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Formel Eins: Analyse Rennen Australien 2010

von DonDahlmann
8 Kommentare

Was ein wenig Regen doch aus einem Rennen machen kann. 10 Minuten reichten, um für viel Spaß zu sorgen.

In der gestrigen Vorschau schrieb ich „Es ist Regen angesagt, allerdings weiß noch keiner ob und wenn ja, wie viel es regnen wird. Das könnte dem Rennen die nötige Würze verleihen, die die Fans sich erhoffen.“ Dem hat die Formel Eins auch Folge geleistet, denn das Rennen gehörte durchaus zu den besseren in diesem Jahr. Das lag aber auch daran, dass Mark Webber, Lewis Hamilton und Fernando Alonso einen sehr hektischen Nachmittag in Australien hatten und für viel Spektakel sorgten. Interessanterweise gab es auf der vermeintlich leichten Strecke auch jede Menge technische Ausfälle.

Der Start war wie erwartet turbulent, denn es war nass, so dass alle Intermediates aufgezogen hatten. Vettel zog vorne weg, aber hinter ihm hatte Alonso einen Katastrophenstart und kam nicht recht vom Fleck. Dafür kamen Massa und Kubica sensationell weg und der Ferrari-Pilot schnappte sich sogar noch Mark Webber. Dahinter wurde es dann zu eng. Button schubste Alonso an, der sich drehte und dabei Schumacher den Weg versperrte. Der wich zwar über die Wiese aus, aber da zerstörte er sich seinen Frontflügel. Ein paar Kurven weiter entledigte sich Kobayashi zum dritten Mal an diesem Wochenende seines Flügel und raste ungebremst durchs Feld. Er traf ausgerechnet Hülkenberg ziemlich mittschiffs, aber Unfall ging glmipflich aus. Dennoch musste das Safety Car raus, was leider mehr Action auf den ersten Runden verhinderte.

Nachdem Restart war es dann das Wetter, das eine Rolle spielte. Der Regenschauer hatte sich verzogen und es war sehr schnell klar, dass es bald eine trockene Spur geben würde. Die Frage war halt, ob das Wetter halten würde und wann es trocken genug war. Normalerweise traut sich einer der Hinterbänkler und der Rest schaut, wie es so geht, aber dieses Mal war es Jenson Button, der schon in der sechsten Runde Slicks aufziehen ließ. Ehrlich gesagt dachte ich, nachdem er auch noch in Turn 3 erstmal den Bremspunkt verpasste, dass das Rennen für ihn gelaufen sei. Aber der Brite war klüger als alle anderen Fahrer, Strategen und Ingenieure des gesamten Rennzirkus. Seine Entscheidung war goldrichtig, kam zu bestmöglichen Zeitpunkt und er setzte sie auch perfekt um. Natürlich hatte er Glück, dass es nicht mehr weiter regnete. Er wäre nicht der erste gewesen, der einen Tick zu früh reinkam, aber in diesem Fall passte es perfekt. Und im Gegensatz zu allen anderen Fahrern hatte er den Mut (und die Freiheit) die Entscheidung eigenständig zu treffen. Das er am Ende dann auch siegen konnte, war allerdings nicht sein Verdienst.

Vettel hatte das Rennen bequem im Griff. Er hatte genügend Abstand nach hinten und weil er Führender war, holte ihn Reb Bull logischerweisde auch als erster an zwei Runden nach Button an die Box. Mark Webber, der zweiter war, musste eine Runde warten, was sein Rennen komplett zerstörte. Da der Rest der Welt ebenfalls in Runde 8 gewechselte hatte, nahm ihm die Konkurrenz 3 Sekunden ab und Webber fand sich auf Platz vier wieder. Und irgendwo dazwischen schlich Robert Kubica rum, dessen Renault erstaunlich gut ging.

Weiter hinten ging es dafür ab. Fernando Alonso rasierte durchs Feld. Die Kollegen in den langsameren Wagen schienen fast freiwillig Platz zu machen und so tauchte Alonso sehr schnell in den Top 10 auf. Michael Schumacher tat sich dagegen sehr schwer und blieb im Rennen lange hinter Alguersuari im Toro Rosso hängen. Und da konnte man dann auch schon den Speed Unterschied zwischen dem Mercedes und dem Ferrari sehen. Wo Alonso zügig zu Werke ging, fehlten Schumacher exakt die halbe Sekunde, die er hätte schneller sein müssen. Kein Wunder, dass Ross Brawn am Ende nur nüchtern feststellen konnte, dass der Wagen einfach zu langsam sei. Am Ende presste sich Schumacher in einer Gewaltaktion am Toro Rosso vorbei und ergatterte so noch einen Punkt.

Nico Rosberg erging es besser, er hielt sich die gesamte Zeit immer zwischen Platz vier und sieben. Wobei man sagen muss, dass man nicht den Eindruck gewinnen konnte, dass für Rosberg viel nach vorne ging. Im Gegenteil: auf Kubica konnte er nicht aufholen, die Ferrari waren ebenfalls außer Reichweite. Dann düpierte ihn Lewis Hamilton, der ihn im schnellen Turn 11 außen überholte. Später rauschte auch noch Mark Webber an ihm vorbei. [In der BBC kommentierte Eddie Jordon die Szene hämisch, dass Webber seinem Kollegen Rosberg den Spitznamen „Britney“ [Spears] verpasste habe].
Eigentlich lag Rosberg damit hinter Button, Kubica, Massa, Alonso, Hamilton, Webber auf Platz 7 und vermutlich gehört Mercedes auch genau da hin. Norbert Haug wedelte nach dem Rennen zwar mit dem Zeitenblatt und der zweitschnellsten Rennrunde, aber es geht halt nicht mehr nur um den reinen Speed, sondern um die Konstantz in den Rundenzeiten und da sind andere Teams besser.

Die Ferrari enttäuschten etwas. Massas Abstimmung stimmte hinten und vorne nicht und er rutschte ziemlich durch die Gegend. Alonso war klar schneller, immerhin war er nach der Hälfte des Rennen wieder hinter dem Brasilianer, aber vorbei kam der Spanier auch nicht. Er beeilte sich aber nach dem Rennen zu sagen, dass er nie vorbei gekommen wäre, denn seine Reifen seien hinüber gewesen. Das sah im Rennen aber teilweise anders aus.

Mehr Ärger gab es bei McLaren – Hamilton hatte nicht gerade sein bestes Wochenende erwischt, wie man in der Quali sehen konnte. Während Button das Risiko einging sehr früh zu kommen, richtete sich Hamilton nach dem Boxenfunk. Gegen Ende des Rennens lag er auf Platz drei hinter Kubica und Button. Doch dann holte man ihn rein und er fiel hinter beide Ferrari und Rosberg. Warum McLaren so entschieden hat, ist mir ein Rätsel. Hamilton schimpfte schon während des Rennens per Boxenfunk und sagte nach dem Rennen deutlich, was er von der Entscheidung halten würde. Immerhin – Button für 51 Runden mit einem Reifensatz durch und legte am Ende auch gute Zeiten hin. Offensichtlich hatte man bei McLaren aber das Gefühl, dass die Hinterreifen von Hamilton wegen der Aufholjagd fertig waren, oder gegen Ende des Rennens einzubrechen drohten. Dennoch – eine Fehlentscheidung. Lieber draussen bleiben und warten, denn selbst mit angenagten Reifen ist ein McLaren in der Lage vorne zu bleiben. Der Unfall mit Webber war dann nur die Konsequenz der schlechten Entscheidung.

Pechvogel des Rennens war natürlich Sebastian Vettel – alles richtig gemacht und doch alles verloren. Aber es sind nicht zwingend technische Unzulänglichkeiten, die bei Red Bull liegen. Für eine schadhafte Zündkerze kann man nichts, in Australien hatte sich wohl die Radmutter beim Aufziehen verkantet. So saß sie zwar fest, aber nicht richtig auf der Achse. Wieso dann allerdings eine Bremsscheibe explodiert, möchte ich auch noch mal erklärt bekommen. Die Kritik an Red Bull wird zumindest in Deutschland massiv werden. Noch halten sich die Boulevardmedien mit Worten wie „Gurkenauto“ zurück, aber lange wird das nicht so bleiben. Vettel könnte die WM locker anführen, stattdessen liegt er weit zurück.

– Beide Virgin fielen aus. Am Wochenende wurde bekannt, dass der Tank der Virgin zu klein ist um ein Rennen durch zu halten. Designer Nick Wirth machte die FIA dafür verantwortlich, von wegen Materialstärken und dass man hochverdichtetes Benzin fahren wollte, dann hätte das gepaßt. Was natürlich Quatsch ist. Jetzt muss Virgin den gesamten Wagen umbauen – oder anders gesagt: Saison versaut. Kommt ein größerer Tank rein, versaut er die Balance, ist die schlecht, bekommt man nur miese Daten fürs nächste Jahr.

– Trulli konnte wegen eines Hydraulikschadens nicht starten, aber Kovalainen kam durch. Senna fiel aus, aber – Überraschung – im zweiten Rennen ohne Testfahrten schleppte Chandhok den HRT mit 5 Runden Rückstand ins Ziel.

– Barrichello sammelte die wichtigen Punkte als „best of the rest“ für Williams ein

– Sutil fiel mit einer Störung im Motormanagement aus, Luizzi fuhr abermals einen unaufgeregtes Rennen und holte Punkte.

– de la Rosa lag lange in den Punkten, am Ende waren die Reifen derartig hin, dass er Schumacher ziehen lassen musste.

Das Rennen war durchaus ansehnlich, eigentlich so, wie man sich ein Rennen in der Formel Eins wünscht. Ein „Thriller“ war es nicht, auch kein „Krimi“, denn dafür tat sich vorne zu wenig, aber es war abwechslungsreich, spannend und schön anzusehen. Man sieht aber auch, dass ein zweiter Boxenstopp die Rennen durchaus interessant machen könnte. Vielleicht sollte man doch darüber nachdenken, diesen Pflichtstopp einzuführen. Es verbessert die strategischen Möglichkeiten enorm.

Aus Sicht des Reifenverschleiss war es interessant zu sehen, welche Fahrer und welche Teams das Rennen quasi durchfahren konnten. Ferrari, Renault und McLaren mit Button schaffen das ohne Probleme, Hamilton hat wie erwartet Probleme und bei Mercedes geht es offenbar nicht so gut. Gerade im Hinblick auf McLaren ist das schon interessant, denn so wird Button offenbar eindeutig bevorteilt. Hamilton hat Probleme mit der schonenden Abstimmung und im Rennen hat Button mit seiner weichen Fahrweise deutliche Vorteile auf Strecken, die die Reifen fordern. Sollte eine zweiter Pflichtstopp kommen, wird das dann wieder Hamilton in die Hände spielen.

– Fahrer des Rennens -> Robert Kubica, der den Renault auf 2 hievte
– Verlierer des Rennens -> Michael Schumacher, der nicht an Alguersuari vorbei kam
– Gewinner des Rennens -> Jenson Button für seine mutige Entscheidung

Nächste Woche geht es in Malaysia weiter. Man startet eine Stunde früher als letztes Jahr, dennoch liegt man immer noch im Fenster des nachmittägliche Regens. Ich hoffe, dass es in der Quali trocken bleibt, denn mich interessiert auf der aerodynamisch höchst anspruchsvollen Strecke, welches Chassis hier die größten Vorteile hat.

Am Schluss noch die Gegenüberstellung von neuer und alter Punktregel

Neu Classic
Alonso 37 15
Massa 33 14
Button 31 12
Hamilton 23 9
Rosberg 20 8
Kubica 18 8
Vettel 12 5
Schumacher 9 3
Luizzi 8 2
Webber 6 1
Barrichello 5 1

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8 Kommentare

nona 29 März, 2010 - 02:01

Glock erwähnte, dass sie mit ihrem Tank Spritverteilungsprobleme haben, z.B. durch Sloshing in den Kurven, weswegen sie sowieso immer mindestens 15kg (oder Liter, weissnichmehr) drinhaben müssen zusätzlich zum benötigten Kontingent, damit der Motor unterbrechungsfrei versorgt wird. Böser Designfehler, würde ich sagen.

Ich bin von Hamiltons teamsinniger Weichspülerei ziemlich enttäuscht. Er war ganz offensichtlich stinksauer, aber in den Press Statements klingt das alles schon wieder wie „tüterü, huch ja, sowas passiert halt, mein Team ist so toll, meine Jungs sind so klasse, keiner hat Schuld…“ – völlig unglaubwürdig; ganz offensichtlich wurde ihm angeraten, die Klappe zu halten. Schnell autofahren kann er zweifellos, aber es scheint in kritischen Situationen immer so, als könne er keine eigenen Entscheidungen treffen. Ob er nun nicht reinkommt obwohl es dringend nötig wäre (Shanghai ’07), trotz guter Reifen unnötig reinkommt (Melbourne ’10), oder Presse oder Rennkommissaren irgendwelchen dreivierteldahergelogenen Unfug auftischt – er macht immer wieder nur das was man ihm sagt, auch wenn seine Verantwortung eigentlich etwas anderes von ihm fordert.

Dirk 29 März, 2010 - 08:43

Vettel hat in einem Interview erwähnt, dass durch die nicht festsitzende Radmutter das Rad etwas Spiel hatte und dadurch dann die Konstruktion an der Bremsscheibe schliff, was dann zum Bruch dieser führte. Wobei da noch viel schlimmeres hätte passieren können, sowas sollte nicht vorkommen, denn wenn er das komplette Vorderrad verloren hätte, was ja dann auch möglich gewesen wäre, dann hätte er ganz übel abfliegen können, je nach Position auf der Piste.

Ralf G. 29 März, 2010 - 17:55

Applaus für Button, ich hätte ihm so eine Fahrt nicht zugetraut. Taktisch genial, auf die Tube gedrückt wenn es drauf ankam, und war zur Stelle als er zur Stelle sein musste nach Vettels Abgang – perfekt!

Ich weiß ja nicht so recht was ich von Schumi halten soll, der „Gott der Rennerei“ wirkt derzeit ziemlich irdisch. Zweimal im Training von einem Rosberg(!) gebügelt. Und früher hätte er sich an dem spanischen Jungspund vorbei gequetscht, und wenn dabei beide rausgeflogen wären. Sollte er doch, man wagt es ja bei einem wie ihm kaum auszusprechen, einfach nicht mehr gut/bissig/schnell genug sein?

DonDahlmann 29 März, 2010 - 18:57

@ Ralf G.:
Ich denke, es ist zu früh, um eine Urteil zu fällen. Drei Jahre Pause lassen sich nicht so abstreifen, dazu die fehlenden Tests und das der Wagen nicht, wie sonst bei Ferrari, auf ihn abgestimmt wurde beim Bau. Man hat in der Vergangenheit oft gesehen, dass selbst Fahrer die nur das Team gewechselt haben, manchmal fünf, sechs Rennen gebraucht haben, bis richtig auf Speed waren. Deswegen würde ich mal bis zum Juni warten, bis man was sagen kann.
Von den Rundenzeiten her ist er schon mal dran, was ihm fehlt ist noch der Qualispeed.

xeniC 29 März, 2010 - 22:07

Schumacher: Nunja, Rosberg machte auch keinen Eindruck von wegen, dass der Wagen gut wäre. Und Alguersuari hat immerhin auch keinen Fehler gemacht. Sicherlich hat dieser „Algenfutzie“ keinen guten Ruf bei uns Fans, aber so schlecht präsentiert er sich auch nicht immer, wie alle vermuten ;).

Reifen/Pflichtstopps: Warum schafft man die Reifenregelung nicht einfach ab? Dann könnten Teams/Fahrer sogar ohne Stopp versuchen ins Ziel zukommen. Dazu sollte man natürlich Reifen wählen/produzieren, die eine GP-Distanz mit schonen und Co. nur „gerade so“ überstehen. Ich steh dank DTM nicht so auf Pflichtstopps. Vielleicht würde das der F1 helfen.
Habe nur das Problem mich damit nicht anfreunden zu können. Dann können wir gleich Competition Cautions raushauen, Regenanlagen installieren und die Startpositionen auswürfeln.

DonDahlmann 29 März, 2010 - 22:57

Ein Blick auf die Topspeeds in Australien verrät zumindest, dass Schumacher auf der Geraden trotz Windschatten nur 1.3 km/h schneller als Alguersuari war. Das ist einfach zu wenig, wenn man sieht, dass Button 10 km/h schneller war. Dazu kommt halt das übliche Problem mit dem Herausbeschleunigen aus der letzten Kurve. Wenn man eh einen Wagen mit Untersteuern hat, dann wird das hinter einem andern Wagen sicher nicht besser. Der Ferrari ist schneller und hat wohl dieses spezielle Problem nicht, weswegen Alonso auch schneller durchs Feld kam.

Ich 30 März, 2010 - 01:25

Regie mal wieder absolut mies. Von Schumacher haben sie auch fast nichts gezeigt, so dass man sich kein eigenes Bild machen konnte.

Sehr unfair fand ich übrigens den nassen blauen Streifen direkt vor der Mercedes-Box. Tolle Art, das WM-Team zu bestrafen.

Ralf G. 31 März, 2010 - 15:40

@Ich Da fahren ja auch noch ein paar andere, die können ja nicht immer die Fahrerauf den hinteren Plätzen zeigen. ;o)

Schumi: Okay, warten wir mal ab. Wenn er aber auch in den nächsten Rennen langsamer als Rosberg ist, ist das IMHO kein gutes Zeichen. Auch wenn er die schmalen Vorderreifen hasst und das Auto nicht ganz passt etc.

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