Home NASCAR NASCAR: Analyse Phoenix November 2011

NASCAR: Analyse Phoenix November 2011

von KristianStooss
0 Kommentare

Während sich Carl Edwards und Tony Stewart um die Meisterschaft stritten, drängelte fast unbemerkt Kasey Kahne dazwischen, um Red Bull Racing ein schönes Abschiedsgeschenk zu bereiten. Im Chase steht es dagegen weiterhin unentschieden zwischen den beiden Kandidaten, Phoenix änderte nichts an der 3-Punkte-Situation der Spitze.

Eigentlich hätte man das Rennen auf dem Phoenix International Raceway auslassen können, denn Carl Edwards und Tony Stewart stehen jetzt an derselben Stelle wie vor dem Wochenende. Immer noch trennen nur drei winzige Punkte die beiden Kontrahenten, welche bereits früh Anspruch auf den Sieg anmeldeten. Doch wie es am Ende so kommt, wenn Zwei sich streiten: Der lachende Dritte Kasey Kahne ging plötzlich als Erster aus den finalen Green-Flag-Pitstops hervor und sicherte einem „Werks“-Toyota von Red Bull Racing die vermutlich vorerst letzte Fahrt in die Victory Lane, nachdem er zuvor im Rennen recht unauffällig unterwegs war. Doch diese drei Piloten waren nicht die einzigen ernsthaften Contender am Sonntag.

Zunächst führte Matt Kenseth das Feld auf die Reise und konnte unbeschadet zwei Gelbphasen an der Spitze überstehen, da ohnehin niemand an die Boxengasse fuhr bzw. Reifen wechseln durfte. Das lag an der Tatsache, dass es ausgerechnet in Phoenix zuvor geregnet hatte, wodurch außerdem das mühsam aufgetragene Gummi von der Strecke verschwand. NASCAR reagierte auf diese Situation mit einer Competition-Caution in Runde 40, damit die Teams den Reifenverschleiß zuverlässig checken konnten. Kurz vor dieser Gelbphase war dann aber Tony Stewart von Startplatz acht nach vorne geprescht und konnte zum ersten Mal am Sonntag die Führung übernehmen.

Wegen der grünen Strecke rechnete ich zunächst damit, dass die obere Linie an diesem Nachmittag wie in den Jahren zuvor auf dem alten Asphalt hinfällig sein würde. Zu meiner Überraschung entwickelten sich jedoch gute Duelle und sogar Three-Wide-Situationen im Laufe des Rennens. Zusätzlich kam es zu einer Konstellation, die ich so auch noch nicht in einem Cup-Rennen gesehen hatte. Einige Teams gingen wegen des sehr geringen Reifenverschleißes auf dem neuen, sehr ebenen Streckenbelag dazu über, nur die linke (!) Fahrzeugseite mit neuen Pneus auszustatten. Das wirkte bei einigen Wagen sogar wahre Wunder in puncto Handling-Korrektur.

Da Matt Kenseth das „Rennen in der Boxengasse“ gewann, durfte er das Feld beim Restart in Runde 45 anführen. Nach nur einem Umlauf unter Grün war Tony Stewart allerdings schon wieder am Roush-Ford vorbei und bestimmte das Rennen fortan bis kurz vor Ende der ersten Halbzeit. Zwar kam es zwischenzeitlich noch zu einer weiteren Caution, in der sich Kenseth wieder aufgrund seines guten Boxenplatzes aus dem Qualifying die Spitzenposition erobern konnte, doch Smoke machte auch dieses Mal kurzen Prozess mit ihm.

Eine weitere Caution zum Ende des folgenden Green-Flag-Runs in Runde 159 sah wieder Matt Kenseth vor Tony Stewart beim Restart, die Führung holte Kenseth sich aber schon unter Grün just einen Umlauf vor dem Fallen der Gelben Flagge zurück. Auf Platz 2 lag nach den Boxenstopps Brad Keselowski, welcher sich vor Stewart drängeln konnte. An dieser Stelle kam erstmals Tabellenführer Carl Edwards ins Spiel, nachdem er sich die ganze Zeit zuvor eher unauffällig in den Top5 versteckt hatte. Edwards musste nun in Reihe 2 neben Tony Stewart zurück ins Rennen gehen.

Die erste Reihe verabschiedete sich aber schnell nach dem Restart von der Spitze des Feldes, denn während Brad Keselowski sofort viele Positionen verlor, kam Matt Kenseth etwas zu weit nach außen und ward fortan nicht mehr gesehen. Mit – laut eigener Aussage – Bremsproblemen ins Mittelfeld durchgereicht, endete sein Tag sogar gut zehn Runden später, als er auf seinen Martinsville-Kumpel Brian Vickers traf. Dieser hatte wohl anscheinend die kleinen Rempeleien auf dem Shorttrack noch nicht ganz vergessen und räumte Kenseth kurzerhand ab. Angeblich habe Letzterer vor ihm gebremst und Vickers hätte nicht mehr ausweichen können.

Wer nun Recht hatte, lässt sich vermutlich nicht mehr klären. Die Bremsen von Kenseth rauchten jedenfalls ziemlich stark bei dem Versuch, den Turbo-Boost der #83 noch abzuwürgen. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Aktion absichtlich geschah. Immerhin schwor Vickers nach Martinsville Rache, jedoch verneinte er, dass der Vorfall in Phoenix solch eine Unternehmung war. Vermutlich hatte er Angst vor einer Strafe der NASCAR und tarnte es daher mehr als es sonst üblich ist wie einen Unfall. Die Offiziellen ließen ihn dann auch tatsächlich gewähren.

Matt Kenseth musste seinen Ford zunächst in die Garage schleppen, kehrte aber später noch einmal auf die Strecke zurück, wie es aussah mit einem klaren Ziel. Als die #17 auf Feindfahrt den Red-Bull-Toyota entdeckte, ließ Kenseth allerdings von seinem Kontrahenten ab. Nachdem er zunächst noch schäumte, kam das für mich etwas überraschend. Naja, man muss es ja auch nicht übertreiben.

Zurück zum Rennen (um die Meisterschaft): Carl Edwards führte zwischenzeitlich das Feld an, allerdings war diese Fahrt bei Anbruch der Kenseth-Vickers-Caution auch schon wieder vorbei und hielt somit gerade einmal etwas mehr als zehn Runden an. Tony Stewart übernahm in der Boxengasse unter Gelb und brannte bis zum Ende des zweiten Renndrittels noch weitere 40 Führungsrunden in den neuen Asphalt, womit er dann auch den Bonuspunkt für die meisten Umläufe an der Spitze spätestens sicher machte, denn er hatte zu diesem Zeitpunkt knapp das halbe Rennen in Front gelegen.

In besagter Runde 220 brachte NASCAR zum achten und letzten Mal an diesem Nachmittag eine Caution heraus, womit das letzte Renndrittel im Anschluss tatsächlich unter Grün beendet werden konnte. An dieser Stelle gab es noch ein paar Strategiefüchse, denn Kurt Busch und Paul Menard gelangten in Führung, da sie nur zwei neue Reifen aufzogen. Die beiden Titelkontrahenten setzten dagegen auf vier Pneus, um beim finalen Stopp ihrerseits nur noch die Hälfte der Gummis wechseln zu müssen. Die Strategie ging wegen des glatten Asphalts dann auch erstaunlich gut auf, denn Busch konnte sich anschließend immerhin 57 Führungsrunden auf seinem Konto gutschreiben lassen.

Da Kurt Busch aber wegen der zwei Reifen keine volle Ladung Sprit mitnehmen konnte, musste er bereits früher zum finalen Boxenstopp antreten. Blöderweise kündigte sich dieser finale Aufenthalt gleich mal mit einem stotternden Motor ohne Benzin an. Zu allem Überfluss starb dann das Aggregat nach dem Pitstop auch noch ganz ab und konnte erst gut eine Runde später mit Startpilot wieder zum Leben erweckt werden. Busch war damit natürlich raus aus der Entscheidung, zumal er sich bei der Einfahrt in die Boxengasse auch noch eine Durchfahrtsstrafe wegen Speedings einfing.

Damit sah es so aus, als ob die beiden größten Kontrahenten in der Meisterschaft das Rennen unter sich ausmachen würden, wobei die Entscheidung in Phoenix in der Boxengasse zu fallen hatte. Carl Edwards lag vor Kasey Kahne und Tony Stewart, nachdem er die Führung von Kurt Busch erben konnte. An dieser Stelle sei schon einmal Kahne erwähnt, der sich nach Halbzeit unauffällig in den Top5 manifestieren konnte. Weder Edwards noch Stewart wollten zuerst zum Nachfassen gehen, um dem Gegner keinen Informationsvorteil bei der Strategie zu ermöglichen.

Letztendlich musste aber Carl Edwards als Vorhut seine Boxenmannschaft ansteuern und entschied sich wie erwartet für zwei neue Reifen auf der rechten Seite, nachdem man zunächst die Crew von Stewart über Funk mit einem Call nach Left-Side-Tires verwirrt hatte.

Tony Stewart entschied sich im allerletzten Moment gleich gänzlich gegen neue Pneus und dampfte auf den alten Gummis wieder ab, wobei ihm das aber keinen wirklichen Gewinn brachte. Zur Überraschung aller waren nun aber weder Edwards noch Stewart in Führung. Heimlich still und leise hatte nämlich Kasey Kahne schon etwas früher seinen letzten Boxenstopp absolviert und mit frischen Reifen auf der rechten Fahrzeugseite ein paar schnelle Runden aufs Parkett gezaubert. Das reichte, um die Führung zu übernehmen und bis zum Ende nicht wieder abzugeben. Hinter Kasey Kahne kamen die beiden Titelfavoriten Carl Edwards und Tony Stewart ins Ziel.

Für Kasey Kahne bedeutet dieser Saisonerfolg zum einen die Beendigung seiner sieglosen Serie von 81 Rennen und zum anderen die Erfüllung eines Wunsches: Kahne konnte Red Bull Racing noch vor Ablauf von dessen NASCAR-Engagement als „Werksteam“ einen weiteren und vermutlich letzen Sieg schenken und damit seine Verbundenheit für die ihm gegebene Chance auszudrücken. Chance deshalb, weil Kahne ja erst ab dem nächsten Jahr bei Hendrick Motorsports fahren wird und vielleicht ohne den Einsatz von Red Bull nicht unbedingt ein Cockpit in einem siegfähigen Team für 2011 bekommen hätte. Schade, dass die fünf Red-Bull-Jahre im Sprint Cup zu Ende gehen, doch immerhin können sie nun versöhnlich beendet werden.

An dieser Stelle wünsche ich dem General Manager Jay Frye alles Gute und viel Erfolg dabei, einen Investor für die kommende Saison zu finden. Die Performance des Teams stimmt zumindest, das konnte man in Phoenix und bei den vielen Top10-Ergebnissen von Kasey Kahne im Chase wieder einmal unter Beweis stellen. Immerhin hat Kahne die beste Playoff-Bilanz hinter Edwards und Stewart, konnte sich nur leider nicht für die Meisterschaftsentscheidung qualifizieren. Damit ist man eigentlich gar nicht so unattraktiv für Sponsoren. Angeblich ist auch schon ein Deal für 2011 in der Pipeline, allerdings hat Frye noch um etwas mehr Zeit bis zur Ankündigung gebeten. Mal schauen, ob und was da bald kommt.

Weitere Ergebnisse:

– Bei Kyle Busch quittierten an diesem Wochenende gleich zwei Toyota-Motoren ihren Dienst, was gleichbedeutend mit dem letzten Startplatz und Rang 36 nach einem Ausfall war. Wenn da mal nicht ein M&M-Bonbon in den Tank gelangt ist, wie im Chat vermutet wurde… Nein, im Ernst: Die Gibbs-eigenen Toyota-Aggregate haben ihn diesem Jahr bekanntlich schon öfter ihre Schwächen gezeigt. Das führte bei Joe Gibbs Racing zur nahezu-Aufgabe des eigenen Motorenprogramms und zu einer engeren Kooperation mit Toyota Racing Development ab 2012. Denny Hamlin tritt ja schon seit Beginn des Chase mit TRD-Motoren an und blieb seither von unangenehmen Rauchschwaden verschont.

Jimmie Johnson trat so gut wie gar nicht in Erscheinung und kam nach massiven Handling-Problemen immerhin noch auf Platz 14 ins Ziel. Damit verschlechterte er zwar nicht sein bisher schwächstes Phoenix-Resultat (15.), sorgte aber dafür, dass die Titelentscheidung in Homestead erstmals seit vielen Jahren ohne ihn abläuft.

– Teamkollege Jeff Gordon wurde nach Bremsproblemen gar nur 32.

In puncto Meisterschaft möchte ich hier gar nicht zu viel sagen, sonst habe ich in der Vorschau am Freitag auf das letzte Saisonrennen in Homestead nichts mehr zu schreiben. Daher also nur so viel: Carl Edwards liegt wegen der engen Platzierung in Phoenix weiterhin winzige drei Punkte vor Tony Stewart. Das bedeutet, dass jeder der beiden Fahrer am nächsten Wochenende mit einem Sieg den Titel aus eigener Kraft perfekt machen kann, egal was die Konkurrenz unternimmt. Außerdem hat Stewart der Vorteil der vielen Rennsiege und wäre bei Punktegleichstand Meister. Alle anderen Piloten sind übrigens aus der Entscheidung draußen, die 51 Zähler von Kevin Harvick auf Rang 3 können in einem Rennen nicht mehr aufgeholt werden. Da erwartet uns also ein echter Knaller!

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung.

George Russell, Mercedes F1 W15, leads Lando Norris, McLaren MCL38 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace
Oliver Bearman, Haas VF-24, leads Sergio Perez, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

Das könnte Dir auch gefallen