Jimmie Johnson ist wieder da! Nachdem er sich in Dover Kurt Busch knapp geschlagen geben musste, dominierte der Dauermeister in Kansas fast nach Belieben. Nach langen Grünphasen hätte Johnson nur Kasey Kahne am Ende wirklich gefährlich werden können, doch auch den Red Bull ließ er beim letzten Restart einfach stehen.
197 von 272 Runden führte Jimmie Johnson am Sonntag auf dem Kansas Speedway an und holte sich damit nach Dover zum zweiten Mal in Folge die meisten Führungsmeilen ab. Dieses Mal reichte es am Ende sogar für eine Fahrt in die Victory-Lane, nachdem er sich am vergangenen Wochenende noch mit Platz 2 hinter Kurt Busch zufriedengeben musste. Dabei sah zunächst alles nach einem Triumpf der Ford-Mannschaft von Roush-Fenway Racing aus, denn im ersten Renndrittel zeigten vor allem Matt Kenseth (26) und Polesitter Greg Biffle (23) mit – im Vergleich zu Johnson – einigen Führungsrunden an, dass auch sie Anspruch auf die Trophäe hätten.
Doch der fünffache Titelträger war schnell zur Stelle und holte sich in der ersten Gelbphase mit nur zwei neuen Reifen die nötige Track-Position. Den Platz an der Spitze musste er wegen des alten Gummis zwar noch kurz wieder an Kenseth abtreten, aber nach den ersten Boxenstopps unter grüner Flagge war dann Johnson-Time! Das Team der #48 zeigte damit auch gleich, was schon früh im Rennen strategisch so möglich war und brachte auch andere Mannschaften zum Pokern: So kopierte zum Beispiel Kyle Busch in Caution #2 den Meister, hielt sich wegen des in Kansas generell schlechten Handlings seines Toyotas aber nur acht Runden an der Spitze, bevor Johnson wieder übernahm und die zweite Phase des Rennens einläutete.
Von besagter Gelbphase in Runde 84 bis zur dritten und nächsten Caution dauerte es sage und schreibe 122 Umläufe, bevor NASCAR Einsehen mit den durstigen Fans hatte und Debris auf der Strecke fand. Das Schwenken der gelben Flagge hätte in Runde 206 von eigentlich 267 eigentlich nicht besser für die Spannung sein können, denn immerhin lag man bei einem Spritfenster von ca. 50 Runden in Reichweite eines Fuel-Runs. Schon ein merkwürdiger Zufall eigentlich… Den Restart führte übrigens wieder Jimmie Johnson an, gefolgt von Tony Stewart, Kyle Busch, Greg Biffle und Brad Keselowski. Nun kam eine alte Rennfahrerweisheit zum Tragen, denn plötzlich gebaren Cautions weitere Cautions und machten somit die Benzinsituation noch interessanter.
Nachdem sich Regan Smith etwas zu sehr in Landon Cassill verbissen hatte, kam die gesamte Meute zum nächsten Tankstopp, um das Spritfenster endgültig zu schließen – mit Ausnahme von Kurt Busch und Kevin Harvick, die sich mit einem gehörigen Gewinn von Track-Position wieder ins Rennen brachten. Allerdings mussten beide Piloten ja noch massiv an Benzin sparen, um am Ende nicht trockenzulaufen. Bei Richard Childress Racing führte das alsbald zur taktischen Finesse: Da sich hinter Harvick zufällig bis zum anstehenden Boxenstopp der überrundeten Fahrzeuge Einmal-Teamkollege, Childress-Enkel und Cup-Premier Austin Dillon befand, wurde dieser kurzerhand zum Anschieben beordert. Da ein solches VORgehen nur in der letzten Rennrunde zum VERgehen wird, hat Harvick sicherlich die eine oder andere Gallone sparen können.
Genützt hat es ihm allerdings kaum etwas, denn plötzlich wurde Kansas nach der langen Grünphase in der Mitte des Rennens noch zur Caution-Orgie und gab somit eher wieder die Spielwiese für weitere Reifenpoker frei! Es war schon wirklich schwierig, zum diesem Zeitpunkt den Überblick zu behalten, wer denn nun wie viele Pneus gewechselt hat und wann dies geschah. An dieser Stelle fallen mir lediglich zwei prominente Beispiele auf Anhieb ein:
Tony Stewart gab in Caution #5 ca. 30 Runden vor Schluss eine Top5-Platzierung auf und entschied sich für vier neue Reifen, was ihn sogar aus den Top10 herauskatapultierte. Zwar konnte er sich wieder in Reichweite der Top5 zurückkämpfen, verpasste aber in der sechsten und letzten Gelbphase seinen Pitstall und mähte fast die eigene Boxencrew um. Dieser letzte Fehler ließ ihn schließlich nur auf Platz 15 die Zielflagge sehen. Warum Smoke da nochmal kommen musste, hat sich mir nicht gänzlich erschlossen, immerhin kann es nicht wegen Benzin gewesen sein und seine neuen Pneus sollten unter normalen Umständen noch ausreichend Grip geboten haben.
Das zweite Beispiel ist Kasey Kahne, welcher sich zum selben Zeitpunkt wie Stewart für vier neue Reifen entschied, diese aber wesentlich besser nutzen konnte und plötzlich von hinten durchs Feld pflügte. Innerhalb von nicht mal 30 Runden hatte er sich von außerhalb der Top10 auf Platz 2 nach vorne gekämpft und hatte nur noch Jimmie Johnson vor sich. Leider war dieser schon außer Reichweite für seinen zukünftigen Teamkollegen und nur noch eine sehr späte Caution hätte Johnson stoppen können. Tatsächlich hatte der Dauermeister dann ungewöhnliches Pech und konnte sich prompt bei Jeff Gordon bedanken, dessen Motor nach längerer Ankündigung drei Runden vor Schluss noch sein Leben aushauchte.
Eine Verlängerung war angesagt, aber Kahne konnte Johnson leider nicht mehr gefährden. Beim letzten Restart – nach der erwähnten Caution #6 – ließ der noch Red-Bull-Pilot seine Reifen durchdrehen, während sein Konkurrent den schnelleren Gasfuß bewies. Brad Keselowski versuchte zwar noch, Kasey Kahne anzuschieben, da er selbst vor der Ziellinie nicht ausscheren und überholen durfte, aber genützt hat es nichts mehr. So fuhr Johnson dem sicheren Sieg entgegen und positionierte sich mit einer Menge Oberwasser noch einmal neu in der Stärkeverteilung des Chase.
Hinter Johnson, Kahne und Keselowski kamen die Fords von Roush-Fenway Racing mit Matt Kenseth und Carl Edwards am Steuer über die Linie. Edwards kann sich mit seinem Top5-Ergebnis noch glücklich schätzen, nachdem sein Team über die komplette Renndistanz mit dem Handling des Autos haderte und erst zum Schluss endlich bei der Musik dabei war. Lohn für ihn ist nun weiterhin die Spitzenplatzierung in der Meisterschaft, jedoch jetzt alleine und einen Punkt vor Kevin Harvick, welcher in Kansas eine Position hinter Edwards ins Ziel fuhr.
In der Meisterschaft reiht sich hinter den beiden Fahrern im Moment Jimmie Johnson mit winzigen vier Zählern Rückstand auf die Spitze ein. Nach dieser Dreiergruppe nimmt der Abstand schon ein wenig mehr zu, denn Brad Keselowski (-11), Matt Kenseth (-12), Kurt Busch (-16), Tony Stewart (-19) und Kyle Busch (-20) haben schon einige Punkte mehr auf Edwards aufzuholen, sind aber immer noch gut im Rennen.
Pech hatte Jeff Gordon (-47), der durch seinen Motorschaden in der Schlussphase nur auf Platz 34 gewertet wurde und somit mächtig Punkte auf alle anderen Chase-Teilnehmer verlor. Gemeinsam mit Dale Earnhardt Jr. (-43), Ryan Newman (-54) und Denny Hamlin (-79) scheint er schon aus der Meisterschaftsentscheidung herausgerutscht zu sein, da man an dieser Stelle nun mindestens einen Totalausfall aller Konkurrenten benötigt, um wieder zur Spitze vorzustoßen.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.
Am nächsten Wochenende steht das letzte Flutlichtrennen in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 01:30 Uhr auf dem Programm. Das Chase-Highlight auf dem Charlotte Motor Speedway wird mal wieder LIVE auf ServusTV übertragen, also schon mal vormerken!
Zu guter Letzt noch die Mitteilung, dass Clint Bowyer für die nächsten drei Jahre bei Michael Waltrip Racing unterschrieben hat. Sein neuer Sponsor ist 5-Hour-Energy, die sich bei Rusty Wallace Racing in der Nationwide Series wohl etwas unterrepräsentiert gefühlt haben. Jedenfalls ging man von sich aus auf Bowyer zu und wedelte mit dem Geld, was bei der heutigen Wirtschaftslage ja auch eher ungewöhnlich ist. Leider konnte Richard Childress Racing dem damals selbst entdeckten Piloten kein gutes Angebot für eine volle Saison machen, trotz 24 finanzierter Rennen durch den neuen Geldgeber. Waltrip konnte wohl und so fährt Bowyer nun die #15 ab 2012!
Insgesamt steht uns wohl noch einiges Chaos ins Haus, was die Silly-Season in Bezug auf die Stärke des Feldes im nächsten Jahr angeht. So hört man bei Roush-Fenway Racing leise Stimmen, dass für David Ragan in der neuen Saison möglicherweise kein Platz mehr im Team sein soll. Das liegt aber nicht am Willen, sondern mehr oder weniger am schnöden Mammon. Bei RFR sorgt man sich nämlich derzeit noch darüber, wie man alle Rennen von Matt Kenseth und Carl Edwards verkaufen kann. Greg Biffle und 3M sind hingegen sicher. Düstere Aussichten also bei einigen Teams, bedenkt man, dass RCR wohl auch wieder zum Drei-Wagen-Team zurückgestuft werden dürfte…