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Formel Eins: Analyse Spa 2011

von DonDahlmann
4 Kommentare

Eine trockene Fahrbahn bescherte zumindeste in der ersten Hälfte ein spannendes Rennen mit einem souveränen Sebastian Vettel.

Red Bull und Spa – das war bisher keine gute Kombination. Die hohen Abtriebswerte des Red Bull sorgten dafür, dass Vettel und Webber auf den langen Geraden kaum eine Chance hatten. Doch das hat sich in diesem Jahr geändert. Schon in den wenigen trockenen Momenten im Training wurde deutlich, dass die Änderungen am Red Bull Wirkung zeigten. Ein neuer Heckflügel und ein teilweise neuer Unterboden sorgte dafür, dass die Bullen plötzlich bei der Höchstgeschwindigkeit mit dabei waren. Tatsächlich war Mark Webber im Rennen laut FIA der schnellste auf der Geraden, Vettel war nur wenig langsamer. Dieser Umstand und weil der RB7 besser mit der Reifenwahl klar kommt, sorgte dafür, dass man einen Doppelsieg einfahren konnte. Ein wenig Glück war aber auch dabei.

Denn die Szene des Tages lieferte unfreiwillig Lewis Hamilton. Der hatte in der 12. Runde eine Begegnung mit Kamui Kobayashi. Hamilton hatte den Sauber vorher auf der Kemmel Geraden überholt und war auf der Jagd nach Alonso und Vettel. Doch Kobayashi hatte sich nicht aus dem Windschatten abschütteln lassen und blieb auf der Außenseiten des McLaren. Die Fernsehbilder machen nicht ganz klar, wer da wo hin lenkte, aber am Ende berührte Hamilton den Japaner und flog böse ab. Der Aufprall war so heftig, dass der Brite wohl für einen Moment benommen war. Eigentlich ein Rennunfall, doch auf der anderen Seite war der auch unnötig. Kobayahsi war klar langsamer, er hatte keine Chance. Dementsprechend hätte er Hamilton das Leben auch nicht so schwer machen müssen. Damit war aber dann einer der schnellsten Verfolger von Vettel aus dem Feld genommen. Was mit dem McLaren heute drin gewesen wäre, zeigte dann später Jenson Button.

Der war von P13 gestartet und kam zunächst nur zäh voran, weil er auf der harten Mischung unterwegs war. Er wechselte zwar früh auf die weichere Mischung, kam aber auch dann noch nicht so richtig in Schwung. Hilfreich war allerdings die SC-Phase, die der Unfall von Hamilton ausgelöst hatte, denn so kam Button wieder näher an die Top Ten. Von Moment des Restarts lief es besser für Button, der auch noch genügend weiche Reifen übrig hatte, um das Rennen zu beenden. Zwischenzeitlich musste er mit einem Satz etwas länger fahren, dafür kam er dann später als der Rest an die Box und konnte mit einem brandneuen Satz weicher Reifen durchs Feld pflügen. Er schnappte sich einen Konkurrenten nach dem anderen und erreicht am Ende sogar das Podium, weil Alonso mit seinem F150 auf den harten Reifen hilflos um den Kurs rutschte. Das Problem des Ferrari liegt dabei offenbar an der Vorderachse, da man die Reifen nicht auf Temperatur bekommt und so mit viel Untersteuern zu kämpfen hat.

Dabei sah es für Ferrari zeitweise gar nicht so schlecht aus. Alonso schnappte sich beim Start gleich ein paar Konkurrenten und kam schnell in Tuchfühlung mit den Top 3. Dazu musste er zwar Felippe Massa niederringen, aber das schien ein eher kleineres Problem zu sein. Den Speed des Red Bulls konnte man allerdings nicht halten. Ferrari hatte sich am Freitag schon etwas skeptisch gezeigt, was die Konkurrenzfähigkeit anging und blieb vorsichtig mit den Erwartungen. Das sollte sich dann am Ende bewahrheiten, denn Alonso hatte einfach keine Chance. Vettel nahm ihm zehntelweise Zeit ab und als Alonso im letzten Stint auf die harten Mischung wechselte, brachen seine Zeiten vollends ein. Webber und Button, die von hinten mit weichen Reifen kamen, waren teilweise zwei Sekunden schneller als der Spanier. Der war am Ende mit Platz 4 dann auch noch zufrieden. Noch schlechter lief es für Massa. Der musste eine Runde nach seinem letzten Reifenwechsel erneut an die Box, weil er einen schleichenden Plattfuss hatte, was sein Rennen zerstörte.

Besser lief es da für Mercedes, die in Spa eine gute Figur machten. Erstaunlicherweise konnte Rosberg nach einem sensationellen Start in der ersten Runde die Führung übernehmen und er behielt sie auch bis Runde 3. Doch man konnte sehen, dass der Deutsche für die Autos der Top 3 eher ein Bremsklotz war. Er wurde dann nach hinten durch gereicht, auch weil sein erster Stint deutlich länger war. Er pendelte sich aber dann ein, wo Mercedes halt hingehört – hinter Red Bull, McLaren und Ferrari.

Ein grandioses Rennen fuhr allerdings Michael Schumacher. Als letzter gestartet hatte er nach wenigen Runden schon die Top 10 im Visier. Er hatte, wie Button, die harten Reifen zum Start gewählt. Vermutlich in der Annahme, dass man da hinten auch mit harten Reifen würde schneller als der Rest fahren können. Die Strategie passte perfekt und kam dann mit den anderen zum ersten Wechsel an die Box, wo er die weichen Reifen nehmen konnte. Von da an pfeilte er weiter durchs Feld und erreichte in den letzten Runden P6. Vor ihm lag Rosberg, den er dann auch noch schnappte. Mercedes hatte vorher Rosberg darüber informiert, dass beim ihm der Sprit knapp wurde. Kann sein, dass man Schumacher bei seinem Jubiläum nach vorne bugsieren wollte, aber das glaube ich eigentlich nicht. Die Fahrt von ihm war auch so beeindruckend und ob P5 oder P6 macht dann auch nicht viel aus.

Neben Hamilton hatte auch Jamie Alguersuari Pech. Der war als sechster gestartet und kam auch gut weg. Doch in La Source wurde dann Senna abgeschossen, der seinen Bremspunkt verpasste und in den Toro Rosso rauschte. Das Rennen von Senna war damit auch beendet, denn für die Aktion bekam er zurecht eine Durchfahrtsstrafe. Heidfeld wird es mit einem Grinsen verfolgt haben.

Positiv überraschten die Williams, die mit einer neuen, eigenartigen Heckflügelkonstruktion angereist waren (Siehe Bilder). Offenbar brachte die Schaufel durchaus aus was, vor allem mit dem DRS. Auf der Geraden war sie sehr schnell und Pastor Maldonado konnte endlich mal wieder einen Punkt für die in diesem Jahr gebeutelten Briten einfahren.

Nach dem Rennen gab es allerdings noch jede Menge Ärger. Adrian Newey bezeichnete die Reifen von Pirelli in der BBC als „Sicherheitsrisiko“. Es hätten sich große Stücke von der Lauffläche gelöst, man habe nicht gewusst, ob der Reifen platzen würde. Pirelli reagierte wütend auf die Anschuldigungen. Red Bull habe Sturzwerte an der Vorderachse genutzt, die außerhalb der Toleranzwerte lagen, die Pirelli vorgibt. In der Tat sahen die Sturzwerte bei den Red Bull ziemlich abenteuerlich aus, auf der anderen Seite hatten auch Ferrari und McLaren mit einer für Pirelli eher untypischen Blasenbildung zu kämpfen. Bisher haben sich die Pirelli als sehr zuverlässig erwiesen und die in Spa verwendete Kombi (Medium/Soft) ist auch nicht neu. Das Newey nach einem Doppelsieg so heftige Worte findet ist überraschend und wird sicher noch ein Nachspiel haben.

Für Red Bull und Vettel ist der Sieg in Spa ein großer Schritt in Richtung WM-Titel. Vettel führt nun mit 92 Punkten vor Webber und 102 Punkten vor Alonso. Es werden aber nur noch maximal 175 Punkte vergeben. Vettel müsste schon extrem viel Pech haben, wenn er seinen zweiten Titel noch verlieren sollte. Wenn es richtig gut läuft kann er schon in Singapur oder Korea Weltmeister werden. Und für das nächste Rennen in Monza scheint man auch gut gerüstet. Die Höchstgeschwindigkeit des RB7 stimmt, man wird in Italien nicht chancenlos sein.

George Russell, Mercedes F1 W15, leads Lando Norris, McLaren MCL38 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace
Oliver Bearman, Haas VF-24, leads Sergio Perez, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

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4 Kommentare

StefanTegethoff 29 August, 2011 - 10:24

zum Hamilton-Unfall: nach all den Wiederholungen habe ich irgendwann kapiert, warum die beiden am Ende der Geraden zusammengekommen sind. Hamilton hat nicht, wie manche meinten, plötzlich nach links rübergezogen und auch Kobayashi ist dem Streckenrand etwa gleich nah geblieben.

Aber: Hamilton ist ab seinem Schlenker zur Streckenmitte die ganze Kemmel-Gerade nicht parallel zur Ideallinie gefahren, sondern leicht schräg, sodass er sich dem linken Streckenrand und Kobayashi immer mehr näherte. Da er den nicht neben sich vermutete, hat er auch nicht mehr in den Spiegel geschaut und irgendwann war Hamilton dann soweit rübergekommen auf seiner diagonalen Linie, dass kein Platz mehr war.

Meiner Meinung nach ein Rennunfall, bestrafen muss man da keinen, aber es ist halt eine der Dummheiten, die sich Hamilton irgendwann mal verkneifen sollte… es wäre kein Problem für ihn gewesen, seine Linie zu korrigieren und vor Kobayashi einzulenken, wenn er denn mal ordentlich in den Spiegel geschaut hätte.

Bluthund87 29 August, 2011 - 12:21

Bestrafen muss man niemanden, aber ich würde schon sagen, das Hamilton eindeutig Schuld hat. Er ist rübergezogen. Da spielt es keine Rolle, ob er das langsam oder schnell gemacht hat. Er muss so oder so in den Spiegel schauen.

Wie hat es Kobayashi eigentlich geschafft, wieder neben Hamilton zu kommen? Der hat doch DRS eingesetzt.

nona 29 August, 2011 - 17:32

Ich würde es auch unter „Rennunfall“ abhaken, bzw. 50:50 Schuldanteile verteilen. Hamilton hat sich minimal in Kobayashis Linie hineinbewegt, umgekehrt muss Kobayashi sich fragen (lassen), ob er in der Situation und der Position nicht klugerweise ein Stückchen mehr hätte zurückstecken müssen. Missverständnis, unklug – sowas passiert halt.

Viel verblüffender finde ich die Behandlung der Hamilton/Maldonado-Situation aus dem Qualifying. Das war eindeutig aggressives „Zucken“ in den anderen rein zwecks Bullying bzw. Erziehung des anderen Fahrers bzw. Payback. Maldonados Strafe kann man okay oder zu hart finden, aber das war auch Hamilton wie er leibt und lebt, und dafür mit lediglich einer Verwarnung davonzukommen ist schon sehr sehr irre. In seinen Interviews hat er seit dem Theater vor einigen Monaten extrem viel Kreide gefressen, um seine Aussendarstellung einigermassen zu reparieren, aber auf der Strecke spielt er nach wie vor Autoscooter.

nona 30 August, 2011 - 16:37

Ach ja, Nachtrag, Abteilung „für und wider DRS“ – in Spa war ja der DRS-Messpunkt vor der Eau Rouge, und die DRS-Zone hinter Eau Rouge auf der Kemmel. Hamilton fuhr hinter Kobayashi durch den Messpunkt, überholte ihn aber bergab noch vor der Eau Rouge, und konnte dann Messpunkt-gerecht auf der Kemmel den Flügel aufmachen, obwohl er da schon eine knappe Wagenlänge enteilt war. *Trotzdem* konnte Kobayashi auf der Geraden wieder aufschliessen, so dass er dann auf Höhe von Hamiltons linkem Hinterrad war, wo es dann zum Unfall kam. Schon irgendwie aberwitzig.

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