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NASCAR: Analyse Fontana Oktober 2010

von KristianStooss
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Ausgerechnet Fontana entpuppte sich am Wochenende als eines der spannenderen Rennen der letzten Zeit und sorgte für richtungsweisende Veränderungen in der Punktetabelle. Im Rennen wechselte oft die Führung und bis zum Schluss kristallisierte sich kein Fahrzeug als dominant heraus. Das Feld der Meisterschaftsfavoriten verkleinerte sich zunehmend.

Eigentlich ist der Auto Club Speedway nicht als Kracher bezüglich großer Spannung bekannt, doch das 400-Meilen-Rennen am Sonntag zeigte, was das Oval bieten kann, wenn es mal richtig gut läuft: Neun Gelbphasen über 36 der 200 Runden sorgten dafür, dass sich das Feld nicht so stark auseinanderziehen konnte, wie zuletzt noch häufig zu beobachten war. 23 Führungswechsel zwischen insgesamt 14 Fahrern zeigten, dass kein Fahrzeug in einer Glanzvorstellung den Rest des Feldes in Grund und Boden fuhr. Mindestens fünf Fahrer waren während der gesamten Renndistanz als mögliche Sieger in Betracht zu ziehen, doch Tony Stewart fuhr letztlich seinen zweiten Saisonerfolg ein und brachte sich damit wieder in Reichweite der Tabellenspitze. Sein Sieg kam nicht zuletzt wegen günstig gefallenen Gelbphasen gegen Rennende zustande.

In Führung begann das Rennen zunächst Polesitter Jamie McMurray, der allerdings nach 14 Runden die Spitzenposition an Matt Kenseth abgeben musste. Dieser brachte die #17 erst an Juan Pablo Montoya vorbei, der bereits nach weniger als zehn Umläufen für den ersten Aufreger sorgte. Beim Versuch, die obere Linie früh im Rennen zu nutzen, brach die #42 auf der staubbedeckten Asphaltdecke aus und touchierte die Mauer. Dabei beschädigte Montoya sein Auto zwar nicht schwer, jedoch reichte es, um ihn in der Folge ausreichend zu verlangsamen. Aus der Rennentscheidung hatte er sich somit selbst verabschiedet, sollte aber später noch kurz in Erscheinung treten.

Das erste Fünftel des Rennens beschlossen Boxenstopps unter grüner Flagge, die vor allem Jimmie Johnson äußerst gelegen kamen. Der Kalifornier fing sich im Heimrennen ein Trümmerteil vor dem Kühlergrill ein, welches sich auch nach mehrmaligen Ansaugversuchen und Hilfestellung von Kollegen mittels Unterdruck nicht lösen wollte. Die Wassertemperatur befand sich dabei glücklicherweise knapp unter dem Grenzbereich und beim „pit stop“ konnte die Crew das Teil dann schließlich entfernen.

Direkt nach den „green flag stops“ begann dann das Roush-Fenway-Drama des Rennens: Fontana ist dafür bekannt, dass es eine wahre Tortur für die Motoren darstellt. Diese Tatsache habe ich in der Vorschau leider übersehen. Bereits im Frühjahrsrennen kam es zu einigen Motorschäden, unter anderem bei Juan Pablo Montoya. Als Erstes erwischte es am Sonntag dann Greg Biffle, der sich in einer massiven Rauchwolke aus dem Rennen verabschiedete. Dadurch verlor er 130 Punkte auf Jimmie Johnson, den Führenden in der Meisterschaft. Für Biffle ist der neue Rückstand von über 200 Punkten wohl gleichbedeutend mit dem Ende aller Titelchancen in diesem Jahr. Weitere Schwierigkeiten beim Team von Roush-Fenway Racing sollten dann noch folgen.

Beim Wechsel ins zweite Rennviertel setzten sich dann zum Restart Jeff Gordon und Jimmie Johnson zuerst an Matt Kenseth vorbei und schließlich nacheinander in Führung. In Runde 54 war der Sprint allerdings beendet, weil Marcos Ambrose mit einem übersteuernden Auto einen Dreher hinlegte und dabei zwei Reifen zerstörte. Beim Neustart führten mit Dale Earnhardt Jr, der keinen Boxenstopp einlegte, Jimmie Johnson und Mark Martin drei Fahrer von Hendrick Motorsports das Feld an. Alle vier Piloten von Rick Hendrick sollten am Ende des Tages auch halbwegs solide Ergebnisse einfahren.

An dieser Stelle setzte sich das Roush-Pech fort und traf direkt beim Restart Carl Edwards, dem einfach der Motor abstarb. Während einer etwas längeren Reparaturpause wurde das Problem behoben, welches sich als defekter Zündverteiler herausstellte. In der Meisterschaft wird es nun auch für Edwards eng, der nach Fontana mehr als 150 Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze angesammelt hat.

Den folgenden Restart in Runde 62 führte Kyle Busch, gefolgt von Jimmie Johnson und Mark Martin an, musste seine Spitzenposition aber sofort an Johnson abgeben. Zehn Umläufe später zog dann Martin am Teamkollegen vorbei, Junior hatte sich zu diesem Zeitpunkt übrigens nach außerhalb der Top20 verabschiedet, weil er bekanntlich kurz davor auf einen Reifenwechsel verzichtete.

Bis zur Rennhälfte in Runde 100 kehrte dann allmählich wieder Ruhe ein, nur unterbrochen durch Boxenstopps unter grüner Flagge. Die Top5 danach lauteten Mark Martin, Jimmie Johnson, Jeff Gordon, Clint Bowyer und Tony Stewart. Damit hatten sich die wichtigen Fahrer für die Rennentscheidung an der Spitze sortiert.

In Runde 114 war es um Mark Martins 5,6-Sekunden-Führung geschehen, als NASCAR Trümmerteile auf der Strecke fand. Jeff Gordons Crew arbeitete in der Folge an der Box schneller als der Rest des Feldes, was die #24 wieder in Führung spülte. In Umlauf 126 setzte sich dann allerdings Clint Bowyer erstmals in Führung, der ab diesem Zeitpunkt seinen Anspruch auf den Sieg bedeutend untermauerte.

In Runde 137 war es mit der Entspannung jedoch vorbei, weil Marcos Ambrose seinen Toyota erneut umdrehte. Der Restart läutete vier Umläufe später eine turbulente Schlussphase ein, die Clint Bowyer anführen sollte. In den Top5 hatte sich zu diesem Zeitpunkt kaum etwas verändert, lediglich Denny Hamlin war von ganz hinten auf Platz 5 vorgerückt und verdrängte Jimmie Johnson auf den sechsten Rang; ein Getriebewechsel vor dem Rennen zwang Hamlin zur Aufgabe seines eigentlichen Startplatzes. Jeff Gordon, Mark Martin und Tony Stewart belegten vor der #11 die Plätze 2 bis 4.

Gelbphase Nummer 6 – erneut wegen „debris“ – folgte auf dem Fuße und brachte beim Neustart einen Wechsel an der Spitze: Tony Stewart, der spätere Sieger, setzte sich nun vor Bowyer in Führung. Zwischenzeitlich ging es im Kampf um wertvolle Positionen immer wieder drunter und drüber, teilweise fuhren die Piloten sogar zu fünft(!) nebeneinander durch die Turns. So ein actiongeladenes Fontana-Finale gab es selten zu sehen und der Grund dafür dürften die direkt aufeinanderfolgenden Gelbphasen gewesen sein. So war es keinem Fahrer möglich, sich allzu weit vom Rest des Feldes abzusetzen. Diese Tatsache wurde später auch Clint Bowyer zum Verhängnis.

Als nächster Chase-Pilot war Kyle Busch an der Reihe, seine Titelchancen zu begraben, als bei der #18 der Toyota-Motor seinen Geist aufgab. Mit fast 200 Punkten Rückstand auf Jimmie Johnson dürfte der jüngere Busch-Bruder in den verbleibenden sechs Playoff-Rennen nun wesentlich schlechtere Karten haben als noch zuletzt.

Das Benzinfenster konnte man bei noch 40 zu fahrenden Runden schließen, wobei Juan Pablo Montoya aber ziemlich hoch pokerte und nur zwei neue Reifen auf die ondulierte #42 ziehen ließ. Der Meute, bestehend aus Tony Stewart, Ryan Newman, Clint Bowyer und Mark Martin, war der Kolumbianer dann deshalb auch ein dankbares Opfer.

In Runde 168 folgte der große Moment von Clint Bowyer, denn er hatte das dominante Auto auf den „long runs“, das zeigte etwas früher ja auch die Übernahme der Führung von Jeff Gordon. An Tony Stewart vorbeigezogen, erkämpfte er sich einen mehrsekündigen Vorsprung, der ihm wohl den Rennsieg beschert hätte, doch NASCAR fand 17 Runden vor dem Ende „debris“ auf der Gegengerade. Clint Bowyer war im ersten Moment völlig außer sich und wetterte über den Bordfunk, was das denn nun sollte. Da die Trümmerteile allerdings nicht zu übersehen waren und zudem auch innerhalb des „grooves“ lagen, war Gelbphase Nummer 8 natürlich völlig berechtigt.

Der Großteil des Feldes zog nun an der Box noch einmal vier neue Reifen auf, da sich diese Kombination auf längere Sicht bewährt hatte. Lediglich Paul Menard und Regan Smith sorgten für Aufregung, indem sie nur deren zwei Pneus aufschnallen ließen.

12 Runden vor Schluss stand der Restart an, bei dem Tony Stewart und der Rest der Top10 den Taktik-Spielern keine Chance ließen. Zeit für Roush-Fenway-Drama, die Dritte: Auch Matt Kenseth kam nicht ungeschoren davon, denn so kurz vor dem Ende zollte auch sein Ford-Triebwerk der Motor-mordenden Strecke in Fontana Tribut. Er konnte das Rennen zwar noch beenden, jedoch musste er sich mit eindeutigen Rauchzeichen aus den Top10 verabschieden. Die neunte und letzte Gelbphase war daraufhin jedoch nicht Kenseth geschuldet, sondern Kurt Busch und David Ragan. Das macht die Probleme von Jack Roush natürlich nicht kleiner, kam somit doch kein einziges seiner vier Teams heil durch das Rennen. Ragan übersah Busch auf der äußeren Linie und wurde von diesem ausgangs von Turn 4 umgedreht, wodurch beide Fahrer in der Mauer landeten.

In den verbleibenden zwei Runden nach dem letzten Restart konnte Clint Bowyer den Stewart-Haas-Chevrolet von Tony Stewart allerdings nicht mehr abfangen. Stewart gelang somit der zweite Saisonsieg und ein dringend benötigter Sprung in der Fahrerwertung. Mit etwas mehr als 100 Punkten hinter Jimmie Johnson wahrt er vorerst alle Chancen auf die Meisterschaft. Clint Bowyer musste sich mit Platz 2 begnügen, einen Rang vor Jimmie Johnson, der Dritter wurde. Kasey Kahne und Ryan Newman komplettierten die Top5, wobei Kahne in einem unauffälligen Rennen endlich mal wieder ein solides Resultat einfuhr.

Mark Martin beendete seine maue Serie endlich als guter Sechter vor den drei Chasern Kevin Harvick, Denny Hamlin und Jeff Gordon. Gordon hatte dabei noch Glück, denn zwischenzeitlich verlor er wegen einer Geschwindigkeitsübertretung inklusiver anschließender Strafe viele Plätze. Auch Harvick wurde übrigens einmal zu schnell erwischt. David Reutimann schob sich als letzter Fahrer in die Top10.

Dahinter kamen Joey Logano und Regan Smith ins Ziel, wobei Smith von der taktischen Finesse mit den nur zwei neuen Reifen kurz vor Schluss profitierte. Elliott Sadler wurde 13. vor Juan Pablo Montoya, der sogar zwei Mal zu schnell in den Boxen erwischt wurde. Hinter Sam Hornish Jr kam Dale Earnhardt Jr auf Platz 16, nachdem er zuvor im Rennen weiter vorne unterwegs war. Die gesamte Hendrick-Flotte kam somit in den Top16 ins Ziel, wobei Earnhardts Leistungen trotz des recht guten Ergebnisses weiterhin Anlass zur Sorge bereiten. Polesitter Jamie McMurray musste sich am Ende mit Rang 17 zufrieden geben. Paul Menard brachte der taktische Kniff im Gegensatz zu Smith nicht viel, er wurde nur 22.

Die restlichen Chaser kamen außerhalb der Top20 ins Ziel und verloren dabei wichtige Punkte auf den Tabellenführer Jimmie Johnson: Mit Kurt Busch (21.), Jeff Burton (23.), Matt Kenseth (30.), Carl Edwards (34.), Kyle Busch (35.) und Greg Biffle (41.) betraf das sogar die Hälfte der zwölf Playoff-Piloten.

In der Meisterschaft bedeutet das Rennergebnis folgendes: Jimmie Johnson konnte seinen Vorsprung auf Denny Hamlin etwas ausbauen und hat nun 36 Punkte Vorsprung. Innerhalb von 100 Punkten hinter Johnson liegen Kevin Harvick (-54) und Jeff Gordon (-85). Der Sieg brachte Tony Stewart wieder etwas näher an die Spitze heran, allerdings beträgt sein Rückstand immer noch 107 Zähler. Eng wird es langsam für Kurt Busch (-140) und Carl Edwards (-162), die benötigen schon ein Top-Resultat in nächster Zeit, um ihre Chancen auf die Meisterschaft zu bewahren. Jeff Burton (-177) und Kyle Busch (-187) sind wohl bereits aus der Entscheidung heraus.

Ganz finster sieht es bei Greg Biffle (-215), Matt Kenseth (-241) und Clint Bowyer (-247) aus, da ist vermutlich alles gegessen. Besonders bitter ist die 150-Punkte-Strafe für Bowyer, da er ansonsten auf Rang 5 in der Meisterschaft stünde. Roush-Fenway Racing hat sich mit gleich drei technischen Defekten in Fontana auch keinen Gefallen getan und dadurch mindestens einen aussichtsreichen Fahrer mit Titelchancen verloren.

In der Owner-Wertung wird es zunehmend interessanter, da David Gilliland die #38 von Front Row Motorsports auf einen tollen 20. Platz bringen konnte. Kevin Conway im Auto von Robby Gordon Motorsports war dagegen auf Rang 31 der erste Fahrer mit Rundenrückstand, noch dazu gleich deren drei. Das sagt zum einen etwas über die Qualität des Fontana-Rennens aus, zum anderen über die Fahr- und Abstimmungskünste des Rookies. Der Kampf um die Top35 hat sich schließlich final zugespitzt: Nur noch 25 Pünktchen trennen die #38 und die #7, ein Platzierungswechsel und damit auch der Wechsel des garantierten Startrechts könnte schon in Charlotte oder Martinsville erfolgen. Vor den beiden Teams liegt die #71 von TRG Motorsports und auch hier tragen die „start & park“-Einsätze nicht viele Früchte, 43 Zähler Vorsprung auf Rang 36 sind die Folge. Weil Patrick Carpentier die #26 in Fontana nicht qualifizieren konnte, hat das Team von Bill Jenkins jetzt wieder 170 Punkte Rückstand.

In den nächsten beiden Wochen geht es nach Charlotte und Martinsville, welche verdammt gute Strecken für Jimmie Johnson darstellen. Alleine in Martinsville haben zum Beispiel Johnson und Denny Hamlin ganz alleine die Siegerlisten der letzten paar Jahre gestellt. Vor Fontana war der Chase weit offen, doch die Fehlschläge einiger Teams haben nun das Favoritenfeld verkleinert. Es bleibt spannend…

NASCAR war leider nicht wie gewohnt schnell mit den üblichen Grafiken, die folgen dann im Laufe des Tages noch! An dieser Stelle deshalb vorerst Links zu Jayski.com, dort gibt es die Übersichten zur Fahrerwertung und den Top35 der Owner-Points.

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1 Kommentare

Motorsport Forum 12 Oktober, 2010 - 10:37

Herzlichen Glückwunsch an Tony Stewart, geiler Fahrer. Aber da gebe ich Dir recht, Jimmie Johnson wird die nächsten Rennen dominieren. LG, Jan

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