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Formel Eins: Analyse China GP

von DonDahlmann
10 Kommentare

Wahrlich kein schlechtes Rennen, was die Formel Eins in China abgeliefert hat, auch wenn der Regen wieder alles etwas verzerrt hat.

RB China Vettel1Die wichtigste Erkenntnis des Rennens ist nicht unbedingt, dass Red Bull konkurrenzfähig ist und mit ein wenig Glück zu einem echten Titelkandidaten werden kann. Das war seit den Tests abzusehen, auch wenn die tatsächliche Stärke des Teams schon etwas überraschend ist. Spannender fand ich eigentlich, dass man zum ersten Mal sehen konnte, wo bei BrawnGP die Schwächen liegen. Richtig geschockt dürften aber vor allem BMW und Ferrari sein. Denn so schlecht hat man beide Teams lange nicht mehr gesehen und der Abstand nach vorne nimmt bedrohliche Ausmasse an.

Natürlich ist die Leistung von Sebastian Vettel sensationell. Auch wenn er vom Start hinter dem Safety Car profitiert hat, ist der Sieg schon sehr beeindruckend. Seine Leistung in der Quali, als er wegen eines drohenden technischen Defekts jeweils immer nur eine Runde kurz vor Schluss fahren konnte, war schon ziemlich gut. Im Rennen, bei diesen Bedingungen, aber fehlerlos den Wagen nach Hause zu bringen – Respekt. Man braucht kein Hellseher zu sein, um festzustellen, dass Vettel auf einem guten Weg nach ganz vorne ist. Ich würde mich nicht dazu hinreissen lassen, dass er schon Weltmeister werden kann, aber ein Titel ist in Zukunft sicher drin. Die etwas sauertöpfische Miene von Mark Webber nach dem Rennen zeigte auch, dass er seinen Teamkollegen zumindest hier im Griff hatte. Webber fuhr sich die Seele aus dem Leib, aber den Abstand zu Vettel konnte er nie ernsthaft verkürzen.

Das BrawnGP am Wochenende auch nichts melden hatte, war dann schon eher überraschend. Aber deren Schwäche konnte man zumindest mal sehen. Zum einen hatte ich Barrichello wohl bei der Abstimmung verzockt, zum anderen war Button noch nie ein Regengott, und dann klagten beide Piloten über zu kalte Regenreifen. Die Stärke des Brawn bei heißen Rennen die Reifen zu schonen, ist zugleich seine Schwäche bei kühleren Temperaturen. So schonend man mit den weichen Reifen umgehen kann, so problematisch wird es, wenn es kalt wird. Dann braucht man lange, um die nötige Hitze in den Reifen aufzubauen. Ist die allerdings da, läuft es wieder. Immerhin holte sich Barichello knapp die schnellste Rennrunde. Doch das reichte dann nicht mehr, um den Abstand nach vorne zu zu fahren. Vermutlich wird man beiden auch ein „Hold Position“ gegeben haben, nach dem man sehen konnte, dass man gegen die Red Bull keine Chancen mehr hatte. Zumindest kann aber sehen, wo beim Brawn noch Entwicklungsbedarf besteht.

Ferrari und BMW hatten ein desaströses Rennen. Massa fiel mit einem Elektronikdefekt aus, Raikkönen klagte über einen „sauren“ Motor, also zu wenig Leistung. Wobei das bei dem Wetter eigentlich kein allzu großer Nachteil sein sollte. Aber der Finne, sicher kein schlechter Regenpilot, schwamm hilflos im Hinterfeld rum. Damit hat Ferrari den schlechtesten Start seit 1980 hingelegt, was schon viel über die bisherigen Leistungen aussagt. Auf der anderen Seite spiegelt der schlechte Start nicht unbedingt den Speed des Wagens wider. Zumindest sollte man mit McLaren noch auf Augenhöhe sein. Die wiederum hatten ein gutes Rennen, auch wenn Hamilton es oft übertrieb. Vielleicht wäre sogar Platz drei drin gewesen, wenn er sich nicht dauernd gedreht hätte.

Bei BMW geht wenig zusammen. Heidfeld und Kubica beklagten, dass man seit Australien den Wagen nicht weiter entwickelt habe. Das hat vermutlich was damit zu tun, dass man genau seit dem ersten Rennen mit der Entwicklung eines großen Aero-Updates nebst neuen Diffusor beschäftigt ist. Es macht keinen Sinn, jetzt Upgrades auf den Wagen zu werfen, die man in Barcelona wieder abschrauben muss. Wie schnell man allerdings vom Mittelfeld ganz nach hinten rutschen kann, sieht gerade relativ genau. Und Bahrain wird auch nicht besser.

Der in meinen Augen größte Verlierer in der letzten Zeit ist aber Williams. Der Wagen ist schnell genug, wie man in der Quali sehen kann, aber bisher haben die Briten sagenhafte 3.5 Punkte auf dem Konto. Das ist schon bitter, vor allem die letzten zwei Rennen hätten besser laufen müssen. Es ist nicht davon auszugehen, dass man McLaren, Renault und Ferrari in der Saison wird hinter sich halten können, also muss man jetzt Punkte machen. Doch das will einfach nicht gelingen. Mal aus Pech, mal wegen wirklich dummer Entscheidungen an der Box. Warum man Rosberg gestern so früh reingeholt hat, wird wohl immer deren Geheimnis bleiben. Der Entschluss am Ende auf Intermediates zu wechseln war zwar mutig, aber brachte dann auch nichts.

Reden muss man auch über Adrian Sutil. Wieder mal eine grandiose Fahrt im Regen, wieder mal schmiss er den Wagen weg. „Man muss es auch nach Hause bringen“ meinte Marc Surer etwas resignierend. Stimmt schon. Ich bin nun auch nicht gerade ein Fan von Sutil, aber zu seiner Verteidigung muss man schon sagen, dass der Force India schon im trockenen nicht gerade leicht zu beherrschen scheint. Die Dreher und Ausrutscher von ihm und von Fisichella sprechen da eine deutliche Sprache. Wie die Kiste dann im Regen zu fahren sein muss, kann man sich vermutlich nicht vorstellen. Sein Abflug war Pech, aber ein Rest an Kritik muss natürlich schon in Richtung Sutil gehen.

Zweimal Lob gibt es auch noch. Einmal an Sebastian Buemi, der bis auf den Rempler gegen Vettel, ein tadelloses Rennen fuhr und seinen Kollegen Bourdais einfach nur alt aussehen lässt. Zweites Lob geht an Timo Glock, der ebenfalls ein bemerkenswertes Rennen hinlegte. Immerhin kam er vom letzten Platz und holte am Ende Punkte.

Es gab während und nach dem Rennen viel Kritik von Piloten auf Grund der Wetterbedingungen und hier im Chat wurde über die „Weicheier“ geschimpft. Ich denke, dass die Bedingungen schon grenzwertig waren. Wer mal mit 200 km/h auf der Autobahn bei viel Gischt gefahren ist, weiß wie wenig man sieht. Der Unfall zwischen Kubica und Trulli zeigte schon, wie schlecht man sehen konnte, weswegen viele Piloten mehr als vorsichtig unterwegs waren. (Das der BMW weiterfahren konnte, war schon erstaunlich). Ich kann die Kritik der Piloten schon verstehen, aber alte Hasen der F1 (Brundel, Surer) fanden die Zustände wohl noch in Ordnung.

Auch gibt es schon mal zwei echte Abschusskandidaten. Beide Namen tauchen aber nicht völlig überraschend auf der Liste auf. Zum einen Sebastian Bourdais, der am Wochenende von Buemi regelrecht gedemütigt wurde, zum anderen Piquet jr., der weiterhin komplett überfordert wirkt. Die Frage ist halt, wenn man sonst nehmen könnte. Renault hat Gorsjean in der Hinterhand, der allerdings keine Erfahrung hat. Takuma Sato scheint mir da die bessere Alternative. Bei STR sieht es genauso schlecht aus, die haben nicht mal einen möglichen Ersatz. Man könnte sich Brandon Hartley ausleihen, aber der hat nicht mal eine Superlizenz von der FIA bekommen, weswegen Red Bull ernsthaft Coulthard als Ersatzfahrer nominiert hat. Liuzzi ist bei FI, Wurz bei BrawnGP. Auf Wartebank säße noch Bruno Senna, um dessen fahrerische Qualitäten sich aber auch keiner zu reißen scheint.

Über die Rangfolge in der Formel Eins kann man immer noch nicht viel sagen. Bahrain wird mehr Aufschluss geben und ich bin mal gespannt, wie gut die Red Bull hier sein werden. Für das Wüstenrennen sollte man aber auch Toyota und Ferrari auf dem Schirm haben, die hier im Winter viel getestet haben.

Fotos: BrawnGP, Red Bull, Toyota, Ferrari, BMW, Force India, Toyota, Renault F1, Williams

Und sonst?

Vorschau auf das kommende Wochenende: F1/GP2 Asia in Bahrain, NASCAR in Talladega. BTCC in Thruxton, IRL endlich auf einem Oval in Kansas.

TV Vorschau mit den Wiederholungen der Woche folgt noch.

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10 Kommentare

JanW 20 April, 2009 - 16:09

Hallo Don!

Grundsätzlich bin ich einverstanden mit Deinen Aussagen, aaabbberr:

Wie ich eben schon im Chat angemerkt hatte, sehe ich Massa durchaus auf Höhe der BrawnGP. Zumindest im Regen. Denn bis er ausfiel, hat er durchaus gute Runden gedreht und hätte meiner Meinung nach aufs Podium fahren können. Im Vergleich zu Silverstone letzen Jahres ist das ein gehöriger Sprung für Massa / Ferrari!

Die große Lücke zum Teamkollegen lässt sich mit Sicherheit nicht vollständig mit einem „saueren“ Motor begründen. Warum Raikonnen da gestern so hinterherhink kann ich mir nicht vorstellen. Ich denke aber durchaus, dass Massa sich in diesem Jahr endlich als Nummer Eins bei den Italienern etablieren könnte.

Noch ne Sache:
In der heutigen Welt stand was davon, dass Brawn der FOTA gesagt hat, den Diffusor nicht benutzen zu wollen. Hast Du das auch gehört? Allerdings ist es genau wie die Sache, dass die FIA Red Bull oder Renault gesagt haben soll, dass der Diffusor verboten ist, ein Gerücht. Und ich halte es so, dass alles, was nicht bestätigt wird auch eben nur das bleibt.

Und noch eine letzte Sache: Habt ihr das auch mitbekommen, dass Toyota einen „Tripple-Diffuser“ hat???
Siehe http://www.formula1.com/news/technical/2009/821/642.html

Viele Grüße und nen schönen restlichen Arbeitstag wünscht Euch
JanW =)

DonDahlmann 20 April, 2009 - 16:19

@ JanW:
Hmmm.. das Ferrari unter Wert geschlagen wurde meine ich ja auch, aber eine Blick auf die Race Lap Analyse (pdf) zeigt dann schon einen deutlichen Unterschied zu Button und Vettel. Allerdings steckte Massa im Mittelfeld fest, wo die Gischt besonders schlimm ist. Wäre also durchaus möglich, dass er hätte schneller fahren können.

Prometheus 20 April, 2009 - 19:57

War ein nettes Rennen. So langsam würd ich mir aber mal wieder eines ohne multiple Safety Car-Einsätze wünschen. Und auch wenn ein bisschen Regen ja ab und an ganz nett ist, ich kann auch gerne darauf verzichten, jede Woche Monsun-Bootsrennen zu gucken; das häuft sich irgendwie, steigt so ungefähr proportional zur Zahl der Asien-Rennen an… Ich würde ja gerne sagen, dass uns das nächste Woche sicher erspart bleibt, aber dummerweise hab ich am Ostersonntag MotoGP aus Katar gesehen…^^

xeniC 20 April, 2009 - 20:21

Ich schimpfe gerne über Weicheier. Steh ich zu. Wenn ich mit 200km/h auf der heavy nassen Autobahn fahre, dann ist das mein Privatvergnügen ;-). Fahre ich allerdings Formel Eins und kassiere dafür etliches an Peseta, kann man doch eigentlich auch mal bei Regen ohne SC fahren.

Schön und gut wenn man den Start hinterm SC macht, hab ich nicht soviel dagegen. Aber muss man 8 Runden mit dem SC draussen bleiben? Hätte es nicht eins, zwei oder drei Runden getan? Tut mir leid, wenn ich da etwas sauer drauf bin…

Massa lief recht gut, er war auf ähnlichem Niveau wie Hummelton und hätte durchaus was packen können. Vettel hat ein souveränes Rennen abgeliefert, die Brawn nicht so stark aber auch noch gut dabei. Aber jetzt endlich mal ein Rennen, wo es kein Regen gibt..thanks weather god

nona 20 April, 2009 - 21:01

Ich denke, zu den Verlierern sollte man auch Nakajima zählen, der ist einfach -unabhängig von den Ups and Downs des Williams- eine zu graue Maus. Klar kann der auch ganz solide fahren, aber das ist für die F1 eine Minimalanforderung. Ähnlich wie Piquet ist das so die Art von Fahrer, bei der man es erwähnenswürdig findet, wenn er Leistung bringt und relativ gut dabei ist, während man es kaum noch erwähnt wenn er irgendwo im Niemandsland hinterherfährt oder sich zum wievielten mal dreht. Bei Spitzenfahrern ist es gemeinhin genau umgekehrt.

Webber kann einem ja fast schon leid tun. Da ist man der altgediente (und ältere) Senior Driver im Team, und dann kommt so ein Frischling daher, fährt mindestens auf dem eigenen Niveau, und holt mal eben fix den ersten Sieg für’s Team. Jaja, das Leben kann schon hart sein. ;)

NoteMe 20 April, 2009 - 21:04

Ja, das Safety Car musste so lange draußen bleiben. Noch viel mehr, das Safety Car hätte auch später noch an der einen oder anderen Stelle im Rennen durchaus auf die Strecke gehen können.

Und nein, weder das Argument mit den „besten Fahrern der Welt“, noch der Neidhammer ob der Bezahlung verfängt bei mir. Wenn man nichts sieht, sieht man nichts. Egal wie gut man einen Bremspunkt treffen kann. Egal wie viele Stellen das Bankkonto aufweist.

NoteMe 20 April, 2009 - 21:08

@nona

Man könnte auch sagen, Marc Webber hat in den letzten Jahren von David Coulthard lernen können, wie man eine solide Nummer 2 wird. Er hat scheinbar gut aufgepasst. Und wenn er mal bei den Kollegen Coulthard, Barrichello oder Irvine nachfragt, wird er feststellen dürfen, dass es wahrlich schlimmeres gibt, als die Nr 2 in einem siegfähigen Team zu sein.

Realyn 20 April, 2009 - 21:52

In der heutigen Welt stand was davon, dass Brawn der FOTA gesagt hat, den Diffusor nicht benutzen zu wollen. Hast Du das auch gehört? Allerdings ist es genau wie die Sache, dass die FIA Red Bull oder Renault gesagt haben soll, dass der Diffusor verboten ist, ein Gerücht. Und ich halte es so, dass alles, was nicht bestätigt wird auch eben nur das bleibt.

Das ist schon total lange bekannt. Das hat Brawn, „angeblich“, in einem Meeting der FOTA, während der Wintertest gesagt haben. Sein Wortlaut soll gewesen sein: „Wir haben da eine Idee und die Autos werden zu schnell in den Kurven, setzt euch mal mit uns an einen Tisch“ . Allerdings hat ihn damals wohl keiner ernst genommen.

Ich 22 April, 2009 - 15:28

Die Herumgurkerei hinter dem SC am Anfang war mal wieder lächerlich und der Königsklasse nicht würdig. Allenfalls hätte man es für die erste Runde rausschicken dürfen, um einen fliegenden Start zu haben. Mehr aber auch nicht. Als es dann endlich reingekommen war, waren wegen andauernden Regens die Bedingungen auch nicht besser als am Anfang. Und man sah dann ja, dass „problemlos“ gefahren werden konnte. Tatsächlich war ich überrascht, wie gut die meisten Fahrer das hingekriegt haben.

Peter 22 April, 2009 - 17:02

Leider is die race time analyse momentan nicht online aber wenn ich mich recht erinnere hat Bourdais teilweise hervorragende Zeiten gefahren, nur wie Hamilton es immer wieder weggeschmissen… Ich bin mal gespannt wann wir endlich ein „normales“ Rennen sehen, wo man es mal vernünftig einschätzen kann!

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