Wir befinden uns mitten in den Speedweeks und können bereits auf ein interessantes Budweiser Shootout sowie die ersten Qualifikationsergebnisse für das Daytona 500 zurückblicken. Dabei wird vor allem immer klarer, dass NASCAR sich hinter den Kulissen ausführlich mit der extremen Häufung der two-car breakaways beschäftigt und diese gerne zurückfahren würde.
Während der Reifentests im Januar und der beiden Trainingssessions für das Budweiser Shootout am Freitagabend kündigte sich der massive Gebrauch der two-car breakaways schon an. Mit der neuen Silhouette des CoT, welches 2007 eingeführt wurde, lassen sich die Stoßstangen der Fahrzeuge beim bump drafting wesentlich besser verbinden als dies beim alten Auto der Fall war. Sehen konnte man dies im direkten Vergleich zwischen Budweiser Shootout und dem ARCA-Rennen in dessen Vorfeld. Die ARCA nutzt weiterhin alte Cup-Chassis, die damals nach der Ausmusterung billig zu erwerben waren. Im Rennen am Samstagabend sah man dann auch das eigentlich übliche, große Drafting-Paket, sofern es denn das Talent des Starterfeldes zuließ, seinen Vordermann auch mal kräftig anzuschieben.
Das neue Chassis mit seinen nachträglichen Veränderungen an Spoiler und Splitter ist aber nicht alleine Schuld am Umstand der two-car breakaways, also dem schnelleren Vorankommen mit zwei exakt verbundenen Fahrzeugen. Zusätzliche Innovationen im Motorenbereich – wenn man denn in Bezug auf die antike Technik der NASCAR davon sprechen kann – tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. Zu nennen sind als Beispiele u.a. der Einsatz druckresistenterer Ventile am Kühlwasserüberlauf sowie die Nutzung des Bremskühlsystems zur zusätzlichen Kühlung des Motors. Denn wenn ein Auto seinen Vordermann über mehrere Runden konsequent anschob, ging bisher schon nach ein bis zwei Umläufen die Temperatur des Wasserkreislaufs gen 300°F.
Letztere der angesprochenen Neuerungen hat die NASCAR bereits vor dem Budweiser Shootout verboten, obwohl sie gar nicht von allen Teams eingesetzt wurde. Der Clou dieser technischen Lösung war die Tatsache, dass man Bremsen auf einem Superspeedway einfach nicht kühlen muss und die entsprechende Kühlungsanlage direkt der Motorkühlung zur Unterstützung bereitstellen konnte. Gebracht hat das aber anscheinend nicht viel, denn das Resultat war ja im Rennen in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu begutachten. Die andere Möglichkeit, welche die Teams seit Anfang der Saison nutzten, wurde nun nach dem Shootout verboten: Hochdruck-Kühlsysteme. Zusätzlich beschränkte NASCAR die Kühlerfläche vorne am Auto noch ein weiteres Mal.
Durch einen neuen Aluminium-Rahmen hinter der Frontverkleidung stehen den Teams nur noch 322,58 cm² (50 square inch) Fläche zur Belüftung des Kühlergrills zur Verfügung. Außerdem wurde der Öffnungsdruck des Überlaufventils im Wasserkühlsystem auf 2,275 bar (33 psi) gesenkt. Damit soll es in Zukunft nicht mehr möglich sein, bei knapp 300°F Wassertemperatur und Motordrehzahlen von 9500 RPM einen Push für 30 oder 40 Runden zu geben. NASCAR erwartet dadurch wieder Temperaturen im normalen Rahmen von ca. 250°F und die Drehzahlen zurück unter 9000 RPM. Zusätzlich könnte diese Neuregelung auch ein weiteres Problem lösen:
Schon seit den Freitagstrainings schaute man besorgt auf die purzelnden Rekorde in Bezug auf die mittlerweile extrem hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten. 205 mph waren während des Budweiser Shootouts im two-car draft keine Seltenheit und sowas sieht NASCAR bekanntlich nicht gerne. Generell kann man sagen, dass bei Geschwindigkeiten jenseits von 200 mph die Autos bei einem Dreher zum Abheben neigen. Früher trat diese aerodynamische Tatsache bekanntlich schon eher auf, konnte mit den zusätzlichen Finnen auf Heckscheibe und –klappe jedoch so ziemlich gelöst werden.
Dazu kommt, dass – trotz des topfebenen, neuen Streckenbelags in Daytona – bump drafting bei über 200 mph keine sichere Sache mehr ist. Gleich zwei Mal in wenigen Runden schoben sich dabei zuerst Mark Martin und Kyle Busch sowie später Tony Stewart und Michael Waltrip unabsichtlich gegenseitig von der Strecke, was auch daran liegt, dass die neue Drafting-Möglichkeit ungleich mehr Präzision erfordert als das Fahren im großen Draft. Anstatt nun einfach die restrictor plates erneut zu verkleinern und die two-car breakaways von der Ausnahme zur Regel zu befördern, hält sich NASCAR lieber am Status Quo fest und versucht diese interessante Draft-Form auf die Schlussphase zu beschränken.
Nachlesen kann man diese Hintergrundinformationen hier verlinkt bei ESPN und auf der offiziellen Homepage der NASCAR.
Es wird sich meiner Meinung nach schon Donnerstagabend in den beiden Gatorade Duels zeigen, ob diese Maßnahme als Erfolg gewertet werden kann. Generell finde ich NASCARs Vorgehen gut, weil mich der Anblick von 75 Runden Renngeschehen nur in Zweierpaketen etwas befremdet hat. Das Fahren im großen Pulk ist vielleicht für das Auge einfach gewohnter und folgendes Szenario finde ich weit besser als das, was wir im Budweiser Shootout gesehen haben: Zwei Fahrer hinten im Drafting-Feld tun sich spontan zusammen, um von Platz 30 und 31 innerhalb von zwei Runden (mehr Zeit hat man durch die neue Kühlungsregelung nicht mehr!) three-wide an den beiden Hauptkolonnen vorbei in Führung zu ziehen. Die Speeds (ca. 185 mph ohne Draft, ca. 195 mph im Hauptdraft sowie max. 205 mph in einem two-car breakaway) vom Wochenende zeigen, dass dieses Szenario in Zukunft das spannendere und erfolgversprechendere für die NASCAR sein dürfte. Auf eure Meinungen zu diesem Thema bin ich wie immer gespannt.
Noch ergänzend zum Budweiser Shootout: Das Einladungsrennen gewann Kurt Busch (unterstützt durch Jamie McMurray) am Ende gegen Denny Hamlin, der zuvor Ryan Newman pushte. Weil Hamlin aber unterhalb der doppelten gelben Linie an Newman vorbeizog, blieb ihm der Sieg natürlich verwehrt. Für Busch war es unterdessen der erste Superspeedway-Erfolg seiner Cup-Karriere in einem Rennen, welches erst im zweiten Segment über 50 Runden so richtig in Schwung kam. Die Favoriten von Richard Childress Racing waren zu Beginn noch weit vorne unterwegs, verpassten im Finale jedoch den Anschluss an die führenden beiden two-car breakaways.
Qualifying zum Daytona 500
Nach dem Einzelzeitfahren am Sonntagabend sind 39 der 43 Startplätze bereits vergeben, zwar nicht als feste Platzierungen, sondern bis auf zwei Ausnahmen lediglich durch die Tatsache in der Rechnung. Diese Ausnahmen sind natürlich Rang 1 und 2, welche sich Dale Earnhardt Jr. und Jeff Gordon gestern holen konnten. Für Junior ist es sicherlich ein guter Start in die Saison, auch wenn die Pole auf einem Superspeedway wie Daytona für die Rennentscheidung so wenig eine Rolle spielt wie nirgendwo anders. Da sich in diesem Jahr der Tod seines Vaters zum zehnten Mal jährt, kann man aber zumindest von einer emotionalen Situation in Runde 3 ausgehen, wenn alle Fans im Gedenken an Senior die drei Finger in den Himmel strecken und eventuell sein Sohn das Rennen zu diesem Zeitpunkt anführt.
Sportlich gesehen bedeutet die Doppelpole von Hendrick Motorsports natürlich, dass mit der Truppe in punkto Motorleistung und Aerodynamik im Daytona 500 zu rechnen ist. Die Überraschung des Abends stellte der dritte Platz von Rookie Trevor Bayne im Ford der Wood Brothers dar. Diese Platzierung ist aber im Endeffekt nur die Erfahrung wert, denn alle Positionen von 3-39 werden erst in den Gatorade Duels am Donnerstag ermittelt und da könnte dann erneut mit Bayne zu rechnen sein. Meine bisherigen Favoriten von Richard Childress Racing landeten in einer Dreiergruppe hinter dem Roush-Nachwuchsfahrer auf den Plätzen 4-6. Insgesamt fuhren acht Chevrolets in die Top10, nur Trevor Bayne sowie Greg Biffle auf Rang 10 bildeten für Ford eine Ausnahme. Vor allem Hendrick und RCR (inkl. Earnhardt-Ganassi Racing) sollte man also in den Duels und vermutlich auch im 500 auf dem Zettel haben, da diese beiden Teams alles in allem derzeit über das beste Motorenprogramm verfügen.
Zusätzlich zur ersten Startreihe machten aber auch vier der go or go-homer am Sonntag alles klar: #09-Bill Elliott (17.), #38-Travis Kvapil (20.) und #87-Joe Nemechek (21.) waren die schnellsten drei der nicht fest qualifizierten Fahrer. Zusätzlich kommt noch #32-Terry Labonte (42.) dazu, der zwar eine schlechte Performance im Qualifying bot, aber über das jüngste freie champion’s provisional verfügt. Sollte er sich bei den Duels am Donnerstag nicht aus eigener Kraft ins Rennen fahren können, bleibt ihm dieser Strohhalm.
Da diese vier Fahrer sich natürlich auch über die Gatorade Duels noch ins Rennen fahren können, was Priorität bei der Startplatzvergabe hat, besteht für vier Piloten im hinteren Teil der Qualifying-Ergebnisliste noch die Möglichkeit, sich mit Schützenhilfe zu qualifizieren. Dies betrifft #15-Michael Waltrip (25.), #36-Dave Blaney (26.), #60-Todd Bodine (35.) und #97-Kevin Conway (36.), welche im entsprechenden Fall einer doppelten Qualifikation von Elliott, Kvapil, Nemechek und/oder Labonte in dieser Reihenfolge nachrücken würden. Bei Kevin Conway erscheint mir diese Möglichkeit allerdings unwahrscheinlich, weil dann alle vier Fahrer im Duel unter die jeweils besten zwei go or go-homer fahren müssten, was bei Terry Labonte meiner Meinung nach am Material scheitern wird.
Damit steht für die restlichen Fahrer hinter Quali-Platz 36, welche sich außerhalb der Top35 der Owner-Wertung befinden, folgendes fest: Sie müssen sich über die Gatorade Duels am Donnerstag qualifizieren. Dies betrifft #13-Casey Mears, #66-Michael McDowell, #46-JJ Yeley, #64-Derrike Cope, #92-Brian Keselowski und #57-Norm Benning. Die letzten drei Piloten schließe ich mal kategorisch von dieser Fähigkeit aus, da sie im Qualifying nicht mal ansatzweise auf Speed kamen.
Diese Fahrer waren immerhin langsamer als Denny Hamlin, der gestern mit einer kuriosen Situation zu kämpfen hatte: Bei ihm löste sich nach der Ausfahrt aus der Boxengasse das Lenkrad und der Wagen schlug den Weg nach links in die Wiese ein. Per vorsichtiger Fahrt nach Behebung des Problems und ohne Schaden am Auto konnte er immerhin eine Installationsrunde drehen. Diese war nötig, da zuvor der Motor der #11 getauscht werden musste. Die Platzierung in der Qualifikation (44.) ist für Hamlin aber unerheblich: Zum einen ist er fest qualifiziert, zum anderen muss er sein Duel wegen des Motorenwechsels ohnehin von ganz hinten in Angriff nehmen.
Terminplan – die Zweite
Zum Ende des ersten Updates gibt es hier noch den Terminplan für den Rest der Woche. Ein weiteres Update kommt am Wochenende nach den Gatorade Duels. Der Trainingsbetrieb geht übrigens erst am Mittwoch weiter:
Mittwoch, 16. Februar 2011
15:00 Uhr, Nationwide Series Practice, nicht im TV
16:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
18:10 Uhr, Nationwide Series Practice, nicht im TV
19:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
21:00 Uhr, Nationwide Series Practice, nicht im TV
22:30 Uhr, Truck Series Practice, SPEED
Donnerstag, 17. Februar 2011
15:00 Uhr, Nationwide Series Practice, nicht im TV
16:00 Uhr, Nationwide Series Final Practice, ESPN2
18:00 Uhr, Truck Series Final Practice, SPEED
20:00 Uhr, Gatorade Duels (2x 150 Meilen), SPEED
00:30 Uhr, Truck Series Qualifying, SPEED
Freitag, 18. Februar 2011
17:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
18:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
22:00 Uhr, Nationwide Series Qualifying, ESPN2
01:30 Uhr, Truck Series Rennen (NextEra Energy Resources 250), SPEED
Samstag, 19. Februar 2011
16:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
19:15 Uhr, Nationwide Series Rennen (DRIVE4COPD 300), ESPN2
Sonntag, 19. Februar 2011
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Daytona 500), FOX
Alle Angaben ohne Gewähr! (Dieses Mal ist es eine Menge…)
5 Kommentare
Das ist Kosmetik, was die NASCAR da macht. Klar, wenn man die Wassertemperaturen hochtreibt, hört das mit dem two-draft im Rennen auf, ändert aber nichts am grundsätzlichen Problem mit der Aerodynamik.
Mir sind die Zweierpakete grundsätzlich aber lieber, als gar kein Bump Drafting. Konnte man im ARCA Rennen sehen, dann geht gar nichts mehr auf dem neuen Asphalt und alle sind Single File.
Naja, bump drafting wird es so oder so geben auf nem SSW.
Man wollte halt eher wieder Pack Racing haben und nicht diese 2Car-Tangos, welche wenn sie gut funktionieren einfach extrem flott unterwegs sind. Man hats ja beim Bud Shoot-Out gesehen wie schnell so ein 2Car-Tango einen einzelnen überholt oder man einfach mal den kompletten Pulk überholen kann.
Dieses Phänomen taucht aber auch erst seit dem Wechsel zum Spoiler hin wieder auf. 2010 Talladega war glaub ich das erste Rennen mit den Tangos oder ?
@Flo: Doch, die gabs auch schon zu Heckflügel-Zeiten, siehe Aarons 499 in Talladega 2009, dem heftigen Edwards-Crash gingen auch schon mehrere Runden Fahrt in Zweierzügen voraus.
Das Problem sind nur bedingt die Autos, es ist eher die Strecke und der neue Asphalt, die Daytona leider komplett den Charakter genommen hat. Der (eh schon geringe) Fahrer- und Fahrwerksaspekt der alten Strecke, bei dem das Feld mit zunehmendem Reifenverschleiß immer mehr auseinandergezogen hat, ist komplett weg. Das macht Daytona leider zu nem 0815 Kurs und für mich unanschaulich, zumal die Yellow Line Rule mit Sicherheit auch noch das Finish verhageln wird. Brauch ich alles irgendwie nicht.
@underbreaker
na mal schauen, wie es sich entwickelt, wenn noch mehr Gummi auf der Strecke ist. Aber ein neuer Belag kann sich schon negativ auswirken. Ich hab es leider bei „meinem“ Darlington Rennen gemerkt. Das war das erste Rennen nach der Neuasphaltierung, und leider nicht so sehr spannend, wie man es von Darlington erwartet hätte.
Aber die Regel mit der gelben Linie ist ja nicht neu. Wenn man auf Nummer Sicher gehen will, dann darf man am besten nicht versuchen untenrum zu überholen, sonst kann man leicht unter die gelbe Linie gedrückt werden.
@all
ich hab ja die Hoffnung, daß es mit 43 Autos anders aussieht als mit 24 im Shootout. Und da es ja vorher noch die Duells und die Rennen der Nationwide Series und der Trucks gibt, hoffe ich auch, daß noch ne schöne Schicht Gummi auf die Strecke kommt.
Immerhin ist mein Liebling Dale Jr. auf Pole. Aber wir wissen ja alle, daß die Pole bei NASCAR (besonders bei Restrictor Plate Rennen) nicht viel heißt. Ich gehe davon aus, daß die 2. Runde bereits jemand anders führt. Hauptsache er führt dann auch wieder am Ende der letzten Runde … Und in Runde 3 wäre es auch cool. Von mir gibt es natürlich auch den 3-Finger Salut für Dale Sr.
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