Brad Keselowski gewann am Sonntag sein zweites Bristol-Rennen in Folge, nachdem er dort schon im letztjährigen Spätsommer die Nase vorne behalten hatte. Wirklich gut präsentierte sich auch die Toyota-Truppe von Michael Waltrip Racing, die geschlossen die Top5 enterte. Bei Hendrick Motorsports sieht es dagegen weiterhin eher mau aus.
Wie erwartet blieb das Rennen am Wochenende mit 2:51:52 knapp unterhalb der 3-Stunden-Marke, wobei der Mittelteil ohne Cautions ziemlich ruhig blieb und den Zuschauer durch seinen Fluss fast schon hypnotisierte. Die zweite Hälfte des Food City 500 bestimmte Brad Keselowski, welcher auch bei einem letzten Restart in der Schlussphase nichts mehr anbrennen ließ, als er sich erfolgreich gegen Matt Kenseth zur Wehr setzte. Die erste Hälfte sah eine kleine Überraschung, nachdem AJ Allmendinger und die Fahrer von Michael Waltrip Racing die erste Caution nicht für einen Tankstopp nutzten und dann lange in Führung lagen. Ausgelöst wurde diese frühe Gelbphase durch einen Big-One:
Der Spotter von Kasey Kahne gab seinem Fahrer fälschlicherweise in Runde 24 das OK, im Kurvenausgang auf die obere Spur zu schneiden. Dort tauchte der eigentlich schon überholte Regan Smith aber wegen des progressiven Bankings doch noch wieder auf und steckte natürlich nicht zurück. Eine Massenkarambolage mit den ebenfalls aufgefahrenen Konkurrenten Carl Edwards, Kyle Busch, Marcos Ambrose und Kevin Harvick folgte; ein wahres Favoritensterben nach nicht einmal einem Viertel der Renndistanz also.
Alle beteiligten Piloten konnten ihre Fahrt nach teils sehr ausgiebigen Reparaturen zwar fortsetzen, doch während Harvick (11.) und Smith (24.) noch Schadensbegrenzung betreiben konnten, war für Busch (32.), Ambrose (36.), Kahne (37.) und Edwards (39.) der Tag aber komplett gelaufen. Gerade für Marcos Ambrose ist dieser Quasi-Ausfall echt schade, denn der Australier hat in den letzten Rennen wirklich verdammt gute Leistungen gezeigt, konnte diese aber leider unverschuldet wenig bis gar nicht in Top10-Ergebnisse umsetzen.
Über das gesamte Rennen betrachtet, war die auslösende obere Spur wirklich sehr konkurrenzfähig und noch so einige Male schoss später ein Fahrer auf der Lane nahe der Mauer plötzlich wieder von hinten neben seinen Vordermann. Spotter-Fehler – wie beim frühen Big-One – blieben danach aber aus.
Neben Matt Kenseth (2.) in der zweiten Rennhälfte zeigte sich zu Anfang vor allem der später nur außerhalb der Top10 platzierte Roush-Fenway-Racing-Teamkollege Greg Biffle (13.) konkurrenzfähig und münzte seine Pole-Position in eine gut 40-ründige Führung um. Nach den Aufräumarbeiten im Zuge des Big-Ones übernahmen dann die Boxengassenverweigerer AJ Allmendinger (17.) und Brian Vickers (5.) das Kommando. Leider konnte Allmendinger anders als sein Penske-Kamerad Keselowski den Speed seines Autos und damit eine solide Mannschaftsleistung nicht bis zum Ende des Rennens retten. Er musste nach weiteren gut 50 Runden gegen Ende des ersten Rennfünftels den Platz an der Sonne mit Vickers tauschen.
Letzterer unterschrieb ziemlich kurzfristig einen Vertrag bei Michael Waltrip Racing für die sechs Shorttrack-Rennen von Bristol, Martinsville und New Hampshire (jeweils 2x), bei denen weder Mark Martin noch der Teamchef Michael Waltrip selbst im Cockpit der #55 sitzen wollten. Diese Unterschrift erwies sich als Glücksgriff, da die drei Teams von MWR an diesem Wochenende erneut ihre 2012er-Stärke untermauern konnten. 125 Runden vertrieb sich Vickers die Zeit an der Spitze und konnte zum Ende gemeinsam mit seinen Teamkollegen Martin Truex Jr (3.) und Clint Bowyer (4.) geschlossen die Top5 entern.
Michael Waltrip Racing vertrat in Bristol quasi ganz alleine die Toyota-Abteilung, während man bei Joe Gibbs Racing wieder nicht den Anschluss an die Spitze fand. Joey Logano (16.) und Denny Hamlin (20.) hatten ein eher unauffälliges Rennen, während Bristol-Crack Kyle Busch ja früh aus der Entscheidung genommen wurde; vielleicht hätte wenigstens er noch etwas reißen können. Die Hackordnung 2012 scheint aber einige neue Konstanten bekommen zu haben und ich traue es MWR durchaus zu, dieses Jahr wenigstens einen Wagen in den Chase zu bringen. Bei Hamlin muss man abwarten, ob er nach seinem Saisonsieg von Phoenix auch auf seinen Hausstrecken Martinsville und Richmond etwas zeigen kann. Falls nicht, dann sind die Probleme bei JGR wohl doch etwas größer als erwartet. In Bristol habe ich sie zumindest weit vorne gesehen.
Überzeugen konnten an diesem Wochenende auch endlich mal wieder beide Fahrer von Earnhardt-Ganassi Racing: Jamie McMurray (7.) und Juan Pablo Montoya (8.) platzierten sich erstmals seit knapp einem Jahr mal wieder gemeinsam in den Top10. Entweder ist ja immer einer von den Beiden in einen Unfall verwickelt oder die Abstimmung des Autos passt vorne und hinten nicht. Die Performance der nächsten Wochen wird sicherlich spannend zu verfolgen sein. Knapp vor den beiden EGR-Piloten kam übrigens Jeff Burton (6.) ins Ziel, der gemeinsam mit ihnen und RCR-Teamkollege Paul Menard (10.) die Chevy-Fahne hochhalten konnte.
Hendrick Motorsports brachte mit einem sehr unauffälligen Jimmie Johnson (9.) nur einen Fahrer in die Top10, während Dale Earnhardt Jr (15.) seine gute Vorstellung leider nach einer Durchfahrtsstrafe wegen Speedings in der Boxengasse nicht mit einem Top10-Resultat belohnen konnte. Earnhardt und die Pitlane werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr! Zu allem Überfluss riss er noch seinen Teamkollegen Jeff Gordon (35.) ins Verderben, als sich nach einem Kontakt der beiden Hendrick-Piloten Juniors Auspuff in den linken Hinterreifen der #24 verbiss und diesem die Luft ausblies.
Über Kasey Kahne brauchen wir ja derzeit nicht zu sprechen, der Mann hat nach seinem lukrativen Wechsel in das Top-Team der NASCAR bisher nur Pech gehabt und findet sich daher im Moment auch nur knappe 7 Punkte vor dem Cut innerhalb der Top35 der Owner-Wertung wieder. Wenn er in Fontana nicht endlich mal beide Reifen auf den Asphalt bekommt, dann wird er sich eventuell in Martinsville qualifizieren müssen und das wäre für einen Rick Hendrick natürlich der Super-GAU schlechthin. Vielleicht lässt das Unglück ja schlagartig nach, an seinem mitgebrachten Crew-Chief Kenny Francis wird es wohl eher nicht liegen, dass derzeit nichts klappt.
Tony Stewart (14.) und Ryan Newman (12.) setzten die gute Serie von Stewart-Haas Racing fort und platzierten sich sehr unauffällig in den Top15. Mir kommt es so vor, als ob dieses Team derzeit das einzige wirklich konstante im Sprint Cup ist, wobei aber auch Roush-Fenway Racing mit Greg Biffle und Matt Kenseth zwei sehr starke Eisen im Feuer hat. Die Stärkeverteilung 2012 ist immer noch nicht ganz klar bekannt und schon in der nächsten Woche geht es in Fontana (2-Meilen-Intermediate-Oval, eher gering überhöht) wieder auf einen leicht unterschiedlichen Streckentyp im Vergleich mit den bisherigen Saisonrennen.
Auffällig war die verschwindend geringe Anzahl an Zuschauern beim Cup-Rennen: Nur etwas mehr als die Hälfte aller Sitze war gefüllt, was normalerweise jede halbwegs gute und bekannte Nationwide-Series-Nummer auf die Beine stellt. Nachdem Bristol über lange Jahre hinweg ständig ausverkauft war, scheint die Fan-Basis im NASCAR-Kernland jetzt in der verlängerten Wirtschaftskrise weiterhin zu schwächeln. Während die Sponsoren teilweise wieder etwas großzügiger werden (vor allem die Auto-Hersteller), muss die Bevölkerung unter hohen Öl-Preisen leiden. Offiziell waren übrigens nur 102.000 der 160.000 Plätze in Bristol besetzt.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).