Formel Eins: Morgen entscheidet sich die WM… vielleicht

Morgen kommt es zur Revisionsverhandlung des abgewiesenen Protestes von Red Bull, BMW und Ferrari aus den Rennen in Australien und Malaysia.

Die Frage ist, ob die FIA sich mal wieder selbst widerspricht, oder die „Diffusor-Gang“ tatsächlich gegen den Sinn des Reglement verstossen haben. So absurd das klingt – genau darum scheint es jetzt zu gehen. Nicht um die Frage, ob die Dinger legal sind, sondern nur mehr darum, ob man gegen Sinn des Reglements verstossen hat. Denn nach den Buchstaben scheint es so zu sein, als könne man Toyota, Williams und BrawnGP nichts anhaben. Um mehr Druck ausüben zu können, verweisen die Gegner der neuen Diffusor auch daraufhin, dass mit diesen neuen Idee auch der Groundeffect wieder Einzug in die Formel Eins halten könnte. Die Folgen seien unabsehbar. Es wird viel Staub aufgewirbelt in der Formel Eins, aber die Frage, wie sinnvoll diese ganzen Argumentationen eigentlich sind.

Irgendwie wird man ja das Gefühl nicht los, dass sich einige Teams (BMW) vor allem deswegen so vehement zu Wehr setzen, weil sie selber im Moment schlecht da stehen. Wenn man sich Hackordnung (zumindest in der Quali) anschaut und die drei Diffusor-Wagen abzieht, steht Red Bull vor Ferrari und dann erst kommt BMW. Und selbst ohne den Diffusor muss man sich die Frage stellen, ob Brawn nicht immer noch schneller ist. Das wahre Potential des Wagens hat man wohl noch nicht gesehen. Die Gerüchte besagen, dass der BrawnGP locker eine Sekunde vor dem Rest der Welt liegt, der Diffusor aber nur fünf bis sechs Zehntel bringt. Blieben immer noch mindestens vier Zehntel.

Natürlich kann man die Entscheidung von Red Bull und Co Protest einzulegen, schon verstehen. Es geht ja in der Formel Eins nicht nur darum, wer gerade mal gut entwickelt hat, sondern auch um Sponsoren usw. usf. Ein Team, das gerade mal so eben einer Pleite entronnen ist, den Herstellern aber um die Ohren fährt, wirft kein gutes Licht auf die anderen Ingenieure. Aber was wird die morgige Entscheidung tatsächlich bringen?

Protest abgelehnt:

Viele vermuten, dass die Saison dann gelaufen ist. Sobald die FIA die Wagen von Williams, Toyota und Brawn für legal erklärt, werden sich wohl Toyota und Brawn um die WM streiten. Natürlich werden Ferrari und wohl auch Red Bull einen Teil des Abstandes wieder aufholen, aber gleichzeitig entwickeln die anderen natürlich auch weiter. Und wie gesagt: keiner weiß, wie schnell die Brawn wirklich sind. Sollte der Abstand bei einer Sekunde liegen, ist das nicht aufholbar. Dazu kommt, dass die Teams zwar den Diffusor nachbauen können, aber wegen der gestrichenen Testfahren während der Saison kann man nicht ausprobieren, ob der Umbau auch funktioniert. Betroffen wäre vor allem BMW, die im Moment scheinbar den größten Abstand der Top Teams haben (außer McLaren, aber die haben andere Probleme). Das könnte auch zu einem Umdenken innerhalb des Konzerns in Sachen Formel Eins führen, was am Ende sogar mit einem Ausstieg enden könnte. Die neutralen Fans könnten sich allerdings auf eine interessante Saison freuen.

Protest zugestimmt:

Die größten Verlierer wären wohl Williams und Toyota, die ohne den Diffusor wohl wieder ins Mittelfeld zurückfallen. Für beide Teams wäre dies auch eine Entscheidung, die die eigene Existenz berührt. Williams ist massiv auf gute Ergebnisse angewiesen, damit man neue Sponsoren gewinnen kann. Bei Toyota hat im Winter ebenfalls überlegt, ob man nicht aussteigen sollte. Eine weitere Saison im Mittelfeld ohne echte Siegchancen könnte bei Toyota die Stimmen lauter werden lassen, die sowieso mit einem erneuten Auftritt in Le Mans werben, wo man gegen Audi, Peugeot und Aston Martin antreten würde.

Größter Gewinner wäre allerdings Red Bull, die scheinbar den schnellsten Wagen ohne doppelten Diffusor haben. Weder BMW noch Ferrari sind in der Quali in der Nähe der RB, die zu dem auch noch ohne KERS fahren, obwohl Renault das schon fertig hat. Wie oben aber schon mal erwähnt, wäre dann aber noch die Frage, ob Brawn nicht weiter vorne liegen würde.

In beiden Fällen steht auch für die FIA viel auf dem Spiel. Es gibt keine genauen Aussagen, wie die FIA die Frage vor 2009 behandelt hat. Die Diskussionen, die es bisher gab, liefen wohl nur unter „Überhol-Kommission“, also eher unterrangig. Red Bull hat bisher in der Öffentlichkeit nicht schlüssig bewiesen, dass man im Herbst 2008 eine ähnliche Idee von der FIA habe prüfen lassen, und diese abgewiesen worden sei. Bisher haben alle technischen Delegierten der FIA die Legalität der Diffusor bestätigt. Würde nun ein Gericht der FIA das Gegenteil erklären, ständen die FIA und ihre technische Kommission ziemlich blöd da.

Die Probleme wären sehr weitreichend. Denn wenn es sich zeigen würde, dass man vor dem Revisionsgericht der FIA auch dann Erfolg hat, wenn mehrere Proteste von den FIA Delegierten abgewiesen wurden, würde vermutlich eine wahre Prozesswelle über die Formel Eins hereinbrechen. Jedes Team könnte während oder nach einem Rennen irgendeinen Protest lancieren, der dann Wochen später erst entschieden würde. Das hätte zur Folge, dass die FIA in Sachen Regelauslegung komplett ausgehebelt wäre und Rennergebnisse erst Wochen oder gar Monate später feststehen würden. Das es genug Material in Sachen Protest gibt, hat Williams ja mit dem zurück gezogenen Gegenprotest in Australien gezeigt.

Allein aus diesem Grund glaube ich nicht, dass der Protest der drei Teams gegen die Diffusor Erfolg haben wird. Es würde die Entscheidungsgewahlt der Rennkommissare und Techniker der FIA komplett ad absurdum führen und die FIA selber, die vor ein paar Wochen ja schon kläglich mit einem neuen Wertungssystem gescheitert ist, zusätzlich schwächen. Das kann und will Max Mosley sicher nicht, schon gar nicht in einem Jahr, in dem er eventuell noch einmal als Präsident wiedergewählt werden möchte. Wäre Mosley daran gelegen, dass die Diffusor verboten würden, er hätte es schon längst mehr oder weniger offen in der Presse verlautbaren lassen. Seine Aussage, er wisse auch nicht, was dieses „unabhängige“ Gericht entscheiden würde, zeigt eher, dass sein Kurs gegen die Hersteller im Motorsport weiter Bestand haben wird.

Das war meine professionelle Meinung. Meine private: Ich hoffe, dass BrawnGP, Toyota und Williams ihren Diffusor behalten können. Ich denke, dass die Formel Eins eine Saison, in der mal alles ein wenig anders ist, sehr gut gebrauchen kann. Zum dem sollten gute technische Errungenschaften, auch wenn sie das Reglement bis zu einer gewissen Grenzen ausloten, nicht verboten werden. Wenn Ingenierskunst und Einfallsreichtum wieder mehr im Vordergrund stehen, kann das der Serie nur gut tun.

Und sonst?

Kurze Wochenendvorschau, denn nach der Pause zu Ostern geht es wieder richtig los. Formel Eins in China, NASCAR (SC/NW) in Phoenix. ALMS und IRL in Long Beach, die Aussie V8s sind in Hamilton (NZ) unterwegs.

Bild: Williams F1