Mal etwas anderes: die GT1-Weltmeisterschaft ist an diesem Wochenende quasi nur Support-Serie, wenn die unteren GT-Klassen in eines der Sportwagen-Saisonhighlights starten, das 24 Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps.
Seit 1924 wird dieses traditionsreiche Ausdauerrennen (mit einigen Lücken)ausgetragen und war dabei vielen Wechseln unterworfen: mal gehörte es zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, mal zur Tourenwagen-EM, mal war es ein Standalone-Event, in den letzten Jahren fuhren dann schließlich die Top-Sportwagen der FIA GT1 und GT2 in den Ardennen zweimal rund um die Uhr.
Doch nach der neuesten Umgestaltung der Sportwagenklassen durch FIA und SRO hätte das Rennen anno 2010 Teil der GT2-Europameisterschaft sein sollen. Da die nun – mangels Teilnehmern – für dieses Jahr ausgesetzt wurde, stellen die anstehenden 24 Stunden allein den „GT2 European Cup“ dar – unterstützt von GT3 und GT4 sowie einigen Fahrzeugen in der Sonderklasse GTN.
Über 40 Teams hat man so zusammenbekommen, und die Starterliste enthält eine ganze Reihe von großen Namen. In der Top-Klasse GT2 handelt es sich um das übliche Duell Porsche vs. Ferrari. Mit zwei F430 läuft die Team-Koperation AF Corse-ALD Vitaphone auf. Bruni/van de Poele/Longin/Vilander gehören dabei sicherlich zu den Top-Favoriten für das Rennen, interessant ist aber auch der erste große Europa-Auftritt des zweimaligen Daytona 500-Siegers Michael Waltrip im anderen Fahrzeug, an der Seite seines geschäftlichen Partners Robert Kauffmann und von Nicola Cadei. Waltrip nahm in diesem Jahr schon an den 24h von Dubai teil, sein großes Ziel ist Le Mans.
Zu den stärksten Porsche-Wagen sollten rein nominell das BMS Scuderia Italia-Fahrzeug (3. In Le Mans!) mit Dumas/Bergmeister/Ragginger/Henzler sowie einer der beiden IMSA Performance Matmut-911er mit Narac/Pilet/Long/Lietz gehören. Auch den zweiten Wagen des Heimteams Prospeed mit Westbrook/Holzer/Lieb/Goossens sollte man nicht unterschätzen. Für Trackspeed gehen mit Sebastian Asch und Tim Bergemister u.a. zwei deutsche GT Masters-Piloten an den Start.
Ein Wort um den Gesamtsieg mitreden werden aber auch einige Teams, die in der auf nationalen Reglements basierenden GTN-Klasse eingeschrieben sind, so vor allem Schnitzer-BMW mit zwei M3 GT2 in der ALMS-Variante und den Fahrertrios J. Müller/Lamy/Alzen und Werner/D. Müller/Adorf.
Ebenfalls stark besetzt in der GTN-Klasse unterwegs ist der Mosler MT900 des belgischen Gravity International-Teams mit dem in der GT1 auftrumpfenden Romain Grosjean sowie Diego Alessi, der in der GT3-EM zuletzte stärkere Leistungen zeigte, und den Belgiern Radermecker und Marchal. Das österreichische JetAlliance-Team, ehemals in der FIA GT unterwegs, setzt in dieser Klasse einen Porsche 997 Cup mit Lichtner-Hoyer/Eckert/Seefried/Rich ein.
In der GT3, der zahlmäßig stärksten Klasse, herrscht die aus der Europameisterschaft und den nationalen Serien bekannte Vielfalt: Audi, Porsche, BMW, Ford GT, Ford Mustang und Lamborghini sind dabei. Zwei der R8 LMS kommen von Phoenix Racing, Kumpen/Fässler/Luhr/Rockenfeller und Margaritis/Hennerici/Piccini/Moser steuern die beiden; in einem der drei Audi des WRT-Teams sitzen u.a. die beiden deutschen Routiniers Frank Biela und Frank Stippler
Das nahe der Rennstrecke angesiedelte Mühlner Motorsports-Team setzt zwei Cup S-Porsche ein, und auch MarcVDS, die bereits die 1000km von Spa in der GT1-Klasse hier vor heimischen Publikum gewonnen haben, ist mit zwei Ford GT am Start. Für das US-amerikanische United Autosports-Team sind mit Mark Blundell, Eddie Cheever und Stefan Johansson drei Ex-F1-Piloten auf die zwei Audi R8 verteilt.
In der kleinen GT4-Klasse sind lediglich vier Fahrzeuge am Start, beachtenswert ist dabei vor allem das Jota Team mit seinem neuen Aston Martin V8 Vantage, den bei der ersten Ausfahrt Simon Dolan, Sam Hancock, Roger Wills und Joe Twyman steuern; denn die britische Mannschaft hat bereits vor einige Wochen angekündigt, 2011 für Aston Martin Racing in der GT2-Klasse der Le Mans Series anzutreten, langfristig strebt man sogar ein LMP1-Engagement an.
Das Wetter dürfte auf der beliebten Ardennen-Achterbahn wie so oft wieder wechselhaft werden, wobei die Regenwahrscheinlichkeit am Sonntag höher ist als am Samstag. Das Rennen startet am Samstag um 16 Uhr, MotorsTV wird erfreulicherweise ein gutes Stück live übertragen und auch auf der GT1-Website soll es Teile zu sehen geben. Die TV-Zeiten stehen in unserer TV-Vorschau. Das Live Timing sollte es auf der Website des GT2-Europacups geben.
GT1-WM
Wie bereits gesagt, stellt sich die GT1-Weltmeisterschaft an diesem Wochenende in den Schatten ihrer Unterkategorien und trägt ihre Rennen bereits am Freitag und Samstag aus. Auch hier gilt die wechselhafte Wettervorhersage, die für viel Spektakel sorgen könnte.
Zwei größere Änderungen in der Entry List gab es: zum Einen ist die in Silverstone abgebrannte zweite Phoenix-Corvette endlich wieder aufgebaut und einsatzbereit und zum Anderen handelt es sich um das erste Rennen der neu sortierten Matech-Fahrerkombinationen: Romain Grosjean und Thomas Mutsch, Zeitplatzierte in der Fahrer-WM, wurden auseinandergerissen, Grosjean bildet nun mit Neel Jani ein Duo im ehemaligen Damen-Auto #6, Mutsch wird mit Richard Westbrook, Porsche-Fahrer aus der Le Mans Series in der #5 gepaart. Das kann große Auswirkungen auf die Fahrer- wie auch auf die Teamwertung haben, denn auch hier hat Matech (62) hinter Vitaphone (93) und Sumo Power (70) noch Titelchancen.
Die Tabellenführer Bartels/Bertonlini sind nach dem Sieg in Le Castellet entsprechend beladen, trotzdem aber stets stark einzuschätzen. Da das wechselhafte Wetter auch schon in den Trainingseinheiten am Donnerstag zuschlug, sind diese wohl nicht allzu aussagekräftig. Schnellste waren einmal Bernoldi/Ramos im Maserati, einmal Maassen/Verdonck in der Mad Croc-Corvette, die Resultate jeweils stark durchmischt und daher wenig aussagekräftig. Man darf also gespannt sein, was das Qualifying am Freitagmorgen, das Quali-Rennen am Nachmittag und das Hauptrennen am Samstag ergeben. Zeiten finden sich im Racingblog-TV Guide, Stream und Timing gibt es wie immer auf der GT1-Website.
Rückblick: ALMS in Lime Rock
Wie erwartet sorgte die Kürze und Enge der Rennstrecke in Nordwest-Connecticut für ein actionreiches Rennen, viel davon war allerdings eher von der negativen Sorte. So wurden schon früh im Rennen die GT2-Tabellenführer Bruni/Melo ins Abseits befördert, auch die Corvette von Magnussen/O’Connell kam nicht weit, ebenso wie das letzte verbliebende Alex Job Racing-Team Sweedler/Kapudjia. Es wurde lustig gestoßen und geschubst und auf der nassen Wiese waren die Reifenstapel mangels Bremswirkung noch schneller erreicht als üblich.
Auch bei den LMPs gab es früh Probleme: Jonny Cocker übernahm zwar in Runde 7 die Führung vom Highcroft-HPD, verlor sie jedoch einige Runden später wieder gemeinsam mit dem Vortrieb. Anders als Dyson Racing, die beim Heimevent bald mit Turboschaden ausgeschieden waren, konnte der Drayson-Lola ähnlich wie der von Intersport jedoch nach dem Beheben der technischen Probleme wieder ins Rennen gehen.
Vorn blieben aber so nur der Highcroft-HPD und der CytoSport-Porsche übrig, die in der Folge den Gesamtsieg unter sich ausmachten. Durch Boxenstoppstrategie und Überrundungen hatte Klaus Graf bei Anbruch der Schlussphase etwa zwanzig Sekunden Vorsprung, David Brabham jedoch flog um den Kurs und holte ihn bald ein, ein hartes Duell entwickelte sich.
Dann griff Brabham auf der Start/Ziel-Geraden an, während Graf gerade einige GT-Fahrzeuge überrundete. Dabei fuhr der Schwarzwälder einen so weiten Bogen, dass er Brabham, den er nicht neben sich wähnte, aufs Gras abdrängte. Die Folge: eine Stop&Go-Strafe für Graf, völlig zurecht, auch wenn Teambesitzer und Co-Pilot Greg Pickett am Kommandostand wie ein Rohrspatz fluchte. Graf hatte zwar nicht absichtlich gehandelt, jedoch gab es keine Notwendigkeit, eine so weite Linie zu wählen und auch, dass er zu dem Zeitpunkt des Zwischenfalls in den linken, nicht in den rechten Rückspiegel schaute, kann kaum als Entschuldigung dienen.
Doch Highcroft, denen das den Sieg verschafft hätte, erwischte es noch schlimmer: bereits vor dem unfreiwilligen Ausflug neben die Bahn hatte das Team dem Australier mitgeteilt, dass der Sensor des hinteren rechten Reifens ein Problem melde, Brabham jedoch schien davon zunächst nichts zu spüren. Kurz nach dem Zwischenfall – und vermutlich durch diesen beschleunigt – löste sich dann der Reifen in seine Bestandteile auf. Brabham musste annähernd eine Runde um den Kurs humpeln und verlor so mehr Zeit, als Graf durch die Strafe. Den Vorsprung von rund einer halben Minute konnte er in den wenigen verbleibenden Runden locker ins Ziel bringen und fuhr so den ersten Gesamtsieg für Picketts CytoSport-Team ein.
In der GT-Klasse siegten, begünstigt durch die Ausfälle und Probleme der Konkurrenz, der Flying Lizard-Porsche von Bergmeister/Long. Dahinter kamen die beiden BMW ins Ziel, die sich über weite Strecke bekriegten und um die Aufteilung der Podestplätze stritten. Hätte man sich hier „einigen“ können, hätte man – beim ersten US-Rennen mit dem Le Mans-Aero-Paket – eventuell sogar eine Chance auf den Klassensieg gehabt, jedoch verzichtete man seitens Rahal-Lettermann und BMW auf Teamorder, abgesehen von einem klaren Verbot, sich gegenseitig abzuräumen. Sehenswert war das Duell allemal.
In der LMPC siegten Jeanette/Julian für das Green Earth Team Gunnar, denen am Ende noch der Sprit ausging, was aber keinen Einfluss mehr hatte, da man eine Runde Vorsprung vor Figge/Papadopoulus herausgefahren hatte. In der GTC gewann das TRG-Duo Lally/Richard, nachdem das Black Swan-Team dieses Mal kleinere Probleme hatte, u.a. auch einmal von Greg Pickett im Porsche RS Spyder in der Uphill-Schikane unsanft ins aus geschoben wurde.
Die Meisterschaftswertungen sind weiterhin überaus spannend: in der LMP liegt das Highcroft-Team nur noch sieben Punkte vor Cytosport, in der GT2 führen bei den Fahrern Bergmeister/Long deutlich vor Auberlen/Milner, während in der Teamwertung, in die jeweils beide Fahrzeuge einbezogen werden, Flying Lizard (Porsche) nur einen Punkt vor Rahal-Letterman Racing (BMW) und acht Punkte vor Risi Competizione (Ferrari) liegt. Corvette Racing ist nach einem weiteren unglücklichen Rennen bereits deutlich zurück.
Der nächste Lauf am kommenden Wochenende in Mid-Ohio, wo die ALMS im Rahmen der IndyCar Series antritt, wird übrigens wie das Laguna Seca-Rennen wieder live gestreamt, wer sich also für die Serie interessiert, sollte sich den Samstagabend freihalten.
3 Kommentare
Klasse Foto!!
Ist noch aus den 24h von Le Mans-Beständen, aber ich fands auch sehr schön und sehr passend für dieses Rennwochenende, da da IMSA/Matmut ja mit seinen zwei Porsche wie gesagt imho zu den Favoriten gehört.
Noch kurz ein Nachtrag zur ALMS: MotorsTV hat ein klasse Onboard-Video vom BMW-Zweikampf hochgeladen: http://www.youtube.com/watch?v=PyEPspdAphQ
Der BMW Zweikampf war wirklich klasse, aber auch sonst bot das Rennen dank der (kriminell) engen Strecke eine Menge Action. Die ALMS ist dieses Jahr echt sehr sehenswert.
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