Ein bisschen später als gewohnt, da leider etwas viel zu tun war. Aber ein wenig Abstand hilft ja bei der Betrachtung.
Die „epische Schlacht“ die alle Welt in Le Mans erwartet hatte, war es dann am Ende doch nicht. Im Gegenteil – der Sieg war eindeutig und es gab nichts daran zu rütteln. Peugeot hatte den besseren Wagen, und man war vor allem zu fast jeder Zeit auch schneller unterwegs. Aber wie konnte das passieren, denn in Sebring lag man noch gleich auf und vor allem hatte Audi den Vorteil, dass man eine Runde länger fahren konnte. Dass der Peugeot auf den langen Geraden in Le Mans schneller sein würde war zwar bekannt, aber Audi, so die Experten und auch meine Vermutung, holt den Abstand auf der Bremse und vor allem in den schnellen S-Kurven vor Start/Ziel wieder auf. Zu dem: wer sollte die perfekte Audi-Mannschaft in Le Mans schon schlagen, wenn nicht sie selber?
Aber vermutlich ist genau das: Audi hat sich selbst geschlagen. Während Peugeot immerhin noch das Rennen in Spa als Test mitgenommen hatte, um weitere Änderungen am 908 im Rennbetrieb zum testen, verzichtete Audi und beließ es bei einigen Testfahrten. Das ist nicht unbedingt die Schuld von Dr. Ulrich und seiner Mannschaft. Ich gehe davon aus, dass man gerne sowohl in der LMS als auch in der ALMS angetreten wäre, um den den neuen R15 ordentlichen Belastungsproben zu unterziehen. Aber wenn das Geld nicht zur Verfügung steht, kann man halt nichts machen. In diesen Zeiten muss man mit diesen Einschnitten leben.
Aber ein Rennen in Le Mans, auf Landstrassen, und wo 50 andere Wagen unterwegs sind, ist halt was anderes, als ein einsamer Test auf irgendeiner Strecke. Eines der Hauptprobleme des Audi R15 beim Rennen war, dass sich in den Ladeluftkühlern der Reifenabrieb sammelte. Der setzte sich fest, was die Motortemperaturen nach oben trieb und soweit ging, dass man die Leistung des Motors reduzieren musste. Dieses Problem hatte man bei Audi bisher noch nie gehabt und man verlor dadurch an Box zwar nicht bei jedem Stopp, aber doch alle paar Stunden viel Zeit. Knapp zwei Minuten kostete die Aktion die Kühler zu kärchern, was bei einer Rundenzeit von 3.30 min schon ziemlich viel ist. Peugeot kennt das Problem, nur hatten die das im letzten Jahr. Und man hatte reagiert, in dem man die Kühler versetzt hatte.
Aber auch so – dem R15 fehlte der Speed. Während die Peugeot im letzten Jahr die Rundenzeiten der Quali nicht halten konnten, konnten sie dieses Jahr in einer ähnlichen Region fahren. Und genau das gelang Audi nicht. Die 908 konnten bequem 3:27er Zeiten hinlegen, während sich die Audi da schon strecken mussten. Aber das man den Speed der Franzosen nur schwer halten konnte, war vorher klar.
Doch man hatte damit gerechnet, dass man die 908 beim Verbrauch im Griff hatte. Aber auch hier sah die Sache schnell anders aus. Beide Marken blieben im gleichen Rhythmus, und nachdem der ACO die Zahl der Reifenwechseler reduziert hatte, war der Vorteil der schnellen Stopps bei den Deutschen hinüber. Peugeot muss beim Verbrauch entweder in Sebring getrickst haben, oder die haben in zwei Monaten sehr viel gefunden.
Natürlich hatte man auch Pech: der frühe Ausfall der #3 mit einem Defekt, wie er, laut Audi, noch nie vorgekommen ist, dazu der Unfall der #2. Der zeigte aber auch, wie sehr am Limit man den R15 bewegen musste. Während die 908 schnell, aber mit Reserven unterwegs waren, schien man bei Audi Sprintrunden hinlegen zu müssen. Was dann auch den hohen Verbrauch erklärt, denn eigentlich sollte, wieder laut Audi, der 10 Zylinder verbrauchsgünstiger sein.
Da war dann also nur noch ein Audi gegen zwei Peugeot und den Pescarolo Peugout, der sich aber mit einem fürchterlichen Abflug um 4.00 Uhr morgens verabschiedete. Audi hätte aber zu dem Zeitpunkt nur ein Ausfall der anderen 908 retten können.
Lobend muss man noch zwei Teams erwähnen. Die Aston Martin/Lola gingen wie die Hölle und nach 12 Stunden waren sie durchaus noch in Schlagdistanz zu den Diesel. Da fehlte nicht so viel und sollte der ACO das Reglement noch einmal feinjustieren, könnten die Aston Martin 2010 ganz vorne mit dabei sein. Ebenfalls gut unterwegs waren die beiden R10 von Colin Kolles. Es gab einige, die enttäuscht waren, konnten die Kolles R10 doch nie die Zeiten erreichen, die letztes Jahr gefahren wurde. Aber wie auch, denn man fährt ja einen alten Wagen, der dem neuen Reglement angepasst wurde. Alleine, dass 40 Zentimeter Heckflügel fehlen, sollte den R10 mächtig einbremsen. Der ACO wollte, dass die Wagen bei einer Zeit von 3:30 min liegen. Der R10 fuhr im Rennen meist um die 3:35 min. Das passte also.
Es war gut, dass Peugeot gewonnen hat. Die Franzosen hatten sich perfekt vorbereitet, sie hatten den schnellsten Wagen und sie haben es sich verdient. Es hätte der Rennen geschadet, wenn Audi schon wieder gewonnen hätte. Denn so wird Peugeot, vermutlich allein aus Gründen der Ehre, 2010 wieder antreten und auch Audi hat schon zugesagt, dass man 2010 ebenfalls dabei sein wird. Die nächste Schlacht kann also kommen. Und ich bin mir sicher, dass Audi nächstes Jahr nicht mehr den Fehler macht, nur zu testen. Auch wenn es noch nicht bestätigt ist gehe ich davon aus, dass wir die R15 beim Petit Le Mans wiedersehen werden. Und wer weiß, welches Werk nächstes Jahr mit dabei ist. Acura schielt nach Le Mans, Mazda wird nicht ewig in der LMP2 rumeiern wollen.
Kurz zu den anderen Klassen:
In der LMP2 ging das große Sterben, wie gewöhnlich, schon früh los. Dafür bekämpften sich beiden privat eingesetzten Porsche Spyder sehr herzerfrischend. Man lag lange nur wenige Sekunden getrennt, aber dann erwischte es den Porsche aus Japan, der fünf Runden zurück fiel. Ganz am Ende hatten sie auch noch einen heftigen Abflug in der ersten Schikane. Offenbar war eine Bremsscheibe gebrochen.
In der GT1 gewann eine Corvette. Das war jetzt keine Überraschung. Eher noch die Tatsache, dass eine Corvette mit einem kapitalen Getriebeschaden komplett ausfiel. Da eine Alphond Corvette ebenfalls ausgefallen war, eroberte der mal fahrende, mal stehende Aston Martin tatsächlich noch irgendwie Platz Drei.
In der GT2 gaben zunächst die Porsche den Ton an – um dann gleich reihenweise auszufallen. Ausgerechnet der GT3, dieser Ausbund an Zuverlässigkeit, war am letzten Wochenende komplett von der Rolle. Nicht einer der fünf gestarteten Porsche kam ins Ziel. Eine böse Ohrfeige. Es wäre eh schwer gewesen gegen den Risi Ferrari zu gewinnen, aber so wurde das natürlich gar nichts.
Das Rennen hat trotz der etwas fehlenden Spannung in der LMP1 Spaß gemacht. Was auch an den wirklich faszinierenden LMP1 Wagen liegt. Man hat lange nicht so wunderschöne, unterschiedliche Rennwagen gesehen. Der Audi „Haifisch“ R15, der elegante Peugeot, der Aston Martin in seiner „Gulf“ Lackierung, der mich immer ein wenig an die alten Porsche 917 erinnerte. Selten war man so eingenommen von den verschiedenen Fahrzeugen.
Großes Lob auch an Europort und den ACO. Eurosport hatte, wie immer, eine tolle Mannschaft vor Ort und die vielen, vielen Interviews mit den Rennfahrern und anderen hat fast genauso viel Freude gemacht, wie das Rennen. Dem ACO gebührt Lob, weil man dieses Jahr in der Nacht das volle Programm zeigte. Nicht nur die Boxenausfahrt, sondern Inboard-Aufnahmen, Verfolgungsfahrten in der Nacht und andere Dinge. Verbesserungswürdig ist sicherlich das Livetiming, aber die TV-Bilder waren eine gute Entschädigung.
7 Kommentare
Zu den Corvettes in der GT1: ich hatte ja irgendwie das dumme Gefühl, dass dieses „spektakuläre Duell“ um den GT1-Sieg inszeniert war. Ich meine, zwanzig Stunden gondeln die beiden Wagen in einem Respektabstand von einer halben Runde um den Kurs; alle Gegner sind längst weit zurückgefallen; und plötzlich, gegen Mittag, wo sind nichts anderes mehr passiert auf der Strecke, kämpfen plötzlich die beiden Corvettes in ihrem letzten Rennen um den GT1-Sieg. Ich hatte sofort das dumme Gefühl, dass unsere amerikanischen Freunde da eine nette Show abziehen, um zur Feier des Endes der GT1-Corvettes noch mal ein paar Fernsehminuten zu kriegen. Mag sein, dass ich mich irre, aber mir kam das doch alles sehr spanisch vor.
Aber egal, das Rennen war gut, auch wenn es sich am Vormittag dann ziemlich hinzog… ich freu mich jetzt scho auf 2010, dann hoffentlich mit besserem Live Timing.
Die Leistung vom ACO fand ich alles andere als lobenswert.
Anscheinend hat keine Kamera den Pescarolo Unfall eingefangen. Zumindest hab ich nix gesehen, obwohl ja relativ schnell klar war, dass dem Fahrer nichts ernsthaftes passiert ist.
Die Kommentatoren sagten irgendwann, dass viele Kameras nachts nicht besetzt sind, und erst um 5:30 Uhr wieder „on“ sind.
Das mag gegenüber früher ein Fortschritt sein, aber imho immernoch unzeitgemäß.
Und das Live Timing war einfach nur ein Witz.
Sowohl Acura als auch Mazda sehe ich nicht in Le Mans.
Der Acura LMP1 ist konsequent auf die kurzen, winklingen US-Strecken die viel Downforce erfordern ausgelegt. Um in Le Mans auf den langen Graden nicht zu verhungern müsste man den Wagen schon stark modifzieren, und das wo das Programm bei Honda schon auf dem Prüfstand steht. Unwahrscheinlich…
Und Mazda hat ja nichtmal das Geld in der LMP2 ordentlich anzugreifen, das Programm läuft dort was Motorenentwicklung usw. angeht auf Sparflamme. Das man sich nun auf die LMP1 stürzt ist extrem unwahrscheinlich.
Die nächsten Hersteller die wohl in Le Mans angreifen werden sind Renault und Toyota. Beide verschwinden kurz bis mittelfristig aus der F1 und beiden wird Interesse nachgesagt. Für Renault wäre ein Duell mit Peugeot marketingtechnisch sicher extrem wertvoll und Toyota hat ja noch eine Rechnung mit Le Mans offen. Gerüchte das dort ein Programm am köcheln ist gibt es schon lange, man wartet wohl nur auf den Absprung aus der F1.
Aber bitte bedenken, das passiert alles frühestens 2011 weil dann ein neues Reglement greift. 2010 wird ein Übergangsjahr, da werden keine neuen Hersteller dazukommen.
Um Speed auf der Bremse und in Kurven wettzumachen, braucht man natürlich u.A. eine funktionierende Aerodynamik, und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass der R15 mit seiner Luftdurchleitung ein bisschen *zu* revolutionär und dadurch vielleicht zu diffizil und zu unausgegoren geraten ist. Siehe auch das Maleur mit den verdreckten Kühlern, das man eigentlich hätte vorhersehen können, gerade bei so einem Walhai-Maul. Siehe auch wie alle drei R15 am Renntag plötzlich und unerklärlich mit Untersteuern zu kämpfen haben und die Fronthaube wechseln müssen, um das Setup den Bedingungen anzupassen. Scheint etwas so, als hätte Audi -vielleicht mangels Zeit- den Wagen nicht genug durchdacht und dadurch nicht gut genug verstanden.
@TamSee:
Nachts an den Kameramannschaften zu sparen ist bei Veranstaltungen solcher Art nicht gerade unüblich, auch wenn man es sich natürlich anders wünschen würde. Das würde ich dem ACO nicht unbedingt als Makel ankreiden. Allerdings ist deren Öffentlichkeits- und Medienzuarbeit insgesamt deutlich verbesserungswürdig, angefangen bei dem unbrauchbaren Online-Livetiming und anderen Unmöglichkeiten der Webseite, bis hin zu den mangelhaften Informationskanälen zu den Fernsehsprechern vor Ort. Etliche Infos standen zeitlich eher auf der News-Seite von lemans.org (z.T. auch noch falsch) bis sie nach Stunden mal zufällig zu den Kommentatoren durchsickerten, die bis dahin aus ihrem Kaffeesatz lesen mussten. Die verschiedenen Fernseheinblendungen waren teilweise ebenfalls recht fehlerhaft (Tippfehler, Grafikfehler, …) und hätten insgesamt weitaus informativer sein können.
Das ist aber auch wieder nörgeln auf hohem Niveau. Insgesamt fand ich’s gut und das Wachbleiben wert. Alle Trainingsessions und die vollen 24h live – das war schon sehr prima, und gut gemacht, obwohl es sicher schwer zu stemmen ist.
Das nenne ich mal schöne Rennwagen. In dem Kontrast sehen die F1 dieser Saison noch peinlicher aus.
Die Bildqualität war aber mal wieder eine absolute Frechheit. Sorry, aber Eurosport sollte endlich mal die Euronen auf den Tisch legen und 16:9 einsetzen sowie die Bitrate erhöhen.
[…] damit wären wir dann auch schon beim Saisonhighlight Le Mans. Die Erwartungen an das Duell zwischen Audi und Peugeot waren gewaltig; bei allen […]
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