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NASCAR: Analyse Martinsville März/April 2012

von KristianStooss
2 Kommentare

Nach Fontana schickte sich auch Martinsville an, ein übersichtliches Rennen zu werden, bevor drei Runden vor dem Ende plötzlich alle Vorzeichen durch eine späte – und wahrscheinlich unnötige – Caution gedreht wurden. Der Restart sorgte für Chaos, dem Ryan Newman siegreich entkam, während die eigentlich dominierende Hendrick-Flotte stark dezimiert wurde.

Jeff Gordon und Jimmie Johnson bestimmten den Nachmittag in Martinsville gemeinsam beinahe nach Belieben, was sich dann auch in gesammelten 440 Führungsumläufen in einem 500-Runden-Rennen widerspiegelte. Am Ende hat jedoch keiner von beiden Hendrick-Piloten gewonnen, ja sie kamen nicht einmal mehr in den Top10 ins Ziel. Bis in Runde 497 plätscherte das Rennen mehr oder weniger vor sich hin wurde nur durch fünf Cautions unterbrochen. Johnson hatte zu diesem Zeitpunkt die letzten 100 Runden geführt und wurde gerade vom Zweitplatzierten Gordon überholt, der bis dahin drei Mal mehr Führungskilometer gesammelt hatte. Die beiden Teamkollegen schickten sich an, einen spannenden Fight bis zur Zielflagge zu zeigen, als plötzlich David Reutimann auf der Frontstretch stehen blieb.

Den Offiziellen bliebt jetzt keine andere Wahl, als die Gelbe Flagge zu schwenken und das Rennen so knapp vor dem Ende noch einmal zu neutralisieren. Glücklich war damit eigentlich niemand, denn die Top3 (Jeff Gordon, Jimmie Johnson und ein sehr starker Dale Earnhardt Jr) hatten mit dem Sprit ohnehin schon reichlich knapp kalkuliert. Junior bedankte sich bereits lauthals per Funk bei seinem Crew-Chief Steve Letarte, welcher ihm 17 Umläufe vor Schluss mitteilte, dass er zwei Runden short sei. Eigentlich war es dann schon viel zu spät für den Spritsparmodus und bei einem Benzinfenster von über 100 Runden wirkte diese Blitzmerkerei auch reichlich ungelenk. Zur selben Zeit bekam übrigens auch Gordon diese Ansage von Alan Gustafson zu hören.

Was also tun in der Gelbphase? Die Antwort aller Piloten in der Führungsrunde mit Ausnahme der beiden Führenden Johnson und Gordon lautete, sich noch etwas Sprit und teilweise zwei neue Reifen abzuholen. Damit war klar, dass das Hendrick-Duo den Sieg quasi verpokert hatte und alle Hoffnungen lagen somit auf Earnhardt. Beim Restart ging es dann gewaltig schief, denn auf der Innenseite starteten Clint Bowyer und Ryan Newman einen Shorttrack-Kamikaze-Angriff. Newman zog als Dritter der unteren Reihe nach außen, was Bowyer natürlich sofort bemerkte und dessen Angriff seinerseits blockte. Gleichzeitig kamen vorne Jeff Gordon und Jimmie Johnson auf alten Pneus nicht richtig gut vom Acker.

Newman schob den Waltrip-Toyota von Bowyer dann kurz an, was diesen wiederum den Bremspunkt für Turn 1 leicht verpassen ließ. Dass Three-Wide in Martinsville nicht unbedingt die beste Manöver-Strategie darstellt, konnte man an der anschließenden Rauchwolke erkennen: Bowyer räumte beide Hendrick-Teamkollegen in der ersten Reihe aus dem Weg und wurde noch vom kreiselnden Chevy mit der #24 umgedreht. Während Johnson und Gordon weniger Glück hatten, blieb für Clint Bowyer (10.) am Schluss immerhin noch ein knappes Top10-Ergebnis übrig. Auf der Innenbahn war somit genügend Platz für den – in diesem Fall – glücklichen Vierten, welcher gefolgt von AJ Allmendinger, Martin Truex Jr und Dale Earnhardt Jr dem Crash entkommen konnte. Auch Matt Kenseth hielt sich hier aus allem Ärger heraus.

Natürlich gab es noch eine letzte Caution und die folgende zweite Verlängerung machte das Finale dann auch etwas zu langatmig. Vor allem galt dies für den Tank von Jeff Gordon (14.), der zwischendrin trocken lief, was ihn schließlich sogar noch eine ganze Runde kostete, während Jimmie Johnson (12.) ebenfalls die Top10 verpasste. Junior hatte auf Platz 3 liegend keine Chance mehr, die Führung zu erobern und musste zuschauen, wie Ryan Newman und AJ Allmendinger den ersten Umlauf der Green-White-Checkered-Overtime Seite an Seite absolvierten. Allmendinger hatte sich dann wohl vorgenommen, Newman kurz ziehen zu lassen, um ein Bump-&-Run-Manöver anzubringen. Dabei verschätzte er sich ein wenig mit dem Abstand zum Führenden und musste diesem nach Turn 4 die Fahrt in die Victory-Lane überlassen.

Ob Ryan Newman allerdings ein verdienter Sieger war, darüber lässt sich sicherlich streiten. Gut, er startete das Rennen von Platz 5 und hielt sich mit Ausnahme der Aufholjagd nach einer Speeding-Penalty konstant in den Top10 auf; über ein eigenständig siegfähiges Auto verfügte er jedoch nicht. Trotzdem war er im richtigen Moment zur Stelle und setzte sich mit einem sehr sehr beherzten Schubser gegen die Konkurrenz durch. Daher kann man sagen, dass Newman sich den Erfolg zwar erarbeitet hat, die meisten Lorbeeren verdienten sich zuvor allerdings die Hendrick-Piloten. Im Nachhinein war dann aber niemand mehr sauer auf den anderen:

Clint Bowyer, der zunächst angeklagt wurde, konnte sich auf den Bump von Ryan Newman berufen, welcher ihm keine Wahl ließ, außer er wollte selbst umgedreht werden. Newmans Manöver wurde von der unterlegenen Shorttrack-Konkurrenz gemeinhin als typisches Shorttrack-Racing abgetan. Der einzige Pilot, der noch mehr Unmut auf sich zog, war sicherlich David Reutimann, welcher ja diese strittige Situation mit dem Ausrollen drei Runden vor Schluss erst auslöste. Allerdings sollte man sich auch seine Seite der ganzen Geschichte einmal anhören:

Reutimann geriet zwar bereits früh am Nachmittag ins Hintertreffen und hatte bereits gute 50 Runden Rückstand, doch auch er war noch dabei ein Rennen zu fahren. Bei ihm – oder besser gesagt seinem Team – geht es immerhin um einen garantierten Startplatz in zwei Wochen auf dem Texas Motor Speedway und deshalb war es absolut essentiell, jeden verfügbaren Punkt zu sammeln. Dummerweise starb der Motor seines bereits beschädigten Toyotas (Aufhängungsschaden) kurz nach der Boxengassen-Einfahrt auf der Start-Ziel-Gerade ab, daher kann man ihm keine Absicht unterstellen. Das war ganz einfach Pech so wie es abgelaufen ist und zusätzlich hörte man auch noch etwas über eine defekte Lenkung an der #10.

Dass die NASCAR-Offiziellen aber bereits darüber nachdachten, ihn wegen der geringen Geschwindigkeit mit einem beschädigten Auto (Aufhängungsschaden) vorzeitig zu parken, ist sicherlich die andere Seite der Medaille. Gereicht hat es für Reutimann in den Owner-Points leider nicht mehr, da ihm jetzt auf Platz 36 sitzend ein Pünktchen auf die #83 von Landon Cassill bei BK Racing fehlt. Unter „normalen“ Umständen wäre er jedoch noch vor Dave Blaney ins Ziel gekommen, was eine Punktgleichheit der beiden Konkurrenten auf Rang 35 gebracht hätte. In diesem Fall hätte Platz 21 aus Bristol die #10 in das Starterfeld gehievt, was höher bewertet würde als Cassills Rang 22 aus Daytona. Es zählt dann nämlich die beste Zielankunft der Teams, um so einen Gleichstand zu brechen.

In den Owner-Punkten wird es jetzt auch wieder eng für den Saison-Pechvogel Kasey Kahne, welcher erneut keine Zielankunft verbuchen konnte. Dieses Mal geriet er mit einem technischen Defekt frühzeitig in Rundenrückstand und schied schließlich mit einem Motorschaden ganz aus. 17 Punkte trennen ihn jetzt noch von der Qualifikationsmühle, was für ein Hendrick-Team sicherlich kein Zustand sein kann! Ob das noch ganz ordinäres Pech ist, darf bezweifelt werden, doch Kahnes Schuld ist es auf alle Fälle nicht. Dem Spotter-Fehler von Bristol hat man ja schon Rechnung getragen und testet nun für zwei Rennen ein anderes Teammitglied in dieser Position. Wann die Haltbarkeit der #5 verbessert wird, steht dagegen in den Sternen.

Ausdrücklich loben möchte ich hingegen noch einmal Dale Earnhardt Jr, welcher zwei Mal in den wirklich langen Longruns über das schnellste Auto im Feld verfügte und sich immer wieder weit nach vorne arbeiten konnte. Der lange überfällige Rennsieg schien zeitweise in greifbare Nähe gerückt, doch nach den Cautions wurde Junior leider oft wieder zurückgeworfen. Immerhin konnte er sich mal einen ganzen Nachmittag konsequent in Reichweite der Spitzenreiter aufhalten und hatte einen Setup-technisch fast kompletten Wagen unter dem Hintern.

Als letzte Personalie sei noch Kyle Busch (36.) erwähnt, der sein Auto kurz vor Runde 100 in die Mauer drehte und damit einen langen Arbeitstag für seine Crew einläutete, um ihn wieder auf die Strecke zu bringen. Ein Top-Ergebnis war damit natürlich ausgeschlossen.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

Am kommenden Oster-Wochenende macht die NASCAR erstmal eine kollektive Pause und kehrt erst eine Woche später in Texas zum Racing zurück. Damit verabschiede auch ich mich in die erste von nur zwei Pausen in diesem Jahr und wünsche allen Leser ein schönes und erholsames Osterfest!

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2 Kommentare

littleskill 3 April, 2012 - 09:47

Wenn Jr weiter so fährt wie bisher, ist eine Sieg nur noch eine Frage der Zeit.

crusher75 3 April, 2012 - 10:23

Ich finde die Dodge kommen in deinen, sonst sehr guten, Berichten ein wenig zu kurz. In der Vorschau für Martinsville zum Beispiel werden sie gar nicht erwähnt. OK – es sind nur noch zwei Wagen im Feld, aber beide waren vor den Zwischenfälle in den letzten Runden sehr gut unterwegs (Top 5 #2, Top 10 #22). Keselowski war im Mittelteil mit Boyer zusammen auch der einzige, der die Zeiten der HMS- Flotte halbwegs mitgehen konnte. Platz 2 ist für Allmendinger natürlich super und ich hoffe, dass er nach dem etwas zähen Saisonstart nun richtig bei Penske angekommen ist.

In Anbetracht der bisherigen Leistungen in Phoenix, Bristol und Martinsville sollte man die Penske- Dodge beim nächsten Short- Track aber weit oben auf der Liste haben, zumindest die #2 von Keselowski.

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