Einen Tag später als geplant konnte der Chase in Chicagoland beginnen, nachdem am Sonntag Regen einen Start verhinderte. Tony Stewart gewann das erste Playoff-Rennen, indem er seine mangelhafte Form aus der Regular-Season in den ersten Sieg des Jahres umsetzte. Dabei musste Smoke jedoch mit dem Sprit haushalten, was anderen Playoff-Teilnehmern nicht gelang!
Ausgerechnet Tony Stewart möchte man sagen, hinkte er doch sogar in seinem sonst so starken Sommer ständig der gewohnten Form hinterher. In der Chase-Vorschau traute ich ihm den Titelgewinn eigentlich nicht zu und schien mich dabei geirrt zu haben. Dass ein Sieg im ersten Playoff-Rennen eine Bedeutung haben kann, zeigte 2004 Kurt Busch, als er zunächst den Auftakt in New Hampshire gewann, um anschließend die große Trophäe einzusacken. Allerdings gelang dieses Kunststück danach weder Stewart selbst (2005) noch Dauermeister Jimmie Johnson in den folgenden fünf Jahren.
Für Smoke war der erste Saisonsieg in diesem Jahr mit harter Arbeit verbunden, denn gegen Ende war klar, dass nur der Wagen mit dem besten Spritverbrauch in der Victory-Lane landen würde. Während andere Piloten patzten und in der letzten Runde ohne Benzin ausrollten, fuhr Stewart souverän zum Erfolg. Damit stellte er sich mit Anlauf und beiden Beinen in die noch recht weit offene Tür, hinter der möglicherweise sein dritter Cup-Titel auf ihn warten könnte.
Das Rennen war mit 2h47min Rennzeit eines der kürzeren in dieser Saison und außer der paar Debris-Gelbphasen und einer Competition-Caution nach 30 Umläufen gab es lediglich eine einzige Unterbrechung, die jemand greifbares auslöste: In Runde 204 von 267 schmiss JJ Yeley seinen Front-Row-Ford in die Mauer und löste die entscheidende Gelbphase des Rennens aus. Alle Fahrer der Spitzengruppe, die zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich mit Chase-Teilnehmern gefüllt war, kamen für vier neue Reifen und Benzin in die Boxengasse. Bei einem Spritfenster von 50-53 Runden konnte die Rechnung natürlich noch nicht aufgehen und so war klar, dass alle Piloten noch einmal würden kommen müssen.
Zwischenzeitlich zeigte sich übrigens auch, dass das übliche Spiel mit nur zwei neuen Reifen des Öfteren funktioniert hatte. Brad Keselowski, Ryan Newman und auch Kyle Busch konnten zwischenzeitlich einige Track-Position mit dieser Taktik gewinnen. Im vermutlich letzten Reifen-Stopp des Rennens machte ein solches Vorgehen natürlich keinen Sinn mehr, die Teams arbeiteten eher in Richtung eines Splash-&-Dash, um die nötige Fuel-Mileage mit einem letzten, extrem kurzen Tankstopp zu einem späteren Zeitpunkt zu bezwingen.
Als die Caution kam, befand sich Jimmie Johnson, der zwischen Runde 169 und 204 den Großteil seiner 39 Führungsrunden absolvieren konnte, in der Spitzenposition. An der Boxengasse arbeiteten jedoch die Crews von Matt Kenseth und Tony Stewart schneller als die Hendrick-Truppe der #48, sodass sich nach dem Schwenken der grünen Flagge zunächst diese beiden Piloten um den Platz an der Sonne balgten.
Besagter Zeitpunkt lies dann nicht lange auf sich warten, denn in Runde 213 fanden die NASCAR-Offiziellen zum insgesamt dritten Mal Trümmerteile auf der Strecke. Damit war der Top-Off zum großen Glück möglich, den auch alle Piloten in der Spitzengruppe mit Ausnahme von Martin Truex Jr. nutzten, um ihr Benzinfenster voraussichtlich zu schließen. Allerdings lehnte man sich vielerorts wirklich ziemlich weit aus selbigem heraus, was später einige Chase-Teilnehmer wertvolle Meisterschaftspunkte kosten sollte.
Truex ging nun als logischer Erster zum Restart über, gefolgt von Matt Kenseth, Tony Stewart, Jimmie Johnson sowie Ryan Newman und war von dort an auf einer anderen Strategie unterwegs. Um noch einigermaßen Chancen auf ein respektables Ergebnis zu haben, musste noch eine letzte Caution für Truex kommen, jedoch blieb diese schlussendlich aus. Damit kann man sein Kampf um die Führung gegen zunächst Kenseth und später auch kurz gegen Stewart eigentlich vernachlässigen, da Truex sich ca. 14 Runden vor Schluss eh zum Nachfassen in die Boxengasse verabschieden musste.
Der eigentliche Kampf um den Sieg spielte sich im letzten Fuel-Run zwischen Matt Kenseth, Tony Stewart, Kevin Harvick und mit Abstrichen auch Jimmie Johnson ab. Das rennentscheidende Manöver setzte Smoke dabei in Runde 237, nachdem er in Kenseths Windschatten genug Benzin gespart hatte, um das Rennen mit ausreichend Speed beenden zu können. Einmal in Führung gegangen, konnte Stewart nicht mehr eingeholt werden, obwohl er bis zur Checkered-Flag auch weiterhin Sprit sparte und in den Anfahrten auf die Turns sogar auskuppelte.
Dahinter schoss dann zwar noch Kevin Harvick ran, konnte aber das Ruder nicht mehr herumreißen. Dieser letzte Angriff war Harvick übrigens nur möglich, da er schon während der letzten Caution immer wieder den Motor abgeschaltet hatte, um die letzten Meilen sehr früh abzusichern.
Was Stewart und Harvick so passabel gelang, brachte anderen Chase-Teilnehmer den leisen Tod in der letzten Runde. Unter anderem liefen Kyle Busch, Jeff Gordon, Jimmie Johnson und Matt Kenseth ohne Benzin aus, wobei Kenseth sich noch vom Ford-Kollegen JJ Yeley in der #38 über die Ziellinie schieben ließ. Dieses Manöver zog aber aufgrund seiner Illegalität eine nachträgliche Rückversetzung ans Ende der Führungsrunde nach sich.
Der Kampf um die Meisterschaft wird in diesem Jahr vermutlich so eng wie noch nie und das zeigte auch das Klassement direkt nach dem Zieleinlauf, denn unter den Top10 befanden sich am Ende mit Clint Bowyer (7.) und Mark Martin (9.) nur zwei Nicht-Chaser. Im Mittelteil des Rennens war das Bild sogar noch krasser, als sich in den Top12 ganze zehn Playoff-Teilnehmer aufhielten.
Wo die Meisterschaftskandidaten im Einzelnen eingelaufen sind, liste ich in den folgenden Absätzen noch kurz auf.
– Tony Stewart (1.) und Kevin Harvick (2.) machten alles richtig und sicherten sich mit ihrer Zielankunft sogar die ersten beiden Ränge in der Meisterschaft, allerdings in umgekehrter Reihenfolge.
– Dale Earnhardt Jr. (3.) holte direkt im ersten Chase-Rennen ein Top-Resultat und konnte dieses wie so oft seiner spritsparenden Fahrweise anrechnen. Alles in allem profitierte er zwar von einigen „Trockenläufern“, doch die Top10 wären in Chicago ohne weiteres drin gewesen. Natürlich brachte ihn Platz 3 auch in der Meisterschaft weiter nach vorne, Junior belegt dort nun Rang 5.
– Carl Edwards (4.), Brad Keselowski (5.) und Kurt Busch (6.) hielten sich schadlos und konnten dem Benzinkrimi ohne größeres Drama entkommen. Gemeinsam komplettieren die sechs bisher genannten Fahrer jetzt natürlich auch die Top6 in der noch sehr jungen Meisterschaftsentscheidung. Kurt Busch konnte zwar die meisten Führungsrunden für sich verbuchen, bekam aber im späteren Teil des Rennens sein altbekanntes Problem: Ihm ging das Handling des Wagens verloren, was er über Funk auch ziemlich angefressen beklagte.
– Die Top10 konnten immerhin noch Clint Bowyer (8.) und Jimmie Johnson (10.) erreichen, wobei Letzterer am Ende wegen seines trockenen Tanks auf ein Top3-Ergebnis verzichten musste. Im Chase rangiert er nurmehr auf Platz 8 und muss bei 16 Punkten Rückstand auch schon 16 Positionen vor der Konkurrenz ankommen, um die Tabellenspitze innerhalb eines Rennens zu übernehmen.
– Die Benzin-Pechvögel lauteten Matt Kenseth (21.), Kyle Busch (22.) und Jeff Gordon (24.), welche herbe Rückschläge hinnehmen mussten und in der Punktetabelle nun schon nach einem Rennen teilweise gehörigen Rückstand aufweisen. Zumindest Kyle Busch wäre auch mit mehr Benzin nicht glücklicher geworden, denn seine Crew kostete ihn bei jedem Boxenstopp wichtige Track-Position. Mehr als Platz 10 wäre auch für Rowdy Busch nicht drin gewesen.
– Am schlimmsten erwischte es aber Denny Hamlin (31.), der so gar nicht ins Rennen fand. Eine Vibration zwang Hamlin früh zum Reifenwechsel unter grüner Flagge, was ihm Rundenrückstand einbrachte. Nach der letzten Caution platzte ihm dann auch noch ein Reifen, womit sein Rennen komplett ruiniert war. Insgesamt verlor er außer drei Runden auch noch gut 30 Punkte auf die Tabellenspitze. Dieses Jahr ist nicht jenes von Denny Hamlin…
Martin Truex landete nach seinem Splash-&-Dash übrigens nur auf Rang 18, doch der größte Unglücksrabe außerhalb des Chase war definitiv Jamie McMurray, welcher seinem Chevrolet-Motor nach 167 Runden „Auf Wiedersehen“ sagen musste. Teamkollege Juan-Pablo Montoya erreichte aufgrund der vielen trockenen Tanks noch Rang 14, direkt hinter den beiden Red-Bulls von Kasey Kahne (12.) und Brian Vickers (13.). Davor holte David Ragan einen ordentlichen elften Platz.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung. In der nächsten Woche treffen sich die Teilnehmer des Sprint Cups in New Hampshire, wo sonst bisher immer der Auftakt zum Chase stattfand. Zusätzlich sind dort die Trucks unterwegs, während die Nationwide Series erst ein Wochenende später in Dover wieder dazustößt.
Zum Abschluss gilt es noch, eine erfreuliche Nachricht an den europäischen Fan zu überbringen: Wie erwartet überträgt ServusTV auch die letzte Fahrt des Jahres unter Flutlicht in Charlotte! Das fünfte Chase-Rennen findet in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober statt und startet um ca. 01:30 Uhr. Damit fehlt jetzt eigentlich nur noch das Saisonfinale in Homestead, welches sich mit der bisherigen Vorgehensweise allerdings beißen würde, da es schon um 21 Uhr gestartet wird. Aber: Kommt Zeit, kommt Rat…
2 Kommentare
Schönes Rennen, hab mich für Jr. gefreut.
Das mit Denny Hamlin wundert mich nicht.
Das ist der Fluch des Jimmie Johnson.
Jeff Gordon Carl Edwards und Mark Martin können ein Lied davon singen.Sie wurden auch hinter Jimmie zweiter in der Meisterschaft und im darauf fogenden Jahr lief mal überhaupt nichts zusammen.Dieses Jahr trifft es halt Denny Hamlin.
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