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Motorsport in Zeiten der Wirtschaftskrise

von Chaos
3 Kommentare

Jetzt wo die Motorsportsaison 2010 immer näher kommt, stellt sich mir die Frage, was die Wirtschaftskrise für Auswirkungen auf den Motorsport hatte beziehungsweise haben wird. Deshalb habe ich mich mal mit ein paar Serien beschäftigt, allerdings untersuche ich nicht die finanzielle Liquidität, sondern die Situation der Teams und Hersteller allgemein.

Tatsache ist, dass die Folgen der Weltwirtschaftskrise erst in diesem Jahr richtig voll im Motorsport ankommen. Als die Krise im Herbst 2008 ausbrach, hatten die meisten Teams ihre Budgets für 2009 schon fest gezurrt. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die meisten Firmen ihre Marketingstrategie schon im Sommer/Frühherbst festlegen. Zwar mussten einige Sponsoren schon 2009 ihre Verpflichtungen zurückfahren, aber die meisten haben sich durch gewurschtelt. Doch im Sommer 2009, als es eben wieder darum ging, die Budgets für das folgende Jahr zu verteilen, sah es eben etwas enger aus. Das wird Folgen haben, vor allem für jene Serien, die eh schlecht finanziert sind. Das erste Opfer gibt es ja schon mit A1 GP, die unter Konkursverwaltung steht und wohl nicht mehr wiederkehren wird. Die großen Serien haben mehr Puffer, die Einsparungsmöglichkeiten sind größer. Hier mal ein Blick auf einige Serien:

Formel1:

Zuerst die Anzahl der teilnehmenden Fahrzeuge:

2007:22
2008:Anfangs 22 nachdem Rückzug von Super-Aguri im Mai 2008 20
2009:20
2010:vermutlich 24- 26

Fazit: Es hat einem Team das „Leben“ gekostet, das ist nun wirklich nicht viel. Allerdings kann man nur spekulieren wie viel Geld zum Beispiel Williams von Ecclestone bekommen hat, damit sie der Serie erhalten bleiben. Die Formel 1 musste allerdings auch aufpassen, nicht noch mehr Teams zu verlieren, ab 8 Teams wäre es nämlich sehr leer geworden auf den Strecken. Desweiteren haben aus Team- und Herstellersicht die politischen Machtspiele im Hintergrund und auch die Unklarheit über den Doppeldiffusor am Anfang der Saison die Arbeit nicht einfacher gemacht.

Ausblick: Der Formel 1 steht 2010 ein Jahr mit mehr Autos ins Haus, was tendenziell mehr Spannung und Action auf den Rennstrecken bedeutet, weil schlichtweg mehr los ist. Dies macht die Rennen für Zuschauer und somit für Sponsoren attraktiver (auch der Wiedereinstieg von Michael Schumacher ist hier nicht zu unterschätzen), was den finanzschwachen Teams auch 2010 helfen könnte, zu überleben. Wenn man sich allerdings die vorsichtig formuliert etwas unübersichtlichen und unklaren Finanzkonzepte der neuen Teams anschaut, darf man sich doch die berechtigte Frage stellen, ob diese überhaupt an den Start gehen werden und wenn, ob sie die ganze Saison fahren können. Aber auch für bestehende Teams wie Force India könnte die neue Saison wieder eine Hängepartie werden, wenn man Geschichten wie: „Das Motorhome könnte gepfändet werden“ hört. Ich bin der Meinung, dass wir am Saisonstart 24-26 Autos sehen werden, auch wenn man von USF1 und speziell von Campos noch nicht viel gehört hat. Die Website von Campos ist sehr dürftig, aber was die Fahrer angeht, ist man mit Bruno Senna immerhin einen Schritt weiter als USF1, die ihre Fahrer Ende Januar bekannt geben wollen. Die Durchhalteparolen, wie „Wir schaffen es pünktlich nach Bahrain, auch wenn Ecclestone uns das nicht glaubt“ werfen allerdings nicht unbedingt das beste Licht auf das Engagement der beiden Teams. Während USF1 ein völlig neu gegründetes Team ist, fuhr Campos bis 2008 in der GP2, wo man sogar den Konstrukteurstitel hohlen konnte. Jetzt möchte man in die Formel 1 einsteigen, bloß die Finanzierung des Teams scheint löchrig wie ein Schweizer Käse. Während USF1 mit Youtube immerhin einen bekannten und potenten Geldgeber an Land ziehen konnte, hat Campos gar nichts außer einem Staatskredit(!) zum Anschub des Teams. Am Ende der Saison wird man sehen, wie viele Teams dann noch dabei sind. Meine Prognose ist ein Team weniger als am Anfang der Saison.

GP2:

Zuerst einmal die Anzahl der teilnehmenden Fahrzeuge:

2007:26
2008:Anfangs 26 gegen Saisonende 25
2009:Anfangs 26 gegen Saisonende 24
2010:Vermutlich 24

Fazit: Nur 2 Autos weniger und das auch nur gegen Saisonende. Allerdings ist es in der GP2 anders als in der Formel 1 so, dass dort auch munter unter der Saison aus Geldgründen Fahrer getauscht werden. Oft gilt dabei die Regel: Wer zahlt, fährt! Können spielt dabei öfters eine untergeordnete Rolle. Dadurch kriegen die „klammen“ Teams zum Teil finanzielle Unterstützung und können sich so, durch Fahrerwechsel, am Leben erhalten.

Ausblick: In der GP2 wird es vermutlich ähnlich weiter laufen, wie in den letzten Jahren. Man wird am Anfang der Saison allerdings vermutlich nur 24 Autos sehen , da das Durango Team 2010 wohl fehlen wird. Ersatz wird nicht erwartet, da man 2011 wohl die Startplätze neu vergibt und es sich für ein Team nicht lohnt, nur für eine Saison einzusteigen. Eine Garantie eines Startplatzes auch für die Zeit nach 2010 könnte hier zwar Abhilfe schaffen, wird von den Organisatoren aber als unfair gegenüber den anderen Teams erachtet. Am Ende der Saison wird das Starterfeld wohl nur noch aus 22-24 Autos bestehen. Allerdings könnte ein Faktor der GP2 durchaus zu schaffen machen. Da es im Moment für Fahrer auf Grund der schieren Masse an Nachwuchsserien und der Wirtschaftskrise schwieriger ist, gut zahlende Sponsoren zu finden,  gehen vermutlich mehr Talente in andere Nachwuchsserien, wie die Formel 2, da eine Saison dort bei weitem nicht so viel Geld kostet. Dies könnte der GP2, vor allem gegen Ende der 2010er Saison noch 2 Autos mehr kosten.

WTCC

Zuerst einmal die Anzahl der teilnehmenden Fahrzeuge:

2007: Sehr wechselnde Größe des Starterfeldes: Durchschnitt müsste bei in etwa 26 -27 Autos liegen
2008: Ebenfalls sehr wechselnde Größe des Starterfeldes: Durchschnitt müsste bei in etwa 26 -27 Autos liegen
2009:Ebenfalls wechselnde Größe des Starterfeldes: Durchschnitt müsste so bei 25 Autos liegen
2010:?

Fazit: Im Durchschnitt nur ein Auto aus dem Starterfeld verloren, sieht also alles rosig aus bei der WTCC? Nein, und der Grund sind BMW und Seat. Denn BMW fährt sein Engagement in der WTCC 2010 von 5 Werksautos auf 2 zurück. Dr. Mario Theissen kann da sagen was er will, ein klares Bekenntnis zu einer Serie sieht für mich anders aus. Auch das Seat immer noch nicht gesagt hat was sie tun, ist kein gutes Zeichen. Das erste Rennen ist schon am 7.3.2010 in Brasilien, das sind nur noch 2 Monate, von Seat müsste bei einem Verbleib in der Serie bald ein Statement kommen.  Desweiteren kämpft die WTCC immer noch mit ihrem eigenen Regelwerk und den Entscheidungen der Offiziellen, was den Herstellern die Serie nicht gerade schmackhafter macht.

Ausblick: Wenn Seat die Serie verlässt oder sein Engagement ebenfalls herunter schraubt, sieht es düster aus für die WTCC. Dann fehlen neben den 3 BMWs nämlich auch noch ein paar Seats. Lada und Chevrolet können die Serie nicht aufstocken und genügend privat-eingesetzte Fahrzeuge wird man wohl auch nicht auftreiben können. Auch die Probleme mit dem eigenen Reglement und die  zum Teil vermisste Professionalität(->private Safety-Car Fahrer!)sollten die Organisatoren in den Griff bekommen, um die Hersteller zum Bleiben in der Serie zu bewegen. Folglich ist noch nicht abzuschätzen, wie viele Autos man am Saisonstart beziehungsweise am Saisonende sehen wird, es werden aber auf alle Fälle weniger als 2009 sein.

LMS
Fazit: Der ACO hat sich mit seinen dauernden Regeländerungen keinen Gefallen getan. Mal hat man die LMP2 bevorteilt, mal die LMP1, um die Werke nicht zu verjagen. Tatsache ist aber wohl, dass die LMP2 eine aussterbende Klasse ist. Die Teams waren schon im letzten Jahr unterfinanziert und die vielen Ausfälle im Rennen zeigen zusätzlich, wie eng die Finanzdecke bei den meisten ist. Die GT1 ist ebenfalls gestorben, bleibt die sehr lebendige GT2, die offenbar auch in diesem Jahr weiter wachsen kann.

Ausblick Die P1 wird weiter leben, ich halte es sogar für möglich, dass die Klasse zu ihrem alten Glanz aus den 60ern und 70ern wiederfindet. Porsche hat lebhaftes Interesse bekundet, Toyota ebenfalls. Wenn mehr Hersteller kommen, werden auch Peugeot und Audi bleiben. Ein „Kampf der Titanen“ ist für die Serie gut, allerdings wird der sich wohl auf die 24 H von Le Mans konzentrieren. Auf der anderen Seiten hat Audi dieses Jahr ungewollt bewiesen, dass man die Rennen vor dem Showdown im Juni als Vorbereitung braucht. Das alles könnte der Serie gut tun.
Auch das Engagement der Werke in der GT2 wird insgesamt helfen, starten hier doch Porsche, BMW, Aston Martin, Chevrolet und Ferrari gegeneinander.

ALMS
Fazit: Die Saison 2009 gehörte wegen des Ausstiegs von Audi zu den schwachen in der Geschichte der ALMS. Das Acura-Festival war sogar den Japanern zu langweilig, also haben sie sich konsequenterweise zurück gezogen. Damit ist in der LMP1 offiziell kein Hersteller mehr vertreten, auch wenn vermutlich 2010 ein paar Privatteams die Chance nutzen werden. In der GT2 kündigte sich 2009 auch schon Unheil an. Man bekam die Felder nur voll, weil man einen nationalen Porsche Cup mitfahren ließ. Ende 2009 ging das Fahrnbacher-Team pleite, was einen schweren Schlag bedeutet, waren die doch auch ein Garant dafür, dass es vorne eng blieb.

Ausblick: Es ist schwer zu sagen, wohin die ALMS taumelt. Im Moment sieht es nicht gut aus, auch wenn man den neuen LMP-Cup mitfahren lässt. Aber ohne wenigstens einen Semi-Werkseinsatz zwei Hersteller in der LMP1 wird die Serie an Attraktivität und damit an Sponsoren einbüßen. Besser sieht es in der GT2 aus, wo mit BMW und dem neuen Jaguar-Team immerhin einige interessante neue Wagen auftauchen. Leider steht die ALMS auch ziemlich weit am Ende der Hackordnung um US-Motorsport. Seit dem die GrandAm, der direkte Konkurrent, von der NASCAR übernommen wurde, geht es denen besser. Die gemeinsame Vermarktung durch die NASCAR, der Einsatz von NASCAR-Stars in der Serie hilft der GrandAm sich zu bewähren. In der ALMS fahren halt viele Europäer mit, die in den USA keiner kennt. 2010 wird ein schweres Jahr für die Serie, bleibt zu hoffen, dass das Wachstum der europäischen LMP1 auch auf die ALMS abfärbt.

DTM
Fazit: Die Serie muss sich keine Gedanken machen, weil sie ein Privatvergnügen der Hersteller ist. Die Zuschauerzahlen sind, trotz der teils langweiligen, teils durch Teamorder zerstörten Rennen, in Ordnung, auch sind alle Teams mit Sponsoren versehen. Das wird sich auch 2010 nicht verändern, auch wenn das Ziel, international zu werden, immer weiter in die Ferne rückt.

Ausblick: Doch gerade letzteres könnte sich dramatisch verändern, wenn die Gerüchte sich bewahrheiten, dass die DTM zusammen mit der Japan/SuperGT an einem gemeinsamen Reglement feilt. Die asiatische Serie ist gerade in Japan extrem beliebt, die Wagen sind spektakulär und man fährt Langstreckenrennen. Gemeinsame Auftritte in Europa wie in Japan könnten da etwas verändern. Auf der anderen Seite ist BMW einem Einstieg in die DTM offenbar doch nicht abgeneigt, allerdings nur dann, wenn man sich auf GT-Regelement einigen kann. Audi könnte den R10 bringen, BMW den M3, bei Mercedes bastelt man angeblich an einer Studie für einen GT-Wagen auf Basis des SLR. Sollte man die GT-Variante bevorzugen, wird man allerdings zusätzlich noch was verändern müssen, denn die Hersteller-Orgie ist halt auf Dauer doch etwas langweilig.

IRL
Fazit: Die Vereinigung von IRL und ChampCar hat nicht so viel gebracht, wie man sich erhofft hatte. Schuld daran ist allerdings wohl auch die Entscheidung der IRL zum winzigen US-Kabelsender Versus zu wechseln. Die Einschaltquoten der Rennen sind desaströs (unter 500.000 Zuschauern in den USA), was schlecht für die Sponsorensuche ist. Immerhin hat man mit IZOD einen Sponsor für den Titel der Serie gefunden. Immerhin konnte man Danica Patrick in der Serie halten, was nur dank des Sponsors „Go Daddy“ gelang. Aber damit hat man den Star der Serie, die 2009 immerhin „best of the rest“ nach Penske/Ganassi Piloten war.

Ausblick: Ich bin mir unsicher, was die IRL angeht. Man hat nicht den Sprung gemacht, den man sich erhofft hatte, was mit dem TV-Quoten und den teilweise erbärmlich langweiligen Rennen zu hatte. 2010 wird man versuchen, die Rennen dramatischer zu gestalten, aber das gelingt nur, wenn man wieder mehr Überholvorgänge ermöglicht. Die Serie steht auch wegen der enorm hohen Geschwindikeiten in der Kritik. Selbst auf kleinen Ovalen fährt man um die 350 km/h. Im Schnitt! Das ist zu schnell, das wissen aber auch die Veranstalter. Auf der anderen Seite sind die Rundstreckenrennen auch nicht gerade ungefährlich, wie das Rennen am Infinion Raceway gezeigt hat. 2010 wird für die Serie ein Übergangsjahr, denn 2011 soll ein neues Chassis und ein neuer Motor kommen. Man wird sich durchwurschteln.

Foto: CC-Lizenz Flickr-User Amagil.

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3 Kommentare

nona 9 Januar, 2010 - 21:30

Ich tue mich ein wenig schwer damit, A1GP als ein Opfer der Weltwirtschaftskrise zu akzeptieren. Die Serie war nie wirklich „gesund“ -gelinde gesagt- und es steht zumindest mal zu vermuten, dass sie so oder so auch ohne die Krise als Sargnagel das Zeitliche gesegnet hätte.

xeniC 10 Januar, 2010 - 00:05

Schon wieder jemand neues im Blog? ;)

A1GP kann ich nona zustimmen. Ich glaub eine gesunde Serie sieht anders aus als wie es bei der A1GP vorkam.

Ich denke ein Ausstieg von SEAT aus der WTCC würde das ganze für BMW wieder attraktiver machen. Die Serie leidet einfach unter den SEAT TDIs und eine faire Serie sieht auch anders aus. Aber ich denke einen kompletten Rückzug von den SEATs TDI wird es eher nicht geben. Meine These wäre ja, SEAT geht ganz raus und BMW fährt das Ding wieder auf 100% hoch. Aber das ist nur eine These, die nicht eintreffen wird ;).

Der DTM würde es wohl gut tuen mit einem neuen Reglement vorlieb zunehmen. Die DTM ist doch für niemanden, ich frage mich ernsthaft ob die Serie überhaupt für die Hersteller, attraktiv. Die Idee mit der Japan GT ist sicherlich geil. Zudem wenn man dann auch etwas für BMW dazu macht, warum nicht?

Speedy 10 Januar, 2010 - 21:49

Die Analyse der LMS ist nicht ganz korrekt, wo ist denn die LMP2 eine sterbende Klasse? In der LMP2 werden heuer mehr Teams antreten als in der LMP1, ab 2011 wird das Profil als Klasse der Privatteams geschärft.

Da is nix mit Aussterbend… in der ALMS gibt es hingegen nur noch eine LMP Klasse weil man für zwei nicht genug Autos zusammenbekommt + die Le Mans Challenge Fahrzeuge.

Für LMP1 Teams ist diese aber eher uninteresannt da auf den winkligen US-Kursen die LMP2 Chassis in der neuen Einheitsklasse im Vorteil sind. Aus diesem Grund mottet Highcroft auch den ARX-02 ein und kehrt zum ARX-01c zurück.

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