punkt weniger auf Rang 9. Zudem wird Priaulx das Rockingham-Wochenende auslassen, da er gleichzeitig Verpflichtungen im GT hat.
Lange recht weit vorne in der Meisterschaft dabei waren die MG mit Andrew Jordan und Jack Goff. Zwar gelang bislang kein Sieg, aber durch konstant gute Ergebnisse konnten sich beide eine gute Punkteausbeute sichern. Jordan verlor seinen vorderen Tabellenrang erst beim letzten Rennwochenende in Croft, als er im letzten Rennen eine Nullnummer hinlegte und nun mit 39 Punkten Rückstand auf Platz 6 liegt. Teamkollege Goff folgt auf Rang 10 mit 71 Punkten Rückstand. Damit zumindest Jordan ein ernsthafter Titelkandidat bleiben kann, muss der MG vor allem dringend an Leistung zulegen.
Best of the rest ist Adam Morgan im Mercedes. Tabellenrang 7 mit 68 Punkten Rückstand ist für einen Voll-Privatier mehr als respektabel – und im Gegensatz zu den MG hat Morgan in dieser Saison auch schon einen Sieg in der Tasche. Für Morgan wird es ohnehin weniger um den Kampf in der Gesamtwertung gehen als vielmehr um die Independent-Meisterschaft. Hier hat er mit den BMR-VW allerdings geradezu übermächtig erscheinende Konkurrenten.
Hier geht es zu allen Ständen in der Meisterschaftskampf
Wie bereits gesagt geht es am Wochenende auf den Snetterton Motor Racing Circuit in der Grafschaft Norfolk. Die 4,779 Kilometer lange Strecke hat 2010/2011 ein größeres Update bekommen und präsentiert sich seitdem um eine nette Infieldsektion erweitert. Fahrerisch am interessantesten ist aber die auf die Bentley Straight folgende schnelle Brundle-Nelson-Kombination. Jason Plato gewann im vergangenen Jahr die ersten beiden Läufe, nachdem er sich zuvor schon die Pole Position gesichert hatte. Dem zweimaligen Champion liegt der Snetterton Circuit bekanntlich besonders gut – es wird also spannend sein zu sehen, was er mit dem VW dort leisten kann. Gute Vorzeichen dafür, dass VW die favorisierte Marke in Snetterton sein könnte, liefert jedenfalls der Vorjahreserfolg, den Árón Smith 2014 im dritten Lauf einfuhr.
Neuigkeiten aus der BTCC:
Ford ist wieder da! Nachdem man noch mal ausgiebig testen war und die Finanzierung des Teams nun auf etwas besseren Beinen zu stehen scheint, sehen wir am Wochenende erstmals die Ford Focus von Motorbase im Starterfeld. Am Steuer sitzen der langjährige Motorbase-Stammpilot Mat Jackson sowie James Cole, der im Vorjahr noch einen der beiden Toyota von United Autosports pilotiert hat. Bei den vor zwei Wochen veranstalteten Reifentests in Snetterton waren die Ford jedenfalls gut unterwegs und eine eindrucksvolle Comeback-Vorstellung wäre nicht sonderlich überraschend – auch weil die Ford das Qualifying komplett ohne Zusatzgewicht bestreiten können.
Damit hätten wir fast mal ein komplett volles Startfeld gehabt. Fast. Denn die beiden Proton von Welch Motorsport werden in Snetterton nicht an den Start gehen. Offiziell sind Engpässe in der Ersatzteilversorgung der Grund. Ganz nebenbei hat auch noch Andy Wilmot als Stammpilot das Handtuch geschmissen, womit Welch nun auch noch einen zweiten Fahrer benötigt, um seine beiden Lizenzen aufrecht zu erhalten.
Rob Austin sucht auch noch einen neuen Fahrer. Allerdings nicht für Snetterton und auch nur für ein Wochenende. Stammpilot Hunter Abbott wird die Läufe in Knockhill auslassen, da die Geburt seines Kindes an diesem Wochenende erwartet wird. Ebenso sucht WSR noch einen Ersatz für Andy Priaulx für die Läufe in Rockingham (s.o.). Paul *hust* O’Neil.
Eine Rückkehr feiert Rob Holland in Snetterton. Der US-Amerikaner war im vergangenen Jahr noch mit einem Audi S3, der von Rotek eingesetzt wurde, unterwegs. Für die Rennen in Snetterton, Knockhill und Rockingham vertritt er nun Simon Belcher im Handy Motorsports-Toyota. Belcher hatte ja bereits angekündigt, dass er wegen finanzieller Engpässe drei Saisonstationen auslassen wird und sein Cockpit vermieten möchte.
Die Startzeiten der drei Rennen entnehmt ihr ganz einfach unserem TV Planer.