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NASCAR: Analyse Dover Oktober 2011

von KristianStooss
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Drei Favoriten kristallisierten sich am Sonntag in Dover heraus und Kurt Busch holte schließlich den Sieg vor Jimmie Johnson und Carl Edwards. Das Endergebnis sorgt für eine relativ enge Top9-Gruppe in der Meisterschaftswertung und damit für einen Quasi-Reset des Chase nach nur drei Rennen.

Nur 19 Punkte trennen die Top9 in den Playoffs voneinander, wobei die Ränge 1 und 2 sowie 3 und 4 sogar jeweils punktgleich die Tabelle schmücken. Kevin Harvick und Carl Edwards luchsten Tony Stewart die Führung in der Meisterschaft ab, der nun gemeinsam mit Kurt Busch, dem Rennsieger von Dover, nur neun Zähler hinter dem Spitzenduo die Plätze belegt. Busch war allerdings nicht der einzige Kandidat für die Fahrt in die Victory-Lane, obwohl er sich schon von Runde 3 an bis zur Competition-Caution in Umlauf 40 in Front des Feldes in Szene setzen konnte. Auch Jimmie Johnson und Carl Edwards zeigten mit 157 bzw. 116 Führungsrunden, dass sie durchaus für einen Sieg in Frage kamen.

Johnson führte damit zum sechsten Mal in Folge bei einem Rennen auf dem Dover International Speedway die meisten Umläufe lang die Meute an und holte sich deshalb zusätzlich einen weiteren Bonuspunkt ab. Kurt Busch konnte zwar nur 90 Führungsrunden verbuchen, war aber im Gegensatz zur Konkurrenz zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle. Die übrigen 37 Lead-Laps verteilen sich übrigens nicht aussagekräftig auf zehn weitere Piloten, wobei unter ihnen lediglich Kevin Harvick (10) hervorstach. Das Rennen selbst bot in seinen 400 Runden eigentlich fast alles, was man sich für den Sonntag gewünscht hatte: Viele Führungswechsel, gleich drei Kontrahenten im Kampf um den Sieg, zehn Cautions, viel Drama und natürlich ein bissiges Monster namens Miles!

Leider blieb die Schlussphase vergleichsweise unspektakulär, weil Johnson und Edwards lediglich mit stumpfen Waffen zum Endspurt angereist waren. Niemand konnte Busch mehr stoppen, der wie erwähnt auch nicht nur das Finale, sondern zunächst auch den Beginn des Rennens bestimmte. Nach der Competition-Caution war dann die frühe dominante Phase des späteren Siegers vorerst vorbei und an dieser Stelle übernahm Carl Edwards das Zepter, welches er Boxenstopp-bereinigt auch fast bis zum Ende der ersten Rennhälfte nicht mehr aus der Hand gab. In Runde 174 sorgte Gelbphase #5 etwa gegen Mitte des Fuel-Runs für einige Strategiespielchen in der Boxengasse.

Edwards bzw. sein Crew-Chief entschied sich in Führung liegend logischerweise für die konservative Variante namens vier neue Reifen, während knapp zehn andere Teams pokerten. So konnten sich zum Beispiel die Chaser Jimmie Johnson, Kevin Harvick und Kyle Busch gute Track-Position sichern, welche sich auch am Sonntag wieder als wichtiger Faktor zu erkennen gab. Allerdings funktionierten die Reifen auf der zu Beginn grünen Strecke im Herbst besser als noch zuletzt im Frühling und ließen weniger Abrieb auf der Betonbahn zurück. Vier neue Reifen erwiesen sich also nicht unbedingt als großer Vorteil, wenngleich sie natürlich trotzdem mehr Grip boten.

Nun war es an Jimmie Johnson, die zweite Rennhälfte einzuleiten und die kurzen Gastspiele von AJ Allmendinger und Kevin Harvick in Führung nach gut 15 Runden zu beenden. Das dritte Rennviertel hatte Johnson Boxenstopp-bereinigt komplett in der Hand und schickte sich auch bis Runde 350 langsam an, das Rennen in so dominanter Manier zu gewinnen, um im Chase einen großen Sprung zurück in Richtung eines möglichen sechsten Titels in Folge zu unternehmen. Der Dauermeister ahnte allerdings nicht, dass sich unterdessen Kurt Busch wieder zurückmeldete. Das Team mit der #22 hatte plötzlich die so lange anhaltende Schwäche von Handling-Problemen spät im Rennen überwunden und konnte Busch nach einem überzeugenden Start auch ein Top-Auto für das Finale bereitstellen.

Der entscheidende Moment des Rennens passierte dann in der zehnten und letzten Caution des Nachmittags, welche in Runde 352 glücklicherweise auch das Benzinfenster schloss und damit einen dritten Benzinkrimi in Folge ausschloss. Die Crew von Kurt Busch arbeitete schneller als die Meistermannschaft bei Hendrick Motorsports, wodurch der ältere Busch-Brüder als Erster zum Restart antrat. Hier zeigte Johnson plötzlich Nerven und ließ die Räder durchdrehen, was seinem Kontrahenten zu einem De-Facto-Blitzstart verhalf. Den Vorsprung könnte Johnson nicht mehr aufholen und musste sich zum Schluss mit Platz 2 hinter Kurt Busch geschlagen geben.

Carl Edwards konnte sich in dieser Phase des Rennens leider nicht mehr für weitere Führungsrunden zurückmelden, da er sich während der ersten Green-Flag-Pitstops nach seinem Verlust der Spitzenposition in der Aufholjagd von Platz 9 eine Durchfahrtsstrafe wegen Speedings in der Boxengasse einhandelte! Die anschließende Anstrengung brachte ihm aber immerhin noch einen für die Meisterschaft wichtigen dritten Platz ein. Hätte das Rennen vielleicht noch 50 Runden länger gedauert, wäre Edwards vielleicht noch an Johnson herangekommen.

Die Top5 komplettierten ein – in Erwartung seines baldigen Wechsels zu Hendrick Motorsports – starker Kasey Kahne und Matt Kenseth, der sich schon früh am Tag eher unauffällig dort festgesetzt hatte und nicht mehr zu vertreiben war. In den Top10 liefen außerdem folgende Piloten ein:

Kyle Busch hielt sich ebenso wie Kenseth das gesamte Rennen über im Dunstkreis der Top5 auf,
AJ Allmendinger hatte zu Anfang eine brisante Situation zu überstehen, als er bei ca. 130 mph einen übersteuernden Wagen in einem atemberaubenden Drift von der Mauer fernhalten konnte,
Clint Bowyer, der vermutlich am nächsten Wochenende in Kansas seinen Wechsel von Richard Childress Racing zu Michael Waltrip Racing bekanntgeben wird,
– sowie Marcos Ambrose in einem soliden Rennen und
Kevin Harvick, welcher durch seinen zehnten Platz die Führung in der Meisterschaftswertung erobern konnte.

Die übrigen Chaser im Überblick:

Jeff Gordon erreichte immerhin Platz 12, nachdem das Handling seines Chevrolets die gesamte Renndistanz über nicht vom Untersteuern zu befreien war. Denny Hamlin absolvierte ein ebenso unauffälliges Rennen auf einem 18. Rang, was seine Meisterschaftschancen nicht gerade bestärkt hat. Denn wenn ein relativ guter Tag schon so schlecht verläuft…

– Der in den letzten Wochen so konstante Brad Keselowski startete zunächst in den Top5 eine Fortsetzung seiner Super-Serie, handelte sich jedoch nach 115 Runden eine Durchfahrtsstrafe ein. Zwar konnte er den Anschluss an die Spitze wiederherstellen, bekam in der zweiten Rennhälfte aber das nächste Problem in Form einer defekten Servolenkung präsentiert. Unter normalen Umständen wäre also mehr als Platz 20 drin gewesen. Bleibt nur zu hoffen, dass sein Momentum nicht zu stark unter diesem plötzlichen Pech gelitten hat.

– Noch schlechter lief es nur für Ryan Newman, Dale Earnhardt Jr. und Tony Stewart, die geschlossen die Platzierungen 23-25 belegten. Für die Teamkollegen von Stewart-Hass Racing lief so gut wie nichts zusammen, nachdem Smoke über zwei Wochen in Folge die Cup-Szenerie nach Belieben bestimmt hatte. Unerwartete, größere Handling-Probleme verhagelten Stewart und Newman eine Fortführung des guten Starts in den Chase. Ich kann mir diese überraschende Schwäche absolut nicht erklären!

– Am schlimmsten erwischte es wohl Dale Earnhardt Jr., dem Materialermüdung einen Strich durch die Rechnung machte. Bereits kurz nach dem Start des Rennens brach an Juniors Auto die Sway-Bar, was eine Reparatur notwendig machte. Nachdem er seinen Rundenverlust mit Hilfe des Lucky-Dogs wieder rückgängig machen konnte und gegen Rennhälfte in Griffweite der Top10 angelangt war, brachte ihn ein loser Reifen erneut unter Grün an die Box. Den dabei erhaltenen Rückstand von zwei Umläufen konnte er in der zweiten Rennhälfte nicht wieder korrigieren.

Polesitter Martin Truex Jr. landete nur auf Rang 30, nachdem er vor Ablauf der ersten 100 Runden schon die Top20 verlassen hatte und zu Beginn des letzten Rennviertels durch einen Reifenplatzer und anschließendem Boxenstopp unter grüner Flagge eine Menge weitere Plätze verlor.

Der Meisterschaft brachte dieses Rennergebnis eine Menge Spannung, da die Top9 in der Fahrerwertung auf 19 Punkte Unterschied komprimiert wurden. Lediglich Dale Earnhardt Jr. (-34), Ryan Newman (-41) und Denny Hamlin (-68) benötigen bei ihrem Rückstand schon so einige gute Rennen bei gleichzeitigem Pech der Konkurrenz, um noch ein Wörtchen in der Meisterschaft mitzureden.

Dass ein Aufholen nicht so ohne weiteres möglich ist, zeigte Jimmie Johnson ganz gut, der seinen Abstand auf die Spitze von 29 Punkten in einem für ihn guten Rennen nur um 16 Zähler verkürzen konnte. Dabei profitierte er natürlich vom glücklosen Tony Stewart, woran man sieht, wie schwer ein solches Comeback ist.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.

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