NACHTRAG 31.10.08: Die US-Regierung lehnt wohl weitere Zahlungen an GM und Chrylser ab. Berichtet die Detroit Free Press.
Es sind keine schönen Nachrichten, die gerade aus den USA rüberschwappen und sollten sie zutreffen, dann steht die gesamte NASCAR Meisterschaft vor schlechten Zeiten. Chrysler, zu denen Dodge gehört, und GM, die mit Chevrolet einen Löwenanteil des Starterfeldes stellen, stehen vor dem Zusammenbruch. Das ist keine Interpretation von mir, das sind Meldungen, die heute bekannt geworden sind. (Quelle 1, Quelle 2). Die Sache ist leider mal wieder etwas komplizierter, aber es lohnt sich, sie nachzuvollziehen.
Bis vor ein paar Tagen dachte man, dass der Inhaber von Chrysler, die Investmentfirma Cerberus, noch einigermaßen gesund sei, und Chrysler abstoßen möchte, um den Klotz am Bein los zu werden. Das GM in einer schweren, sehr tiefen Krise steckt, ist bekannt. Das betrifft bei beiden nicht das laufende Jahr, sondern dass kommende und 2010. Warum ist das so? Beide Hersteller haben in den letzten Jahren eine falsche Produktpolitik umgesetzt. Statt die Zeichen der Zeit zu erkennen, hat man weiterhin auf SUVs und andere Wagen gesetzt, die jede Menge Sprit verbrauchen. Gleichzeitig wurde das Geschäft schon seit Jahren zäh, so dass man sich gezwungen sah, die meisten Wagen auf Kredit zu verkaufen. Jetzt ist zweierlei passiert:
1. Zum einen kaufen die Kunden keine SUVs mehr und wandern zur Konkurrenz, die Wagen herstellt, die deutlich verbrauchsgünstiger sind. Die schon produzierten Wagen stehen auf der Halde und werden teilweise im Moment gerade für so viel Geld verkauft, dass die Produktionskosten gedeckt sind. Ein neuer Ford F-150 Modelljahr 2008 geht teilweise für unter 15000 Dollar weg. Kosten sollte er über 30000. Das gilt auch für einen Dodge Ram und Chevy Silverardo.
2. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage legen die Kunden entweder ihr Geld zur Seite, oder sie sind damit beschäftigt andere laufende Kredite zu bezahlen. Wie auch immer – selbst wer Geld hätte, überlegt sich dreimal einen neuen Wagen zu kaufen.
3. Viele Kredite, die für den Kauf eines Autos vergeben wurden, werden nicht mehr zurück gezahlt, weil die Kunden pleite sind.
Das betrifft vor allem die GMAC, die Bank von GM, die zu 51% schon zu Cerberus gehört. GM und die Investmentfirma stehen seit Wochen in Verhandlungen, wie man Chrysler, GMAC und GM zusammen legen kann. Das Problem – die faulen Kredite von GMAC und bei Cerberus. GM (ebenso wie Ford und Chrysler) hat parallel schon mit der Regierung über finanzielle Beihilfen gesprochen und 25 Milliarden Dollar bekommen. Aber offenbar reichen die nicht aus.
Denn jetzt versucht Cerberus etwas, was viele Wirtschaftsexperten als „unanständig“ empfinden. Und das will in diesen Zeiten schon was heißen. Cerberus ist eine private Investmentfirma, die, verglichen mit anderen Investmentbanken wie Goldman & Sachs, relativ klein ist. Auf jeden Fall deutlich kleiner als die Lehman Brothers. Dazu kommt, dass private Investmentfirmen nicht vom sogenannten 700 Milliarden „Bail Out“ Plan der US-Regierung profitieren können. Das können nur Investmentbanken, Versicherungen etc. Jetzt versucht Cerberus sich unter das Dach der GMAC zu retten und gleichzeitig will GM Teile der maroden Pensionskassen dort endlagern. Mit ein paar rechtlichen Kniffen würde man es so schaffen, dass aus der privaten Investmentfirma die keinen Anspruch auf staatliche Hilfen hat, eine Investmentbank wird, die sich sehr wohl aus dem Topf bedienen kann. Um dass überhaupt alles in Gang bringen zu können, benötigen beide Firmen zusammen noch einmal 10 Milliarden Dollar. (Siehe Quelle 2)
Netter Trick – nur werden Stimmen laut, die sagen, dass das so nicht geht. Würde man dies durchlassen, würde jede private Investmentfirma, die sich gerade verzockt hat, irgendwie umfirmieren um Geld kassieren zu können. Auf CNBC meinten heute sowohl Politiker wie Wirtschaftsexperten: No way! Lieber sollte man GM und Chrysler Bankrott gehen lassen, als dies mitzumachen. Allerdings gibt es dass nicht zu verachtende Argument, dass mit einer Pleite beider Hersteller zunächst rund mehr als 250.000 Arbeitsplätze allein bei den Herstellern gefährdet sein würden. Was dann bei den Zulieferen usw. passieren würde, sei völlig offen. Außerdem: will man Toyota komplett das Feld überlassen?
Die Gefahr, dass beide Firmen zumindest Bankrott gehen, ist groß. Dodge wäre nicht zu retten, dass man kann man vergessen. GM würde vermutlich in verschiedene Bereiche zerschlagen. Chevrolet ist zwar, trotz aller Probleme, immer noch ein Sahnestück, aber die Frage ist, was von der Firma übrig bleibt. Natürlich könnte man die Motorsportabteilung ausgliedern, aber zumindest im Fall von GM ist Chevy Motorsport ein Zuschussgeschäft. Man verdient nicht direkt, sondern um die Ecke nach dem bekannten „Win on Sunday, sell on Monday“ Spruch.
Für die NASCAR wäre der Verlust von Dodge verkraftbar, Chevy ist aber absolut nicht zu ersetzen. Sollte GM den Bach runter gehen, würde das die sportliche Seite der NASCAR hart treffen. Natürlich könnten die Teams mit dem vorhandenen Material weitermachen, aber wie will man ohne Unterstützung von GM gegen Toyota bestehen? Die NASCAR scheint die Probleme schon am Horizont zu erkennen, denn gestern hat man Gilett-Evernham mehr oder weniger untersagt (etwas runterscrollen) zu Toyota zu wechseln. Zum einen will man Dodge nicht noch ein Argument liefern, endgültig aufzuhören, zum anderen will man Toyota nicht zum Alleinausrüster machen. Das käme bei den Fans nicht sonderlich gut an. Aber offenbar hat man einen Plan in der Tasche, wie man einem drohenden Abzug der GM Gelder entgegentreten könnte.
Der könnte zum Beispiel so aussehen, dass die NASCAR die Motorenentwicklung komplett einfriert, also keinerlei Änderungen am Motor mehr zu läßt. So würde man die Kosten senken, die kleinen Teams halten können und GM, oder dem Verwalter der qualmenden Reste, ein Argument liefern, dass es sich weiterhin lohnt in der Serie zu bleiben. Das würde einen Wechsel von GEM auch überflüssig machen.
Die AP hat einen interessanten Artikel zum Thema Finanzkrise.
Da passt es gerade auch schön ins Bild, dass sich mit Kodak, die Ryan Newman gesponsort haben, ein weiterer Sponsor komplett aus der Serie zurück zieht. Statt das Geld in der NASCAR zu versenken, will man lieber in Golf-Turniere investieren.
ESPN greift an
Und ob man es glaubt oder nicht, dies alles hat auch Auswirkungen auf den TV-Rechtemarkt. Denn in Europa tut sich was. ESPN hat heute bestätigt, dass man sich um die Bundesligarechte bemühen wird. Das wurde gerüchteweise die letzten Wochen immer wieder berichtet, unter anderem auch beim Kollegen von allesaussersport. Jetzt wird auch klar, warum Murdoch selber seine News Corp. ins Rennen um die Rechte schickt. Denn ESPN würde Premiere mit Zahlungen aus der Portokasse die Rechte wegnehmen. Was das für die BuLi Rechte bedeutet, wird sicher dogfood drüber bald analysieren.
Aber wenn ESPN nach der Umfirmierung der NASN Kette in ESPN America, hier in Europa groß aufschlagen will, dann ändert sich viel, denn ESPN hat sehr, sehr viel Geld. So viel, dass selbst Murdoch noch mal genau nachschauen muss, wie viel Geld er selbst auf dem Konto hat. Das ändert vor allem die Spielregeln für alle nicht von ESPN gesteuerte TV-Rechte auf dem deutschen und europäischen Markt. Die NASCAR spielt dabei eine untergeordnete Rolle, denn die sprechen ja bekanntermaßen selber mit Premiere. Zusammen genommen mit den oben beschriebenen Problemen der NASCAR als Serie, könnte dies bedeuten, dass zwei Dinge zusammen kommen: Wenn Murdoch um die Rechte bietet und Premiere zurückzieht, weil man die BuLi Rechte eh von Murdoch bekommen würde, hätte man Mittel für die NASCAR im bescheidenem Maß frei. Zum anderen könnte sich die NASCAR tatsächlich dazu entschließen, was ich seit dem Sommer aus zwei, drei Quellen gehört habe: nämlich die Live-Rechte für einen symbolischen Preis an Premiere zu geben. Angeblich gibt es bereits ein dementsprechendes Angebot an Premiere, dass der Sender aber wegen unsicheren Lage nicht weiter bespricht, weil man erst die Refinanzierungsrunde mit den Banken abwarten will. Das wird ein spannender Rest-Herbst.
Und sonst?
Morgen gibt es die große Vorschau zum letzten F1 Rennen des Jahres.
10 Kommentare
Naja dann hoffen wir mal das Murdoch die rechte bekommt, denn wenn Premiere keine Buli hat, dann wird es Premiere nicht mehr lange geben und dann gibt es auch kein Nascar, zumindest vorerst……. außer ESPN krallt sich dann die Rechte und launched ESPN Germany…
Ich halte es für komplett ausgeschlossen, dass ESPN America, oder von mir aus ESPN Germany die NASCAR-Rechte erwirbt, so lange sie nur einen Sender haben. Die Rennen der NASCAR würden permanent der MLB und der NFL zum Opfer fallen und NASCAR will eine kontinuierliche Ausstrahlung haben.
naja ich meinte ja ESPN Germany zusätlich zu NASN/ESPN Amerika zu Beispiel, dann vielleicht auch mit deutschen Kommentar…. ;)
Mit einem Sender wird das nichts, dazu ist, wie du schon gesagt hast, das Programm von NASN/ESPN America zu sehr auf MLB und NFL ausgerichtet….
Naja abwarten und hoffen :D
@ Chaos
ich würde mich zwar extrem freuen, wenn NASCAR wieder im deutschen Fernsehen kommt, aber wenn, dann am besten so wie bei Premiere, also wahlweise mit deutschem oder Original Kommentar. Bei dem deutschen Kommentar bei Premiere haben sich mir immer die Fußnägel aufgestellt, vor lauter Schwachsinn der dort gelabert wurde. Mir wäre der Originalkommentar viel wichtiger.
Hoffentlich gehen die „großen“ 2 1/2 wirklich Pleite, verdient haben sie es sich in den letzten 50 Jahren jedenfalls redlich. Und wenn NASCAR dann die Tore zumacht, müssen wir uns auch nicht mehr wegen der Senderechte Gedanken machen.
Es lebe der Kapitalismus – money for nothing, and chicks for free!
@Nascaraddicted
klar war der Kommentar manchmal net so doll, aber es wurde zum Teil doch viel Hintergrundwissen rübergebracht und als jemand der in der Saison 07 mit Nascar eingstiegen ist hat man doch recht viel recht schnell verstanden ;) (Ich rede jetzt nur von Jacques Schulz , nicht von den anderen 2, wobei die Experten Christian Kuhn und Klaus Graaf immer gut waren )
Wenn ESPN einen zusätzlichen Germany Ableger gründen würde, könnte es was werden, aber das sehe ich einfach nicht. Die werden NFL, NBA, NHL, MBL und deren Magazine versenden, das war es. Sollten sie Bundesliga bekommen, werden sie irgendwas mit einem deutschen Free-TV Ableger machen, aber mehr nicht.
@NoteMe: Ach ja. Wenn ich jetzt höre, dass die Euro-Autohersteller Geld haben wollen um „zu überleben“, nachdem sie in den letzten 10 Jahren alle Trends grandios verpennt haben, denke ich mir auch manchmal: Alle Pleite gehen lassen. Aber – großes Aber – die Pleite trifft dann wieder die Arbeiter, die nix dafür können.
Aber ist das nicht immer und bei jeder Unternehmung so? Es trifft doch immer Arbeiter und Angestellten! Wenn das das neue Kriterium sein sollte, und nur noch Firmen Pleite gehen können sollen, bei deren Verschwinden keiner negativ beeinflusst wird, können wir auch gleich im Stechschritt in die DDR.
Und was die Autohersteller angeht, frage ich mich mittlerweile, was besser ist – es nicht besser wissen wollen, wie die Amis, oder es trotz Wissens nicht besser machen wollen, wie unsere deutschen Hersteller?
Idee für eine neue FIA-Rennserie: Alle fahren 30 Minuten, und am Ende gewinnt derjenige in der Führungsrunde, der am meisten Sprit übrig hat. Wäre was für Taktikfüchse.
@ NoteMe: Honda wäre dafür bestimmt zu gewinnen, die haben Ross Brawn, der kann sowas, dann würden sie auch mal vorn landen :-D
Wo wir grad beim Sparen sind: in der aktuellen MSa steht ein Bericht bzw. Interview mit Jonathan Palmer zur geplanten Formel 2 drin, das scheint wirklich was zu werden mit dieser „Billig-Rennserie“. Williams entwickelt das Chassis, der Motor kommt von Audi UK und sie haben angeblich schon 130 Fahrer-Anfragen. Die Idee vom Palmer ist ja ganz sympathisch, auch den weniger betuchten Nachwuchsfahrern eine Karriere zu ermöglichen. Die Premiere Kommentatoren nannten ja beim Hockenheim-Rennen der Formel 3 ein paar Zahlen, was das mittlerweile kostet, das waren schon beachtliche Summen, und der Heidfeld muss es ja wissen, das ist ja sein Arbeitsfeld.
@NoteMe: Schon richtig. Die Frage in den nächsten Monaten wird sein, ob man einen kräftigen Schnitt macht und ein paar Jahre rum darbt, oder versucht alles irgendwie zu retten. Wenn man alles den Bach runtergehen lässt, führt das aber meist nicht zu den allerbesten Dingen, wie man Ende der 20er Jahre sehen konnte.
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