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Rückblick: LMS/ILMC in Silverstone

von StefanTegethoff
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Nach der überraschenden Doppelpole am Samstag war der Rennsonntag ein Desaster für Audi, Peugeot dagegen triumphierte so dominant, wie es das zweite Freitagstraining hatte erahnen lassen.

Was die Spitze angeht, war die Startphase der spektakulärste Teil des Rennens. Anthony Davidson hatte sich direkt beim Umschalten der Ampel auf Grün zwischen die beiden Peugeot gesetzt und hetzte in den ersten Runden des 1000km-Rennens Allan McNish um den Kurs, kam jedoch zunächst nicht vorbei. Nun ist es ja nicht unbedingt notwendig, in einem Rennen dieser Länge früh in Führung zu gehen und Davidsons teils ungestüme Angriffe erinnerten schon fast an die Morgenstunden des 24h-Rennens im Juni, als er ohne Rücksicht auf Verluste den Audi hinterherjagte. Doch der Peugeot war deutlich schneller und der Engländer wollte diesen Vorteil verständlicherweise nutzen.

Nach einigen Runden schnappte er sich McNish dann auch, und zwar vor der neuen Abbey-Kurve, der zukünftigen ersten Kurve. Sicher wäre es spannend gewesen, zu sehen, welches Tempo McNish danach hätte gehen können bzw. wie weit der Peugeot vorn davongezogen wäre. Doch dazu kam es nicht: noch bevor das Rennen eine halbe Stunde alt war, rollte der R15plus mit dem gelben Überrollbügel und der #7 dank Differentialschaden auf der Wellington Straight aus.

Danach hatten die beiden Peugeot ein vergleichsweise ruhiges Rennen. Klar – flott fahren mussten sie immer noch und Fehler sollte man sich auch möglichst keine erlauben – aber eine echte Chance hatten Rinaldo Capello und dem aktuellen Le Mans-Champion Timo Bernhard (der sich schon in der Aufwärmrunde im Maggotts/Becketts-Bereich gedreht hatte) in der #8 zu keinem Zeitpunkt, sodass die Top 3 bis zur Zielflagge diese Reihenfolge beibehielten, alle drei kamen außerdem innerhalb einer Runde ins Ziel. Oreca-Pilot Stephane Sarrazin ist mit diesem Ergebnis alleiniger Fahrerchampion, eben weil er einmal – in Spa – nicht im Oreca-Peugeot, sondern im Werkswagen saß und sich dort einige Punkte Vorsprung sichern konnte.

Der frühe Ausfall der #7 ist ein völliges Desaster für Audi. Nicht nur hat man so die kleine Chance auf den LMS-Gesamtsieg verloren (aber auch so hätte man wohl keine Chance gehabt, den Oreca-Peugeot vom Thron zu stoßen), sondern auch für den Intercontinental Le Mans Cup, für den Kristensen und McNish offiziell als „Speerspitze“ aufgestellt waren, büßt man somit früh Chancen ein: bei nur noch zwei ausstehenden Rennen wird der Rückstand nur schwerlich wettzumachen sein.

Peugeot dagegen hat mit dem 908 nach dem Ausfall-Drama in Le Mans einen würdigen Europa-Ausstand erreicht. Das vier Jahre alte Modell kann in Sachen Speed den R15plus noch genauso übertrumpfen wie davor den R15 und den R10, was schon wirklich erstaunlich ist. Zwei Schlagabtausche wird es nun noch geben, bevor nächstes Frühjahr in Sebring die beiden Nachfolgemodelle aufeinandertreffen dürften.

Dann sollen auch die Benziner endgültig zu den Dieseln aufrücken „dürfen“. Der ACO hat Aston  Martin versprochen, die nach wie vor bestehende Lücke endlich zu schließen, denn nur unter dieser Bedingung baut der britische Hersteller einen neuen Prototypen – und zwar diesmal komplett in Eigenregie, nicht als Weiterentwicklung eines Lola-Chassis.

Ein Kundenteam hat man dafür auch bereits, Jota Sports hat angekündigt, ab 2012 das neue AMR-Chassis einzusetzen, nachdem man zuvor ein Jahr in der GTE-Klasse das aktuell im GT4-Europacup startende Team auf die LMS einstellen will.

Wie üblich war Aston Martin dann auch die dritte Kraft, auch wenn das Rebellion-Team näher herangerückt ist. So hatte die #009 am Ende zwei Runden mehr auf dem Konto als die #12, während die #007 nach Aufholjagd aus der letzten Startreihe schließlich im Kies endete. Zwischen den Lolas von Rebellion und Drayson ging es in der ersten Rennhälfte recht eng zu, bis es dann schließlich zu einer Kollision zwischen Bellicchi und dem Drayson-Lola kam, die diesen Rebellion-Lola eliminierte, und noch etwas später seine Lordschaft ein Rad verlor, was auch dieses Team zurückwarf. Am Ende sollte es Rang 11 werden.

Geschlagen wurde das Team aus Gloustershire dabei vom zweiten Union Jack-Fahrzeug, den Mansell-Brüdern Greg und Leo. Vater Nigel hatte den medizinischen Check nicht überstanden, hieß es kurz vor Rennstart. Somit beschränkte sich seine Arbeit fürs Wochenende darauf, reichlich Autogramme zu geben, nicht nur auf Papier, sondern auch auf Helme und Teile alter Formel 1-Autos. Seine Jungs aber lieferten am Lenkrad des Beechdean-Mansell-Ginetta Zytek wie schon in Budapest einen soliden Job ab und wurden hinter den bereits genannten und dem Signature Plus-Aston Martin Siebte, wenn auch mit neun Umläufen Rückstand auf das Siegertrio.

Hinter ihnen kam das LMP2-Siegertrio ins Ziel: Strakka vor Quifel und der #35 von Oak Racing allesamt innerhalb einer Runde. Strakka war mit dem HPD wie so oft in dieser Saison am Schnellsten, aber die Profi-Fahrer Kane und Watts mussten die verlorene Zeit ihres Gentleman Driver-Kollegen Leventis wieder herausholen, als dieser in seinem Stint zur Rennmitte beim Überrunden mit dem GT2-Spyker aneinandergeriet. Doch Kanes anfänglich herausgefahrene Führung und Watts Fahrt nach der Reparatur reichten aus, um den den Quifel-Ginetta noch zu schnappen und damit Sieg zu holen.

Für den Titel reichte dieser erneute Sieg jedoch nach einigen Ausfällen im Laufe der Saison nicht mehr aus, dieser ging – ohne einen einzigen Rennsieg – an das viertplatzierte RML-Team mit Tommy Erdos, Mike Newton und Ben „The Stig“ Collins.

Besonders dramatisch ging es in der GT2-Klasse zu: das ganze Rennen über hatten Rob Bell und Darren Turner von der Pole aus gestartet an der Spitze gelegen, immer knapp gefolgt vom #96 AF Corse-Ferrari und dem Prospeed-Porsche. Mal schrumpfte der Abstand, mal wuchs er wieder, im neuen Arena-Streckenteil konnte man den Ferrari und den Aston Martin oft mehr oder weniger beisammen bewundern, nur durch wenige Sekunden getrennt.

Am Ende reichte es nicht für das JMW-Team, weil man zum einen eine Stop&Go-Strafe für das Nutzen des Asphalts abseits der Strecke bekommen hatte, zum anderen zu einem kurzen Splash&Dash in die Box musste, da anscheinend der Verbrauch des V8 etwas höher ist. So gab es anstatt eines Heimsieges den zweiten Ferrari-Sieg der Saison nach Portimao für Gianmaria Bruni und Jaime Melo.

Dahinter lieferten Marco Holzer und Richard Westbrook im belgischen Prospeed-Porsche eine starke Vorstellung hab, hielten sich die meiste Zeit auf Rang 3 oder 4 und wurden am Ende durch die Boxenbesuche des Aston Martin noch auf Rang 2 vorgespült – ein verdienter positiver Abschluss für das Team am Ende der ersten LMS-Saison, in der es anfangs auch etwas schleppend lief.

Abseits des Podiums kamen Kirkaldy/Mullen für CRS-Ferrari, die alten und neuen GT2-Champions Richard Lietz und Marc Lieb im Felbermayr Proton-Porsche, Narac/Pilet im IMSA Performance Matmut-Porsche und Dumbreck/Coronel im Spyker auf einem soliden siebten Rang ins Ziel, noch vor Werner/Müller im BMW.

Der Sieg in der Michelin Gren X Challenge für die beste Kraftstoffeffizienz in Relation zu den Ergebnissen geht in diesem Jahr an das Team #24 Oak Racing. Zwar war prinzipiell auch hier der von Strakka eingesetzte Honda überlegen (und gewann die Lauf-Wertung), doch mit zwei Ausfällen war auch in dieser Wertung der Sieg außer Reichweite gerückt.

Damit ist die Saison der LMS vorüber, die Meistertitel sind vergeben, doch der neue Intercontinental Cup hat gerade erst angefangen. Audi hat bereits Chancen eingebüßt, aber wird alles tun, um beim Petit Le Mans auf der Road Atlanta am 2. Oktober zurückzuschlagen. Dort ist mein bisher meist gut unterwegs gewesen, jedoch gewann auch hier letztes Jahr in einem nach heftigem Regenschauer abgebrochenen Lauf die französische Konkurrenz.

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