Formel Eins: Analyse GP China 2010

Das Regenroulette von Shanghai zeigte erstaunliche Bewegungen im Feld und deckte etliche Schwächen auf.

Das Regen einen Grand Prix in diesen Tagen erst zu einem richtigen Schmackerl macht ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Schön wäre es gewesen, wenn der Regen wenigstens gleichmäßig gefallen wäre, weil der Wechsel von „geht so trocken“ bis „ganz schön nass“ doch etwas abrupt war. Und einige Teams werden sich mächtig ärgern, was die Strategie angeht, aber wie immer ist bei solchen Verhältnissen eh eine Lotterie. Wie man es macht – man macht es wenn richtig falsch. Verlierer gab es deswegen einige im Rennen, aber zwei Fahrer werden sich richtig ärgern.

Der erste dürfte Fernando Alonso sein. Sein Frühstart beraubte ihm aller Hoffnung um den Sieg zu fahren, was angesichts der Indisponiertheit des Red Bull Teams durchaus möglich gewesen wäre. Alonso ist bekanntermaßen ein exzellenter Pilot wenn die Verhältnis so gemischt wie gestern sind. Seine Fahrzeugbeherrschung stimmt auch dann noch, wenn er mit Slicks im Regen unterwegs ist und ich bin mir ziemlich sicher, dass er gestern gewonnen hätte,, wenn er halt beim Start etwas geduldiger gewesen wäre. Das er am Ende so weit vorne lag hatte er allerdings, wie Hamilton, dem Safety Car zu verdanken. Immerhin konnte man mal wieder sehen, dass er bei so einem Wetter Kreise um seinen Teamkollegen fährt. Massa und Regen, das geht halt nicht so wirklich zusammen. Marc Surer stellte gestern, etwas überraschend, die These auf, dass Massa seinen „Biss“ verloren hätte, seit dem Unfall. Das ist mir bisher nicht so aufgefallen.

Der zweite Fahrer, der sich ärgern wird, ist Michael Schumacher. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass es zu früh ist, ein Urteil über sein Comeback zu geben, aber die Unterschiede zwischen ihm und Rosberg sind in allen Belangen doch schon sehr auffällig. Rosberg schlägt ihn in allen Belangen (Training, Quali, Rennen) und selbst wenn das Wetter eigentlich in die Hände von Schumacher spielt, lässt Rosberg den Alt-Meister stehen. Schuld an seinem gestrigen, eher mauen Performance, war aber mal wieder sein schlechtes Quali-Ergebnis. Das Problem ist halt wie immer der Verkehr, in dem man im Mittelfeld steckt. Auf der anderen Seite – zwischenzeitlich lag er aussichtsreich auf Platz 6, versaute sich aber sein Rennen mit einem unnötigen Boxenstopp. Hätte er abgewartet, sein Rennen wäre besser ausgegangen. Seine vorschnellen Entscheidungen zeigen aber, dass er im Moment weiß, dass er nur über die Strategie nach vorne schwimmen kann. Aus eigener Kraft, so wie es zum Beispiel Alonso und Petrov gelang, ist es zur Zeit nicht möglich. Und das ist das eigentlich überraschende an seiner Situation.

Ross Brawn baut den Wagen für Spanien quasi komplett um. Man verlängert den Radstand, was das leidige Untersteuern vermindern soll, man baut neue Flügel, neue Seitenkästen und vermutlich wird man auch am Unterboden und am Diffusor einiges verändern. Das ändert aber nicht das Problem, dass die Wagen wegen der schmalen Vorderreifen weiter eher zum Untersteuern neigen. Interessant wäre allerdings, wenn man Schumacher mal in einen McLaren setzen würde. Hamilton ist ebenfalls bekannt dafür, dass er seinen Wagen eher übersteuernd mag, und scheinbar hat McLaren das für ihn hin bekommen. Aber mal abwarten, ob die B-Variante des Mercedes Schumacher nicht besser behagt.

Das die meisten Zweikämpfe zu seinen Ungunsten ausfielen, war eher Pech. Hamilton konnte er ja eine zeitlang schön auskontern, da konnte man sehen, was Schumacher noch drauf hat. Das der Brite vorbei kam war auf Grund der enormen Zeitunterschiede klar, und Rosberg ging es ja ähnlich. Petrov und Massa hatten am Ende bessere Reifen, da hatte Schumacher schlechte Karten. Dennoch – es sah nicht schön aus, wie die Konkurrenz Kreise um ihn fuhr.

Red Bull hatte halt, wie viele anderen, etwas Pech mit der Einschätzung in Sachen Reifenwahl. Kann passieren, aber verstanden habe ich die Strategie nicht. Ähnlich wie McLaren und Mercedes hätte man die Entscheidung auch splitten können. Einer kommt rein, einer bliebt draußen. Aber das ist im Nachhinein auch leicht gesagt. Hätte es fünf Minuten weiter geregnet, hätten Button und Rosberg wie Volldeppen ausgesehen.

Das McLaren ein Faktor in der WM sein würde, war vor der Saison klar, dass es aber Button ist, der die WM mit zwei Siegen anführt, ist dann schon eine Überraschung. Zwar kamen seine beiden Siege zustande, weil er hoch gepokert hat, aber so viel besser ist Hamilton nicht. Da kann man schon Gedanken bekommen, dass eine Titelverteidigung durchaus im Bereich des Möglichen ist, aber mir sind die Leistungsschwankungen Buttons in der Quali einfach noch zu groß. Den Luxus der Regenrennen wird er wohl ab den Europa-Rennen verlieren und dann geht es nur noch über Startposition.

Gegen Red Bull wird das Rennen aber weiterhin eng. Die haben immer noch die drei Zehntel in Reserve, die man halt braucht und noch hat McLaren da in der Quali wenig Chancen. Doch die Österreicher schauen insgesamt in der Saison bisher halt nicht so gut aus. Entweder spielt die Technik nicht mit, oder man macht eigene Fehler.

Spannend ist allerdings, wie sich Renault entwickelt. Das Kubica das Team in den Punkten halten kann ist klar, dass aber auch Petrov dabei sein würde, überrascht dann schon. Der Russe, nur mit viel Geld ins Team gekommen, zeigte gestern ein großes Rennen und somit auch sein Potential. Wenn der mal richtig im Team angekommen ist, könnte Kubica einen echten Konkurrenten haben. Zumindest hat Renault klar aufgeholt und liegt in meiner internen Wertung hinter Red Bull, McLaren, Ferrari auf Platz vier.

Weiter hinten gab es auch einige Verlierer. Sutil verpatze sein Rennen mit schlechten Wechselentscheidungen, Hülkenberg machte ähnliche Fehler und wurde von Barrichello deutlich gebügelt. Ganz übel sieht es für Sauber aus. Kobayahsi konnte für seinen Ausfall diesmal nichts, aber de la Rosa platzte erneut der Motor. Sauber bezieht Motor und Getriebe von Ferrari, die in diesem Jahr massive Zuverlässigkeitsprobleme haben. Das der Sauber nicht schnell ist, weiß man, aber wenn nicht dazu kommt, die Rennen durchzufahren bekommt man auch zu wenig Daten, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Ich hoffe sehr, dass das Sauber Team die Sache in den Griff bekommt.

Im Moment hängen die meisten Teams wegen des Flugverbots in China fest. Wie man so per Twitter hört, versuchen Lotus, Ferrari und McLaren ein Flugzeug zu chartern, dass das Team zurück bringt. Tony Fernandes, Chef von Air Asia, hat jedenfalls eine Maschine auf „Stand by“ stellen lassen. Praktisch, wenn man Chef einer Airline ist. Die anderen Teams wollen sich wohl anschließen, um zumindest das Personal nach Hause zu bekommen. Einige versuchen Flüge nach Spanien oder Rom zu bekommen, andere fliegen Richtung Marrokko/Portugal. Teilweise fliegt über Los Angeles/New York, teilweise über Bahrain/Äypten. Die Wagen bleiben erst mal in China, da die zwei Transportflugzeuge in Europa fest hängen. Nur Michael Schumacher ist schon zurück. Der flog im Privatjet von Bernie Ecclestone Richtung Spanien.

Die Verzögerung ist nervig, aber für die meisten Teams nicht schlimm. Bis auf Virgin haben alle Teams genügend Chassis, an denen für die zu erwartenden Updates in Spanien eh gerade in den Fabriken gearbeitet wird. Allerdings muss das Equipment der Teams aus China raus, aber dass kann man zur Not mittels Charterfrachter auch direkt nach Spanien bringen und dort entweder lassen, oder per LKW einsammeln. Da man eine dreiwöchige Pause einlegt, steht man auch nicht so sehr unter Druck.