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FIA WEC Vorschau 6h von Austin

von Flo aus N
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WEC Spa 2015

Nach der fulminanten Premiere der WEC auf dem Nürburgring gastiert die Serie dieses Wochenende auf dem Circuit of the Americas zu ihrem einzigen Auftritt in Nordamerika.

2015-6-heures-du-Circuit-des-Ameriques--20150916COTA-Tower-5774P_hd Jene Strecke, welche 2012 eröffnet und eigentlich gebaut wurde, um die F1 wieder nach Amerika zu holen, ist in Sachen Abstimmung mit die schwierigste im Kalender, gerade für die LMP1. Zum einen hat man eine sehr lange Gerade, auf welcher ein guter Topspeed wichtig ist, denn diese Gerade bietet die beste Überholmöglichkeit. Zum anderen wechseln sich auf dieser Strecke viele schnelle mit mittelschnellen und langsamen Kurvenkombinationen ab. In den schnellen Kombinationen will man ein Auto, das gerade beim Lastwechsel möglichst ruhig liegt, während man aus den langsamen Ecken heraus tendenziell eine weichere Abstimmung haben will, um möglichst viel Traktion zu besitzen. Dies macht die Strecke schon für die GTE recht schwer abzustimmen, aber für die LMP1 kommt noch ein wichtiger Punkt hinzu und das betrifft das Hybridsystem.

Die besten Stellen zum Boosten sind hier ausgangs der letzten Kurve auf Start/ Ziel und vor allem aus der engen Haarnadel heraus eingangs der Gegengeraden. Die Problematik für die Fahrzeuge, welche nur auf ein kinetisches ERS setzen, ist dabei folgende: Man kann vor diesen Kurven nur eine begrenzte Menge an Energie über das KERS rekuperieren, jedoch will man ausgangs jener Kurven eigentlich mehr Energie zum Boosten verwenden, als man mittels KERS zurückgewinnen kann. Dies kommt daher, dass man im Falle des Porsche bis zu 5,02 MJ pro Runde zum Boosten verwenden darf, sich aber die anderen Stellen kaum dafür eignen, große Mengen an Energie freizusetzen. Es bringt kaum Rundenzeitengewinne in Relation zur eingesetzten Energie, wenn ich z.B ausgangs T1 booste, aber dann schon nach 75 Metern diese Energie wieder einbremsen muss, um gut durch das Kurvengeschlängel zu kommen. Dasselbe trifft auch fast auf die engen Kurvenkombinationen im letzten Drittel der Strecke zu, was eben dazu führt, dass sich zwei, drei Stellen herauskristallisiert haben, wo es am effizientesten ist zu boosten.

Hat man aber nun ein Abgasenergiesystem samt Batterie an Bord und kann schon auf den Geraden und Kurven vorher wesentlich mehr Energie rekuperieren (bis zu 2 MJ im Falle des Porsche), dann kann ich auch gerade an diesen Stellen mehr boosten als meine Konkurrenten. Dies ist auch der Grund, warum ich bei den LMP1 die Porsche als Favoriten sehe. Durch das neue Aero-Package verfügt man nun auch mit über den meisten Abtrieb für die mittelschnellen und schnellen Kurven, und aus den besagten Ecken ist man mit dem Hybridsystem kaum zu schlagen. Dazu kommt die mittlerweile deutlich bessere Reifennutzung als noch zu Beginn der Saison, was es für Audi extrem schwer machen wird, hier die Jungs aus Weissach zu schlagen. Nominell sollte die Strecke dem R18 fast genauso gut liegen wie dem Porsche. In Sachen Handling und Gewichtsverteilung steht man den Porsches kaum nach und erwartete Temperaturen von bis zu 35 Grad sollten dafür sorgen, dass der R18 ziemlich gut laufen wird, womit man eigentlich auf Augenhöhe mit den Porsches über die Renndistanz sein sollte. Die größte Schwachstelle ist das Hybridsystem, welches nur maximal 0,7 MJ zum Boosten an den markanten Stellen verwenden kann, während der Porsche weitaus mehr Energie in Vortrieb umwandeln wird können. Dies sollte zur Folge haben, dass der Audi den Porsche an jenen Stellen wohl kaum überholen wird können. Eine schwierige Ausgangslage, denn andere gute Überholmöglichkeiten sind auf dieser Strecke leider sehr rar gesät.

Ein Umstand, welcher Toyota wohl nicht weiter stören sollte, denn das Team aus Köln wird auch hier wohl wieder ihr eigenes Rennen fahren müssen. Schon seit vielen Wochen hat man die Weiterentwicklung des TS040 eingestellt und konzentriert sich voll auf den Nachfolger, den TS050. Immerhin hat man nun wohl zumindest die finanziellen Mittel bekommen, von denen man seitens TMG denkt, dass sie notwendig sind, um den Rückstand auf die zwei anderen Hersteller zu schließen. Was sicher auch hilfreich ist, ist die Entscheidung, dass das WRC-Programm nicht die WEC beeinträchtigen soll. So wird zwar der Antrieb bei TMG entwickelt und gebaut, der Rest aber bei Tommy Mäkkinen Racing. Ein drittes Auto für Le Mans ist aber dennoch unwahrscheinlich, da gerade jetzt jeder Euro dafür verwendet wird, den Rückstand auf Porsche und Audi zu verringern.

In der LMP2 sehe ich auf dieser Strecke die Coupes von Ligier und Oreca aufgrund ihrer besseren Aero ganz klar vorne. KCMG, die Sieger vom Nürburgring, sollten auch hier mit ihrem Oreca kaum zu schlagen sein. Zwar verfügt man noch kaum über Daten von der Strecke, allerdings hat dies die Truppe auch in Le Mans oder am Ring nicht davon abgehalten, der Konkurrenz um G-Drive davonzufahren. Die Weiteren heiße Anwärter auf das Podium sind nach wie vor die G-Drive-Fahrzeuge, welche schon am Nürburgring die Plätze 2 und 3 belegen konnten. Kaum Chancen werden die Lokalmatadoren von Extreme Speed Motorsports haben, denn bislang hat man es nicht geschafft, den Ligier auf Tempo zu bekommen, zudem scheint es, als fehle es dem HPD-Motor an ein paar PS, um mit der Nissan-befeuerten Konkurrenz mithalten zu können.

In der GTE-Pro erwarte ich einen Zweikampf zwischen Porsche und Ferrari. Das Porsche-Team um Olaf Manthey geht mit viel Selbstvertrauen indas Wochenende, jedoch dürfte die direkte Konkurrenz aus Italien kaum zu schlagen sein. Durch den Mittelmotor, den nochmals niedrigeren Schwerpunkt und die sehr gute Aerodynamik ist der Ferrari am besten für diese schwierig abzustimmende Strecke geeignet. Beim Porsche und auch beim Aston Martin muss man hier wesentlich mehr Kompromisse eingehen, während der Ferrari den besten Weg darstellt, um sowohl in den schnellen als auch langsamen Kurvenkombinationen schnell zu sein. Die Aston Martin erwarte ich daher am Ende der Klasse, denn man hat dem Auto teilweise auch den größten Vorteil aus dem letzten Jahr genommen: die größere Air Restriktoren und damit verbunden einen Leistungsvorteil gegenüber den Konkurrenten. Erstaunlicherweise hat man diesmal wohl nichts an der BoP in der Klasse geändert. Das müsste nun das erste mal innerhalb von fast zwei Jahren sein, dass man die Klasse nicht angetastet hat…

Grundsätzlich sollte das Ganze in der GTE-Am ähnlich aussehen, sprich die Ferrari, allen voran der von SMP-Racing finanzierte Klassensieger aus Le Mans, sollte ein Wörtchen um den Sieg mitreden. Vom Fahrzeug wäre man sicher nicht im Nachteil, jedoch gibt es hier ein Auto, welches gerade bei den Amateurfahrern 1,5 Sekunden pro Runde schneller ist, und das ist der Aston Martin mit Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Matthias Lauda, wodurch dieses Auto wieder der Topfavorit auf den Klassensieg ist. Unterm Strich erwarte ich daher auch ein schwieriges Rennen für die beiden Proton-Porsche, wo diesmal wieder Earl Bamber Klaus Bachler ersetzt und im Schwesterauto Patrick Dempsey bei seinem Heimrennen antritt. Da man kaum mit dem einen Aston Martin und den Ferraris mithalten wird können, wird es für die Truppe sehr schwer, ein Wörtchen im Kampf um das Podium mitreden zu können.

Abseits der Strecke hat sich auch einiges getan. Vor einigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass Gibson Technology (ehemals Zytek und Entwickler das 4,5l V8 von Nissan) ab 2017 der alleinige Ausrüster in der LMP2 wird. Geplant ist ein 4,2l V8 mit bis zu ~600 PS Leistung. Damit stößt man offiziell auch Nissan und HPD sowie Judd aus der Klasse, die bis dahin die wichtigsten Motorenlieferanten waren bzw. noch sind. Inwieweit das erfolgreich sein wird, wird man abwarten müssen, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Hersteller dann einfach so in die LMP1 wechseln werden.

Auch war geplant, den Kalender für 2016 vorzustellen, aber es kommt an diesem Wochenende nicht dazu, da es noch letzte Details mit einem Streckenbetreiber zu klären gilt. Im Allgemeinen sind aber keine Neuerungen oder Überraschungen zu erwarten und der Kalender wird damit fast identisch zu 2015 sein. Vielleicht kommt noch Sao Paulo hinzu, aber das war es dann auch schon.

Das Rennen wird ab Samstag 0:00 Uhr komplett von Eurosport übertragen.

Bilder: WEC/ACO/Adrenalin

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