Für Jeff Gordon hat es in Texas wieder nicht zum Sieg gereicht, dafür gewann Denny Hamlin nun schon zwei der drei letzten Rennen; und das mit einem lädierten und operierten Knie. Ein „big one“ kurz vor Schluss krempelte alles um und nahm der Hendrick-Armada den sicheren Sieg.
Andernorts fielen heute die Worte „Drama“ und „Thriller“, allerdings frage ich mich da, ob auch alle dasselbe Rennen gesehen haben. Sicher, die Schlussphase war spannend, aber die begann erst ca. 100 Runden vor dem Ende. Die ersten zwei Drittel des „Samsung Mobile 500“ waren wie üblich schlicht und ergreifend ein Ausdauerrennen mit der Devise: Dabei bleiben und den Wagen bei den Boxenstopps optimal auf die Endphase vorbereiten. Was in Texas wieder auffiel, ist dass die Renndistanz im Sprint Cup teilweise einfach zu lang ist. Wenn die Action ausbricht wie in Daytona, Talladega oder auch Bristol, dann mögen die 500 noch zu Recht hinter dem Namen des Rennsponsors stehen, aber an einem Montag wie gestern war ich fast schon neidisch auf die halbe Renndistanz der Nationwide Series, die immerhin auch schon mindestens zwei Stunden in Anspruch nimmt.
Die ersten 232 Runden sind deshalb schnell erzählt: Die vier Gelbphasen bis Runde 111, eine davon die „competition caution“ nach 25 Runden, sorgten für keinerlei Spannung. Zwei Hendrick-Piloten und Hendrick-Kunde Tony Stewart wechselten sich munter bei der Führung des Rennens ab, während Brian Vickers gleich zwei Reifen platzten und Sam Hornish Jr wieder den Dreherkönig gab. Tony Stewart kam durch die optimale Position seines Pitstalls oft als Erster wieder auf die Strecke zurück, musste sich aber nach dem Restart jeweils einmal Dale Earnhardt Jr und Jimmie Johnson geschlagen geben. Dann folgte das zweite Renndrittel, welches über 116 Runden unter grüner Flagge ablief und fast ausnahmslos von Hendrick Motorsports dominiert wurde. Junior, Johnson und Jeff Gordon wechselten sich munter an der Spitze ab, bis Montoya in Turn 2 die Mauer streifte und eine Gelbphase auslöste. Der Mauerkuss war kein tragischer, aber NASCAR kam die Situation wohl äußerst gelegen, um das Feld wieder etwas zusammenzuführen.
Zu diesem Zeitpunkt war nur noch weniger als die Hälfte des Feldes in der Führungsrunde verblieben und gleich elf Fahrzeuge holten mittels eines „wave-around“ den Rundenrückstand wieder ein. Junior ließ an der Box Änderungen an der Trackbar-Einstellung vornehmen und hatte danach praktisch nichts mehr mit dem Rennsieg zu tun. Er tauchte noch kurz in den Top5 auf, nahm beim finalen Stopp nur zwei neue Reifen und wurde bis auf Rang 8 durchgereicht. Tony Stewart ging zu Beginn des letzten Renndrittels nach der langen Grünphase auf Risiko und nahm nur zwei neue Reifen. Die gewonnene „track position“ katapultierte ihn wieder in Führung. Dahinter stritten sich kurz nach Schwenken der grünen Flagge die Teamkollegen Gordon und Johnson um Platz 2. Dabei gingen die beiden mit einer ungewohnten Härte vor, die sogar eine Berührung ihrer beiden Fahrzeuge zur Folge hatte. Johnson bekam ausgangs Turn 4 leichtes Übersteuern und fuhr Gordon in die Seite, was für beide mit schönen Donut-Abdrücken auf Türhöhe endete. Wie üblich bei solchen Manövern hat danach auch mindestens einer einen „fender rub“ und überraschenderweise war es diesmal Jimmie Jonhson, den das Pech erwischte.
Doch es dauerte noch 31(!) Runden, bis sich Johnsons linker Vorderreifen dann doch verabschiedete. Jeden anderen hätte es wohl nach spätestens zehn Umläufen erwischt, inkl. Mauereinschlag. Da noch mehr als 50 Runden zu fahren waren, bedeutete dies, dass er einen weiteren Stopp benötigten würde, um im Benzinfenster zu bleiben. Von beiden Fahrern hörte man hinterher, dass sie äußerst „enttäuscht“ waren, dass der jeweils andere so hart zu Werke gegangen sei. Jeff Gordon war nach seinem Scharmützel mit Johnson zwischenzeitlich an Tony Stewart vorbeigegangen und lag damit wieder in Führung. Dann folgten die letzten „green flag stops“, die alle Fahrzeuge außer der #48 im Spritfenster unterbrachte und die Reihenfolge für das Finale festlegten: Jeff Gordon vor Jimmie Johnson, Tony Stewart, Jeff Burton und Denny Hamlin. Die Stunde Hamlins, der ab Halbzeit unauffällig in den Top10 mitfuhr, sollte dann später noch schlagen.
Jeff Gordon fuhr vorne weg und sah wie der sichere Sieger aus, da Johnson ja nochmal tanken musste und Stewart einfach zu weit weg war. Was würde also Johnson helfen, die Situation wieder zu drehen? Richtig, eine Gelbphase! Und die kam dann auch prompt als David Reutimann 24 Runden vor dem Ende der Motor hochging; ein kapitales Ding mit Feuerspur und allem drum und dran. Da die Reifen ja erst 20 Runden alt waren, pokerten fast alle Fahrer in der Spitzengruppe und nahmen nur zwei neue Gummis. Lediglich Jeff Gordon und Jimmie Johnson entschieden sich für vier frische Pneus. Es kam was kommen musste: Zum Restart standen die beiden ausgewiesenen Favoriten auf den Rennsieg nur in der vierten Startreihe und mussten erstmal wieder an die Spitze vordringen, was dann zu einem gewaltigen Unfall führte.
In einer „three-wide“ Situation versuchte Gordon an Stewart und Biffle vorbei zu kommen und hatte dabei Carl Edwards im Schlepptau. Stewart wurde außen „loose“, verlor an Geschwindigkeit und bekam einen unbeabsichtigten Stoß von Edwards hinter ihm. Dadurch verlor er komplett die Kontrolle über das Auto und drehte dabei den neben ihm fahrenden Gordon mit um. Unten kam Biffle noch durch und direkt davor fuhr Glückspilz Jimmie Johnson, der die folgende Massenkarambolage ebenfalls unbeschadet überstand. Ebenfalls verwickelt war Juan Pablo Montoya, der zu diesem Zeitpunkt auf Top10-Kurs unterwegs war und die Punkte dringend benötigt hätte. Sein Ausweichmanöver über das nasse Gras im Infield brachte ihn total vom Kurs ab und endete frontal in der Außenmauer der Start- und Zielgeraden.
Nach einer roten Flagge blieben dann weitere Boxenstopps vor dem Finalsprint über zwölf Runden aus. Denny Hamlin und Jeff Burton lagen mit ihren nur zwei neuen Reifen aus Runde 312 noch ganz vorne, dahinter folgten Dale Earnhardt Jr und Kyle Busch ebenfalls auf ziemlich abgenagten Reifen, sowie Jimmie Johnson auf Platz 5. Johnsons Reifen stammten zwar genauso wie alle anderen aus Runde 312, dafür nahm er zu dem Zeitpunkt vier neue Gummis mit auf die Reise. Denny Hamlin übernahm schnell die Führung, während Burton nach einem Mauerkontakt zum Ende noch auf Platz 12 abrutschte. Dann begann die große Aufholjagd von Jimmie Johnson, der innerhalb von zwei Runden zuerst seinen Teamkollegen Earnhardt und dann Hamlins Teamkollegen Kyle Busch einkassierte. In den letzten beiden Runden kam Johnson Hamlin dann doch noch bedrohlich nahe, konnte den zweiten Sieg des angeschlagenen Denny Hamlin in den letzten drei Rennen aber nicht mehr verhindern. Eine Runde hätte Johnson wohl noch gefehlt, um den Sieg stattdessen einzusacken.
Wirklich unverdient wäre das auch gar nicht mal gewesen, wenn man sich überlegt, dass Johnson doppelt so viele Runden wie Hamlin geführt hat und am Schluss mit einer fantastischen Aufholjagd gute Rennaction bot. Insgesamt zeigte sich auch die Dominanz der Hendricks in diesen Zahlen: Insgesamt 283 der 334 Runden lag ein Chevrolet von Rick Hendrick vorne, die 74 Führungsrunden von Tony Stewart sind da schon eingerechnet. Mithalten konnten nur der Ford von Greg Biffle, der RCR-Chevy von Jeff Burton und natürlich der spätere Rennsieger Denny Hamlin, die jedoch alle jeweils weniger als 13 Runden in Führung lagen. Das ist schon ein wenig beängstigend, aber bis Dover kommen ja noch vier Rennen im ersten Saisondrittel. Hoffentlich können Roush-Fenway, RCR und Joe Gibbs die Lücke bis zum Chase schließen.
Die spannende Schlussphase konnte dann, so schön sie anzusehen war, aber doch nicht über die gähnende Leere im Mittelteil hinweg täuschen. Ich vermute allerdings, dass ich als NASCAR-Fan damit leben muss, denn es gibt schon ziemlich viele weit auseinander gehende Meinungen zu bestimmten Themen. Ein weiteres Beispiel sind auch die drei „green-white-checkered“-Anläufe: Die FOX-Kommentatoren griffen mehrfach auf, dass ein Fahrer, der das gesamte Rennen nicht in Erscheinung getreten ist, durch eine einzige taktische Entscheidung in die Victory-Lane fahren kann. Es kommt eben nur darauf an, ob man mit seinen zwei oder vier neuen Reifen besser für 0,1,2 oder gar Overdrive-Versuche gerüstet ist. Insgesamt ist das Racing schon etwas undurchsichtig geworden, durch das breitere Starterfeld und das Punkteformat liegen dann aber trotzdem immer die starken Fahrer vorne; zumindest in den Punkten. Wie am Anfang erwähnt, ist der Sprint Cup dann halt doch fast wieder eine Langstreckenmeisterschaft!
Andere Fahrer im Rennen und Einblick in die Punkte:
Kurt Busch, Mark Martin und Denny Hamlin haben massiv an Plätzen in der Meisterschaft gewonnen und stehen nach guten Ergebnissen in Texas jetzt im Chase. Tony Stewart, Clint Bowyer und Carl Edwards rutschten durch ihre Beteiligung an der Massenkarambolage aus selbigem. Die Top5 sind unverändert Jimmie Johnson, Matt Kenseth, Greg Biffle, Kevin Harvick und Jeff Gordon, wobei Johnson mit seinem zweiten Platz den Abstand auf Kenseth über die 100-Punkte-Marke heben konnte, nämlich von 36 auf 108. Ebenfalls derzeit im Chase sind Kyle Busch, Dale Earnhardt Jr, Jeff Burton und Joey Logano auf Platz 12; punktgleich mit Tony Stewart, dem Dreizehnten.
Kasey Kahne fuhr in Texas unauffällig auf Platz 5 und machte vier Plätze in der Meisterschaft gut. Er steht jetzt auf Rang 22, zwei Plätze vor Juan Pablo Montoya, der wieder einmal völlig unverschuldet aus dem Rennen genommen wurde. Langsam wird es für ihn mit dem Chase aber schon sehr knapp, sein Rückstand summiert sich mittlerweile auf 152 Punkte. Der einzige Trost für ihn mag sein, dass es wirklich absolut nicht an ihm lieg. Er hat bisher in dieser Saison einfach massiv Pech gehabt und dabei bringt EGR an jedem Wochenende mindestens ein Top10-Auto mit an die Strecke. Ebenfalls unauffällig in die Top10 fahren konnte Martin Truex Jr, der als Neunter wieder ein gutes Ergebnis holte. Die gewohnten Top20 blieben Saisonüberraschung Paul Menard nach dem „big one“ leider verwehrt.
In den Top35 der Owner-Wertung machte Travis Kvapil wieder den Sprung vorbei an Robby Gordon, womit dieser die #7 in Talladega über die Zeit ins Feld fahren muss. Da die drei Teams von Front Row Motorsports und Robby Gordon recht dicht beisammen ins Ziel kamen, bleibt es in den Top35 eng:
33) #38 Kevin Conway: 628 Punkte (+15)
34) #34 Travis Kvapil: 617 Punkte (+4)
35) #37 David Gilliland: 614 Punkte (+1)
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36) #7 Robby Gordon: 613 Punkte,(-1)
37) #13 Max Papis: 458 Punkte, (-156)
38) #26 David Stremme: 457 Punkte, (-157)
Michael Waltrip, der in der nächsten Woche in Talladega die #55 von Phil Parsons fährt, hat gute Aussichten auf eine erfolgreiche Qualifikation. Die #55 konnte bisher für alle acht Saisonrennen qualifiziert werden und steht in den Owner-Points auf Platz 42. Das bedeutet, dass der von Aaron‘s gesponsorte Toyota im Falle einer verregneten Qualifikation auf dem 43. und letzen Startplatz im Rennen stünde. Platz 43, weil bei einer Absage auch die Sieger letztjähriger Rennen ein garantiertes Startrecht haben. Der #09-Chevy von Phoenix Motorsports rückt dann nämlich von Owner-Points-Position 46 direkt auf 36 vor.
Die Links zu den kompletten Ergebnissen und Meisterschafts- und Owner-Tabellen gibt es hier:
Rennergebnis
Meisterschaftstabelle
Owner Points
3 Kommentare
Leider konnte ich das Rennen wegen Spätschicht nicht ansehen, aber scheinbar habe ich nix verpaßt.
Der Wechsel vom Flügel zum Spoiler hat scheinbar auch nicht viel ausgemacht. Naja, mal gucken wie es in Talladega abläuft …
Ich habe mir das Rennen teilweise per Livestream angeguckt.. aber wie auch bei mir, fehlte einfach mal die Zeit und auch die Geduld alles in Ruhe anzuschauen…
deswegen schau ich die rennen lieber als „aufzeichnung“ an. die ist spaetestens am naechsten tag verfuegbar und die bildqualitaet ist 1a (HD). dann kann man auch die zaehen rennteile „durchskippen“ und werbung gibts auch keine. :)
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