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ELMS: Vorschau Saisonauftakt in Le Castellet

von StefanTegethoff
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Die umgetaufte European Le Mans Series startet in die neue Saison – mit einer gut besetzten LMP2 als Spitzenklasse. Ansonsten hat die Serie leider wenig zu bieten und steckt mit Saisonbeginn schon mitten in der Krise.

Dass die (E)LMS es nicht leicht haben würde, neben der neuen Sportwagen-Weltmeisterschaft zu bestehen, war von vornherein klar. Schon in den letzten Jahren hatte die europäische Le Mans-Serie Probleme, ein attraktives Starterfeld zusammenzubekommen, was eigentlich nur bei den gemeinsamen Läufen mit der ILMC gelang. Da die LMP1-Klasse schon im Vorjahr nur mit Pescarolo und Rebellion besetzt war, die beide den Aufstieg in die WEC planten, wurde die LMP1 für 2012 nicht mehr ausgeschrieben, und die auf Privatiers ausgerichtete LMP2-Kategorie zur Top-Klasse ernannt, was auch auf das neue Konzept der Serie hindeutet. Noch bis Ende Januar schien es, als würde sich trotzdem kaum jemand für die ELMS interessieren – doch das hat sich zumindest für die LMP2 als falsch herausgestellt. Für die anderen Klassen hat sich die Befürchtung leider bewahrheitet…

Die Größe des Teilnehmerfeldes ist aktuell (drei Tage vor dem Rennwochenende) noch nicht einmal ganz klar: 23 20 Wagen nennt die offizielle Liste, 1-2 weitere könnten noch wegfallen, sodass mit insgesamt 18-20 Wagen zu rechnen ist. In der LMP2 haben sich elf Teams mit je einem Auto sich für den Saisonstart in Le Castellet angemeldet – ein weiterer Beweis, dass deren Reglement mit der Kostenbegrenzung und der Vorschrift, einen Silber- oder Bronze-Piloten im Team haben zu müssen, ein gelungener Glücksgriff für den ACO war. Außerdem bekommt der Meister nach wie vor eine automatische Einladung für die 24 Stunden von Le Mans 2013. Einige Teams nutzen die ELMS als Trittstufe auf dem Weg in die WEC, andere bestreiten beide Serien parallel. Ein Nebeneinander scheint bei der Betrachtung dieser LMP2-Teilnehmerliste durchaus möglich.

Zu den Top-Favoriten auf den Titel muss man wohl an erster Stelle Sebastien Loeb Racing hinzuzählen. Loeb ist zwar neu in die Serie eingestiegen, hat jedoch für 2013 Le Mans fest im Blick (vermutlich will er dann auch selbst wieder dort fahren). Zwar würde der ACO einen einheimischen Star wie ihn sicherlich auch so einladen, doch ein Auto-Invite zur Absicherung kann nicht schaden. Und mit dem Oreca-Nissan und den beiden Ex-Peugeot-Fahrern Stephane Sarrazin (auch WEC für Starworks) und Nicolas Minassian (Spa & Le Mans im Pescarolo-Dome) sowie Nicolas Marroc als Silber-Fahrer ist Loeb auf dem besten Wege dahin. Außerdem hat Loeb mit Leo Thomas einen Ex-Peugeot-Renningenieur in der Box.

Greaves Motorsport wird versuchen, seinen Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. Das Zytek-Chassis  wurde über den Winter auf den neuesten Stand gebracht, logischerweise bleibt man beim bewährten, Zytek-getunten Nissan-Aggregat. Neben Tom Kimber-Smith sind jedoch zwei neue Fahrer dabei: Alex Brundle, Sohn von Martin, der bisher mit wenig Erfolg in Formelserien unterwegs war und auch dieses Jahr parallel die GP3 bestreiten wird – jedoch dürfte er im Sportwagen-Rennsport bessere Karriere-Aussichten haben als in Richtung der Formel 1. Dritter Mann ist Lucas Ordonez, der sich von der Playstation über die Nissan GT Academy in den „echten“ Motorsport hochgefahren hat und sich im Vorjahr sehr gut geschlagen hat.

Pecom Racing, ebenfalls mit einem Oreca-Nissan, bestreitet mit WEC und ELMS das volle Programm. In Sebring wurden Perez-Companc/Kaffer/Ayari Vierte in der Gesamt-LMP2 (Zweite in der WEC-LMP2) und sollten auch in der ELMS (wo zunächst Gianmaria Bruni den verletzten Soheil Ayari ersetzt) siegfähig sein. Das gleiche gilt für OAK Racing, die eines ihrer nun als Morgan gebrandeten Autos einsetzen, und zwar mit Teambesitzer Nicolet und den beiden WEC-LMP1-Piloten Guillaume Moreau und Dominik Kraihamer, die auch das Podium im Blick haben sollten.

Thiriet by TDS Racing und Boutsen Ginion Racing sind zwei LMS-Rückkehrer mit leicht veränderten Namen. Beide waren im Vorjahr stark unterwegs, litten jedoch oft unter den Kinderkrankheiten des Oreca 03 – das Boutsen-Team fiel beim Saisonabschluss in Führung liegend weniger Kilometer vor dem Ziel aus. TDS hatte etwas mehr Glück und wurde hinter Greaves und Strakka-Meisterschaftsdritter – es wird spannend sein, zu sehen, ob Beche/Thiriet auch gegen die gewachsene Konkurrenz wie 2011 um Siege mitfahren können. Für Thierry Boutsen sitzen dagegen mit Bastien Brière (drei DNFs in Le Mans 2003-05) und F2-Absolvent Jack Clarke zwei andere Piloten im Wagen als im Vorjahr, die sich zunächst beweisen müssen. Beide Teams sind auch für die 24h gemeldet.

Jota Sport ist nach dem missglückten Jahr in der GTE-Klasse mit dem Aston Martin (und nachdem man eigentlich als erstes Kundenteam für den AMR-One angedacht war) in die LMP2 gewechselt, aus der sie ursprünglich kamen und in der sie in der LMS 2004-05 schon einmal mit einigem Erfolg unterwegs waren. Teamchef und Unternehmer Simon Dolan teilt sich den Zytek-Nissan mit Sam Hancock. Die beiden werden auch in Le Mans antreten (wo Hancock kurioserweise sechsmal antrat und sechsmal ausfiel). Das Potential der beiden für diese Saison ist schwer einzuschätzen, für Siege dürften die Kombo jedoch nicht stark genug sein.

Dasselbe gilt für die beiden irischen Teams Murphy Prototypes (Oreca-Nissan mit Firth/Hughes/Moro) und Status GP. Status GP, für die Tommy Erdos am Montag den ersten Shakedown ihres Lola-Judd fuhr, hat im Vorjahr Level 5 Racing bei deren ILMC-Engagement unterstützt und steuert für 2013 die WEC an. Wer neben Erdos den Wagen steuern soll, ist noch nicht bekannt.

Das Schweizer Race Performance-Mannschaft um Team-Manager Michel Frey (Oreca-Nissan mit Hirschi/Meichtry) ist auch eher für das Mittelfeld gut, ebenso Extreme Limite (Rosier/Thirion) mit dem einzigen Norma-Judd, der sich zwar wacker gegen die Konkurrenz schlägt, aber nicht schnell genug für echte Glanztaten ist.

Anders sieht es leider bei den übrigen Klassen aus, und hier liegt das große Problem der ELMS. Für die LMPC-Klasse (die dem Sieger auch eine LMP2-Einladung für Le Mans 2013 einbringt!) haben sich statt der erhofften sechs bis acht lediglich zwei Teams eingefunden. Boutsen-Ginion tritt auch in der LMP2 an und dürfte das zusätzliche LMPC-Engagement auch als Rückversicherung angedacht haben, falls man den Auto-Invite nicht in der LMP2 erreichen kann. Curtis Racing Technologies wird als einziger Gegner versuchen, ihnen dabei in die Quere zu kommen.

Ebenso schwach besetzt sind leider die GTE-Klassen, wie auch in der WEC. Die GT3, die vom ACO bisher noch standhaft ignoriert wird, da sie vom Konkurrenz-Promoter SRO betreut wird, hat sich zur dominanten Gran Turismo-Klasse entwickelt, was die GTE, also die alte GT2, schwer bluten lässt. Selbst Le Mans und die Auto-Invites dafür scheinen hier nicht genug Teams anzuziehen, denn einige potentielle ELMS-Starter haben sich auch für die International GT Open entschieden, die einzige andere europäische GTE/2-Einsatzserie. Bei diesen Starterzahlen sollten der ACO – oder zumindest Patrick Peter (als ELMS-Organisator) – das Konzept der Trennung in Pro- und Am-Kategorien für 2013 überdenken. Auch eine reine Prototypen-ELMS könnte für die Zukunft eine Option sein, vielleicht mit Gruppe CN-Prototypen (die in der Speed Euroseries als ELMS-Support fahren) als zweiter Klasse.

In der Gegenwart haben sich aber zunächst mal drei Teams für die GTE-Pro gemeldet, allesamt mit Ferrari 458. Keine Spur vom kürzlich angekündigten Aston Martin-Team um Pamela Anderson sowie dem Lotus Evora, die beide spontan in die GT Open übergelaufen zu sein schein. Die antretenden Teams sind jedoch namhaft und traditionsreich: Kessel Racing mit Broniszewski/Peter, JMB Racing (deren Start jedoch gerüchteweise auch noch unsicher ist) und als Favorit: JMW Racing aus England mit den beiden britischen Jungspunden James Walker (der letztes Jahr schon gute Leistungen zeigte) und Jonny Cocker (der 2008-2010 für Drayson Racing in der ALMS fuhr und siegte und 2011 wegen Draysons plötzlichem Ausstieg keine Rennen bestritt).

Einen Wagen mehr und etwas Vielfalt kann die GTE-Am aufbieten: Hier ist Porsche mit Prospeed (Goossens/Soulet) und IMSA Performance Matmut (Armindo/Pons/Narac) am stärksten vertreten. Letztere sowie das Ferrari-Team AF Corse mit Perazzini/Cioci sowie British GT-Pilot Matt Griffin dürften sich um Siege und Titel streiten. Etwas außen vor wird das Gulf Racing-Team um Roald Goethe sein, das weiterhin den Aston Martin Vantage einsetzt, der sich schon im Vorjahr als nicht wirklich konkurrenzfähig erwies. Mit Stuart Hall, der schon den Aston Martin-LMP1 in Le Mans fuhr, sollte Goethe allerdings einen ganz potenten Co-Piloten haben.

Die Ausschreibung der GTC-Klasse für Cup-Porsches, Challenge-Ferraris und GT4-Lotus Evoras war – anders als in der ALMS – ein völliger Schuss in den Ofen. Die Promoter haben es nicht geschafft, den Teams ihre Serie als gutes Einsatzfeld zu vermitteln. Ursprünglich hatte sich ein portugiesisches Team gemeldet, das sich jedoch wieder zurückzog. Übrig blieb das niederländische Raceart-Team mit einem Porsche, das jedoch (aus verständlichem Grund) auch kurzfristig noch von der Liste verschwand – Starterzahl also: Null.

Versäumnisse auf Organisatoren-Seite (für die offiziell – was sonst – „die [Wirtschafts-]Krise“ Verursacher des Problems ist) dürften ein Hauptgrund für diese schwache Teilnehmerliste sein – dazu gehört auch der Kalender, der Fans wie auch potentielle Teams wenig begeistert. RML etwa, ein früheres Top-Team, gönnt sich eine Auszeit aus der Serie, weil man die Austragungsländer und -orte wenig ansprechend fand bzw. sie nicht zum Marktgebiet der Sponsoren gehören. Der Saisonauftakt auf dem schnellen Circuit Paul Ricard hat mittlerweile Tradition und ist sicherlich nicht das Problem; danach geht es allerdings auf die hakelige Bahn von Zolder, die für Prototypen wenig geeignet ist und nichtmal ansatzweise ein Ersatz für Spa. Gerüchteweise steht das Event in Zolder sogar ganz auf der Kippe: einige Beobachter der Szene halten eine Absage und ein gemeinsames Rennen mit der WEC in Spa für möglich.

Dasselbe könnte für den Lauf im Donington Park gelten, der wir Brünn aber zumindest eine gute, flüssige Rennstrecken ist. Jedoch ist Tschechien anders als Großbritannien auch nicht grade ein Kernland für ELMS-Teams. Das gilt auch für Portugal, wo man seit Jahren mit kleinem Feld fährt, weil immer wieder Teams die weite Reise scheuen. Immerhin wechselt man wieder zurück auf das fahrerisch grandiose Autodromo Internacional do Algarve nahe Portimao.

Das erste Saisonrennen startet am Sonntag um 11:30. Nachdem es zum Saisonfinale 2011 keinerlei TV-Bilder gab (nichteinmal einen Stream oder eine Zusammenfassung), soll es dieses Jahr wieder mehr bewegte Bilder zu sehen geben: alle Rennen sollen auf MotorsTV gezeigt und im Netz gestreamt werden. An den Strecken wird man wohl mit wenig Zuschauern rechnen müssen – das Rahmenprogramm ist dünn (in Le Castellet nur die SPEED Euroseries) und die Tickets sind zum Teil teurer als für die WEC-Läufe. Zumindest einen netten Teaser hat man aber vor einigen Tagen veröffentlicht:


Le Mans Series 2012 – LE CASTELLET – TEASER von ELMS

Die Frage, ob und wie die ELMS das Jahr übersteht, ist leider mindestens so spannend wie die, wer Meister wird…

(Bildquelle: Ferrari)

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