In welcher Rennserie kann ein Underdog aus einem leicht unterfinanziertem Team noch gewinnen? In der NASCAR, wie Regan Smith am Wochenende gezeigt hat.
Ein bisschen sensationell ist die Sache schon. Furniture-Row-Racing gehört jetzt nicht zwingend zu den Team, die man oft vorne sieht. Aber der Kurs in Darlington, der unter dem Beinamen „to tough to tame“ läuft, machte diesem Zusatznamen mal wieder alle Ehre. Es flogen die Fetzen, und das nicht nur, weil Brian Vickers einen der kuriosesten Unfälle seit Ewigkeiten hatten, sondern auch weil nach dem Rennen fast zu viel los war, wie auf der Strecke. Denn die beiden durchaus als Heißsporne bekannten Kyle Busch und Kevin Harvick gerieten ebenso aneinander, wie vor dem Rennen Ryan Newman und Juan Pablo Montoya, die sich angeblich bei einer „Aussprache“ am Freitag wortwörtlich in den Haaren gelegen haben sollen. Die NASCAR bezeichnete das Ergebnis der Aussprache als „unglücklich“, beide Fahrer wollten sich nicht so recht äußern. Offenbar sind bei einigen Fahrern die Nerven etwas angespannt.
Das kann man auch verstehen, denn bei kaum einen Team läuft es so richtig rund. Die Earnhardt-Ganassi Fahrer Montoya und McMurray kommen nicht so recht in Schwung, zäh läuft es auch bei RCR, trotz einiger vielversprechender Ergebnisse. Und bei Hendrick will es auch nicht so recht laufen. Mark Martin knallte seinen Chevy etwas zu heftig in die Mauern von Darlington und verlor so viel Zeit, dass er er nur auf P19 einlief. Dem Rest erging es nicht besser. Jeff Gordon tauchte zunächst vorne auf, pendelte dann aber zwischen P5 und P12 rum. Junior hatte man wieder eine beschiedene Quali, kämpfte sich aber bis in die Top 5 vor, bevor er weiter nach hinten durch gereicht wurde. Meister Johnson drehte sich gleich zweimal, einmal wurde er von Montoya angeschubst, ein anderes Mal machte er einen seiner seltener Fehler. Die Hendrick Mannschaft kam dann fast geschlossen auf den Plätzen 12 (Gordon), 14 (Junior) und 15 (Johnson) an. Das hat man schon anders gesehen.
Im Rennen dominierte etwas überraschend Kasey Kahne im Red Bull, der sich schon die Pole geholt hatte. Er führte im ersten Drittel, bevor von hinten Carl Edwards angerauscht kam. Es mischte sich dann noch Kevin Harvick in den Kampf ein, der aber über die Distanz das Tempo nicht ganz halten konnte. Also teilten sich Kahne und Edwards die Führung. Kyle Busch fuhr in teilweiser atemberaubender Manier zwischenzeitlich durchs Feld, hatte aber Pech, weil sein Team gegen Mitte des Rennen ein loses Rad vermutete und der Mehrfach-Sieger an die Box musste. Er holte sich zwar seine verlorene Runde wieder zurück, kam aber nach der Runde 204 von 367 nicht mehr an die Front.
Es war ein typisches Darlington Rennen. Viel Single-File, aber nicht uninteressant, da es trotzdem viele Zweikämpfe gab. Hilfreich war auch, dass es kaum Cautions gab, obwohl etliche Fahrer mehr als einen „Stripe“ an der Mauer hinterließen. Den interessantesten Unfall hatte wohl Brain Vickers. Der gerat in Runde 231 mit David Ragan aneinander. Vickers kam etwas quer aus der Ecke, Ragan versuchte auszuweichen, was natürlich schief ging. Irgendwie hakte sich die linke Front von Ragan im rechten Kotflügel von Vickers ein und riss ihm die gesamte rechte Seite. Sogar die Hartschaumeinlagen aus der Tür wurden rausgerissen. So konnte Vickers nicht weiterfahren, die Reparatur dauerte dann ewig.
15 Runden vor Schluss hatte sich Edwards an der Spitze etwas von Kahne und Harick auf P3 abgesetzt. Dahinter lagen Newman, Hamlin und auf P6 der erstaunliche Regan Smith. Kyle Busch lag einen Platz dahinter. Alle hatten genug Sprit und konnten also durchfahren. Doch dann platzte Jeff Burton in Runde 359 der Motor – Caution. Die Frage war: Reinkommen oder draussen bleiben? Bis auf Regan Smith, Brad Keselowski und Stewart kamen alle Piloten herein. Dabei hatte Stewart die besten Karten, den er hatte einen andern Stopp-Rhythmus gewählt und seine Reifen hatten nur 19 Runden auf dem Buckel. Es konnte also ein deftiges Finale geben – und das kam auch.
Der Restart sah Regan Smith auf der ersten Position, doch schon einer Runde gab es wieder Gelb. Kyle Busch, Harvick und Bowyer konnten sich nicht einigen und versuchten es „3-wide“, was in Darlington nicht so die wirklich gute Idee ist. Busch rumpelte in Kevin Harvick, der ausgerechnet auf der Start/Zielgeraden seinen Teamkollegen Clint Bowyer hart in die Mauer schickte. Damit war die Sache aber nicht beendet, denn ein paar Meter weiter schob Busch, der offenbar einen Aussetzer hatte, auch noch Harvick einfach zur Seite und in die Mauer. Das sollte nach dem Rennen noch ein Nachspiel haben.
Wegen des vielen Schrotts war ein „GWC“ angesagt. Regan Smith war in Front geblieben und kam beim Restart sehr gut weg. Er konnte Carl Edwards in Schach halten, bis er in der letzten Runde in Turn 2 noch die Mauer berührte. Edwards schien das ausnutzen zu können, doch Smith gelang es tatsächlich Edwards geschickt zu blocken und er gewann das Rennen, was auch sein erster Sieg und der des Teams war. Bei Furniture-Row-Racing wusste man nicht, ob man vor lauter Freude lachen oder weinen sollte. Ein toll heraus gefahrener Sieg, absololut verdient.
Derweil war in der Boxengasse die Hölle los. Harvick war offenbar noch sauer und versuchte Busch noch auf der Strecke zu stellen. In einem sehenswerten Wendemanöver inkl. Rückwärtsfahrt manövrierte Busch Harvick aus, der sich dann allerdings in der Boxengasse vor ihn stellte…. ach, das muss man selber sehen.
Am Ende lagen sich dann auch noch die Crews beider Mannschaften in den Haaren. That’s NASCAR. Sowohl was den Sieger angeht, als auch den Rest.
4 Kommentare
Absurd. Es gibt Rennserien, da würde man für solche Spielchen für den Rest der Saison disqualifiziert. Aber gut, in der NASCAR Wrestling Series mag das anders sein…
@nona: du nennst das absurd? Guck dir doch mal ne Serie an wie die F1. Wenn 2 Autos sich da berühren, dann ist das meist das Aus für beide. Oder die DTM. Wenn 2 Fahrer sich da anrempeln gibt es gleich heftige Strafen. Früher gab es auch bei der F1 mal Rangeleien, aber da die F1 ja immer mehr zur Show wird, und die Rennen zur Nebensache … Der NASCAR ist es lieber, wenn die Fahrer es unter sich ausmachen. Darum greifen sie auch nicht so schnell ein, wenn es nicht zu extrem wird. Das mit Harvick und Busch war zu extrem, darum gab es auch Strafen.
Wie war es denn früher in der F1, mit Fahrern wie Rosberg, Senna, Prost, Piquet und Mansell? Heute gibt es sowas da doch gar nicht mehr.
Und zu dem unsinningen Vergleich mit Wrestling: Glaubst du ernsthaft so was könnte man absprechen?
Überhaupt ist so was ja nichts neues, ich erinnere nur an das Daytona 500 von 1979. Genau das wollen die Fans sehen wollen. Richtige Typen, die sich auch mal trauen hinzulangen, und nicht irgendwelche unnahbaren Typen wie in anderen Rennserien.
Warten bis der Gegner aussteigt und dann bewusst in dessen Wagen reinfahren so dass er unkontrolliert wegrollt und beim Aufprall irgendwo Schaden nimmt, und dabei am besten auch noch Menschen in Gefahr bringt? Ja, das nenne ich absurd. Hat mit Motorsport absolut überhaupt nichts zu tun. Ist mir auch völlig egal ob „die Leute das sehen wollen“, ist auch völlig egal was vor Urzeiten anderswo wie auch immer mal abging. So ein Quatsch gehört fühlbar bestraft, und nicht mit etwas Geld aus der Portokasse und einer „Bewährung“.
Der Rest von Deinem Beissreflex geht mit all seinem Schaum vorm Mund meilenweit an meinem Kommentar vorbei, versucht mir Sachen zu widerlegen oder zu bewerten, die ich nicht mal entfernt thematisiert habe, inklusive einer Totschlageinschätzung wie „unsinnig“, deswegen ignoriere ich das mal.
schöner Kommentar. Hättest du gleich deutlich gemacht, daß dein Kommentar sich nur auf den Zwischenfall in der Boxengasse bezieht, wäre mein Kommentar auch anders ausgefallen.
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