Die neue GT1-Weltmeisterschaft legte in Abu Dhabi einen gelungenen Auftakt hin, der aber getrübt wurde von einem schweren Unfall. Die ALMS bot in Long Beach ein deutlich aufregenderes Rennen als die IndyCars. Einziger „großer“ Sportwagen-Event des anstehendes Wochenendes ist die Grand-Am.
Dominierte nun beim Saisonauftakt in Abu Dhabi der Ford GT, wie die Fahrer der Konkurrenz behaupten, oder waren es seine Fahrer Thomas Mutsch und vor allem Romain Grosjean, die diesen souveränen Sieg eingefahren haben? Betrachtet man die Resultate der übrigen Ford GT, scheint das Fahrzeug an sich nicht wirklich überlegen zu sein, denn mehr als mittelmäßien Resultate sprangen für keinen der anderen heraus. Meinem Eindruck nach muss man es der FIA zugute halten, dass sie die angestrebte Balance of Performance recht gut hinbekommen haben: die meisten Fahrzeuge waren etwa auf dem gleichen Level und konnten sich spannende Zweikämpfe liefern; Corvette und der eine Ford GT stritten sch zwar um die Spitze, aber keine Marke dominierte wirklich; lediglich die vier Nissan GT-R kamen scheinen etwas benachteiligt und stritten darum allesamt im Mittelfeld. Von allen anderen Herstellern war zumindest ein Fahrzeug in einem oder beiden Rennen in den Top 5 zu finden. Die Platzierungsgewichte werden das Niveau noch weiter angleichen, auch grundlegende Einstufungsänderungen sind noch nicht ausgeschlossen worden.
Um das Wochenende chronologisch aufzuarbeiten: zunächst stand die Qualifikation an, die im F1-Format ausgefahren wird. Im zweiten Segment hatte dann die Schweizerin Natacha Gachnang einen heftigen Unfall: am Ende der langen Geraden schoss ihr Ford GT eine Qualmwolke hinter sich her ziehend mit hoher Geschwindigkeit geradeaus, und schlug ohne nenneswerte Geschwindigkeitsverminderung in die Barriere am Ende der Auslaufzone ein. Die Bergung dauerte einige Zeit und wie sich herausstellen sollte, hatte sie sich einen doppelten Bruch des rechten Beines zugezogen, der auch operiert werden musste – Lebensgefahr hat jedoch nie bestanden. Als Unfallursache identifizierte ihr Team ein Leck im hinteren Bremskreislauf: beim Versuch, den Wagen trotz dieses Problems zu verlangsamen trat Gachnang nicht nur besonders fest aufs Bremspedal, sondern erwischte dabei auch das Gaspedal. Für einen Unfall dieser Art sind die asphaltierten Auslaufzonen auch eher von Nachteil, da ihnen die abbremsende Wirkung für einen solchen seltenen Fall fehlt. Und selbst die hochmodernen Tecpro-Barrieren (keine Leitplanken, keine Reifenstapel, sondern energieabsorbierende, weil schaumgefüllte Plastikkisten) konnten die Verletzung bei einem Einschlag mit diesem Tempo nicht verhindern – Nachbesserungsbedarf oder unvorhersehbarer Zufall?
Neben der jungen Pilotin wurde auch der Kameramann verletzt, der „tapfer“ draufhielt, als der Sportwagen auf ihn zuraste: der Einschlag erfolgte direkt vor ihm und war so hart, dass durch die Erschütterung seine Kamera umfiel und ihm die Nase brach. Jedenfalls wurde die Quali abgebrochen, weil die Wiedeherstellung der Barrieren zu lange gedauert hätte. So lautete die Reihenfolge fürs Quali-Rennen: Zuber/Hennerici (Corvette) vor Makowiecki/Dumas (Aston Martin) und Bernoldi/Ramos (Maserati). Die Helden des Folgetages, Grosjean und Mutsch, schafften es vorerst nur auf Rang 11.
Grosjeans große Stunde schlug dann im Qualifikationslauf: er fuhr die erste Rennhälfte, legte ein enormes Tempo an den Tag und überholte einen Konkurrenten nach dem anderen. Dass die vorn startenden Konkurrenten Aston Martin und Bernoldi sich bereits in Kurve 1 nach dem Start drehten kam ihm dabei selbstverständlich auch zupass. Matech zögerte den Pflichtstop so lang wie möglich heraus, in der Hoffnung, dass Grosjean auch die vorn liegende Corvette durch einige schnelle Runden schnappen könnte, doch dafür reichte es nicht und auch Thomas Mutsch konnte nichts gegen Marc Hennerici ausrichten, die somit den ersten Lauf gewannen.
Technische Unregelmäßigkeiten an sämtlichen Corvettes bedeuteten eine Strafe von zehn Startplätzen für das wichtige Hauptrennen – so konnte Mutsch die Pole erben und die Führung nach dem Start über die erste Rennhälfte des zweiten Laufs verwalten. Den Fahrerwechsel legte die Matech-Mannschaft dieses Mal um so früher ein, man war sich wohl bewusst, was für ein starkes Wochenende Romain Grosjean hatte. Und er zeigte es wiederum: Bis zu zwei Sekunden pro Runde war er schneller als die Konkurrenz, in 28 insgesamt gefahrenen Runden holten die beiden 23 Sekunden Vorsprung heraus, das meiste davon der Franzose. Dahinter ging es wie in Lauf 1 eng und spannend zu, aufs Podium schafften es die beiden Corvettes von Zuber/Hennerici und Hezemans/Piccini. Auf Rang 4 folgte der Vitaphone-Maserati mit Bartels/Bertolini, die nach fünfjähriger Dominanz nicht sonderlich glücklich darüber waren, sodass Bertolini sich über zuviel Power der Ford GT beschwerte.
Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die runderneuerte FIA GT1-Weltmeisterschaft einen überzeugenden Auftakt hingelegt hat: zu den spannenden, abechslungsreichen Rennen mit vielen Zweikämpfen kommt der großartige Live-Stream hinzu, der mit erstklassigem Bild und Top-Kommentatoren (Ben Edwards & Danny Watts) zu überzeugen wusste. Ein wenig schade ist, dass das Hauptrennen nur genauso lang ist wie das Qualifikationsrennen, eine Aufteilung 40/80 Minuten gefiele mir da besser als 60/60. Aber der Start ist geglückt, es steht eine hoffentlich aufregende Saison bevor, nun, da die Teams endlich aus Abu Dhabi abreisen können, wo sie dank der isländischen Aschewolke noch festsaßen. Da das nun geglückt ist, bleibt nur noch zu hoffen, dass Natacha Gachnang sich schnell wieder erholt!
ALMS – Long Beach
Zunächst mal: jedem MotorsTV-Abonnenten empfehle ich dringend, sich das Rennen in der Aufzeichnung am Samstag anzuschauen. Es war ein kurioses, aufregendes und bis zur letzten Kurve spannendes Rennen. Wer es in Gänze genießen will, sollte diesen Abschnitt bis zur Grand-Am-Preview überspringen und, wie gesagt, MotorsTV gucken. Für alle anderen (z.B. die Satelliten-Kunden) gibt’s dieses Highlight-Video:
Wow. Hut ab vor der IMSA, die haben es tatsächlich hinbekommen, die beiden Prototypen-Klassen so nivellieren, dass die Top-Autos der alten LMP1 und LMP2 gleichauf um den Sieg kämpfen können, ohne aber die individuellen Vorteile beider zu zerstören: der Aston Martin zog auf dem Shoreline Drive jeweils deutlich davon, aber in dem engen, kurvigen Teil der Strecke konnte Simon Pagenaud im Acura immer wieder so deutlich aufholen, dass er in der Hairpin in Fernandez‘ Getriebe saß. Klar – der winklige Kurs von Long Beach trägt seinen Teil dazu bei, dass das so gut funktioniert hat, auf der Road America wird das anders aussehen; aber auch Laguna Seca, wo das nächste Rennen stattfindet, gilt dank vieler mittelschneller Kurven und mangels langer Geraden als LMP2-freundlicher Kurs.
Nachdem Fernandez sechseinhalb Minuten vor Schluss die Führung übernommen hatte, war Pagenaud dann in der letzten Runde war Pagenaud nicht erst in der Hairpin, sondern bereits nach dem Toyota/Fountain-Komplex dran und als Fernandez in der Rechtskurve Turn 5, die wieder auf den Shoreline Drive zurückführt, mit starkem Übersteuern seitwärts gen Mauer rutschte, nutzte der Acura-Pilot die Chance und drückte sich innen vorbei. Dass der Aston Martin ins Rutschen kam, mag unter anderem an der zerfledderten Heckpartie gelegen haben, denn genau diese beiden Fahrzeuge waren bereits in der 38. Rennminute aneinandergeraten, als David Brabham in Turn 8 eingangs der Gegengeraden einen optimistischen Überholversuch wagte, Harold Primat in de Reifenstapel schob und dafür zu Recht mit einer Stop&Go-Strafe belegt wurde. Um so bemerkenswerter, dass es diese beiden Teams waren, die am Ende um den Gesamtsieg kämpften.
Das lag aber auch an den Problemen der Konkurrenz: Jon Field hatte das Intersport-Team früh in Führung gebracht und fuhr souverän vornweg, bis man bei den Massen-Boxenstopps in der viel zu engen Boxengasse weit zurückfiel; schließlich streikte auch noch die Technik des Lola-Judd. Der Porsche RS Spyder kann den Speed des Acura – wie bereits in Sebring prognostiziert – trotz eines Klaus Graf am Steuer, einfach nicht gehen, das Team gewann allerdings zum Trost die Green Challenge vor dem Drayson-Lola, der ebenfalls unter Problemen beim Pit Stop und technischen Mängeln litt.
Auch bei den Gran Tourismos ging es spannend und spektakulär zu: Lange – trotz seiner nach wie vor in der Entwicklungsphase befindlichen und somit noch nicht ausgereiften Falken-Reifen – Wolf Henzler vorn, bis in der Gelbphase kurz nach Rennmitte im chaotischen Gewühl der Boxengasse die BMWs die schnelleren Stops hinlegten und eine Doppelführung übernahmen; die hielt einige Zeit, bis dann Patrick Long im Flying Lizard-Porsche zur Attacke blies und nach einem Restart zunächst mitten im LMP-Verkehr an der #90 vorbeiging (dabei fast den Aston Martin abräumte) und sich schließlich zehn Minuten vor Schluss auch den zweiten BMW, Tommy Milner in der #92, schnappte, als der am Ende der Gegengeraden auf Kampflinie innen anbremsend die Kurve nicht bekam. Die Reihenfolge lautete am Ende: Lizard-Porsche, Corvette, BMW, Risi-Ferrari, BMW. Freude gab es auch beim Jaguar-Team über die erste Zielankunft, wenn auch nach hartnäckigen Problemen mit dem Gaspedal nur mit 22 Runden Rückstand auf dem vorletzten Klassenplatz.
Auch an der „Green Racing“-Front gab es in Long Beach Neues: zum ersten Mal gewann ein Fahrzeug in seiner Klasse, das das „official motor oil of the ALMS“ einsetzt – und zwar als einziger Teilnehmer: das Green Earth Team mt Gunnar Jeannette und Elton Julian. Die Mannschaft wird auch von Green Earth Technologies gesponsert, die das aus Tierfett hergestellte und somit biologisch abbaubare Motoröl herstellen. Außerdem wurde das „Green Dream Team“, bestehend aus fünf Fahrern, die als Botschafter den Gedanken des „grüne(re)n Motorsports repräsentieren sollen, ins Leben gerufen: Paul Drayson, David Brabham (der 2004 der ALMS-Führung vorschlug, diesen innovativen Weg zu verfolgen), Johnny O’Connell (für Corvette Racing, die 2008 als erste den E85-Kraftstoff einsetzten), Chris Dyson (für Dyson Racing, erstes Team, das Isobutanol, einen Biokraftstoff der zweiten Generation, benutzt) sowie Gunnar Jeannette (wie bereits erwähnt mit G-Oil unterwegs) bilden dieses Team, das eben diese Denkweise an der Rennstrecke, im Fernsehen, über die Medien und das Internet verbreiten soll.
Grand-Am: Virginia International Raceway
Die Rolex Sports Car Series ist im NASCAR-Land unterwegs, und das leider auch noch zur NASCAR-Zeit: obwohl die Grand-Am und die NASCAR ja im Grunde Verbündete sind. Vermutlich ließ es sich von der Zeitplanung her nicht anders machen, aber so fahren die Sportwagen nun in Virginia, während in Talladega die Nationwide Series an den Start geht. Sowohl das TV-Duell (ABC vs. Speed) als auch bei der der Zahl der Zuschauer an der Rennstrecke wird die Superspeedway-Meute gewinnen, etwas schade ob der seit 2008 bestehenden Marketing-Kooperation.
Dennoch: die Grand-Am ist immer einen Blick wert, denn sie liefert aufgrund der wie in der NASCAR simpel gehaltenen Technik oft spannende Rennen. Der Virginia International Raceway, kurz VIR, ist außerdem eine sehr interessante, weil flüssige und schnelle, Rennstrecke, die man nicht allzu oft zu sehen bekommt. Da es sich im Grunde um ein Aspahltband auf einer Kuhwiese handelt, sind die Auslaufzonen entsprechend grün, ergo rutschig, an vielen Stellen aber auch recht weitläufig; an den entscheidenden Stellen, den gefährlichsten Kurven, leider jedoch nicht wirklich. Die Fahrzeuge durch die schnellen Bergauf-Esses oder die spektakuläre Rollercoaster/Hog Pen-Passage nach der endlosen Gegengeraden fahren zu sehen, macht aber viel Spaß.
Die spannenden Fragen des Rennens werden sein: Kann jemand das Ganassi-Duo schlagen? Wird die Pechsträhne des Gainsco-Teams von Bob Stallings enden? Kann bei den GTs jemand den Mazda den Sieg abtrotzen? Für Spannung und Abwechslung in dieser Serie wäre es nicht schlecht, wenn sich eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten ließe…
2 Kommentare
Schade das ihr die VLN so hartnäckig ignoriert, die fährt nämlich auch nächstes Wochenende und ist mit hochkarätigen Teams und Fahrern gespickt.
Das würde schon einen detaillierten Vorbericht rechtfertigen…
Die VLN ist eine tolle Serie, da stimme ich dir zu. Ich hab sie aber für dieses Wochenende schlicht und einfach übersehen, sorry…
Ansonsten ignorieren wir sie auch nicht ganz so hartnäckig, die letzten Läufe wurden ja zumindest mal erwähnt. Ich tu mich aber schwer damit, detailliert über eine Rennserie zu berichten, deren Rennen ich nicht sehen kann. Das würde nur darin resultieren, dass ich Berichte von anderswo abschreibe und ich glaube das ist nicht das, wofür es den Racingblog gibt.
Sollte ich (oder einer der Kollegen) mal irgendwann für nen VLN-Lauf an den Ring fahren, gäbs bestimmt auch nen ausführlichen Bericht und auch die 24h Nürburgring werden wir hier covern. Aber leider ist momentan nunmal das einzige, was man von den Rennen zu sehen bekommt, eine 30-minütige Zusammenfassung mit zwei Wochen Verzögerung und der Live-Ticker hier: http://live.vln.de/
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