Nach dem Knüller von Indianapolis und vor dem zweiten Rundkursrennen in Watkins Glen ist es nun Zeit für das Spätsommerrennen in Pocono. Der erste Meisterschaftslauf im Juni sah einen dominanten Denny Hamlin, der seine Siegesstatistik weiter aufpolieren konnte.
Zum zweiten Mal in diesem Jahr gastiert der Sprint Cup nun auf dem Pocono Raceway, dieses Mal gibt es allerdings eine Neuerung: Anstatt sich endlich mal von der langweiligen und in puncto Sicherheit überholten Rennstrecke zu verabschieden, lädt man mit den Trucks eine weitere der drei nationalen Rennserien auf das Tri-Oval ein. Während im Juni traditionsgemäß die ARCA-Serie den Cup unterstützt, feiert jetzt Anfang August die Truck-Serie ihr Debüt in Pennsylvania. Was soll man groß zu Pocono sagen? Die Debatte ist bekannt und wird schon länger geführt: Langweilige Rennen, da meist ein Fahrer in dominanter Manier dem Rest des Feldes enteilt und alleine in den Sonnenuntergang fährt. Größere Veränderungen bringen meist nur die Cautions, während denen die Teams ihre Abstimmung verkorksen/verbessern oder die hier so wichtige „track position“ verlieren/gewinnen können. Auf der Strecke geht meist nichts, leider muss man sagen, denn die drei unterschiedlichen Turns und die daher erforderliche Kompromissabstimmung lassen eigentlich besseres Racing vermuten.
Dazu kommt die Sicherheit der Rennstrecke oder besser gesagt die nicht vorhandene Sicherheit: Grasflächen im Infield, dahinter Leitplanken wie auf US-Highways und teilweise fehlende Fangzäune! Der Unfall zwischen AJ Allmendinger und Kasey Kahne im Juni-Rennen beförderte den Ford mit der #9 fast durch die Nordostdeutsche-Baumallee-Gedächtnishecke, was auch ganz schnell hätte böse ins Auge gehen können. Warum auf dieser Geraden kein Zaun installiert ist, der die fliegenden Autos auf der Strecke hält, ist mir schleierhaft. Auslöser der Situation war ein Blocking von Allmendinger, was Kahne auf die noch nasse Wiese zwang, wo er komplett die Kontrolle über das Auto verlor. Gras im Infield also – ein weiterer Kritikpunkt, den sich viele Speedways in den USA gefallen lassen müssen.
Einstellen muss man sich am Wochenende auf durchschnittlich 3 Stunden und 45 Minuten Zugfahrt. Wer den NASCAR-Train dabei anführen wird, ist wie immer nicht leicht zu sagen. Denny Hamlin gewann das Juni-Rennen und konnte sich dabei gegen den Teamkollegen Kyle Busch, sowie RCR-Pilot Clint Bowyer durchsetzen. Auf der NASCAR-Homepage erschien im Juni ein Artikel, der besagte, Pocono liege besonders den Spezialisten für flache Shorttracks und nannte den später siegreichen Hamlin zu allererst. Wenn man sich zum Beispiel an die letzten Rennen in Martinsville erinnert, dann standen dort seit Ende 2006 nur Jimmie Johnson und Denny Hamlin in der „victory lane“.
Hamlin fuhr im Juni seinen vierten Pocono-Sieg ein und zog dabei mit Jeff Gordon gleich. Johnson verfügt wie Tony Stewart, Kurt Busch und Carl Edwards dagegen bisher erst über zwei Erfolge. Ryan Newman und Kasey Kahne gewannen jeweils ein Mal auf dem Pocono Raceway. Gerade Jimmie Johnson muss sich nach einigen schlechten Resultaten in Folge nun so langsam mal wieder erholen, da es rasant auf den Beginn des Chase zugeht. Auch Edwards könnte für Ford den so dringend benötigten Sieg holen, nachdem er in den letzten beiden Rennen wieder in die Top10 fuhr und auch Greg Biffle mit dem dritten Platz in Indy das Ford-Lager zurück ins Geschehen brachte. Generell bevorzugt die Strecke aber keinen der vier Hersteller besonders, es kommt lediglich darauf an, wer sein Auto am besten auf das Tri-Oval abstimmt.
Bei Richard Childress Racing gehe ich nach dem Super-Mannschaftsergebnis von Indianapolis auch wieder von einem ausgiebigen Top10-Run aller drei Fahrzeuge aus. Im Pocono-Juni-Rennen gelang ihnen das ja auch, allen voran Kevin Harvick auf Platz 4. Zusätzliche Top10-Kandidaten sind für mich ganz vorne Kyle Busch nach seinem zweiten Platz in der letzten Ausgabe, sowie Juan Pablo Montoya, dessen drei letzte Pocono-Resultate 2, 8 und 8 lauten. AJ Allmendinger ist derzeit oft auf Top10-Kurs und komischerweise liegt auch Sam Hornish Jr diese Strecke. In seinen letzten drei Pocono-Rennen kam er immer innerhalb der Top11 an. Auch Allmendinger-Teamkollege Paul Menard kratzte zuletzt wieder an den Top10.
Mein Siegtipp an diesem Wochenende ist einer der etablierten Fahrer: Tony Stewart. Seit Dover im Mai fuhr er nur zwei Mal nicht in die Top9 und die letzten beiden Rennen beendete er auf Platz 9 und 5. Zudem sahen seine drei letzten Pocono-Rennen auch ziemlich erfolgreich aus: Platz 1, 10 und 3. Ein Sieg von Smoke ist 2010 überfällig und der könnte in dieser Woche endlich kommen. Zwei Mal konnte Stewart ja bereits in Pocono gewinnen, er weiß also, wie es geht. Ansonsten muss man wie gesagt mit Hamlin, Johnson und auch Edwards rechnen. Vielleicht bringt auch Kasey Kahne dem Hersteller Ford den ersehnten ersten Saison-Erfolg. Jeff Gordon würde ich nicht totreden, der kann bekanntlich jederzeit zurückschlagen, die Frage ist nicht ob, sondern nur wann! Nimmt man Montoya und die Busch-Brüder hinzu, hat man eine ziemlich glaubwürdige Top10-Gruppe versammelt.
In der Meisterschaft haben Mark Martin und Dale Earnhardt Jr noch gute Chancen auf den Chase, für Ryan Newman, Jamie McMurray und Kasey Kahne wird es da schon schwieriger werden. Martin und Earnhardt müssen jedoch sehen, dass sie den Anschluss an die Spitze im Rennen wiederfinden. Junior dümpelt ja schon längere Zeit bis auf ein paar Ausreißer immer im Mittelfeld herum: Nur zwei Top5 und sechs Top10 Resultate in 20 Saisonrennen sprechen da schon eine deutliche Sprache. Bei Martin kann man wohl davon ausgehen, dass sein derzeitiger Durchhänger nur eine vorübergehende Formkrise ist. Allerdings hat er bis zum Chase nur noch sechs Rennen Zeit, zur alten Form zurück zu finden. Bei den Top35 tut sich vermutlich eher nichts in nächster Zeit, zu groß ist der Abstand der #26 auf die #71.
Derzeit im Chase:
– Denny Hamlin und Jimmie Johnson mit jeweils fünf Siegen
– Kevin Harvick und die Busch-Brüder mit jeweils zwei Siegen
– Jeff Gordon, Jeff Burton, Matt Kenseth, Tony Stewart, Carl Edwards, Greg Biffle und Clint Bowyer bisher ohne Sieg
Interessant dabei:
– Jeff Gordon ohne Saisonsieg auf Rang 2!
– Gordon und Johnson die einzigen Hendrick-Piloten im Chase, dazu Stewart als „Kunden-Hendrick“
– alle drei RCR-Piloten in den Top12
– für Joe Gibbs nur Denny Hamlin und Kyle Busch im Chase
– drei Roush-Fords (Kenseth, Edwards und Biffle), aber kein RPM-Ford in den Top12
– Kurt Busch als Dodge-Einzelkämpfer im Chase
Das Cup-Rennen überträgt ESPN am Sonntagabend ab 18 Uhr, der Rennstart ist wie gewöhnlich gegen ca. 19:15 Uhr. Das Qualifying steht am Freitag an und kann ab 21:30 Uhr auf SPEED verfolgt werden. Ebenfalls in Pocono sind die Trucks unterwegs, deren Rennen am Samstagabend zu sehen ist. Auch hier überträgt SPEED und zwar ab 18:30 Uhr. Die Nationwide Series fährt am Wochenende auf dem Iowa Speedway. Das Rennen wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 1 Uhr auf ESPN2 gesendet.
News
Noch ein paar Neuigkeiten sind seit der Indy-Analyse in dieser Woche hinzugekommen:
– Marcos Ambrose schmeißt zum Ende der Saison bei JTG-Daugherty Racing hin. Weitere Pläne sind bisher noch unbekannt, allerdings wird der Australier als Nachfolger von Kasey Kahne in der #9 bei Richard Petty Motorsports gehandelt. Der Wechsel ist angeblich zu 95% fix, es gibt aber noch keine offiziellen Aussagen diesbezüglich. Mögliche Sponsoren: bisher Fehlanzeige!
– Das freigewordene Cockpit in der #47 übernimmt ab 2011 Bobby Labonte, der damit seiner jüngsten Team-Odyssee eine weitere Karriere-Station hinzufügt. Die technologische Partnerschaft mit Michael Waltrip Racing und gutes Sponsoring durch verschiedene Firmen sollten JTG-Daugherty Racing eigentlich konkurrenzfähig machen. Man wird abwarten müssen, was für Labonte bei diesem Wechsel herausspringt. Interessant wird es allemal, weil MWR und JTG damit Zugriff auf gute Daten eines Veteranen bekommen sollten, zudem ist Labonte ja eher Oval- als Rundkurs-Fahrer.