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NASCAR: Analyse Kansas Juni 2011

von KristianStooss
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Das zweite Saisondrittel startete, wie das erste aufgehört hatte: mit einem ausgewachsenen Benzinkrimi! In Kansas spielte Dale Earnhardt Jr wieder eine der Hauptrollen und beendete das Rennen erneut nur auf dem zweiten Platz, während dieses Mal Brad Keselowski als Sparfuchs in die Victory Lane fuhr. Die favorisierten Fords spielten dabei übrigens nur als Statisten mit.

Am Sonntag begann auf dem Kansas Speedway das zweite Drittel der Sprint-Cup-Saison. Zunächst deutete allerdings nichts auf dieses spannende Finale hin, denn ein Großteil des Rennens wurde unter grüner Flagge absolviert. Drei der fünf Cautions wurden zudem wegen Debris ausgerufen, während Landon Cassill und Dale Earnhardt Jr jeweils ein Mal Interaktion mit der Außenmauer zeigten. Der Quersteher von Earnhardt brachte ihn zwar durch den erwägten Spritpoker in die Nähe eines Sieges, kostete ihn gleichzeitig aber auch eine Menge Positionen und womöglich den Erfolg, als Junior seinen Wagen driftend wieder einfangen musste. Am Ende lagen nämlich nur noch der spätere Rennsieger Brad Keselowski und Verfolger Denny Hamlin mit Earnhardt im spekulativen Spritfenster. Wäre er seine Taktik mit besserer Track-Position angegangen, hätte er seinen ersten Sieg seit Michigan 2008 feiern können.

Naja, „hätte-hätte-Fahrradkette“ sagt man in solch einem Fall und rollt das Rennen lieber konventionell auf. Das hätte (no pun intended!) sich auch die Crew der Vorberichterstattung auf SPEED zu Herzen nehmen sollen. Die kannten nämlich in einer ihrer schlechtesten Sendungen seit langem kein anderes Thema außer dem Fast-Sieg von Earnhardt beim Coca-Cola 600. Anscheinend gelten in den USA andere Gesetze, wenn selbst ein Mike Joy von FOX sich nicht zu schade ist, auf das kursierende YouTube-Video des, sagen wir mal massiv enttäuschten, weiblichen Junior-Fans hinzuweisen.

In der nächsten Woche übernimmt zwar TNT die Übertragung der kommenden sechs Rennen, doch das wird den Hype sicherlich nicht besonders bremsen oder verstummen lassen. Die Junior-Nation steht derweil Kopf, seit ihr Held wieder in Richtung von Rennsiegen und Chase unterwegs ist. Letzteres wird Earnhardt in diesem Jahr wohl ziemlich sicher erreichen, denn nach Kansas rangiert er bereits auf Platz 3 in der Meisterschaft. Doch nun wirklich zum Rennen:

Eigentlich sollte Kansas das Rennen eines ganz anderen Piloten werden, denn Kurt Busch holte sich völlig überraschend die Pole-Position und im Anschluss mit 152 von 267 Umläufen auch mehr als 50% der Führungsrunden ab. So stark unterwegs verzichtet man natürlich auf sämtliche Strategiespielchen und verhält sich lieber konservativ, um einen Sieg nicht leichtfertig wegzuwerfen. Fallen dann jedoch die Gelbphasen ungünstig oder bleiben gänzlich aus, wirft man die Fahrt in die Victory Lane aber eben gerade wegen der vorsichtigen Herangehensweise weg. So ist es Sonntag dann Kurt Busch passiert, der im Normalfall mit einer späten Caution den Sieg davongetragen hätte. Da er mit seinem letzten Boxenstopp extrem lange wartete, stotterte sein Dodge nach der Rückkehr auf die Strecke sogar etwas vor sich hin, weil die Benzinleitung zwischenzeitlich schon trockengelaufen war.

Die entscheidende Phase des Rennens begann aber schon gute 90 Runden zuvor, als in der letzten Gelbphase neben Denny Hamlin lediglich Piloten von außerhalb der Top20 noch einmal an die Boxengasse kamen. Der Rest riskierte den Verlust von wertvoller Track-Position nicht, nachdem nur gut zehn Umläufe zuvor in der vorletzten Gelbphase des Rennens eh vollgetankt wurde. Zwar konnten einige Kandidaten jetzt mit nur einem statt zwei weiteren Pitstops durchfahren, doch dafür mussten sie bei noch gut 110 zu fahrenden Runden ans äußerste Extrem des Fuel-Windows von max. 55 Umläufen gehen!

Tony Stewart versuchte unterdessen im Laufe des nach dem Restart folgenden Green-Flag-Runs ebenfalls, einen Boxenstopp so lange wie möglich heraus zu zögern, hatte bei seinem vermeintlich letzten Aufenthalt aber Pech. Ausgerechnet im entscheidenden Moment floss nicht genug Sprit in den Tank von Smoke, welcher sonst ebenfalls als Siegkandidat in Frage gekommen wäre. So langsam kommt Stewart wieder in seinen gewohnten Sommer-Schwung, wo er in der prallen Sonne auf dem heißen Asphalt mit einem rutschigen Auto wesentlich besser umgehen kann. Gleiches komme ab sofort nach eigener Aussage auch Dale Earnhardt Jr in den nächsten Rennen zu Gute. Ob das nun stimmt, wird sich zeigen, aber zumindest bei Smoke kann man das Kalenderblatt vom Juni aufblättern, wenn er wieder in Reichweite der Victory-Lane gelangt.

Die finale Schlacht ergab sich dann zehn Runden vor dem Ende des Rennens, als Kurt Busch seinen Dodge an die Box lenkte und seinem Teamkollegen damit die Führung überließ. Dieser wusste zu dem Zeitpunkt übrigens gar nicht, dass er auf dem Weg zum Sieg war, da sein Crew-Chief ihn nicht über seine Position informierte. Keselowski erblickte nach eigener Aussage erst zwei Runden vor Schluss eigenäugig seine Startnummer #2 an oberster Stelle der Anzeigetafel im Infield – auch sehr kurios… In den Top3 waren nun Keselowski, Earnhardt und Hamlin verblieben. Dabei wurde letzterer zwischenzeitlich auf Befehl von Crew-Chief Steve Letarte von Junior geschluckt, die sich mit einem solchen Manöver gute Chancen auf einen Sieg ausrechneten, solche Keselowski noch ohne Benzin ausrollen.

Der spätere Sieger war davon geschätzt auch gar nicht soweit entfernt, da er aufgefordert wurde, den Wagen in den Kurven mehr rollen zu lassen und das Gaspedal noch sparsamer zu benutzen. Deshalb kuppelte Keselowski kurzerhand in voller Fahrt einfach aus und gewann so die entscheidenden Gallonen für eine saubere Zieldurchfahrt. Danach hatte der blaue Dodge mit der #2 zur Freude der Fans sogar noch genügend Benzin für einige Donuts und die Fahrt in die Victory-Lane übrig. Hinter ihm musste Junior sich mit Platz 2 zufrieden geben, da auch seine Spritrechnung nicht ganz auf Vollgas ausgelegt war. Somit cruisten die Top3 am Ende gemütlich dem Ziel entgegen, während Jeff Gordon und Carl Edwards die Top5 komplettierten.

Zwar gelangten mit Matt Kenseth (6.) und meinem ausgerechneten Favoriten Greg Biffle (10.) noch zwei weitere Fahrer von Roush-Fenway Racing in die Top10, doch sie spielten am Wochenende nicht die erste Geige. Um besagtes Musikinstrument stritten sich Penske Racing und Hendrick Motorsports, wobei vor allem die Penske-Jungs seit einigen Rennen endlich von ihrer Schwächephase Abschied nehmen dürfen. Die interne Neustrukturierung inkl. einer Entlassung am Auto von Kurt Busch sorgte für frischen Wind und bessere Performance. Am nächsten Wochenende steht mit Pocono auch eine Strecke an, welche Busch in der Vergangenheit schon öfter mit guten Ergebnissen belohnt hat. Der Fahrer der #22 wurde am Ende übrigens nach seinem Benzin-Schluckauf noch Neunter.

Die verbliebenen Top10-Positionen belegten Jimmie Johnson (7.) in einem unauffälligen Rennen ohne Führungsrunden und der ebenfalls geschlagene Tony Stewart (8.). Insgesamt fiel auf, dass nach einem sehr wettbewerbsfähigen Wochenende in Charlotte dieses Mal nur sieben Fahrer eine signifikante Anzahl an Umläufen in Front des Feldes absolvieren konnten. Das Rennen war wegen der nervenaufreibenden Schlussphase natürlich alles andere als langweilig, hätte aber auch ohne den Benzinkrimi auskommen können. Immerhin zerriss der Verkehr wie erwartet nicht so schnell, wie z.B. auf der Strecke in Fontana, die ja eines ihrer Saisonrennen an Kansas abgehen musste. Daher gab es bei der großzügig bemessenen Streckenbreite auch eine 5-Wide-Aktion zu bewundern. Grundsätzlich konnten auch mehr als zwei Linien auf dem Oval befahren werden, wobei allerdings die oberste direkt an der Mauer nicht immer ohne Berührung der SAFER-Barrier zu absolvieren war.

Was ich noch erwähnen wollte: Wirklich gar nichts gesehen hat man in Kansas von Richard Petty Motorsports! Entgegen meiner Erwartungen kamen Marcos Ambrose (26.) und AJ Allmendinger (27.) geschlossen am Ende der Top30 ins Ziel, so ein schlechtes Rennen erwischte außer ihnen nur Jamie McMurray (29.). Aber auch Mark Martin (21.), Joey Logano (23.) und Jeff Burton (25.) müssen sich nach diesem Rennen fragen, warum man von ihnen in Kansas so gut wie gar nichts gesehen hat.

Einen Fahrer mit trockenem Tank gab es bei allen Spritsparern aber trotzdem noch: Juan Pablo Montoya rollte in den Top10 liegend aus und wurde nur auf Platz 17 gewertet. Der Kolumbianer und seine Crew müssen sich bei den nächsten Rennen wirklich mehr anstrengen, denn in Kansas verlor man erneut das Handling des Wagens und Montoya setzte die #42 auch ein Mal etwas unsanft in die Mauer, was einen erfolgreicheren Tag eigentlich komplett beendete. Da nützen auch die zehn Führungsrunden nicht viel.

Ein Blick auf die Meisterschaftstabelle zeigt folgende Situation: Zumindest bei Martin Truex Jr, David Reutimann, Jeff Burton, Joey Logano, Brian Vickers und Jamie McMurray darf man die Saison nun wohl schon mal abhaken, denn nach einem Drittel des Jahres befinden sich diese Piloten geschlossen nur auf den Rängen 22-27. Das ist sicherlich unter den Erwartungen aller, auch bei Michael Waltrip Racing, die 2010 deutlich besser unterwegs waren. Brad Keselowski liegt auf Platz 21 nur knapp davor, könnte sich aber eine Chase-Wildcard sichern, wenn er die neun Punkte auf den 20. Rang von Paul Menard noch knackt. Erst ab dort gilt nämlich die Playoff-Ausnahmegenehmigung für Rennsieger.

Weiter vorne hat sich wenig geändert, außer dass Jeff Gordon und Denny Hamlin sich stetig weiter an den Chase heranrobben, wobei Gordon ja zumindest noch seinen einzelnen Saisonsieg als Chase-Joker besitzt. Auf den Playoff-Positionen rutschten unterdessen Jimmie Johnson und Dale Earnhardt Jr an Kevin Harvick vorbei auf die Plätze 2 und 3. An der Spitze liegt nach wie vor Carl Edwards mit einem sicheren Polster von 40 Zählern, da er 2011 in zehn von dreizehn Rennen in die Top7 gefahren ist. Damit machte er sich selbst zum derzeit größten Konkurrenten für Johnson, welcher nur acht Top9-Resultate einfahren konnte. Die Konstanz von Edwards wird vor allem im Chase selbst sicher von Nutzen sein.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.

George Russell, Mercedes F1 W15, leads Lando Norris, McLaren MCL38 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace
Oliver Bearman, Haas VF-24, leads Sergio Perez, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

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