In Silverstone hatte Audi eine deftige Niederlage gegen Peugeot einstecken müssen. Beim Abschlussrennen der ALMS in Road Atlanta konnte man aber lange dagegen halten.
Das Petit Le Mans hat mittlerweile eine richtige Tradition. Zum Ende der Prototypen-Saison treffen sich noch einmal alle in den USA um den letzten Sieg der Saison auszufahren. Die Strecke ist etwas kurz, aber durchaus sehr anspruchsvoll, vor allem die „Esses“, diese geschwungenen bergab/bergauf Kurven haben es in sich. Da der Vollgasanteil auf der Strecke relativ hoch ist, galten die Peugeot von Anfang an als Favoriten. Die haben dem 908 auch mittlerweile den Defektteufel ausgetrieben, der sie noch in Le Mans heimgesucht hat, indem sie die Titan-Pleuelstangen gegen welche aus Stahl eingetauscht haben. Erstaunlicherweise war Audi im Rennen aber längst nicht so unterlegen, wie man zunächst dachte. Bis zur siebten Stunde des Rennens war der Kampf um den Sieg offen. In der GT2 entschied sich alles erst in der letzten Runde.
LMP1
In der Quali hatten beide Peugeot die Audi R15 hinter sich gelassen, doch schon am Start zeigt mal wieder McNish, das ein Rennen eben etwas anderes ist. Schnell schnappte er sich Montagny und hetzte Marc Gene hinter her, der sich aber leicht absetzen konnten. Zwei Runden später schnappte sich auch Montagny wieder den zweiten Platz. Hinter McNish hatte sich zunächst der sehr schnelle Intersport Lola mit dem bärenstarken AER Motor festgesetzt, während es Marcel Fässler etwas ruhiger anging. Nach 20 Minuten gab es die erste Gelbphase, die Peugeot dazu nutzte, Marc Gene reinzuholen, während Montagny draußen blieb. Offenbar wollte man die Strategie schon früh aufteilen, um mehr Optionen zu haben. Audi beließ erst einmal beide Fahrer draußen, die dann auch die Spitze übernahmen. Erstaunlicherweise konnten sich die Audis zweitweise vorne ganz leicht absetzen. Normalerweise pendelte der Abstand zwischen den Top Teams immer zwischen 2 und 10 Sekunden, aber zwischenzeitlich wurde es zu viel, als dass man davon ausgehen konnte, dass Peugeot den Abstand nur kontrollierte. Vor allem der zweite Peugeot drohte bei einem Abstand von mehr als 50 Sekunden fast eine Überrundung, da die Rundenzeiten in Road Atlanta ja nur 70 bis 75 Sekunden betragen. Es sah also gut aus für Audi.
Doch dann kam die dritte Stunde und während eines Überrundungsvorgangs kam Andre Lotterer von der Ideallinie in den Esses ab. Auf der schmutzigen Spur in den Esses konnte er den R15 nicht mehr halten und blieb mit dem Splitter an einem Curb hängen. Die ganze Front zersplitterte, dazu der Unterboden. Damit war ein Audi schon aus dem Spitzenkampf raus, auch wenn er nach einer länglichen Reparaturzeit wieder auf die Strecke ging.
In der Folgezeit tat sich vorne nicht viel und beide Werkswagen hielten, je nach Boxenstopp die Führung. Erstaunlich blieb aber die Tatsache, dass der R15 auch auf der Distanz mit den 908 mithalten konnte, und nicht, wie befürchtet, von der Pace der Peugeot nieder gemacht wurde. Zwischenzeitlich hatten die Franzosen die zunächst gesplittete Taktik wieder aufgehoben und so drehten alle drei Führungsfahrzeuge ihre Runden.
Das änderte sich erst in Stunde 6 bei einer weiteren Caution. Audi kam zum Stopp rein, Peugeot ließ aber beide Wagen draußen und hielt damit die Spitze. Und plötzlich gasten beide 908 richtig an und bauten den Vorsprung aus. Dazu kam, dass etliche Caution folgten, die es Peugeot erlaubten wieder „in sequenze“ mit dem Stopp des übriggebliebenen Audi zu gehen. Damit war die Sache dann tatsächlich entschieden. In den letzten zwei Stunden zogen die 908 an der Spitze weg und Audi blieb am Ende nur der dritte Platz. Auch wenn es auf den ersten Blick nach einem mutigen Manöver von Peugeot aussah, am Ende konnte man gewinnen, weil Audi mangels eines zweiten Wagens in Reichweite zur Spitze, die Strategieoptionen ausgingen. Man konnte daran auch schön sehen, warum man eigentlich bei einem Langstreckenrennen noch einen dritten Wagen braucht.
Der Rest der LMP1 Wagen hatte natürlich keine Chance. Der Lola seiner Lordschaft litt unter dem Problem, dass der eigentlich eingeplante Emanuele Pirro im Training einen so heftigen Abflug hatte, dass die Ärzte ihm einen Start im Rennen verboten hatten. Also mussten sich Lord Drayson und der arme Johnny Cocker das Cockpit teilen, wobei Cocker gefühlt 8 der 9 Stunden unterwegs war. Familie Fields mit dem Intersport Lola mühte sich redlich, und erstaunlicherweise hielt man lange den vierten Platz. Dabei musste man sich gegen Ende des Rennens, als der Lola ein paar Schwächen zeigte, mit dem Highcroft ARX der LMP2 auseinandersetzen, der auf der Langstrecke mal wieder ein sein Tempo bewies. Zwar hatte der ARX in den letzten Rennen der ALMS mit Problemen zu kämpfen, aber in der reinen LMP2 Klassifizierung nach ACO-Regeln sah die Sache anders aus. Einziger Gegner in der LMP2 wäre vielleicht noch der Porsche RS Spyder gewesen, doch kämpfte vom Start weg mit massiven Elektrik Problemen, die dazu führten, dass der Motor im gesamten Rennen nur auf sieben Zylindern lief. Das man es dennoch auf den zweiten Platz in der Klasse schaffte, ist schon fast so etwas wie ein Sieg. Pech hatte der Dyson Lola/Mazda, der Mitte des Rennens in der Box verschwand und nicht mehr auftauchte. Auch der orangefarbene Autocon Lola musste schon früh die Segel streichen. So erlangte der unauffällig fahrenden, schon betagte Pescarolo P01 mit dem Judd-Motor den dritten Platz in der LMP1.
In der LMPC ging es hoch her, aber vor allem, weil alle (!) Orecas mit massiven Problemen zu kämpfen hatte. Die gesamte Klasse löste sich nach und nach komplett auf. Zwar kamen alle ins Ziel, aber vier der LMPC landeten in der Wertung noch hinter den GTC-Porsche. Nur der Oreca mit u.a. Marco Werner am Steuer kam fast durch, am Ende konnte der aber auch noch fahren, weil man alle Runden literweise Öl in den Motor kippte. Allerdings muss man fairerweise hinzufügen, dass der Oreca auch nicht für 10 Stunden Rennen gebaut ist.
GT-Klasse
Was für ein Rennen in der GT2. Egal, was für Ideen man mit der Klasse auch hat – einfach vergessen. Die Balance of Performance Einstellungen der ALMS stimmen haargenau, wie man schon die ganze Saison sehen konnte, nur beim BMW könnte man vielleicht noch etwas nachjustieren, aber angesichts der Tatsache, dass es den Münchner trotz des fehlenden Top Speed gelang, die Konstrukteurs-Meisterschaft zu gewinnen, wird die Konkurrenz das anders sehen.
Aber was soll man zu einem knapp 10 Stunden Rennen sagen, in dem sich sechs Wagen von drei Herstellern über die gesamte Zeit im Sekundenabstand um den Kurs hetzen? Es war Wahnsinn, was die beiden Risi-Ferrari, beide Corvette, ein BMW und ein Porsche da ablieferten. Die Positionen wechselten derartig oft und schnell, dass man nicht mehr hinterher kam, teilweise lag man zu Dritt nebeneinander auf der Geraden, ein vierter Konkurrent dann noch im Windschatten. Es war atemberaubend, was die GT2-Teams da zeigten, vor allem auch an der Box, wo alle Teams fehlerlos arbeiteten. Nur Risi hatte Pech mit beiden Wagen. Die #62 mit Bruni/Vilander hatte früh im Rennen einen Strafstopp, weil den Ford GT unsanft von der Strecke geschubst hatte. Einen weiteren Strafstopp kassieren unglücklicherweise Fisichella/Melo/Salo, die dann leider nicht mehr nach vorne kamen. Immer dabei, aber eher zurückhaltend unterwegs war der Flying Lizard Porsche mit Bergmeister/Long, die den Wagen aber auch unbedingt ins Ziel bringen musste, damit sie die Meisterschaft gewinnen konnten. Dementsprechend hielten sie sich aus allen Scharmützeln raus.
Richtig rund ging es in der GT aber erst in der letzten Runde. Nachdem sich das Feld in den letzten 100 Minuten des Rennens ein wenig auseinander gezogen hatte, brach in den letzten 15 Minuten plötzlich das Chaos los. Seit der letzten Caution war schon einige Zeit ins Land gezogen und offenbar mussten alle noch einmal an die Box. Ein schneller Splash & Dash war also angesagt und das Klassement purzelte wild durcheinander. Irgendwie schaffte es der Ferarri mit Bruni am Steuer vorne zu bleiben, aber in der letzten Runde, auf der letzten Geraden, ca. 500 Meter vor der Zielflagge, ging ihm der Sprit aus. Oliver Gavin in der Corvette holte sich so den Sieg und weil der zweite BMW sich auf Platz vier ins Ziel schleppte, konnten die Münchner auch die Konstrukteurs-Meisterschaft holen. Bei den Fahrern gewann allerdings Bruni die Meisterschaft.
BMW hatte etwas Pech, weil man den nominell schnelleren Wagen mit Müller/Hand/Priaulx schon früh verlor, weil sich an der Box der Anlasser verabschiedete. Auch die beiden Ford GT verschwanden schnell nach hinten, wobei man sagen muss, dass die #04 zweimal ohne eigenes Verschulden in die Wiese geschickt wurde. Die beiden Jaguar waren schon vor innerhalb der ersten Rennhälfte verschwunden, der durchaus mit Interesse erwartete neue Panoz Abruzi tauchte gar nicht erst auf, weil er nicht fertig geworden war.
Und dann war da noch der Porsche 911 Hybrid, der ab 2011 ja die komplette Saison fahren wird. Die ALMS hatte den Wagen ohne Beschränkung an den Start gelassen, ihn dafür aber listigerweise in eine eigene Klasse gesteckt. So fuhr er mehr oder weniger außer Konkurrenz. Leider hatte er schon zu Beginn des Rennens zwei Reifenschäden vorne links und fiel schnell drei Runden zurück, von denen man nur eine aufholen konnte. Es wäre schön gewesen, den Hybrid im Kampf der GT2 zu sehen, aber er zeigte von den Rundenzeiten schon mal, dass da im nächsten Jahr einiges gehen wird. Immerhin hielt die Technik auch durch.
Es war also ein regelrecht dramatisches Rennen, was da stattgefunden hatte, und wie immer bewies das Petit Le Mans, dass es ein würdiger Abschluss der Saison ist und das Langstreckenrennen eben ihre eigenen Gesetze haben.
Für die Saison 2011 gibt es wohl auch einige Neuigkeiten, die aber noch nicht komplett bestätigt sind.
– Es ist noch nicht klar, ob Audi und Peugeot die gesamte ALMS-Saison bestreiten werden, oder ob man nur die Rennen im Rahmen der inoffiziellen Weltmeisterschaft (Le Mans International Cup) fahren wird. Laut Speed sucht Audi für den Einsatz des R18 Partner in den USA und ganz oben auf der Liste steht wohl das Highcroft Team. Ob das aber passiert, ist eine andere Sache.
– Aston Martin wird seine neuen LMP1 wohl nur in der LMS starten lassen.
– Ebenfalls ungeklärt ist die Frage, ob BMW mit dem M3 weiterhin antreten wird. Die Entscheidung richtet sich ja nach dem Einsatz in der DTM. Der gewonnene Titel könnte allerdings für einen Verbleib in der ALMS sprechen.
– Ferrari wird den neuen 458 in der GT2 an den Start bringen.
– West Racing wird mit zwei Lamborghini Gallardo die GT2 bevölkern.
– Für die GTC gibt es Überlegungen der ALMS die Serie für andere Hersteller zu öffnen. Bisher ist es eine reine Porsche Meisterschaft, aber offenbar gibt es Gespräche zwischen der Serie und Audi, den R8 GT3 in die Serie zu bringen.
– Kalender 2011
19.03 Sebring 12 Stunden
16.04 Long Beach 100 Minuten
09.07 Lime Rock Park 2:45 Stunden
31.07 Mosport 2:45 Stunden
06.08 Mid-Ohio 2:45 Stunden
21.08 Road America 2:45 Stunden
03.09 Baltimore 2:45 Stunden
17.09 Laguna Seca 6 Stunden
15.10 Road Atlanta 1.000 Meilen
Auffällig ist die lange Pause zwischen den Rennen in Long Beach und Lime Rock. Aber da nimmt man Rücksicht auf den LMS-Kalender, da im Mai sowohl die 1000km von Spa, als auch die wieder eingeführten Testtermine in Le Mans sind.
Das war es dann in diesem Jahr schon mit der ALMS, deren Saison gefühlt immer etwas zu kurz ist. Ein weiteres Rennen später in der Saison wäre schön, aber immerhin hat man das Petit Le Mans 2011 schon auf Mitte Oktober gelegt.
1 Kommentare
Hm, das wird bestimmt ein Knaller, auf die “Esses” bin ich schon gespannt. Habe leider noch kein Rennen auf dieser Strecke verfolgt…
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