Leider gibt es weniger zu analysieren, als ich gehofft hatte. Die heftigen Unwetter, die in den letzten Tagen Georgia verwüstet haben, trafen auch das Petit Le Mans und führten zu einem Abbruch, kurz bevor man die halbe Distanz der 500 Meilen absolviert hatte.
184 der geplanten 394 Runden konnten gefahren werden, bevor das Rennen mit roter Flagge abgebrochen und später am Abend dann für beendet erklärt wurde. Doch beginnen wir am Anfang. Gleich in Kurve 1 zeigte sich die Klasse eine Allan McNish. Der auf Platz 3 gestartete Audi-Pilot überholte auf der Start-Ziel-Geraden einen Peugeot und schnappte sich den zweiten in der ultraschnellen ersten Kurve auf der nassen Außenbahn! Ein irres Manöver.
Während die zwei Radical von van der Steur (LMP2) und ECO Racing (LMP1) – warum, kann ich nicht sagen – auf den Start verzichteten, nahm eine ganze Reihe Fahrer das Rennen aus der Boxengasse in Angriff, unter anderem auch Klaus Graf im Cytosport-Porsche. Der glänzte in den ersten Runden auf nasser Strecke, indem er durch das GT2 und dann durch das LMP2-Feld pflügte – mit Rundenzeiten, die deutlich schneller waren, als die vieler Konkurrenten. Bereits in Runde 7 war er Führender in seiner Klasse auf Gesamtrang 8, in Runde 17 lag er auf Rang 6, in Runde 32 auf Rang 4.
Doch kurz darauf, in der ersten Runde nach dem Wechsel auf Slicks, drehte er sich in Kurve drei von der Strecke. Mit den Slicks auf dem nassen Gras rutschte er mit durchdrehenden Reifen fast den Berg hinab. Als das Weiterfahren schließlich gelang, suchte er jedoch kurz darauf die Boxengasse auf und wurde ins Paddock geschoben, wo technische Probleme in einer langen Reparaturpause behoben werden mussten. Doch mit nun knapp 50 Runden Rückstand auf den Gesamtführenden war das Team natürlich jeglicher Chancen auf einen vorderen Gesamtplatz beraubt. Grafs schnellste Runde war mit 1:12.222 knapp eine Sekunde schneller als die besten der Klassenkonkurrenz.
Zurück zum Kampf um den Gesamtsieg: Allan McNish dominierte die erste Stunde auf langsam abtrocknender Strecke. Zu einer entscheidenden Situation kam es dann bereits in Runde 68: McNish hatte dem zweitplatzierten #07-Peugeot beinahe eine ganze Runde abgenommen und war kurz davor, den Gegner tatsächlich zu überrunden, als es zur ersten Gelbphase kam. Der Robertson-Ford GT hatte seine Motorhaube verloren, die daraufhin mitten auf der Strecke lag. McNishs gesamter Vorsprung (im Schnitt hatte er etwa eine Sekunde pro Runde geholt) war dahin, der Konkurrent wieder direkt hinter ihm.
Auch der zweite Peugeot konnte sich zwischen den nun dichter aufeinander folgenden Gelbphasen zurückrunden und hatte schließlich das Glück, dass er durch eine der Cautions wieder in der Führungsrunde ans Ende des Feldes anschließen konnte. Somit kämpften nun ein Audi und zwei Peugeot um den Sieg. Die häufigen Gelbphasen ließen dabei kein Entstehen größerer Abstände zu. Unter anderem landeten der Drayson-Lola, die Primetime-Viper, die LG-Corvette sowie Scott Dixon im Acura in den Reifenstapeln. Mal mehr, mal weniger heftig, aber wundersamerweise waren die Autos meist noch reparabel, sodass viele der zwischenzeitlich gestrandeten das Rennen wieder aufnehmen konnten.
Währenddessen ging es in der so großartig besetzten GT2-Klasse richtig zur Sache. Die zwei Werks-Corvettes, die zwei BMW, der Farnbacher Loles-Porsche sowie der #45er-Flying Lizard-Porsche und der einzige, von Risi eingesetzte, Ferrari waren über weite Strecken eng beieinander. Zwar führten die beiden Corvettes die meiste Zeit, und es gab auch nicht allzu viele Positionswechsel in dieser Gruppe, aber es war überaus spektakulär und spannend anzusehen, wenn sie nebeneinander in Turn 1 rauschten, manchmal noch ein oder zwei überrundende Prototypen dazwischen.
Während der fünften Gelbphase verlor Alan McNish schließlich wegen eines Fahrfehlers die Führung: Hinter dem Safety Car dreht er sich, während der seine Reifen aufzuwärmen versuchte und es dabei übertrieb. Der Wagen blieb unbeschädigt, aber beide Peugeot waren vorbeigezogen. Dann setzte, nachdem das Rennen wieder freigegeben war, der Regen wieder ein; die Audi erkannten die Situation schnell, gingen in Box und wechselten auf normale Regenreifen. Die Peugeot mussten eine weitere Runde auf Slicks um den Kurs schleichen, verloren ca. 20 Sekunden, ein kurzer Ausflug in den Kies für einen der beiden war auch dabei. Bei ihrem Boxenstop wechselten auch sie dann auf Regenreifen.
Der Regen wurde schlagartig stärker und kurz nachdem McNish per Funk einen Rennabbruch wegen unfahrbarer Bedingungen forderte, drehte er sich in Führung liegend in Kurve 10 von der Strecke. Der zweite Audi tat es ihm gleich (sogar die Stelle war die gleiche) und als dann auch noch der Drayson-Lola und weitere Fahrzeuge neben die Strecke rodelten, weil sich Pfützen und Bäche auf dem Asphalt bildeten, verordnete die Rennleitung die sechste Gelbphase. Schließlich wurde der Regen so stark, dass man nach etwa vier Stunden Fahrzeit die rote Flagge schwenkte und das Rennen unterbrach.
Um zwei Uhr nachts, nach langem Warten und Hoffen, wurde Rot dann durch Schwarz-Weiß-Kariert ersetzt. Der Regen hatte zwar nachgelassen, aber insgesamt waren die Streckenbedingungen wohl nicht ausreichend für einen Neustart in der Dunkelheit, die inzwischen eingesetzt hatte. Sicher eine richtige Entscheidung der Rennleitung, nachdem man zwischenzeitlich sogar Schlammbäche aus dem regionaltypischen roten Lehm über die Strecke fließen sah.
So kam es also zu einem Doppelsieg der Peugeot 908: Montagny/Sarrazin gewinnen die zwölfte Ausgabe des Petit Le Mans vor Lamy/Minassian, dahinter folgen die Audi, erst McNish/Capello und mit einer Runde Rückstand Luhr/Werner. Drei Runden Rückstand hat der Oreca mit Panis/Lapierre/Dumas, noch eine mehr er beste Acura mit Brabham/Sharp/D. Franchitti. Der zweite Acura sowie der nagelneue Drayson-Lola hielten sich bis zu ihren jeweiligen Abflügen ebenfall gut.
In der LMP2-Klasse traten nur drei Wagen an, von denen keiner problemlos durchkam. Es gewann schließlich der #20 Dyson-Lola-Mazda mit Marino Franchitti, Butch Leitzinger sowie dem noch dazugestoßenen Ben Devlin auf Gesamtrang 13, der Fernandez-Acura und der Cytosport-Porsche endeten abgeschlagen auf den Plätzen 21 und 22.
Erwähnenswert ist auch noch der zweite Dyson-Lola-Mazda mit Smith/Dyson am Steuer, der nicht in der LMP2-Klasse antrat, sondern klassenlos. Grund: man wollte den Wagen als Experiment mit Bio-Butanol betreiben, einem noch nicht von der ALMS anerkannten Treibstoff. Bio-Butanol wird als einer der Kraftstoffe der Zukunft angesehen, weil es deutlich bessere Eigenschaften hat als das heute (auch in der ALMS) schon häufig genutzt Bio-Ethanol, und weil man es auch aus Abfällen herstellen kann. Das Experiment ist gelungen, denn man fuhr ohne Probleme bis zum Abbruch mit, lag ab Runde 71 vor dem LMP2-Führenden und am Ende Gesamtsiebter.
Die Reihenfolge in der GT2 lautete beim Abbruch: Salo (Ferrari), Jörg Müller (BMW), Werner (Porsche), Gavin (Corvette), Long (Porsche). Wie es eigentlich dazu gekommen ist, kann ich nicht sagen, weil die Situation in den letzten paar Runden mit Drehern und Boxenstops so unübersichtlich war und sich die Kameras auf die Gesamtführenden konzentrierten. Eine der Corvettes hatte jedoch im einsetzenden Regen auch einen Dreher zu verzeichnen und verlor dadurch einen Podiumsplatz.
Das gesamte Ergebnis gibt es hier.
Über die Stärke der Autos haben wir nicht viel gelernt. Auf eine Runde im Trockenen ist der Peugeot deutlich schneller, im Rennen unter nassen Bedingungen fuhr ein Audi vornweg, was man wohl Allan McNish zuschreiben darf, während sich der andere erst zwischen, dann knapp hinter den beiden Peugeot hielt. Vor dem Rennen waren Lobeshymnen der Fahrer über ihren 908 zu hören, im Rennen freute sich dann McNish über die unerklärlich gute Performance. Sogar auf abtrocknender und später trockener Strecke konnte er seine Führung problemlos behaupten. Aber wirklicher Erkenntnisgewinn? Wenig. Insgesamt schienen beide auf Augenhöhe, wie schon in Sebring im März. Bis zur nächsten Ausgabe jenes Rennens wird man wohl auch warten müssen, um das Kräfteverhältnis für die nächste Saison abschätzen zu können.
Für uns Motorsport-Fans ist so ein Rennabbruch natürlich immer schade. Viel trauriger ist er aber in diesem Fall noch aus einem ganz anderen Grund: das Lowe’s-Fernandez-Team hatte sich bereiterklärt, pro gefahrener Runde einen bestimmten Betrag zugunsten der Flutopfer zu spenden sowie im Falle eines Klassensieges noch eine zusätzliche Summe draufzupacken. Auch diese schöne Idee wurde von dem frühen Ende zunichte gemacht – aber wer weiß, vielleicht erhöhen sie die Summe noch mal.
Im Vorfeld des Rennens gab es noch weitere News. So werden wir nächstes Jahr sowohl den neuen Drayson-Lola-LMP1 als auch zwei werksunterstützte Jaguar XKR full-time in der ALMS sehen. Letztere feiern ihr Debüt bereits mit einem Wagen beim diesjährigen Saisonfinale in Laguna Seca in zwei Wochen. Außerdem wurde der Kalender für 2010 veröffentlicht. Wichtigste Änderung ist die Verschiebung des Laguna Seca-Rennens in den Mai, außerdem wird es mit einer Renndauer von 6 Stunden zu einem richtigen Langstreckenrennen und somit zu einer dritten Säule im Kalender: Sebring – Laguna Seca – Petit Le Mans. Großartig, wie ich finde. Das Rennen in St. Petersburg wurde gestrichen (was ich nicht weiter schlimm finde), ansonsten gibt es keine Änderungen. Hier die Daten:
20. März (Sa.) Sebring (12 Std.)
17. April (Sa.) Long Beach (1:40 Std.)
22. Mai (Sa.) Mazda Raceway Laguna Seca (6 Std.)
10. July (Sa.) Miller Motorsports Park (2:45 Std.)
24. Juli (Sa.) Lime Rock Park (2:45 Std.)
7. August (Sa.) Mid-Ohio (2:45 Std.)
22. August (So.) Road America (2:45 Std.)
29. August (So.) Mosport (2:45 Std.)
2. Oktober (Sa.) Petit Le Mans (10 Std. oder 1000 Meilen)
2 Kommentare
Anbei einige Bilder vom leider verregneten Event :-(
http://www.digital-tom.de/?page_id=117&album=1&gallery=27
[…] von der Strecke zu drehen, wodurch er die Führung verlor. Den Rennbericht dazu gibt es hier zu lesen. Mit Platz 6 für den Highcroft-Acura gegenüber einem abgeschlagenen 24. Rang […]
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