Die 1000km von Silverstone an diesem Wochenende sind gleichzeitig das Finale der 2010er-Saison der europäischen Le Mans Series wie auch der Auftakt zur ersten Ausgabe des Intercontinental Le Mans Cup – kurz ILMC – entsprechend groß sind die Erwartungen und das Teilnehmerfeld.
Update nach dem Trainingsfreitag:
Der erste Tag in Silverstone ist rum. Morgens war es noch ziemlich feucht, aber die LMS-Trainings waren erst am Nachmittag und entsprechend halbwegs trocken, bis auf kurze Niesel-Schauer. In der ersten Session wurde auch noch eine kurze Safety Car-Übung eingeschoben, da man wie immer in der LMS mit zwei dieser Fahrzeuge arbeitet.
Die Zeiten vom ersten Training sind nicht wirklich relevant, im zweiten ging es dank weiter abgetrockneter Fahrbahn einige Sekunden schneller um den Kurs. Und da lag dann Peugeot doppelt vorn, wobei die #1 (weiß grad nicht, ob Minassian oder Davidson) kurz vor dem Ende noch eine 1’43.9 fuhr, etwas 1,2 Sekunden schneller als der bis dahin führende Oreca-Schwesterwagen. Dem Kristensen/McNish-Audi fehlten auf dieses Wagen ca. 0,7 Sekunden, also knapp 1,9 auf den Werks-Peugeot. Das ist schon ein gehöriger Abstand, da wird Audi morgen noch ein wenig zaubern müssen, es sei denn, man hat heute gemauert, was ich aber kaum glaube.
Dem besten Benziner, dem Belicchi/Boullion-Rebellion-Lola, fehlt weniger als eine halbe Sekunde auf den zweiten Audi. Die Restriktor-Vergrößerung von Portimao scheint den Abstand weiter verkleinert zu haben, wirklich konkurrenzfähig sind die Benziner gegen die Diesel aber nach wie vor nicht.
In der LMP2 war der Quifel-Ginetta Schnellster vor Strakka und RML, für das deutsche Comeback-Team KSM und die vor Budapest neu hinzugekommene britische RLR-Mannschaft lief es eher schleppend, hier muss noch Speed gefunden werden.
Große Überraschung in der GT2: der JMW-Aston Martin V8 Vantage bestätigte die aufsteigende Tendenz der letzten Rennen mit einer Trainingsbestzeit, gegen die keines der Top-Teams, weder AF Corse (#95 auf P2) noch Felbermay Proton (#77 auf P3) etwas ausrichten konnten. Bleibt abzuwarten, ob das nur eine schnelle Runde mit wenig Sprit war, oder ob Bell/Turner wie in Portimao eine echte Chance aufs Podium haben (dort reichte es am Ende für P4).
Das belgische Prospeed-Team war auch gut unterwegs, am Ende langte es zu Platz 5, zwei Ränge dahinter sortierte sich der einzige BMW M3 ein. Die CRS-Ferrari, in Budapest noch Sieganwärter, finden sich auf den hinteren Klassenplätzen wieder.
Silverstone-Guide für Anfänger
Ich war ja dieses Jahr schon in Spa, und obwohl beide Strecken alte, aber mittlerweile diverse Male umgebaute Traditionsstrecken sind, könnten sie sich kaum mehr unterscheiden. Hat man in Spa nur wenige echte Sitzplatz-Tribünen, dafür aber Naturtribünen-Hänge, ist Silverstone als ehemaliger Flughafen völlig flach und hat stattdessen moderne erhöhte Tribünen an fast jeder Ecke.
Die fehlenden Berge oder Hügel machen sich natürlich auch sound-mäßig bemerkbar, es ist ohne Echo doch spürbar leiser und damit etwas angenehmer zu ertragen, auch wenn das „Donnergrollen“ im Ardennen-Tal seinen Charme hatte.
Die besten Plätze zum Gucken sind meiner Meinung nach:
– Luffield/Woodcote: man sieht die Fahrzeuge die Wellington (ehemals National) Straight herunterkommen, durch die flotte Brookslands- und die langgezogene Luffield-Kurve fahren und dann wieder auf Start/Ziel herausbeschleunigen. Das lohnt sich, da kann man einige Zeit verbringen.
– Copse: Klassiker. Die Tribüne und der Zuschauerhügel auf der Innenseite bieten einen guten Blick über den Zaun, aber auch von der Außenseite ist die Kurve spektakulär.
– Abbey: die neue Abbey-Kurve ist großartig, gerade mit der noch existenten berüchtigten Bodenwelle. Irre schnell (fast alle meine dort geschossenen Fotos sind völlig unbrauchbar ;-)) und gelegentlich gibt’s auch mal nen Highspeed-Dreher zu „bewundern“, der aber dank gut dosiertem Asphalt-Auslauf meist kein böses Ende hat.
Enttäuscht war ich von der Start/Ziel-Gerade, da wurden die Tribünen nach hinten versetzt, um für Woodcote mehr Auslauf zu schaffen und so hat man einen sehr bescheidenen Blick auf die Boxengasse. Der Becketts-Grandstand hat zwar den Vorteil, dass man Maggots/Becketts/Chapel ebenso überblicken kann wie die neue Arena, aber auch hier ist der Abstand sehr groß. Die Arena-Tribünen selbst waren leider heute noch geschlossen, ebenso wie einige andere.
Was mir aufgefallen ist: die Zytek-Motoren von Beechdean-Mansell und LNT produzieren beim Runterschalten (zumindest vor Abbey, woanders hab ich nicht drauf geachtet) viel mehr Fehlzündungen als alle anderen Autos. Jetzt müsste mir nur mal ein Ingenieur oder Mechaniker sagen, ob das was zu bedeuten hat ;-)
Am Ende des Artikels gibts einige Fotos. Mehr Infos und Fotos in den nächsten Tagen hier oder via Twitter ;-)
Vorschau
Die Vorschau fällt dieses Mal etwas kompakter aus, da ich selbst vor Ort sein werde und mitten in den Reisevorbereitungen stecke. Umso ausführlicher wird aber dafür die Nachberichterstattung ausfallen.
Silverstone ist nun zum dritten Mal in Folge Austragungsort des LMS-Finales und auch die richtige Wahl dafür. Gefahren wird auf der im Frühjahr eröffneten Arena-Variante, also mit der schnellen Abbey-Links gefolgt von der ebenso flotten Rechts Farm Curve, bevor die Arena selbst eine gute Überholmöglichkeit bietet. In den Rennen der F1 und der GT-Serien hat sich das neue Streckenlayout nicht schlecht geschlagen.
Die Entry List umfasst 46 Fahrzeuge, darunter sind sechs Werkseinsätze, die in der LMP1 und der GT2 in drei Läufen (Silverstone, Road Atlanta, Zhuhai) um den International Le Mans Cup kämpfen.
Sowohl Peugeot als auch Audi schicken jeweils zwei ihrer Diesel-Prototypen ins Rennen, wobei neben dem Oreca-Peugeot, der die ganze Saison bestritt, nur ein „echter“ Werkswagen eingesetzt wird und zwar mit Anthony Davidson und Nicolas Minassian am Steuer. Für den Oreca-908 mit Lapierre/Sarrazin (diesmal ohne Oliver Panis) geht es aber vor allem auch um den Meistertitel: nur zwei Punkte beträgt der Vorprung auf den Signature Plus-Aston Martin, weitere drei Punkte dahinter lauert trotz zweier ausgelassener Rennen der Kristensen/McNish-Audi.
Die beiden werden auch durch die gesamte kurze ILMC-Saison zusammen antreten, während die Besetzung des zweiten Fahrzeugs variiert. In Silverstone sind Rinaldo Capello und Le Mans-Sieger Timo Bernhard an der Reihe. Die Aerodynamik des R15plus wurde für die drei ILMC-Rennen modifiziert, um für die drei Strecken die nötige Downforce zu bekommen, die auf dem Circuit de la Sarthe nicht gebraucht wurde.
Dahinter hat sich vom Speed her Aston Martin bei seinen wenigen Auftritten als dritte Kraft und bester Benziner etabliert – aber auch bei den Briten schlug bei den 24h von Le Mans der Defektteufel zu, jedoch erst gegen Rennende, die sechs Stunden sollten zu überstehen sein.
Aber auch abseits dieser drei Werke bietet die LMP1-Klasse erfrischende Abwechslung: die zwei Rebellion-Lola sind wie immer dabei; die Mansells sind diesmal wieder vollzählig, nachdem Greg und Leo in Budapest bewiesen haben, dass man trotz mangelnden Speeds etwas reißen kann: ähnlich wie Audi in Le Mans, nämlich durch Zuverlässigkeit; das Team LNT (Mowlem/Burgess/McMurry) schickt einen weiteren Ginetta-Zytek ins Rennen, ebenso wie im Vorjahr, als Nigel Mansell in diesem Wagen sein Comeback gab und wieder Blut leckte.
Und dann kommt auch noch Drayson Racing zum Heimrennen über den Teich, nachdem man in den letzten Wochen Höhen und Tiefen durchmachte, von der ersten Pole in Mid-Ohio zum ersten Sieg auf der Road America, gefolgt von einem von Johnny Cocker (mit-)verursachten heftigen Crash beim Überrunden, der in Mosport zum Rennabbruch führte.
Sowohl der Kampf zwischen den Top-Autos als auch der zwischen den Benzinern dahinter dürfte einiges an Spannung bieten, auch wenn die Werks-Aston Martin hier einen Vorteil haben.
In der LMP2 kämpfen zwei nahe Silverstone beheimatete Teams um den Titel. Die Nase vorn hat dabei momentan um 13 Punkte die Mannschaft von Ray Mallock Ltd., da der schnellere Strakka-HPD bei zwei von vier Läufen das Ziel nicht erreichte.
Kruse Schiller-Motorsport ist endlich auch mal wieder bei einem Lauf dabei, neben Jean de Pourtales und Jonathan Kennard wird dieses Mal allerdings der Spanier Lucas Ordonez dritter Mann sein. Der hat seinen Weg in den echten Motorsport tatsächlich über Videospiele geschafft, er ist Sieger der Nissan/Playstation GT Academy 2008 und hat danach einige Rennen im GT4-Europacup bestritten. Es wird interessant sein, zu sehen, wie er sich in einem Prototypen schlägt.
In der GT1 tritt lediglich der Larbre-Saleen, seines Zeichens Le Mans-Sieger 2010, an, nachdem das Schwesterauto der österreichischen Atlas-Teams nach dem schweren Unfall in Budapest nicht wieder aufgebaut werden konnte. Die Meisterschaft war aber so oder so bereits entschieden.
Die GT2 hat wie immer ein grandioses Feld zu bieten, in dem sich vor allem Ferrari und Porsche um die ILMC-Krone streiten werden. In den Wettbewerb um letztere möchte aber auch BMW noch eingreifen und schickt einen M3 GT2 ins Rennen, pilotiert von Dirk Werner und Jörg Müller.
Der LMS-Titel dagegen ist Richard Lietz und Marc Lieb dagegen bei 15 Punkten Vorsprung kaum noch zu nehmen, die beiden waren in ihrem Felbermayr-Proton-Porsche einfach zu dominant und zu zuverlässig. Drei Rennen gewann man, in Portimao reichte es zu Platz 3. Ob in Silverstone jemand etwas gegen die beiden unternehmen kann, bleibt auch abzuwarten.
Die Wettervorhersage für das Wochenende ist ziemlich wechselhaft. Der momentane Stand ist: Sonne am Freitag, Regen am Samstag, erst Nebel, dann Sonne am Sonntag, alles bei Temperaturen zwischen 10 und 20°C.
Start ist um 13 Uhr deutscher Zeit (12 Uhr Ortszeit) und dieses mal ist auch Eurosport wieder ausführlicher dabei: Start- und Schlussphase werden im Hauptprogramm übertragen, der mittlere Rennabschnitt bis auf eine Stunde auf Eurosport2.





3 Kommentare
hey stefan, erstmal wünsche ich dir ganz viel spaß vor ort. =) bei hoffentlich guten wetter. aber nebel & regen muß schon drin sein wenn man in england ist.
schade das die lemans serie irgendwie untergeht…was denn tv bereich angeht. zum teil nur 30min vom rennen auf eurosport…kein livestream denn man von beiden seiten wenigstens anbieten könnte. ich mein, wieso fahren sie da das volle program auf wenn von einen 6 stunden renntag nur 30min live im tv kommen. keiner bricht sich irgendwas wenn er es live im netz streamt.
aber auch das ist ein zeichen was das thema nascar (lange rennen) angeht. kein tv sender will sich sowas mehr ans knie binden. und dann noch zur prime time in europa. es sei denn er hat nix was er sa/so abend zeigen kann.
Über Silverstone kann man sich nicht beklagen, 5,5 h live auf ESP 1+2 ist sehr gut.
Der Rest der Saison war natürlich sehr dürftig im TV.
LMS kommt nur dann live, wenn jemand das zahlt bzw. sponsert. Im Normalfall sind das Peugeot und/oder Audi.
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