Nach den beiden guten Rennen in Portimao steht der nächste spektakuläre Kurs auf dem Programm. In Brands Hatch hat bisher immer spannende Rennen gegeben.
Die Strecke in England ist bekannt, auch dafür, dass der Sicherheitsstandard nicht mehr auf dem neusten Stand ist. Man ist flott unterwegs und ein Abflug resultiert meist in einem Totalausfall. Was bei den Tourenwagen meist glimpflich abgeht, hat bekanntermaßen im letzten Jahr zu tragischen Tod von Henry Surtees beim Formel 2 Rennen geführt. Dennoch fährt man weiterhin auch die große Schleife, obwohl auch der Speed der Tourenwagen zu gelegt hat. BMW wird vermutlich in Brands Hatch nur Schadensbegrenzung betreiben können, denn man hat dem 320si 20kg Gewicht drauf gepackt.
Somit fahren die Seat, der Cruze und der BMW mit jeweils 40kg Mehrgewicht rum. Den Seats scheint das nichts auszumachen, die Chevy kommen ebenfalls mit dem Gewicht gut klar, aber für die BMW wird es in Brands Hatch schwer werden, vorne mitzumischen. Dafür startet Volvo wie im letzten Jahr mit einem C30 Eco, den Robert Dahlgren pilotieren wird. Es gibt das Gerücht, das Volvo 2010 endgültig den Sprung von der schwedischen Meisterschaft zur WTCC macht, bestätigt ist aber noch nicht. Schön wäre es ja, wenn man noch eine weitere Marke dabei hätte.
Nach dem Verlauf der bisherigen Saison wird ein Sieg wohl wieder nur über die Seat gehen. Zumindest in Lauf 1 sollte ein Seat um den Sieg kämpfen können, nach den bisherigen guten Leistungen von Tiago Monteiro und Gabriele Tarquini könnten es sogar zwei Leon sein, die man erst mal niederringen muss. Ich bin immer noch überrascht, dass Chevy mit dem Cruze nicht deutlicher in der Lage ist, die Seat unter Druck zu setzen. Man kommt einfach nicht an die Spanier heran, obwohl diese ja offiziell keine Werksunterstützung mehr haben. Chevrolet startet mit drei Werkswagen, die Daten werden ausgetauscht, aber den Sprung ganz nach vorne schafft man nicht. Hier müsste die FIA mal wieder in Sachen „Balance of performace“ einschreiten, aber bei diesem heiklen Thema tut man sich ja erfahrungsgemäß schwer.
Völlig unverständlich ist da auch die Einstufung des Volvo C30, den man ebenfall 40kg Ballast ins Auto wirft. Die Regeln besagen, dass man neue Fahrzeuge erst einmal belastet um dann (nach drei Rennen) zu sehen, wie viel man wieder aus dem Wagen nimmt. So lockt man keine neuen Hersteller an. Das Gewichtsproblem gilt ja auch für die „Independent Trophy“, doch die wissen sich mittlerweile zu helfen. Reihenweise entstauben die Teams alte Modelle, wie den Chevrolet Lancetti, den alten 320si oder den Seat mit Benzinmotor, weil die 20kg weniger Ballast als bei der Einstufung mit sich führen. Das ganze System entwickelt sich zu einer echten Farce. Wenn man mit einem alten Wagen schneller unterwegs ist als mit einem Neuwagen, in dessen Kauf und Entwicklung die kleinen Teams viel Geld investiert hat, dann kann was nicht stimmen. Die Sinnlosigkeit der Einschätzungen, die angeblich damit zusammenhängt, dass die Seat-Teams bei einer Änderung mit einem sofortigen Rückzug drohen, kann man eigentlich nicht besser beschreiben, als mit dem Einsatz eines vergleichsweise steinalten Fahrzeugs.
Das Übel liegt weiterhin bei den Diesel, die von der FIA nicht genügend eingebremst werden. Immer, wenn man denkt, die Seat müssten aber jetzt mal an ihrer Leistungsgrenze sein, packen sie den Hammer aus und lassen alles und jeden hinter sich stehen. Der Witz ist, dass Seat die Leistung des Leon offiziell mit 284 PS (Chevy 278 PS, BMW 275 PS) angibt, das Drehmoment aber bei satten 450 Nm (Chevy 267 Nm, BMW 242 Nm) liegt. Und doch fahren alle drei mit dem gleichem Gewicht. Da die anderen Hersteller nicht auf den Diesel-Zug aufgesprungen sind, ergibt sich ein Ungleichgewicht, dass keiner mehr lösen kann. Immerhin kommt 2011 ja der Weltmotor (4 Zylinder, 1.6 Liter Turbo) und der Diesel ist endlich Geschichte.
Alles andere als mindestens ein Seat Sieg am Wochenende wäre also eine Überraschung. Vom typisch britischem Wetter wird am Wochenende auch nicht viel sehen, im Moment liegt die Regenwahrscheinlichkeit bei null Prozent.