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NASCAR: Analyse Las Vegas 2011

von KristianStooss
4 Kommentare

Nach einer turbulenten Anfangsphase entwickelte sich der dritte Meisterschaftslauf auf dem Las Vegas Motor Speedway zum Langstreckenrennen. In sehr langen Grünphasen machten die beiden besten Piloten des Tages, Carl Edwards und Tony Stewart, den Sieger unter sich aus.

Vom Rennen am Sonntagabend habe ich mir zwar ein wenig mehr versprochen, doch langweilig war es trotzdem nicht. Bei der Rückkehr auf die so bedeutenden 1,5-Meilen-Ovale fiel mir sofort nach dem Start auf, dass die Wagen an diesem Wochenende besonders schnell unterwegs waren. Vielleicht waren sie nur gefühlt mit mehr Geschwindigkeit unterwegs, aber die Standkameras ausgangs der Turns boten meiner Meinung nach rasanter vorbeifahrende Stockcars als noch im letzten Jahr. Das könnte mit den Erfahrungen aus Daytona zusammenhängen, wo ein besseres Kühlsystem höhere Motortemperaturen möglich machte. Außerdem bewegten sich die Aggregate in den ersten Rennen des Jahres näher an der Marke von 9000 U/min als noch 2010.

Kurveneingangsgeschwindigkeiten von 200mph sprechen zusätzlich dafür und die sieht man sonst ja eigentlich nur auf den sehr stark überhöhten Quad-Ovalen wie Atlanta, Texas oder Charlotte. Passend dazu purzelte am Freitagabend auch der Rundenrekord in der Qualifikation durch Matt Kenseth ein weiteres Mal, wenn auch nur um wenige Hundertstel. Für mehr Spannung sorgte das Ganze aber nicht, denn in den langen Grünphasen zog sich das Feld doch recht beträchtlich auseinander. Lediglich sieben Cautions, häufig dicht beieinander, brachten das Rennen mehr als einmal in einen ordentlichen Fluss. Dabei kam es wiederholt zu green flag stops und da die Einfahrt zur Boxengasse in voller Fahrt recht schwierig zu treffen ist, landeten eine Handvoll Fahrer zu schnell vor NASCARs Radarpistole. Das kostete letztendlich Tony Stewart den Sieg, obwohl er über das schnellste Auto im Feld verfügte. Doch der Reihe nach:

Polesitter Matt Kenseth war seine Führung schon nach zwei Runden an den Teamkollegen Greg Biffle los und auch der sollte nicht lange an der Spitze verweilen, denn Robby Gordon drehte sich bereits in Runde 8 von der Strecke. Überraschenderweise ging schon gleich die Führungsriege zum Nachtanken an die Box, was unter anderem den Grundstein für den späteren dritten Platz von Juan Pablo Montoya legte, da das Hinterfeld nun track position gutmachen konnte. Der nächste Versuch, das Rennen in Gang zu kriegen hielt wieder nur wenige Umläufe, weil Andy Lally seinen Chevrolet in Runde 15 umdrehte.

Danach absolvierte die Meute das erste Renndrittel unter Grün, wobei sich Tony Stewart das erste Mal am Nachmittag mit seinem schnellen Auto bemerkbar machte. Bis zur nächsten Caution blieb Stewart mit Ausnahme des cycle through während der ersten Boxenstopps unter grüner Flagge an der Spitze des Feldes. Dabei verloren die am Anfang des Rennens draußen gebliebenen Piloten keine Positionen, denn die Frühstopper entschieden sich, gemeinsam mit dem Rest des Feldes zum Nachfassen zu kommen.

In Runde 96 war der Fluss dann aber erst einmal zu Ende, als sich der rechte Vorderreifen von Kyle Busch auflöste und ihn in die Mauer beförderte. Der Lokalmatador mit Heimpech konnte zwar nach einem Reifenwechsel wieder auf die Strecke zurückkehren, sollte aber später trotzdem weiterhin Unglück haben. Der spätere Rennsieger Carl Edwards hielt sich bis hierhin übrigens schon locker in den Top10 auf, Tony Stewart führte aber nach wie vor das Feld zum Restart, gefolgt von Juan Pablo Montoya. Der nächste Versuch hielt gerade mal eine Runde, als Kurt Busch das Caution-Cluster mit einem spektakulären Quersteher ohne Mauereinschlag fortsetzte. Auch für den anderen Busch-Bruder lief es in Las Vegas also nicht gut. Im bremsenden Verkehr dahinter wurde außerdem noch Kasey Kahne ohne weitere Folgen umgedreht.

Der Restart von Tony Stewart – nun zum ersten Mal vor Carl Edwards – nach Gelbphase #4 hielt nun ausnahmsweise mal zwei Runden, bevor sich das Busch-Drama fortsetzte und Flammen aus dem Auspuff von Kyle Buschs Toyota das Ende eines Motorenarbeitstages ankündigten. Kurt und Kyle waren somit alleine für diese komplette Dreierunterbrechung verantwortlich.

Von Runde 115 bis 149 ging es dann normal weiter, bis David Gilliland den nächsten Reifenplatzer des Tages hinnehmen musste und in die Außenmauer einschlug. Bei diesen Geschwindigkeiten biegt man (trotz inner liner zur Sicherheit) immer hart nach rechts ab und steckt einen harten Aufprall ein. Das sollte auch Jeff Gordon später noch erfahren, der mit den Mauern in Las Vegas ja schon 2008 unliebsame Bekanntschaft machte. Zuvor ereignete sich aber die rennentscheidende Szene, als NASCAR Tony Stewart bei den Pit-Stops während der Caution zu schnell in der Boxengasse erwischte und er damit ans Ende der Führungsrunde zurückgereiht wurde. Nun war der Weg für Carl Edwards frei, der in Runde 156 den Restart vor Martin Truex Jr., Dale Earnhardt Jr. und Juan Pablo Montoya anführte. Während Stewart sich aus eigener Kraft von hinten durchs Feld wühlte, löste Jeff Gordon in Runde 194 die angesprochene letzte Gelbphase aus, als auch ihm ein Reifen explodierte.

Nun musste Tony Stewart taktieren und ließ sich nur zwei neue Reifen aufziehen, um track position gutzumachen und sich wieder an die Spitze des Feldes zu setzen. Allerdings war es später vor alle nötig, noch einen weiteren Boxenstopp zu absolvieren, um das Benzinfenster von ca. 50 Runden schließen zu können, denn 267 Umläufe waren am Sonntag insgesamt zu absolvieren. Damit hatte Stewart aber ein Problem, welches sich noch nicht direkt beim Restart äußerte. Die zwei alten Reifen auf der linken Seite erwiesen sich überraschenderweise nicht sofort als Krücke und signalisierten dem Rest des Feldes, es beim letzten Stopp ebenfalls mit dieser Taktik zu probieren. Da Tony Stewart aber seinerseits nicht ein weiteres Mal mit nur zwei neuen Reifen durchkommen konnte, verlor er bei den letzten Boxenstopps unter grüner Flagge zwei Plätze an Edwards und Montoya. Zuvor hoffte er verständlicherweise auf eine letzte Gelbphase, die jedoch ausbleiben sollte.

Im Anschluss konnte Stewart auf seinen vier neuen Reifen nur noch Montoya auf Platz 3 verweisen, denn Carl Edwards hatte sich in der Führungsposition schon genügend Abstand für den Rest des Rennens herausgefahren. Tony war schnell, die Zeit aber leider auch… So blieb es bei einem Sieg von Carl Edwards, der jedoch keinesfalls unverdient war, denn die #99 war das zweitbeste Auto im Feld hinter der #14. Selbst Edwards holte sich noch 69 Führungsrunden ab (Stewart deren 163), womit er den weiteren Rest des Starterfeldes meilenweit in den Schatten stellte. Damit katapultierte er sich nach seinen zwei Saisonsiegen in den letzten beiden Rennen 2010 und einem zweiten Platz beim Daytona 500, trotz des unverschuldeten Ausfalls in guter Situation in Phoenix, unter die Titelaspiranten der diesjährigen Saison. Womöglich kann er ja wieder so eine Super-Saison wie 2008 starten, als er den Titel trotz neun Siegen nur knapp an Jimmie Johnson verlor.

Tony Stewart war nach dem Rennen sichtlich genervt und forderte seine Crew auf, den Grund für die Niederlage zu finden, bevor sie in den Feierabend gehen. Meiner Meinung nach sollte Smoke den Fehler bei sich selbst suchen, immerhin stand er mit den Füßen auf den Pedalen, als er geblitzt wurde. Der Strategiekniff mit den zwei neuen Reifen hätte sich genauso gut auszahlen können. Ein besseres Rennen erwischte Juan Pablo Montoya, der nach einem Punktetag in Phoenix eine echte Siegchance in Las Vegas hatte. Leider war er etwas zu langsam für die anderen beiden Kontrahenten. In der Meisterschaft steht er nun überraschend auf Platz 4, wobei man diese Wertung nach drei Rennen aber nicht überbewerten sollte. Trotzdem ist es ein guter Start in die neue Saison, der Lust auf mehr macht.

Marcos Ambrose und Ryan Newman komplettierten die Top5, Martin Truex Jr., Denny Hamlin, Dale Earnhardt Jr., Kurt Busch und Brian Vickers ihrerseits die Top10. Vor allem für Ambrose war das in Las Vegas ein sagenhaftes Ergebnis und hoffentlich ein Vorgeschmack auf ein gutes Jahr. Auch Earnhardt zeigt mit Unterstützung von Steve Letarte, dass er eigentlich zu mehr fähig ist. Hamlin musste wegen eines Motorenwechsels von ganz hinten starten.

Ebenfalls überzeugt hat mich erneut Paul Menard (12.) als bester Fahrer der Truppe von Richard Childress Racing sowohl im Rennen als auch in der aktuellen Meisterschaftswertung. Wenn sich da mal nicht eine Sensation anbahnt. Leider deutet sich für den Rest von RCR ein ähnlich schlechtes Jahr wie 2009 an, als man das letzte Mal versuchte, auf vier Teams zu erweitern. Kasey Kahne konnte nach seinem Dreher als Vierzehnter Schadensbegrenzung betreiben und auch Trevor Bayne wurde nach einer Durchfahrtsstrafe immerhin noch 20.

Schlecht erwischte es am Wochenende den Rest von Hendrick Motorsports, denen ich mehr zugerechnet hatte. Oft ist es ja aber so, dass man dort erst gegen Ende des Jahres so richtig in Schwung kommt. Jimmie Johnson (16.), Mark Martin (18.) und Jeff Gordon (36. nach Unfall) lieferten aber keine Sonntagsvorstellung ab, ebenso wenig wie der Rest vom RCR-Schützenfest: Die Ergebnisse von Clint Bowyer (15.), Kevin Harvick (17.) und Jeff Burton (21.) blieben hinter den Erwartungen zurück.

Während es für die Ford-Teams derzeit so richtig rund läuft, hat Chevrolet in diesem Jahr das Nachsehen. Einzig Tony Stewart und Juan Pablo Montoya konnten am Wochenende für Chevy-Lichtblicke sorgen, während auch Toyota noch einigen Nachholbedarf aufweist. Im Kolloseum von Bristol sieht es in 14 Tagen nach der ersten Off-Week der Saison dann aber möglicherweise schon wieder ganz anders aus und außerdem wird es auch im Kampf um die Top35 der Owner-Wertung ernst. Und in der NASCAR kommt es erstens immer anders, und zweitens als man denkt!

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden.

Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung. Am kommenden Wochenende hat der Sprint Cup schon sein erstes Off-Weekend der noch jungen Saison, anstatt wie bisher erst nach dem vierten Rennen. Lediglich die Trucks sind am Samstagabend ab 23 Uhr auf dem Darlington Raceway unterwegs.

George Russell, Mercedes F1 W15, leads Lando Norris, McLaren MCL38 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace
Oliver Bearman, Haas VF-24, leads Sergio Perez, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

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4 Kommentare

Montoya12 8 März, 2011 - 12:45

Wieder mal ein toller Bericht aber dies mal mit einen Fehler.

Tony Stewart war nicht zu schnell bei dem einen Pitstop.Tony hat wohl beim verlassen seines Pitstalls den Schlagschrauber mitgerissen.
Da kein Pitcrew Equipment mehr beim verlassen des Pistalls am Auto sein darf gab es halt die Strafe.

Ich glaube FOX hatte auch 2-3 Zeitlupen gezeigt was da schief gegangen war bei Tony und seiner Boxencrew.

KristianStooss 8 März, 2011 - 17:10

@ Montoya12:
Ja natürlich, du hast Recht. Vielen Dank für die Verbesserung!
Und ich habs ja selbst noch mehrfach gesehen, muss irgendwie in Vergessenheit geraten sein. Damit erübrigt sich selbstverständlich auch, dass Tony Stewart lieber den Fehler bei sich selbst suchen sollte… :D

Flo aus N 10 März, 2011 - 23:25

Ich kann mir die höheren Kurvengeschwindigkeiten eigentlich eher mit der Änderung der Aerodynamik an der Front erklären. Nachdem man den Splitter mit dieser Einbuchtung vorne, welche viel Abtrieb gekostet hat (angeblich weit über 300 Pfund) durch die neue Nase ersetzt hat man vorne endlich wieder mehr Grip und man kann nun auch wieder andere Wege im Bereich Fahrwerkssetup gehen, was vor allem die Hinterachse betrifft und diese nun etwas weicher und somit deutlich einlenkfreudiger abstimmen kann, wodurch man natürlich mit mehr Speed in die Kurven reinlenken kann.

Thome 14 März, 2011 - 16:38

Boah was für ein krasses Bild, gibts das als Poster :)

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